Mittwoch, 24. November 2010

Über das Geldsystem und weit verbreitete Irrtümer

  1. Für Mainstream-Ökonomen ist die Sache klar: Schuld am Budgetdefizit ist der Staat, weil er mehr ausgibt, als er einnimmt. Der Diagnose folgt die Symptomkur: Strenges Sparen wird verordnet und eine Schuldenbremse in die Verfassung geschrieben. Nachdrücklich befiehlt der Arzt der Krankheit: Hinweg mit dir! Vergeht sie nicht, wird der Patient bestraft und die Kur verstärkt. (...)

    Soll ein Akteur sein Defizit senken, muss ein anderer seinen Überschuss senken. Sollen auch noch Schulden abgebaut werden, muss ein anderer Akteur Schulden machen. Wenn ein Überschussland wie Deutschland von den USA oder von den Defizitländern in Südeuropa eine Reduktion ihrer Leistungsbilanzdefizite einfordert, gleichzeitig aber seine eignen Exportüberschüsse nicht abbauen will, so wird eine logische Unmöglichkeit verlangt.

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  2. Warum das Finanzsystem ein Betrugsmodell ist, was Bilanzen damit zu tun haben und warum der ultimative Crash droht, erklärt der Wiener Wirtschaftswissenschafter Franz Hörmann

    Für Franz Hörmann, Professor an der Wirtschaftsuniversität in Wien, ist die Zeit der Banken und des Geldes vorbei. Ein Paradigmenwechsel sowohl in den Wirtschaftswissenschaften, als auch in gesamtgesellschaftlicher Hinsicht, ist für ihn unumgänglich. Im Gespräch mit derStandard.at erklärt er, warum wir die Banken getrost ignorieren können, die freien Märkte "Blasenmaschinen zum Missbrauch für die Eliten" sind und noch in den nächsten drei Jahren der Zusammenbruch des gesamten Systems droht.

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Anmerkung: Der erste dieser beiden Texte aus dem Freitag ist ein hübsches Beispiel dafür, wie den Menschen nach wie vor Sand in die Augen gestreut wird, wenn es um das Geld- und Finanzsystem geht. Da entblödet sich ein "Wirtschaftsforscher" nicht zu behaupten: "Die Summe aller Salden ist ja Null", womit er die Salden der Privathaushalte, Unternehmen und den des Staates meint. Das ist jedoch grotesker Unsinn - denn solange es privaten Banken hochoffiziell erlaubt ist, Geld mittels Kreditvergabe aus dem Nichts zu erschaffen, stimmt diese Milchmädchenrechnung vorn und hinten nicht mehr, da sich ein (immer größer werdender) Ballon auf der Kapitalseite bildet, der niemals wieder "ausgeglichen" werden kann. Die Summe aller Salden ergibt also de facto ein immer größer werdendes Plus auf der Seite der Kapitaleigner.

Dass dieser wachsende Ballon, bestehend aus jenem virtuellen Geld und den real geforderten Zinsen und Zinseszinsen dafür, über kurz oder lang platzen muss, ist eine zwingend logische Folge dieses Systems. Wenn ein immer größer werdender Teil des realen Geldes in Form von Zinsen und Tilgungen an jene gezahlt werden muss, die in Wahrheit niemals reales Geld verliehen, sondern bei Kreditvergabe "neues", vorher nicht existierendes Geld erschaffen haben, dann ist der Kollaps des Systems nicht nur wahrscheinlich, sondern zwingend systemimmanent.

Prof. Hörmann formuliert das so: "Die heutige Krise geht von den Banken aus. Banken erfinden im Kreditprozess Geld. Wenn man aber Geld aus Luft erfindet und das, was vorher noch nicht existiert hat, verzinst weitergibt und dinglich absichern lässt, dann ist das, wenn das Geschäftsmodell schief geht, in Wahrheit ein Enteignungsmodell."

Wieso hören und lesen wir in deutschen Massenmedien nichts darüber? Wenn sogar ein Blatt wie der Freitag nur die halbe Wahrheit auf den Tisch legt und den wesentlichen Rest unterschlägt (und nicht einmal in einem Nebensatz erwähnt), sieht der Blick in die Zukunft wahrlich finster aus. Ganz besonders betrifft das den Aspekt des "Schuldenabbaus". Kein einziges Land der westlichen Hemisphäre hat seit dem "Neustart" des Kapitalismus im Jahr 1945 irgendwelche "Schulden abgebaut", dafür aber immer wieder neue "Schulden" gemacht. Wie soll so etwas denn langfristig funktionieren? Wieso "verleihen" Banken immer wieder Unsummen an alle Staaten, wenn diese Schulden doch erkennbar niemals zurückgezahlt werden (können)? - Sie tun das, weil es sich um virtuelles, vorher nicht existentes Geld handelt und sie einzig auf die Zinszahlungen scharf sind, die ja tatsächlich geleistet wurden und werden. Und zwar stetig steigend, denn die "Verschuldung" wächst ja unablässig.

Und als kleine Anmerkung am Rande: Anders als die Staaten müssen Privatpersonen aufgenommene Kredite natürlich in Gänze zurückzahlen - also nicht nur die Zinsen, sondern den gesamten ursprünglichen Betrag zuzüglich der Zinsen. Das ist dann ein weiteres Geschenk an die Bank. Wenn Ihre Bank Ihnen also einen Kredit in Höhe von z.B. 10.000 Euro gewährt, ist sie nach der Beendigung des Tilgungsprozesses um 10.000 Euro reicher - zuzüglich der Zinsen, die Sie dafür auch noch gezahlt haben. Verstehen Sie jetzt, warum diese Leute wirklich alles dafür tun, damit nicht darüber berichtet und dieses perfide System so lange wie nur irgend möglich am Leben erhalten wird?

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