Freitag, 21. August 2009

Armut in Deutschland - ein Rück- und ein Ausblick

60 Jahre Armut in der BRD: Reichtum wird von der Staatsmacht gefördert, das dadurch wachsende Elend ideologisch verharmlost, verdrängt und kriminalisiert.

Armut hat in (West-)Deutschland selten oder nie den Aufmerksamkeitsgrad gefunden, der ihr eigentlich gebührt. Vielmehr wurde sie mit dem Ziel kleingeredet, die sich tendenziell immer stärker ausprägende soziale Ungleichheit zu rechtfertigen. Zuletzt avancierte »Armut in Deutschland« zwar von einem Tabu- beinahe zu einem Topthema, das in Talkshows über die Wirkung der sogenannten Hartz-Gesetze, die Benachteiligung von Kindern und Familien, den Zerfall der Mittelschicht, die zu erwartenden Folgen der Weltfinanzkrise oder die Angst vieler Menschen vor einem sozialen Absturz sehr häufig erörtert wird. Man spricht jetzt zwar viel mehr darüber, nimmt Armut jedoch weiterhin nicht als gesellschaftliches Kardinalproblem wahr bzw. ernst.


Seit die Soziologin Jutta Allmendinger kurz vor der Jahrtausendwende den Begriff "Bildungsarmut" eingeführt hat, tut man so, als sei ein Mangel an Bildung der Hauptgrund für Armut. Richtig ist, dass Bildungsdefizite vielfach verhindern, dass junge Menschen auf dem Arbeitsmarkt sofort Fuß fassen. Auch führt die Armut von Familien häufig dazu, dass deren Kinder keine weiterführende Schule besuchen oder sie ohne Abschlusszeugnis wieder verlassen.

Ursache und Wirkung dürfen allerdings nicht vertauscht werden. Spätestens seit den Pisa-Tests wissen wir, dass Kinder aus sozial benachteiligten Familien hierzulande erheblich schlechtere Bildungschancen haben als die Zöglinge der Gutsituierten. Empirisch belegt ist, dass sie auf diesem für ihren ganzen Lebensweg zentralen Feld stärker diskriminiert werden als in fast allen anderen Industriestaaten.

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