Richard Sennett hat vor kurzem in einer grundsätzlichen Kritik gesagt, der moderne Kapitalismus sei in seiner Grundtendenz antidemokratisch. Er führe zu einer weichen Spielart des Faschismus (soft fascism). In modern organisierten Unternehmen werde die Macht von einer immer kleiner werdenden Zahl von Spitzenmanagern ausgeübt, das gleiche gelte für die politische Sphäre, wo die Entscheidungsmacht einigen wenigen Spitzenpolitikern vorbehalten sei. Diese Tendenz zur Zentralisierung von Macht und zur extremen Verkürzung der Zeithorizonte im Unternehmensmanagement sei die unmittelbare Folge der totalen Freisetzung riesiger Kräfte des Finanzkapitals nach dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Abkommens in den siebziger Jahren. Politische Macht sei abgewandert in die Finanzsphäre und in die Hände einer neuen Managerklasse, die sehr genau weiß, wie man mit den neuen Strukturen umgeht und sich in zumeist informellen Netzwerken organisiert. Sennett fährt fort: „Diese Netze geben Managern heute die Freiheit, Dinge zu tun, die innerhalb der offiziellen Strukturen eines Unternehmens völlig unmöglich wären. Macht entzieht sich in dieser Weise ganz einfach der Wahrnehmung und wird unsichtbar.“ Wirkliche Macht hängt vom Platz ab, den man innerhalb eines weltweiten Netzwerkes einer immer kleiner werdenden Gruppe von Spitzenmanagern und Spitzenpolitikern einnimmt. Die Bürger, resümiert Sennett, „haben in der politischen Sphäre keinen Platz mehr. Nur eine äußerst schmale Schicht der Gesellschaft hat überhaupt noch Zugang zu ihr.“ Das Problematische aber ist, dass die politische Sphäre selbst immer bedeutungsloser wird - und dass die Welt der Spitzenmanager auch für diese selbst prekärer wird.
Die Geldeliten verselbständigen sich, beginnen im wahrsten Sinne des Wortes in dieser Winner Takes All-Gesellschaft auf eigene Faust zu operieren. Die Dinge entwickeln sich dramatisch. Klimawandel und Ressourcenprobleme deuten auf ein kommendes globales Szenario nackter Überlebenskämpfe. Und für eine solche Rette-sich-wer-kann-Welt glauben sich die Geldeliten - souveräne, wohlgeschützte Eigner des Besten, was diese Welt zu bieten hat - gut gerüstet. Was für eine Illusion.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Es wäre schön, wenn Du nicht "anonym" kommentierst - falls Du kein passendes Profil hast, denk Dir doch einfach einen passenden Nicknamen aus und trage diesen unter "Wählen Sie eine Identität aus: Name/URL" ein (das Feld "URL" kannst Du dann einfach frei lassen). Ansonsten geht Dein Kommentar - falls er mal im Spam-Ordner landet - in den zunehmenden und stets "anonymen" Spam-Botschaften allzu leicht verloren. Vielen Dank! :-)
Wichtig: Bitte den geschriebenen Kommentar vor dem Abschicken markieren und in die Zwischenablage kopieren, damit er nicht im Nirwana verschwindet, falls der Text (was hier aus mir unbekannten Gründen leider gelegentlich vorkommen kann) beim ersten Versuch nicht ankommen sollte.
Entschuldigen muss ich mich für die furchtbare "Captcha-Abfrage": Die stammt nicht von mir (ich habe diesen Bullshit in den Blogeinstellungen ausdrücklich für alle - also auch für anonyme - Poster abgeschaltet), sondern vom großen Bruder Google persönlich - und ich habe keinerlei Einflussmöglichkeiten darauf.
Kommentare zu Postings, die älter als drei Wochen sind, werden wegen des Spamschutzes nicht sofort freigeschaltet.