Sonntag, 13. September 2009

Die Armut ist gewollt

Armut ist ein merkwürdiges Phänomen: Niemand will davon betroffen sein, niemand bejaht sie offen oder wünscht sie anderen. Fast jeder, der über sie schreibt oder spricht, stellt sie als eine Gefahr nicht nur für die einzelnen Betroffenen, sondern auch für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, wenn nicht gar für das bestehende Wirtschafts- und Gesellschaftssystem dar. Und doch – obwohl zumindest ein so reiches Land wie die Bundesrepublik Deutschland ihre sozialökonomischen Entstehungsursachen beseitigen könnte, wenn der politische Wille dazu vorhanden wäre und entsprechende Anstrengungen unternommen würden – gibt es sie immer noch, ja seit geraumer Zeit sogar in wachsendem Maße.

Wie ist dieses Paradox zu erklären?

Armut entsteht nicht trotz, sondern durch Reichtum. Bertolt Brecht hat es während des Zweiten Weltkrieges in einem Vierzeiler folgendermaßen ausgedrückt: »Armer Mann und reicher Mann / standen da und sah'n sich an. / Und der Arme sagte bleich: / Wär' ich nicht arm, wärst du nicht reich.« Deshalb kann Armut im Rahmen der bestehenden Gesellschaftsordnung nicht durch zunehmenden Reichtum beseitigt werden. Beide sind vielmehr systembedingt: konstitutive Bestandteile des Kapitalismus. (...)

Sofern unsere Analyse richtig und Armut mehr als ein zufälliges Ereignis im Leben von Menschen ist, die »nicht mit Geld umgehen können«, sondern systemimmanent, kann man den Betroffenen schwerlich die Schuld daran zuschieben und dem Problem weder mittels moralischer Appelle an Wohlhabende noch mittels karitativer Maßnahmen beikommen. Vielmehr muss der Reichtum angetastet werden. Ohne Umverteilung von oben nach unten lässt sich die Armut nicht wirksam bekämpften. Grundvoraussetzungen dafür wären die Wiedererhebung der Vermögensteuer und eine stärkere Besteuerung großer Erbschaften.

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