Regierung verletzt ungeniert Grundgesetz – auch deswegen darf "Krieg" nicht "Krieg" heißen. Ein Gespräch mit Norman Paech
Norman Paech ist emeritierter Professor für Völkerrecht. In der abgelaufenen Legislaturperiode war er außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Deutschen Bundestag.
junge Welt: Der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat gleich zu Beginn seiner Amtszeit einen neuen Akzent gesetzt: Er hat mit Bezug auf den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr das bislang sorgfältig vermiedene Wort "Krieg" benutzt, ohne jedoch zu sagen, dass es sich in der Tat um einen solchen handelt. Warum schrecken Politiker vor dieser Vokabel zurück?
Paech: Zunächst ist es erfreulich, dass die Realität jetzt auch im Verteidigungsministerium Einzug gehalten hat, dass also auch semantisch anerkannt wird, was in Afghanistan abläuft. Dass diese Vokabel bisher vermieden wurde, hatte eher politisch-ideologische Gründe – man wollte es sich nicht anrechnen lassen, dass das, was zunächst "Stabilisierung einer Übergangsregierung" war, dann ein "Hilfeangebot" an das afghanische Volk, sich zu einem handfesten Krieg ausgewachsen hat. (...)
Wie würden Sie einen Staat qualifizieren, der entgegen einem ausdrücklichen Verfassungsverbot einen Angriffskrieg führt? Ist das ein Unrechtsstaat?
Einen solchen Staat kann man durchaus so bezeichnen, denn das ist eine verfassungswidrige Handlung. Leider hat das Bundesverfassungsgericht den Weg zu diesen kriegerischen Auslandseinsätzen geebnet. 1994 hat die SPD dagegen geklagt, die PDS dann 1999. Erst kürzlich ist auch die Linkspartei vor Gericht gezogen wegen der völkerrechtswidrigen Sezession des Kosovo und der nach unserer Ansicht nicht mehr gedeckten Stationierung deutscher Truppen dort. Das Bundesverfassungsgericht hat der Bundesregierung diese Wege leider immer wieder geöffnet.
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Norman Paech ist emeritierter Professor für Völkerrecht. In der abgelaufenen Legislaturperiode war er außenpolitischer Sprecher der Linksfraktion im Deutschen Bundestag.
junge Welt: Der neue Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hat gleich zu Beginn seiner Amtszeit einen neuen Akzent gesetzt: Er hat mit Bezug auf den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr das bislang sorgfältig vermiedene Wort "Krieg" benutzt, ohne jedoch zu sagen, dass es sich in der Tat um einen solchen handelt. Warum schrecken Politiker vor dieser Vokabel zurück?
Paech: Zunächst ist es erfreulich, dass die Realität jetzt auch im Verteidigungsministerium Einzug gehalten hat, dass also auch semantisch anerkannt wird, was in Afghanistan abläuft. Dass diese Vokabel bisher vermieden wurde, hatte eher politisch-ideologische Gründe – man wollte es sich nicht anrechnen lassen, dass das, was zunächst "Stabilisierung einer Übergangsregierung" war, dann ein "Hilfeangebot" an das afghanische Volk, sich zu einem handfesten Krieg ausgewachsen hat. (...)
Wie würden Sie einen Staat qualifizieren, der entgegen einem ausdrücklichen Verfassungsverbot einen Angriffskrieg führt? Ist das ein Unrechtsstaat?
Einen solchen Staat kann man durchaus so bezeichnen, denn das ist eine verfassungswidrige Handlung. Leider hat das Bundesverfassungsgericht den Weg zu diesen kriegerischen Auslandseinsätzen geebnet. 1994 hat die SPD dagegen geklagt, die PDS dann 1999. Erst kürzlich ist auch die Linkspartei vor Gericht gezogen wegen der völkerrechtswidrigen Sezession des Kosovo und der nach unserer Ansicht nicht mehr gedeckten Stationierung deutscher Truppen dort. Das Bundesverfassungsgericht hat der Bundesregierung diese Wege leider immer wieder geöffnet.
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