Samstag, 12. Dezember 2009

Die Systemfrage

    Der dekadente internationale, individualistische Kapitalismus, in dem wir uns befinden, hat zu keinem Erfolg geführt. Er ist nicht klug, nicht schön, nicht gerecht und nicht sittlich - und er liefert nur unzulänglich Güter. Kurz, wir missbilligen ihn und beginnen ihn zu verachten. Aber wir sind äußerst verwirrt, wenn wir uns überlegen, was an seine Stelle gestzt werden soll.

    (John M. Keynes: Nationale Selbstgenügsamkeit, 1933)


Diese Äußerung des größten Ökonomen des 20. Jahrhunderts stammt aus dem Jahre 1933. Als ob sich die Geschichte wiederholen würde! Im gewissen Sinne schon. In den letzten Jahrzehnten wurde nämlich von unseren Macht- und Wirtschaftseliten das politisch-ökonomische System der Weimarer Republik bzw. des Kapitalismus des 19. Jahrhunderts gezielt und systematisch wieder hergestellt. Auch diesmal hat das System seine Versprechungen nicht eingelöst. Und es hat die gleichen Ergebnisse vollbracht wie damals. Daraus folgt, dass ein gesellschaftliches System unter ähnlichen Bedingungen auch ähnliche Ergebnisse produziert. Möchte man andere Ergebnisse, braucht man also ein anderes System.

Zu den Ergebnissen unseres neuen-alten Systems gehören vor allem ungelöste ökonomische und soziale Probleme: Ständige konjunkturelle Schwankungen (Wirtschaftkrisen), eine immer größere "Reservearmee" von Arbeitslosen und Armen und ein ständiges Produktivitätswachstum, das nur den Reichsten zugute kommt. Marx hat dies zwar nicht selber entdeckt, jedoch hat es keiner so systematisch und ausführlich erfasst wie er. Aber noch etwas hat er fast prophetisch vorhergesagt, nämlich dass das System der uneingeschränkten Freiheit die Mittelschichten vernichtet. Darüber schweigt man am liebsten. Ist dem zufällig so?

Nein. Es geht um ein Thema, das brisant ist wie kein anderes. Den Unterschichten muss man mindestens so viel zum Leben überlassen, dass sie nicht Gesetze brechen und im Gefängnis landen, weil ihnen aus Verzweiflung nichts anderes übrig bleibt. Dieses Niveau haben wir in Deutschland durch die sozialdemokratischen "Reformen" bereits erreicht. Folglich bleiben nur noch die Mittelschichten, die man rupfen kann. Was meinst Du, Lehrer, Sozial- und Facharbeiter, oder Du, Ingenieur, Informatiker und Bankangestellter, oder Du, Arzt, Apotheker und Pfleger, oder auch Du, Unternehmer, Firmenbesitzer und Freiberufler ..., warum gerade Du in der letzten Zeit so schwärmerisch von den Politikern aller Blockparteien umworben wirst? Warum wirst gerade Du mit all den Komplimenten überschüttet? Weil jetzt Deine Haut zu Markte getragen wird!

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Anmerkung: Auf diesen Seiten finden sich viele sehr informative und auch kritisch zu betrachtende Texte - ein Stöbern lohnt sich in jedem Falle.

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