Dienstag, 29. Dezember 2009

Globalisierung: Die trostlose Heimat des Hampelmanns

Pädagogisch bewusste Eltern schenken ihren Kindern Holzspielzeug statt Plastikware. Doch das Naturprodukt stammt meist aus chinesischer Akkordarbeit - ohne Arbeitsschutz und zu Minimallöhnen. Ein Besuch in Yunhe, wo fast alle internationalen Marken produzieren lassen.

Liu Diandians Lieblingsspielzeug ist ein grüner Traktor aus Holz. "Den hat meine Mama für mich geklaut", verrät die Siebenjährige stolz. Sie hockt zwischen leeren Bierflaschen auf dem Boden und lässt den kleinen Trecker zwischen Stuhl- und Tischbeinen Slalom fahren. Wenn ihr langweilig wird, baut sie krachende Unfälle. Die tiefen Kerben verraten, dass Diandian oft Langeweile hat. Denn sie verbringt viele Stunden allein in dem engen Barackenzimmer. Der Traktor, ein abgewetzter Stoffigel und drei dünne Bilderbücher sind ihre einzigen Spielsachen - und das, obwohl ihre Eltern in einer Spielzeugfabrik arbeiten. Doch zu klauen haben sie nur einmal gewagt, zum Kaufen fehlt ihnen das Geld, und geschenkt bekommt in Yunhe niemand etwas.

Diandian und ihre Eltern, die vor drei Jahren aus der armen Provinz Anhui in die südchinesische Industriestadt gezogen sind, haben kaum eine Vorstellung davon, welche Reise das Spielzeug aus ihrer Fabrik vor sich hat - ebenso wenig wie man sich am anderen Ende der Welt groß Gedanken über seine Herkunft macht. Dabei stammen hunderttausende Geschenke, die in den kommenden Tagen unter deutschen Weihnachtsbäumen liegen werden, aus Yunhe. Allerdings laufen hier nicht die billigen Plastikpuppen vom Band, die "Made in China" seinen zweifelhaften Ruf eingebracht haben. Yunhe fabriziert die Kinderzimmerausstattung der wirtschaftlich Privilegierten, ökologisch Aufgeklärten und pädagogisch Bewussten: Holzspielzeug.

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