Montag, 12. Juli 2010

Dänemark: Der Wohlfahrtsstaat und die Folgen

Den Dänen sind ihre hohen Abgaben nicht hoch genug. Für freiwillige Sonderzahlungen hat die Regierung nun ein eigenes Konto eingerichtet - und sammelt erfreut Geld ein.

Man könnte meinen, dass dänische Bürger schon genug an den Staat abführen: Spitzensteuersatz von 67 Prozent, zahlbar ab einem Jahreseinkommen von 46.500 Euro, 25 Prozent Mehrwertsteuer, 180 Prozent Sonderabgabe auf Autoverkäufe. In der Statistik der OECD war Dänemark mit diesen Werten 2009 Hochsteuerland Nummer eins.

Manchen Dänen aber ist selbst das noch nicht genug. Ein Bürger schrieb an das Steuerministerium, er wäre bereit, freiwillig mehr zu zahlen, um Leistungen des Wohlfahrtsstaats zu finanzieren. (...)

Seit Anfang 2010 hatte die liberalkonservative Regierung die Steuern leicht gesenkt und sich damit die Kritik der Opposition eingehandelt. Die Chefs von Sozialdemokraten und Sozialistischer Volkspartei sprachen sich für höhere Steuern aus und erklärten, selbst gern mehr bezahlen zu wollen. In dieser Hinsicht werden sie von 75 Prozent der Dänen unterstützt, die in Meinungsumfragen angeben, mehr Wohlfahrt sei wichtiger, als den Spitzensteuersatz zu senken.

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Anmerkung: Man muss die Polemik im Artikel geflissentlich überlesen - handelt es sich doch um einen Text aus der Financial Times Deutschland, die gewiss nicht für "Wohlfahrtsdenken" steht. Dennoch ist das Geschehen beachtlich: Die Mehrheit der Dänen scheint erkannt zu haben, dass es dem ganzen Land - also allen Bürgern - weitaus besser geht, wenn am so genannten "skandinavischen Wohlfahrtsmodell" festgehalten wird. Soviel Weitsicht ist in Deutschland kaum vorstellbar - da denkt jeder lieber an sich selbst und meint hohlköpfig und medial begleitet, wenn Schwächeren etwas weggenommen wird, ginge es ihm selbst besser.

Ob die Dänen das wohl durchhalten - oder ob ihre Regierung auch auf den neoliberalen Todeszug aufspringen wird, ist ungewiss. Sie würde es wohl gerne tun, traut sich aber noch nicht so recht. Und solange das so ist, muss man den Aktivisten dankbar sein, die solche Aktionen ins Leben rufen. - In Deutschland gibt es indes auch Millionäre, die sich zu Wort melden und gerne mehr Steuern zahlen würden, um den Sozialstaat zu retten - wohl wissend, dass ihr eigener Reichtum zwingend an ihn gekoppelt ist (anders als der der Milliardäre). Nur diese Stimmen werden in aller Regel in den Systemmedien ignoriert - oder sie werden genauso mit Polemik übergossen, wie es die Meldung aus der Saarbrücker Zeitung illustriert.

Es wäre problemlos möglich, allen Menschen ein würdiges, erfülltes Leben ohne Existenzängste zu ermöglichen, ohne dass die Reichen und Superreichen darben müssten. Wieso sie dies nicht erkennen, sondern am neoliberalen Irrweg des stetigen Superwachstums auf Kosten aller anderen festhalten, wird ewig ihr Geheimnis bleiben.

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