Donnerstag, 2. Dezember 2010

Über die bewusste Zerstörung des Gesundheitssystems

Kranker Kunde

Schwarz-Gelb paukt die Gesundheitsreform durch das Parlament. Sie wird die Gesellschaft stärker verändern, als viele es ahnen


(...) Seit seinem Amtsantritt wird Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) nicht müde, das Lied vom aufgeklärten Patienten zu singen, dessen Eigenverantwortlichkeit und Gesundheitsbewusstsein zu stärken sei.

Als Idealbild steht diese Figur auch im Zentrum der Finanzreform der Gesetzlichen Krankenversicherung, die im Windschatten des alle Widerstandskräfte bindenden Anti-Atom-Protests Ende dieser Woche durch den Bundestag gejagt werden soll. Im Unterschied zu den unabsehbaren Langzeitwirkungen von Atommüll werden die Folgen dieses bislang gravierendsten Umbaus eines Sozialversicherungszweiges schon relativ bald spürbar sein. Was am 1.  Januar 2011 mit einer Beitragserhöhung anhebt, wird in den folgenden Jahren, wenn die Arbeitgeber für die Kostensteigerungen im Gesundheitswesen nicht mehr herangezogen werden, in eine Kostenspirale für die Versicherten münden. Gesundheitsökonomen schätzen, dass der Zusatzbeitrag, der künftig von den Kassen erhoben werden kann, in 15 Jahren so hoch sein wird, dass alle Kassenmitglieder Anspruch auf einen Sozialausgleich haben.

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Anmerkung: In einem Kommentar von RAJmue zum obigen Artikel heißt es: "Als Konsequenz der Personalisierung und Entsolidarisierung wird eine ausgeprägte Mehrklassenmedizin zum Regelfall, die nach allem, was wir beispielsweise aus den USA wissen, auch Konsequenzen für die Lebenserwartung haben wird. Bedenkt man die flexible Auffassung von 'Christentum', wie sie paradigmatisch von Frau Merkel verkörpert wird und die mit Wirtschaftskrieg und Hartz IV ohne jede Schwierigkeit kompatibel ist, und bedenkt man den inzwischen wieder nachhaltig in der 'Mitte' angekommenen Sozialdarwinismus, so kann man das auch als eine erleichterte 'Entsorgung' von 'weniger Leistungsfähigen', 'Überflüssigen' oder 'Abgenutzten' sehen, die indirekt anderen zugutekommt. Wenn man sich die Art von Kosten-Nutzen-Rechnung vor Augen führt, wie sie von weiten Teilen des 'Bürgertums' etwa für Migranten oder die 'Unterschicht' goutiert wurde und wird, so muss man sich u.A. fragen, warum man 'teure' Patienten mit chronischen, womöglich erblichen Erkrankungen eigentlich weiter versorgen soll, ebenso wie Behinderte, sobald sich einmal herausstellt, dass beispielsweise die Arbeitsplatzbeschaffung durch Pflege weniger einbringt als die komplette 'Abschaffung'. Rechenexemplare dieser Art wurden ja bekanntlich nach 1933 in Schulbüchern abgehandelt, in genauer Analogie zu eben jener Logik, die wir in den letzten zwei Monaten ebenso rabiat und lautstark wie sich als unterdrückt ausgebend vernehmen konnten. Konsequenterweise könnte es auch nur eine Frage der Zeit sein, bis beispielsweise eine vorgeburtliche genetische Diagnostik als soziale Verpflichtuing deklariert werden wird, damit nicht unwertes Leben produziert wird, das unproduktiv Ressourcen verbraucht." Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

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