(Friedrich Nietzsche [1844-1900]: "Verwelkt", aus: "Sieben Lieder", komponiert 1864; Text von Sándor Petőfi [1823-1849]; Dietrich Fischer-Dieskau: Gesang, Aribert Reimann: Piano)
Du warst ja meine einz'ge Blume,
verwelkt bist du, kahl ist mein Leben.
Du warst für mich die strahlende Sonne -
du schied'st, ich bin von Nacht umgeben.
Warst meiner Seele leichteste Schwinge -
du brachst - ich kann nun nimmer fliegen.
Du warst die Wärme meines Blutes -
du flohst - ich muss dem Frost erliegen.
Anmerkung: Es ist weithin unbekannt, dass Nietzsche sich auch als Komponist betätigt hat und eine ganze Reihe von Liedern und Klavierwerken geschrieben hat, die heute leider weitgehend vergessen sind. Dieses Lied über den Tod eines geliebten Menschen, geschrieben im Alter von nur 20 Jahren auf ein Gedicht des ungarischen Revolutions-Dichters Sándor Petőfi, ist ein schönes Beispiel für die zarte, musikalische Seite Nietzsches - zu einer Zeit, als er Richard Wagner, dessen Musik er später sehr schätzte, persönlich noch gar nicht kannte.
Ich persönlich denke in diesem Zusammenhang sehr gern an die Zeit zurück, in der ich - ebenfalls im Alter von zarten 20 Jahren - auf den Spiegel im Bad meiner damaligen Studentenbude in großen, knallroten Buchstaben den Schlusssatz aus Nietzsches "Zarathustra" geschrieben hatte und ihn jeden Morgen neu lesen musste:
"Also sprach Zarathustra und verließ seine Höhle, glühend und stark, wie eine Morgensonne, die aus dunklen Bergen kommt."

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