Montag, 13. Januar 2014

Outlast: Wenn der Kapitalismus Profit wittert ... pflastern Leichen seinen Weg


Stell Dir vor, Du bist Journalist - und erfährst von der Existenz einer skurrilen "Nervenheilanstalt", die es in den USA kurz nach dem zweiten Weltkrieg unter maßgeblicher Beteiligung eines deutschen Nazi-"Wissenschaftlers" gegeben und die danach aus mysteriösen, weitgehend unbekannten Gründen als "Privatklinik" eines amerikanischen Konzerns in Zusammenarbeit mit der CIA fortgeführt worden ist, bis es zu einer unerklärlichen Schließung kam, die niemals aufgeklärt worden ist. Damit befindest Du Dich in der Ausgangslage des Computerspiels "Outlast" und machst Dich allein mit einer Videokamera bewaffnet auf den Weg, das alte Gebäude zu besuchen und das Geheimnis seiner Schließung zu ergründen.

(Es folgen jede Menge Spoiler - wer das Spiel selber noch genießen möchte, sollte hier ausdrücklich nicht weiterlesen.)

So beginnt das ultimative Horrorspiel "Outlast", dem ich als bekennender Verehrer (mein Dank gilt meinem Freund Darkmoon) des Spieles "Amnesia - The Dark Descent" hiermit den neuen Status des Maßstäbe setzenden Eckpfeilers dieses Genres verleihen muss. Wer Horrorfilme kennt, wird sich in die Hose machen. Wer Horrorspiele kennt, wird viele Windeln brauchen. Dieses Spiel hat mich an den Rand dessen gebracht, was ich ertragen kann - und verlässt dabei dennoch nie den Realitätsbezug zu unserer gruseligen, kapitalistischen Wirklichkeit, was den Horror erst wirklich glaubhaft macht.

Aber der Reihe nach: Das Spiel fängt, wie so oft, relativ harmlos an: Das Szenario ist gruselig, die Ereignisse sind es noch nicht immer. Das aber steigert sich - und zwar in einem Tempo, das ich so in Computerspielen noch nicht kannte. Die Story entwickelt sich anfangs recht schnell - man stößt immer wieder auf Fundstücke, Dokumente, Akten und Ähnliches und erfährt so nach und nach, was in diesem finsteren Gebäude sowohl kurz nach dem Krieg, als auch später geschehen ist - und es überrascht wohl niemanden, dass keines dieser Ereignisse etwas ist, was man tatsächlich miterleben möchte. Selbstverständlich wird man das meiste aber miterleben, wenn man weiterspielt - wenn auch etwas später und ohne jede Rücksicht.

Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen: Natürlich spielt der Faschismus hier eine tragende, omnipräsente Rolle - ebenso wie der Kapitalismus, der wie gewohnt auf der Suche nach endlosem Profit ist, woher auch immer er stammen mag und dabei wie gewohnt auch Wege beschreitet, die geradezu und für jeden auch problemlos sofort erkennbar pervers sind. An einer Stelle erfährt man das auch ganz ungeschminkt, wenn man ein Akte findet, in der sinngemäß dokumentiert wird, dass der Konzern die lächerlichen Investitionen für ein paar Ärzte und ein Irrenhaus angesichts der erwarteten Profite höchst gerne getätigt hat. Selbstverständlich werden hier systematisch Menschen gequält, verstümmelt und ermordet, und natürlich geschieht das auch hier aufgrund von dümmlichen Kapitalinteressen - andere nachvollziehbare Gründe gibt es dafür schließlich nicht. Den wirklichen Horror generiert das Spiel aber - abgesehen von den jeweiligen Szenarien, die teilweise extrem gut gelungen sind - aus der zunächst undurchsichtigen Verquickung der Geschehnisse mit einer angeblich "übernatürlichen" Macht aus einem diffusen "christlichen Jenseits". Das klingt im Rahmen dieses verrückten Szenarios erst einmal nicht sonderlich furchteinflößend und erst recht nicht neu - aber am Ende stellt sich das wiederum anders dar, denn da erfährt der Spieler die tatsächlichen Hintergründe: Der gesamte übernatürlich-religiöse Klamauk wurde - wie in unserer realen Welt - einzig für die dummen Opfer der perversen medizinischen Manipulationen erfunden, um ihnen die wahrlich fatalen Auswirkungen des profitorientierten Tuns der "Ärzte" irgendwie glaubhaft zu machen.

Im gesamten Spiel - wie das in "Amnesia" schon vorgemacht wurde - gibt es keine Chance, die gruseligen Monster, die nichts anderes sind als vom kapitalistischen Wahn entstellte Menschen und die dem Spieler an jeder dritten Ecke nach dem Leben trachten, zu bekämpfen. Die einzige Möglichkeit, den Schlächtern zu entgehen, besteht darin, sich zu verstecken oder zu flüchten - und oftmals ist da auch eine durchdachte Strategie notwendig, die vorheriges, manchmal eingehendes Beobachten erfordert. Gelingt die Flucht nicht rechtzeitig, stirbt man - so unbarmherzig wie die perverse Ideologie der Kapitalisten ist auch die Regel dieses Spiels.

Am Schluss bleibt man zunächst ratlos zurück - der Journalist hat seine Aufgabe nicht erfüllt, der Konzern wird nicht zur Rechenschaft gezogen, das System ändert sich nicht - sondern es kommt alles noch viel, viel schlimmer: Der Protagonist wird "assimiliert" und ist fortan ein Teil des perversen Systems. Die Entwickler hätten sich einen noch weniger dem klassischen "Happy End" anmutenden Schluss für ihre finstere, aber so realistische Story kaum ausdenken können.

Wer 20 Dollar übrig hat, sollte sie den UrheberInnen dieser bösen Realitätsdarstellung zukommen lassen, das Spiel selber ausprobieren und die eigenen Windeln mit unerfreulich Riechendem füllen. Angesichts des Themas wäre an dieser Stelle gewiss auch ein Hinweis auf eine kostenlose Version legitim ... nicht aber in diesem verkommenen Staat / System. Hier wird sogar die Kritik am Kapitalismus profitorientiert verwertet und notfalls gerichtlich und staatlich legitimiert durchgesetzt. Wir befinden uns eben längst auf der allerletzten Seite nach dem Nachwort und merken es bloß noch nicht. Wie der nette Journalist zu Beginn in diesem Spiel.


3 Kommentare:

  1. Lieber Charlie, möchte das gerne ergänzen: ...kommt im Februar kostenlos fuer alle ps4 plus member. Liebe Grüße <3

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  2. Charlie du Kindskopp!!!! Befass dich mit Politik, Kunst, Musik oder andren wichtigen Dingen, aber lass den Spielemist doch endlich wieder sein! Mensch!! :-)

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    1. "Ja, Mama."

      (Und wenn Mama wieder mal nicht hinguckt, schnetzelt er sich weiter durch "Skyrim", zieht schlotternd durch die finstere Burg von "Amnesia" oder versucht sich als versoffener Pirat durch "Risen 2" zu prügeln.)

      Für die Zwischenzeit empfehle ich Dir diesen hübschen Text: "SPIEGEL macht blöd. Warum auch positive Computerspiel-Artikel nicht besser sind als ihr Ruf".

      Liebe Grüße! ;-)

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