Wie immer im Endstadium des kapitalistischen Untergangs geht es nun vermehrt den Geisteswissenschaften an den Kragen - die "produzieren" nämlich keine dumm-willfährigen Sklaven, sondern - im Idealfalle - halbwegs selbstständig denkende, kritikfähige Menschen. Nichts ist dem Kapitalismus verhasster als dies.
Es ist seit geraumer Zeit zu beobachten, dass die geld- und machtgeile "Elite" das Bildungssystem torpediert, indem es infantile "betriebswirtschaftliche" Prinzipien bemüht - die Verkürzung der Schulzeit bis zum Abitur, die Abschaffung der akademischen Magister- und Diplomstudiengänge und die infernale Auslieferung der Universitäten an die Wirtschaft sind deutliche Indizien hierfür. Die Universitäten in Deutschland sind heute nur noch ein Schatten dessen, was sie einst waren - und das ist kein Zufall.
Zuerst trifft der Kürzungs- und Sparwahn natürlich, wie sollte es auch anders sein, die Geisteswissenschaften. In einem - freilich sehr diffusen, in Teilen gar hanebüchenen - Bericht bei Zeit Online kann man das nachlesen - und es ist gewiss kein Zufall, dass dort das Ende der Geisteswissenschaften im Ausland (Japan, USA, England etc.) besonders hervorgehoben wird, während in Bezug auf Deutschland das absurde Fazit zu lesen ist:
Noch trotzt das Land von Goethe und Nietzsche dem Niedergang des freien, effizienzunabhängigen Denkens.
Man kann mit dem Kopfschütteln gar nicht mehr aufhören, wenn man einen solchen Blödsinn liest. Deutschland ist seit Jahren (!) der Vorreiter in Sachen Dummheit, Kapitalhörigkeit und Anpassung der "Bildung" an kapitalistische Strukturen. Wenn ein Hochschulsystem, das freilich nicht perfekt war, so dermaßen zusammengestutzt und kastriert wird, wie das in Deutschland in den vergangenen Jahren der Fall war, nun als "Lichtpunkt" in der Finsternis des generellen, organisierten Unterganges gelobt wird, hat Orwell das Spiel längst gewonnen.
Hier "trotzt" nichts und niemand dem perversen Effizienzdenken der Schlips-Borg und Aktenkofferträger - ganz im Gegenteil.
Auch dies ist indes nichts Neues - ähnliche Entwicklungen kennen wir aus der Vergangenheit nur allzu gut. Die Zeit erfüllt ihren propagandistischen Auftrag hier perfekt, indem sie so argumentiert, als sei die heutige deutsche Hochschullandschaft auch nur entfernt mit dem politisch bewusst abgeschafften Ideal der "Freiheit der Lehre" zu vergleichen, die es vor 30 Jahren ansatzweise einmal gab. Das Gegenteil ist indes heute der Fall.
Mit den Geisteswissenschaften stirbt selbstredend - wieder einmal - auch die Zivilisationssimulation. Menschen lernen nicht aus der Geschichte, sondern wiederholen sie, wenn elitegesteuerte Marionetten das Sagen haben. Es wartet einmal mehr die pure Barbarei.
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Der letzte Tag von Pompeii
(Gemälde von Karl Bryullov [1799-1852] aus dem Jahr 1833, Öl auf Leinwand, State Russian Museum, St. Petersburg, Russland)
1 Kommentar:
Treffender Artikel!
"Hier "trotzt" nichts und niemand dem perversen Effizienzdenken der Schlips-Borg und Aktenkofferträger"
Zu meiner Studienzeit wurde Bachelor/Master gerade eingeführt (ich hatte den letzten Diplomstudiengang) und es gab parallel drei verschiedene Studienordnungen, die sich teilweise widersprachen und für unnötig viel Chaos sorgten. Weder Studenten noch Dozenten blickten da durch. Einzig das völlig überforderte Prüfungsbüro, dass an 3 Tagen die Woche für jeweils 3 Stunden nur auf hatte. Die ganzen Neoliberalas reden zwar ständig von "Effizienz" und "Excellenz", aber selbst die bekommen sie nicht mal gebacken.
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