Freitag, 28. Oktober 2011

Systemimmanent: Viel Armut, wenig Reichtum

  1. Die hierzulande seit Jahren wachsende Armut ist ein ausgesprochen merkwürdiges Phänomen: Niemand will davon betroffen sein, bejaht sie offen oder wünscht sie anderen. Gleichzeitig wähnt fast jeder Beobachter in ihrer Existenz eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, wenn nicht gar für das bestehende Wirtschafts- und Gesellschaftssystem zu sehen. Und obwohl zumindest ein so reiches Land wie die Bundesrepublik ihre sozialökonomischen Entstehungsursachen beseitigen könnte, wenn der politische Wille dazu vorhanden wäre bzw. entsprechende Anstrengungen unternommen würden, gibt es sie immer noch, ja seit geraumer Zeit sogar in wachsendem Maße.

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  2. Jahrzehntelang galt der von Reichskanzler Otto von Bismarck begründete Sozialstaat als ein Modell, das andere Staaten nachahmten und auf das man in Deutschland stolz war. Das änderte sich im Gefolge der Weltwirtschaftskrise 1974/75, als der von einer Wirtschaftstheorie zur Sozialphilosophie avancierte Neoliberalismus auch in der Bundesrepublik die öffentliche Meinungsführerschaft errang. Seither wird der bismarcksche Sozialstaat unter wechselnden Regierungsmehrheiten und mit unterschiedlichen Akzenten beharrlich "um-" beziehungsweise abgebaut.

    Nach welchen Prinzipien geschieht das? Und welche Gestalt könnte der Sozialstaat künftig annehmen?

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Anmerkung: Diese beiden Aufsätze des Armutsforschers Prof. Butterwegge sind wie gewohnt sehr lesenswert und fundiert. Seinen Ausführungen ist vielleicht noch hinzuzufügen, dass die konkrete Armut in Deutschland inzwischen deutlich schlimmere Ausmaße angenommen hat als die moderate wissenschaftliche Sprache dies suggeriert. Man darf nicnt vergessen, dass jedes einzelne Hartz-Opfer in diesem Land nicht bloß mit lächerlichen, völlig unzureichenden Almosen abgespeist wird, sondern zusätzlich noch der andauernden und sogar verstärkten behördlichen Willkür der zum "Sparen" gezwungenen und mit fast allmächtigen gesetzlichen Berechtigungen ausgestatteten Behörden ausgesetzt ist, die den Verarmten das kärgliche Restleben zusätzlich stetig zur Hölle machen.

Gleichzeitig muss explizit darauf hingewiesen werden, dass die neoliberale Bande weiterhin die komplette Abschaffung des Sozialstaates plant. Dass es einen Sozialstaat in Deutschland heute nur noch in fragmentarischer Form gibt, darf nicht darüber hinweg täuschen, dass auch diese rauchenden Ruinen den neoliberalen Zerstörern noch stechende Dornen im Auge sind.

Den wenigen Superreichen stopft man weiterhin die Milliarden in die unersättlichen Schlünde (siehe die "Bankenrettungen", von der Propagandapresse irreführend als "Griechenland-Rettung" bezeichnet) - den Armen gönnt man auch weiterhin nicht die letzten Reste der ranzigen Margarine auf dem trockenen Brot. Und so fahren sie das Land - und die ganze Welt - nicht nur einmal mit Anlauf vor die Wand ... sie setzen immer wieder zurück und geben erneut Vollgas und werden damit nicht aufhören, bis wirklich nur noch irreparable Trümmer übrig sind.

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