Donnerstag, 21. Februar 2013

Guter Rat des Tages


Du bekommst einen Brief, der dich maßlos erbittert? Beantworte ihn sofort. In der ersten Wut. Und das lass drei Tage liegen. Und dann schreib deine Antwort noch mal.

(Peter Panter alias Kurt Tucholsky [1890-1935]: Schnipsel, in: "Die Weltbühne", Nr. 21 vom 24.05.1932)

4 Kommentare:

  1. und ich möchte mal eine paar zeilen von andreas altmann "triffst du buddha, töte ihn" vorstellen.
    in dem buch geht es um vipassana meditation - ein 10 tage retreat - ein selbstversuch. in indien.

    19h, day eight discourse. zuerst hebt goenka (der meister) wieder zur bergpredigt an, wiederholt mit geduld eines unerschöpflichen, dass das training von vipassana die innere "balance" schaffen soll. keine gier, keine wut und keine sehnsucht sollen uns vorantragen, in keine richtung soll das herz schlagen.
    das fängt mich auch heute nicht ein. ich bin kein unerschöpflicher, bin auch am achten tag nur mensch, nur weißer mann, nur einer, der nicht gut werden kann, nur besser. wenn ich glück habe und meine letzten reserven mobilisiere. so wie ich "gebrauchslyrik" lese, die ich im konkreten leben gebrauchen kann, so will ich reden hören, die mich nicht niederschmettern mit ihren ansprüchen, sondern alltagstauglich machen.
    aber dann kommt der satz, der wieder nach wirklichkeit klingt: "manchmal ist es notwendig, entschieden zu handeln", so goenka, "denn man hat das problem erklärt, beharrlich, höflich, mit einem lächeln. doch der andere reagiert nicht". und der friedsame wächst über sich hinaus, fügt tatsächlich an: "so wird klar, dass der andere nur harte worte, nur hartes handeln versteht. deshalb ist verbales und physisches vorgehen notwendig".
    natürlich geht es nicht in erster linie um verbale und körperliche gewalt, sondern um eindeutige zurechtweisung, um eindeutige maßnahmen. und nicht aus rache reagieren, nicht, um jemanden zu zerstören, sondern aus gegenwehr, aus notwehr.

    ich mag solche aussagen, denn der "du-bist-liebe-ich-bin-liebe"-gargel ist nicht auszuhalten. dieser wortschwall aus dem operetten-vokabular des gutmenschen der sich - konfliktfeig - weigert, einen blick auf die realität zu riskieren. ich mag die sanften, die bei gelegenheit die sanft-mut abstreifen und mut an den tag legen. gandhi berichtete von einer szene, in der ein junge die straße entlangging und weinte. ein erwachsener kam vorbei und fragt, was passiert sei. und der kleine erzählte, dass er von einem klassenkameraden ein backpfeife bekommen habe. worauf der mann wissen wollte, ob er sich verteidigt habe. als der junge verneinte, verabreichte ihm der fremde noch eine ohrfeige. das ist eine rüde geschichte, aber sie hat was. sie hat den vorzüglichen hiweis, dass wir nicht als schlachtvieh geboren wurden, sondern als empfindende wesen, die empfinden, sprich, KONTERN SOLLEN, wenn andere sich an uns VERGREIFEN!!!!!!

    in diesem sinne uns allen viel klaren verstand und herz und mut.

    dani

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  2. @ dani: Zunächst einmal ist das eine hübsche Geschichte - auch wenn ich da zwiegespalten bin, denn als Pazifist kann ich nunmal keinerlei Gewaltanwendung gutheißen. Dem steht das "Recht auf Selbstverteidigung" gegenüber, ich weiß - aber das ist eine sehr schwierige Diskussion, die man nicht in wenigen Zeilen abhandeln kann.

    Generell bin ich ja nun alles andere als konfliktscheu - allerdings benutze ich dafür ausschließlich die geistig-verbale Ebene. Auf die "Rüde Geschichte" von dem Jungen bezogen bedeutet das, dass er sich selbstverständlich hätte verteidigen müssen - allerdings nicht mit den Fäusten oder anderer physischer Gewalt. Das Beispiel zeigt ja unfreiwillig wunderbar, dass Gewalt nicht die Lösung des Problems darstellt, sondern unweigerlich wiederum Gewalt zur Folge hätte.

    Wenn einem Unrecht widerfährt, muss man sich wehren, keine Frage - aber nicht mittels Schlägen, Waffen oder Kriegen. Das hat noch nie zu etwas Positivem geführt und wird es auch nie tun.

    Abgesehen davon: Sobald sich irgendein Mensch einem anderen gegenüber - in welchem Zusammenhang auch immer - selbst als "Meister" bezeichnet und den anderen somit zum "Schüler" degradiert, sollte man die Beine in die Hand nehmen und auf der Stelle das Weite suchen. ;-) Aus Deinem Zitat geht nicht hervor, ob der "Goenka" das tut - aber allein bei diesem Wort "Meister" leuchten bei mir schon alle verfügbaren Alarmleuchten flammend rot auf.

    Liebe Grüße!
    Der Meister.

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    1. @ charlie

      guten morgen - oh du mein meister! :-)))

      ich sehe das ganze nicht soooo krass. schließlich ist z.b. ein handwerksmeister, der jahrelang erfahrung hat und einen lehrling einstellt ja auch nix anderes.

      und bei manchen leuten kommst du - dank ihrer dummheit - einfach mit gesprächen nicht weiter!!!! und: es kann auch nicht jeder debattieren!
      sonst hätten wir ja eine schöne heile welt!!

      gestern habe ich eine passage über gandhi gelesen, der ja zu seinen eigenen kindern auch noch andere aufgenommen hat.
      nun war unter den jungens einer, der ihm besondere schwierigkeiten machte durch sein wildes, widerspenstiges und ungebärdiges wesen, durch seine verlogenheit, streitsucht und frechheit. gandhi versuchte auf mannigfache weise, ihn zu beeinflussen. aber einmal reizte ihn der unverbesserliche so, daß er darüber die geduld verlor und ihm einen schlag versetzte. grundsätzlich war gandhi ein gegener körperlicher züchtigung. er kann sich nicht erinnern, je einen seiner söhne körperlich gezüchtigt zu haben. hier nun geschah das eigenartige: als gandhi dem zögling den schlag versetzte, schrie der junge auf und bat um verzeihung. es war bei dem kräftigen siebzehnjährigen burschen nicht der körperliche schmerz, was ihn so plötzlich umstimmte. es war das völlig ungewohnte für ihn und die anderen, den lehrer in solcher erregung zu sehen. er fühlte, wie erschüttert dieser selbst war. "nie wieder nach diesem vorfall war er mir ungehorsam." trotzdem konnte gandhi sich selbst seine heftigkeit nicht verzeihen. wenn der junge ihm auch künftig gehorchte, so ist gandhi doch im zweifel, ob er sich wirklich gebessert hat. für ihn selbst aber war dieser kleine vorfall wichtig als ein stück selbsterkenntnis in der erziehung.

      tja - wie erziehe ich richtig und gut?!

      meiner versuchte zur zeit seine "macht-grenze" auszuloten. wie weit kann ich mit mama gehen? was läßt sie mit sich machen. wo ist mein wille versus mama. einfach die gewohnten machtspiele unter menschleins.......
      und da papa mir auch noch schön in den rücken fällt, prima - welches frauenbild wird denn da verinnerlicht?!

      aber nicht mit mir!
      ich setze mich schon durch! jedoch ohne spielchen und manipulation. sondern mit reden, handeln und tun.
      ursache - wirkung - und die konsequenzen daraus!!

      da fühlt man sich manchmal wie ein sparringspartner. ha, hier hängt ja sowieso schon ein boxsack :-)

      und immer wieder: auf ein neues!

      ach, und was den meister angeht, fällt mir glatt spontan "bezaubernde jeannie" ein. da habe ich immer sehr gelacht.

      lieben gruß
      dani









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    2. Liebe Dani,

      da herrscht wohl eine kleine Begriffsverwirrung, die ich erst einmal auflösen will: Ein Meister ist etwas ganz als anderes als der oder gar mein Meister. So halte ich beispielsweise Franz Kafka für einen wahren Meister der Schreibkunst - ich käme aber niemals auf die merkwürdige Idee, ihn als "den" oder gar "meinen Meister" zu bezeichnen. ;-) Insofern ist auch der Meister im Handwerksbetrieb nur einer unter ganz vielen - das Wort ist da einfach missverständlich; "Lehrer" trifft es da viel besser.

      Und da sind wir auch schon beim zweiten Thema, nämlich der Erziehung. Die betrifft in der Regel ja nur Kinder und Jugendliche sowie Menschen, die etwas Bestimmtes lernen wollen. Da gelten natürlich gewisse Regeln - gerade in Bezug auf Kinder kann ich davon ja nun ein reges Lied singen. ;-) Der Staat beispielsweise versucht aber, alle Menschen - unabhängig vom Alter und unabhängig vom eigenen Wunsch - zu "erziehen". Und da ist bereits eine Grenze für mich überschritten, ich stelle grundsätzlich solche "Autoritäten" in Frage.

      Man muss also deutlich unterscheiden zwischen Erziehung, die notwendig ist (z.B. bei Kindern) oder die gewünscht wird (z.B. bei Teilnehmern irgendeines Kurses) auf der einen Seite und den unerwünschten Erziehungsversuchen (Manipulationen) vom Staat, von der Industrie, den Medien, anderen Menschen etc. auf der anderen Seite.

      Mir hat vor einiger Zeit mal ein über 50 Jahre alter Mann erzählt, dass sein Hanswurst vom "Jobcenter" ihm u.a. erzählen wollte, wie er sich zu kleiden habe, wenn er einen der sinnlosen Termine beim Amt wahrzunehmen hat. Das ist ein Beispiel für einen solchen grotesken Auswuchs - wenn das jemand mit mir versuchen würde, käme ich zum nächsten sinnlosen Termin erst recht im Faltenröckchen oder in zerschlissener Lederhose. ;-)

      Ziviler Ungehorsam ist wichtig - seid Sand im Getriebe dieser Welt!

      Liebe Grüße!

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