Mittwoch, 11. September 2013

Der Siegeszug der Zombies, oder: das Zombieversum


Haben Sie sich schon einmal über Zombies Gedanken gemacht? Nein? Nun – dann wird es aber Zeit. Sie sind überall: im Kino, in der Literatur, im Musikvideo, im Zeichentrickfilm für Kinder, als Banken sogar in den Medien und an Halloween sogar auf deutschen Straßen. Aber: was soll das? Zombies sind noch nicht mal Märchenfiguren, sie sind ein Kunstprodukt von George A. Romero und haben mit den Gestalten, die das Wort ursprünglich im haitianischen Kulturraum beschrieb, so gar nichts zu tun. Wir können stolz auf diese Zombies sein: mit ihnen haben wir eine eigene, mythologische Figur geschaffen: anders als unsere Superhelden, die Kopien der alten Götterwesen darstellen, haben wir etwas Neues in die Welt gebracht, etwas, das unserer Kultur angemessen ist. Wir kennen solche Schöpfungen aus der Geschichte: Graf Dracula ist so eine. Auch ein lebender Toter, aber von anderer Qualität.

(Weiterlesen - mit herzlichem Dank an M. für den Hinweis)

Anmerkung: Auch wenn hier jemand schreibt, der sich mit dem "Zombie-Phänomen" nicht so richtig auszukennen scheint, ist dennoch ein sehr lesenswerter Text entstanden, der viele richtige und wichtige Aspekte beinhaltet. Es bleibt allerdings dabei, dass der Kapitalismus Menschen systembedingt unweigerlich zu Zombies macht, die andere Menschen fressen und infizieren müssen, um überhaupt überlebensfähig zu sein. Das ist das simple Credo des Kapitalismus, das gerne mit idiotischen Begriffen wie "Wettbewerb" oder "Konkurrenz" verschleiert wird.

Zombies bemerken nicht, dass sie selbst die Krankheit sind und sie gleichzeitig verbreiten - auch in dieser Hinsicht ist diese Figur eine perfekte Metapher für die Mehrheit der bewusstlosen Menschen dieses Zeitalters. Sie konsumieren einfach und suchen ihre persönlichen Vorteile - auch wenn das gruseligste Folgen hat und millionenfach andere Menschen nicht nur in die Armut, sondern in den Tod stürzt. Der Zombie ist die kulturell folgerichtigste Figur, die der Kapitalismus überhaupt hervorbringen kann - er ist sozusagen die Essenz des Kapitalismus.

Wir alle wollen keine Zombies sein - und weisen entsprechende Unterstellungen natürlich vehement und erbost zurück. Und dennoch sind wir nichts anderes, wenn wir an diesem Wirtschafts- und Gesellschaftssystem teilnehmen. Wir können uns aufregen über die hirnlosen Vollpfosten, die zum Fußball rennen, CDU wählen, in der Bank arbeiten oder anderen hirnzersetzenden Tätigkeiten nachgehen, aber nichts unterscheidet unser erbärmliches Leben von diesem Leben der Kapitalisten - bis auf den Umstand, dass wir meistens knapp bei Kasse sind. Und solange wir in diesem perversen System gefangen sind, wird sich daran auch nichts ändern und wir bleiben in unserer - wenn auch gerne gemäßigten - Hatz nach dem Geld im Zombieversum gefangen.

Der Zombie ist der perfekte und ersehnte (um nicht zu sagen: über Jahrzehnte herbeidressierte) Insasse des Kapitalismus - es liegt einmal mehr an uns zu entscheiden, ob wir Zombies oder doch lieber Menschen sein wollen. Das nämlich ist der signifikanteste Unterschied zur filmischen Kunstfigur: Wir haben tatsächlich die Wahl, ob wir schlurfende, gehirnlose Menschenfresser sein wollen, die sich gemäß dem Diktat der allmächtigen Konzerne, also nach dem Willen der "Elite", bewegen, oder ob wir diesem Irrsinn endlich, endlich die rote, finale Karte zeigen.

Die überwältigend Mehrheit der Menschen auf diesem Planeten - wenn man den aktuellen Propagandamedien glauben will - hat sich für das schlurfende, unbewusste, dumpfe Zombiedasein entschieden. Und nichts, wirklich gar nichts, deutet darauf hin, dass diese Zombiekalypse aufgehalten werden könnte. Der Faschismus - denn auch den illustriert das Zombie-Bild aufs Deutlichste - ist einmal mehr auf seinem furchtbaren Weg.


("Land of the Dead" von George A. Romero)

11 Kommentare:

  1. moin charlie,

    dazu fällt mir "the road" mit viggo mortensen ein. grandios düster und beklemmend!

    verregnete grüßle und wie sagen die, die sich nicht unterkriegen lassen: ey, mir scheint die sonne aus dem arsch! :-)

    herzlichst
    dani*

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    1. Liebe Dani,

      der Filmtipp "The Road" ist in der Tat sehr passend an dieser Stelle, vielen Dank dafür. In diesem Film wird das Zombie-Thema konsequent weitergedacht - in dem postapokalyptischen Szenario, das dort entworfen wird, existieren keine "Monster" wie in klassischen Zombiefilmen mehr, dort übernehmen ganz normale Menschen die Rolle der Bestien, da sie sich aufgrund der vorherrschenden Nahrungsmittelknappheit teilweise zu Kannibalen zurückentwickelt haben. Ein wirklich empfehlenswerter, beeindruckender (und bedrückender) Film.

      Liebe Grüße!

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  2. https://dudeweblog.wordpress.com/2013/03/22/geld-regiert-die-welt-dreckskapitalismus-teil-i/

    Lösungen für dieses globalisierte Desaster gäbe es wohl - nur interessiert sich kaum jemand dafür...
    https://dudeweblog.wordpress.com/2013/05/06/von-der-macht-zur-masswirtschaft/

    Ich selber mache bei dem Irrsinnsspielchen, dem Tanz ums goldene Kalb, schon seit über zehn Jahren radikal und konsequent nicht mehr mit.

    https://dudeweblog.wordpress.com/2013/06/21/mitmachen-beim-nicht-mehr-mitmachen/

    Aber ich gehörte schon immer zu den Ausnahmen, welche die Regel bestätigen...

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  3. moin charlie

    und weil wir gerade bei corman mc carthy sind - gabs dann gestern bei mir noch "no country for old men".
    genial. die dialoge, die schauspieler, das thema, die coen brüder.......einfach alles!!!

    lieben gruß
    dani

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  4. ach, der fehlerteufel wieder:

    der schriftsteller heißt: cormac mccharthy
    soviele "c`s" aber auch :-)

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  5. in diesem sinne:

    put your lights on!!!

    http://www.youtube.com/watch?v=5di5EhZshdQ

    santana featuring everlast

    großes hörvergnügen!!

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  6. put your lights on!!! ... but who's not a Monster? "You take a mortal Man .. and put him in Control" ... http://www.youtube.com/watch?v=hyWJCd1GYhw

    "You try to take its Pulse, before the Head explodes" .....

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  7. Also - ausgerechnet von Santana hätte ich mir einen anderen Link gewünscht ... und die Replik mit Megadeth ist an dieser Stelle auch unpassend, finde ich. Das habt Ihr aber wirklich schon besser und treffender hinbekommen! ;-)

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  8. @ charlie

    mein lieber, du weißt doch selbst, nobody is perfect!!! :-)

    und ich fand den SOUND einfach echt gut!

    herzlichst
    dani*

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  9. "Die überwältigend Mehrheit der Menschen auf diesem Planeten - wenn man den aktuellen Propagandamedien glauben will - hat sich für das schlurfende, unbewusste, dumpfe Zombiedasein entschieden. Und nichts, wirklich gar nichts, deutet darauf hin, dass diese Zombiekalypse aufgehalten werden könnte."

    "Just like the Pied Piper, led Rats throught the Streets, we dance like Marionettes .. swaying to the Symphony of Destruction"

    Ganz unpassend scheint mir das nicht.
    Jetzt mach du mal Charlie ... :)

    Gruss
    Jake

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    1. Okay okay, diese Textzeilen sind in der Tat nicht so ganz unpassend, Du hast recht. :-)

      Liebe Grüße!

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