Mein heutiger Fluchtexkurs in die Virtualität führt in die Welt des deutschen Entwicklerstudios Piranha Bytes und deren Spiel "Risen" aus dem Jahr 2009. Dieser Nachfolger der wohlbekannten Gothic-Reihe war für mich persönlich das - nach "Fable" - zweite Rollenspiel dieser Art, das ich überhaupt gespielt habe. Und, um das Fazit vorwegzunehmen, es bleibt für mich eines der besten Spiele, die auf diesem Gebiet bisher entwickelt worden sind.
Zur Geschichte gibt es nicht viel zu sagen: In altbewährter Gothic-Tradition findet sich der Spieler am Beginn als natürlich "namenloser Held" als Schiffbrüchiger am Strand einer ebenso namenlosen Insel wieder, von wo er sich sodann aufmacht, eben diese zu erkunden und sie nebenher vor dem Untergang zu bewahren. Der Rahmen dieser Geschichte ist sehr krude und lautet verkürzt so: Die Götter, die seit Urzeiten herrschten und die Titanen im Zaum hielten, haben die Welt verlassen, weshalb nun der Untergang der Welt durch jene, nun entfesselten Titanen droht. Es versteht sich von selbst, dass es auch in dieser Geschichte einen größenwahnsinnigen Vollidioten (nämlich den Inquisitor Mendoza) gibt, der meint, die bösen Mächte beherrschen und für seine eigenen Zwecke nutzen zu können - ganz so, wie es ähnliche Gesellen in unserer realen Welt auch heute immer noch tun.
Bis dieser lächerliche CDU-Trottel im Vorbeigehen besiegt werden kann, vergehen viele Stunden voller Spielspaß, die es in sich haben: Der namenlose Held hat unzählige Quests zu erledigen, die ihn sowohl bezüglich des Kampfes, als auch in Sachen sozialer Kompetenz stetig voranbringen. Der Spieler hat die Wahl, ob er aus seinem Helden einen kraftstrotzenden Kämpfer, einen mächtigen Magier, einen weisen Alchemisten, einen fiesen Dieb oder einen fabulösen Schmied machen möchte - oder ob er eine wilde Mixtur all dieser Fähigkeiten bevorzugt.
Zu Beginn muss man sich bereits entscheiden, ob man lieber den Weg des Magiers oder den des Kämpfers bevorzugt - das Spiel nimmt einem unwilligen Spieler die Entscheidung allerdings ab, indem es den namenlosen Helden, wenn der Spieler nicht aufpasst, ziemlich schnell als Zwangsrekrut in die Magierfestung katapultiert. Wer das nicht möchte, sollte dem Rat des ersten Banditen, dem man im Spiel begegnet, schnell Folge leisten.
Wie in solchen Spielen gewohnt, gibt es für jede erledigte Aufgabe Erfahrungspunkte, die regelmäßig zu Level-Aufstiegen führen. Über die damit verbundenen Lernpunkte kann der Spieler frei verfügen und bei verschiedenen Lehrern im Spiel ganz unterschiedliche Fertigkeiten erlernen. Besonders hervorheben möchte ich hier die Waffenart der Armbrust, die in anderen Spielen dieser Art eher selten vorkommt. Bogenschießen in "Skyrim" macht schon Spaß - aber gegen die Armbrust in "Risen" kann das nicht anstinken.
Das Spiel ist anfangs sehr leicht, wird zunehmend aber immer schwieriger. Die aus "Gothic III" (das ich persönlich erst später gespielt habe) bekannte Taktik, aus einer größeren Gruppe mittels Fernkampfwaffe einzelne Gegner herauszulocken, um sie dann leicht nacheinander zu erledigen, funktioniert hier leider nur sehr selten. Dafür kann man in Gefahrensituationen fast immer die Beine in die Hand nehmen und vor den Feinden fliehen - oder sie zu Verbündeten führen, die sie dann bekämpfen.
Ein totaler Stilbruch ist allerdings der Endkampf mit dem Feuertitan, den man angesichts der zuvor im Spiel verbrachten vielen Stunden einfach nicht ernstnehmen kann. Hier haben die Entwickler offensichtlich Konzessionen mit billigen Konsolenspielen gemacht - anders ist das alberne Herumgehopse, das man hier absolvieren soll, nicht erklärbar. Es ist schade, dass hier kurz vorm Orgasmus ein so lächerlicher coitus interruptus eingebaut wurde.
Die Grafik des Spiels ist zeitgemäß, die deutsche Sprachausgabe ist professionell, die Musik ist minimalistisch, aber passend. Ich habe nach "Risen" kein Rollenspiel mehr gespielt, das mir mehr Spaß gemacht und das mich mehr in seinen Bann gezogen hat. Auch der Vorgänger "Gothic III" und der Nachfolger "Risen II" (über die ich beide sicher noch schreiben werde) können daran nichts ändern. Wer das Spiel noch nicht ausprobiert hat, sollte das dringlichst tun.
1 Kommentar:
Hi Charlie,
stimme dir voll und ganz zu. Klasse Spiel, aber das Ende ist ein kompletter Stilbruch und hätte kaum billigeres Niveau präsentieren können. Trotzdem insgesamt ein solides RPG in alter Gothic-Manier! Kommt zwar nicht an Gothic 1 & 2 heran aber zumindest ist es ähnlich und unter modernen Spielen schon ein Meisterwerk.
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