Samstag, 22. März 2014

Aus den stinkenden Abgründen der deutschen Bevölkerung: "Lieber Onkel Hitler"




Anmerkung: In dieser Dokumentation von Michael Kloft wird größtenteils aus der zwischen 1933 und 1945 in der Reichskanzlei eingegangenen "Fanpost" zitiert, die hunderttausende von Menschen in diesem Zeitraum an Hitler geschickt haben und die erst vor kurzem in einem russischen Archiv wiederentdeckt worden ist, wo sie nach der Beschlagnahmung durch die russische Armee nach dem Kriegsende in Vergessenheit geraten ist. Wer starke Nerven hat und etwas besser verstehen möchte, wieso eine solche widerwärtige, niederträchtige Ideologie damals solche Triumphe feiern konnte, sollte sich diesen Film ansehen und die unfassbaren Zitate, die aus allen Teilen der damaligen Bevölkerung stammen, verinnerlichen.

Dabei kommen auch damals durchaus einflussreiche Personen zu Wort - führende Vertreter der Kirchen sind beispielsweise ebenso darunter wie Unternehmer, Schriftsteller, Adelige, Schauspieler und viele, viele andere. Die oftmals fanatisch-religiös überhöhte Begeisterung für den Faschismus und die Person Hitlers schreit dabei in schrillen Tönen aus allen Worten. Das infantile Knopp-Märchen vom "irregeleiteten", "verblendeten" oder gar "verführten" Volk, das den ganzen braunen Wahnsinn "eigentlich gar nicht wollte", zerbröselt hier innerhalb von Minuten zu inhaltsleerer Asche.

Und wer meint, heute sei das ja ganz anders und die deutsche Bevölkerung sei längst im Land der "freiheitlich-demokratischen" Toleranz angekommen, sollte einen Blick in die Kommentarspalten der BLÖD-"Zeitung" oder ähnlicher Hetzblätter werfen - die Parallelen sind nicht nur erschreckend, sondern evident. Der Faschismus steht längst wieder geifernd vor unserer Tür und hat sogar seinen Fuß in die Stube gesetzt - und er ist drauf und dran, munter einzutreten und wieder einmal seine giftigen Messer kreisen zu lassen. Und die korrupten Schlips-Borg in der Politik und der Wirtschaft ebnen dem Monstrum einmal mehr den Weg und hofieren und bedienen es unablässig. Ich möchte lieber gar nicht wissen, wie die heutige "Fanpost" für das Merkelmonster oder andere Erfüllungsgehilfen der kapitalistischen Brut aussieht und wer da alles für den Erhalt des eigenen Wohlstandes zum Abschuss freigegeben werden soll ...

Freitag, 21. März 2014

Zitat des Tages: Welche Katastrophe?


Es begann unmerklich. Orthez stockte der Atem. Die Stille löste sich auf, zerfiel, zerbröckelte. Winzige Geräuschfetzen überlagerten sich, bis sie einen einzigen Ton bildeten, der am Rand der Stadt widerhallte. Und allmählich wurde dieses Geräusch zum Schlurfen von Millionen Raupen, zum dumpfen Trippeln einer Horde Ratten, zum unterirdischen Wühlen einer Armee von Maulwürfen.

Es erreichte die Nachbarstraßen, kam näher, breitete sich aus, weckte das Echo zwischen den Fassaden der leeren Häuser. Es schwoll unaufhörlich an, erschütterte die Grundmauern des Hauses, ließ die Scheiben der Fenster klirren. Orthez wusste, was dies bedeutete: er war verurteilt. Verurteilt wie vor ihm die anderen Bewohner der Stadt. Aber er floh nicht.

Die Treppe erzitterte. Der Lärm wurde zum Tumult. Hinter der Tür war ein Scharren zu hören, wie das Kratzen von Krallen. Einige Schritte entfernt splitterte die Tür.

(Alain Dorémieux [1933-1998]: "Welche Katastrophe?", aus seinem Erzählband "Spaziergänge am Rande des Abgrunds", 1978; deutsche Übersetzung von Helga Abret, 1981)

Anmerkung: Der Klappentext des Buches erklärt dazu: "So endet Orthez, der letzte Mensch, in Alain Dorémieux' Erzählung 'Welche Katastrophe'. Hier, wie in seinem gesamten Schaffen, vermittelt der Autor auf besondere Weise die Atmosphäre des Unheimlichen und Bedrohlichen, kommt seine Neigung zum Absurd-Phantastischen zum Vorschein - eingebettet in die stets wiederkehrende Thematik des Weltuntergangs, der Vernichtung allen Lebens durch einen unsichtbaren Feind. Sein schmales, aber gewichtiges Werk weist Alain Dorémieux - neben Daniel Walter und Michel Jeury - als einen der bemerkenswertesten Stilisten der französischen Science Fiction aus."

Ich hätte allzu gerne den gesamten Text dieser Geschichte - und noch so manchen anderen aus diesem bemerkenswerten, fesselnden Band - hier eingestellt, darf das aus bekannten Copyright-Bullshit-Gründen aber nicht, auch wenn das Buch aktuell gar nicht mehr verlegt und höchstens noch antiquarisch zu bekommen ist. Ich habe selten Kurzgeschichten gelesen, die eine solche stilistisch-atmosphärische Dichte und oft genug geradezu kafkaeske Bedrückung besitzen wie diese. Der Klappentext des Verlages ist da - wie so oft - äußerst ungenau und oberflächlich, denn auch wenn der "Feind", also die Ursache des allgegenwärtigen Unheils, in den Texten nicht konkret benannt wird, so wird er doch zwischen den Zeilen in seiner abgrundtiefen Hässlichkeit nur allzu deutlich sichtbar.

Vor 35 Jahren war das "Science Fiction" - heute ist dieses Szenario unserer alltäglichen Realität näher, als dies den allermeisten bewusst sein dürfte. Wie Dorémieux so treffend formuliert: "Es begann unmerklich." Heute lassen sich die unaufhaltsam näher kommenden Detonationen der kapitalistischen Zerstörungsorgie eigentlich nicht mehr ignorieren - auch wenn der Großteil der bedrohten Menschen unter fleißiger Mithilfe der Propagandamedien und der politischen Eigennutzmehrer das auch weiterhin tut oder sich wahlweise auf unbeteiligte und unschuldige (möglichst schwache) Ersatzgegner hetzen lässt. Ebenso wie der Protagonist dieser Geschichte erkennen die allermeisten Menschen bis kurz vor dem Ende oder sogar darüber hinaus nicht einmal, was gespielt wird - der Titel der Geschichte, die die stattfindende Katastrophe in vielen Facetten recht detailreich beschreibt, könnte also treffender kaum sein: "Welche Katastrophe?"

Mittwoch, 19. März 2014

Song des Tages: Wings of a Dreamer




(Icon & The Black Roses: "Wings of a Dreamer", aus dem Album "Thorns", 2013)

Do you light a smile
When it hurts the most
And why do you seem to thrive
On the angst you put me through

With you there's no future (at least not for me)
You make me a different man (maybe so much weaker)
All my childhood dreams will never be destroyed by your ruthless mind

I close my eyes and step to the endless fall
While you break the wings of a dreamer

Held onto your arms while I was pushed
Into the endless fall (I can't forget)
You're staring back at me
Killing me slowly

Once you were so kind
Once you believed in the future
Held the best for both of us and I believed in you

Somehow you lost those feelings (that made you different)
Something I couldn't fight (not that I hadn't tried to)
I tried to bring you back to life from hell and you came wielding a scythe

This can't be you
Who are you?
I close my eyes and step to the endless fall
While you break the wings of a dreamer

Held onto your arms while I was pushed
Into the endless fall (I can't forget)
You're staring back at me
Killing me slowly

Kill me
Don't inflict this pain in vain
A desert lies where all hope was once a leafless tree
Too strong to fall on its own

Finish what you have begun
When all love inside has died
Like a river dried no longer runs
No love, no love, no love

Tell me, who will pray?
'Cause tonight the angels fall
While you break the wings of a dreamer

Held onto your arms
My arms while you were sucked
Into the endless fall (I can't forget)
You're staring back at me
Drowning slowly

You're staring back at me
Drowning slowly

Wings of a dreamer


Dienstag, 18. März 2014

Ein Symptom der Endphase: In den Fängen der Esoterik




Anmerkung: Du weißt, dass Du in der Endphase eines kapitalistischen Zyklus' lebst, wenn selbst das Propagandafernsehen, das am grassierenden Eso-Wahn einen nicht unerheblichen Anteil hat, gelegentlich solche Dokumentationen zeigt - auch wenn hier wie üblich nur die Oberfläche angekratzt und die schauderhafte Tiefe dieses Themas gar nicht ausgelotet wird. Einen weitaus besseren und detailreicheren Überblick bietet beispielsweise das Buch "Die Renaissance der Esoterik. Eine kritische Orientierung" von Jörg Wichmann, der die grotesken Auswüchse bereits 1990 fundiert beschrieben und vorgezeichnet hat. Wichmann entlarvt in diesem Buch auch die bis heute immer wieder gerne verwendeten und gebetsmühlenartig wiederholten Nebelkerzen, dass es irgendeinen substanziellen Unterschied zwischen Religion, Esoterik und Spiritualität gebe, als blanken Unsinn - allein aus diesem Grund sollte das Buch schon zur Pflichtlektüre an Schulen werden.

Das Thema ist nun beileibe nicht neu: Es war auch in der Vergangenheit stets so, dass esoterischer Mumpitz immer dann einen verstärkten Zulauf erfahren hat, wenn die furchtbare kapitalistische Welt sich immer bedrohlicher gezeigt hat. Je "alternativloser" das furchtbare System sich gegeben hat, desto stärker war der Zulauf zur Esoterik. Die auf einen "Bewusstseinssprung" hoffende Menschheit ist auch heute offenbar noch viel dümmer als feist lachende Superreiche sich das erhoffen.

Die kapitalistischen Trittbrettfahrer, die den Hype nur ausnutzen um Geld zu scheffeln und die den Kern der oben verlinkten Dokumentation ausmachen, sind dabei aber das geringste Problem. Aus psychologischer Sicht muss man hier tatsächlich von einem Wahn sprechen, wenn die offensichtlichen, tatsächlichen Ursachen der zunehmenden Verelendung der Menschheit gar nicht mehr als alleinige Ursachen erkannt und die Lösungswege entsprechend abstrus werden. Die in der Doku vorgestellten Personen, die den Halsabschneidern auf den Leim gegangen sind, illustrieren das ja anschaulich: Solche Leute führen ein so abgehobenes, realitätsfernes Leben im Wahn, dass ihnen sogar in der Rückschau nicht der naheliegende Gedanke einfällt, dass der ganze esoterische Mist nichts, aber auch gar nichts mit den Problemen, die sie in diese Scheinwelt getrieben haben, zu tun hat. Von Verrückten, die nach einem "höheren Bewusstsein" suchen, darf man offensichtlich keine Empathie oder gar Solidarität mit anderen, benachteiligten Menschen erwarten - der von der dem Wahn verfallenen Frau verlassene Mann in der Doku bringt das auf den Punkt, wenn er sinngemäß bemerkt, dass er laut seiner Frau "Sicherheit und Geborgenheit nicht mehr in der Beziehung, sondern nur in sich selbst" finden könne.

Hier treffen wir - oh, welch Wunder - auch wieder auf das Credo der Neoliberallalas: "Wenn alle nur an sich selber denken, ist doch an alle gedacht!" - Und so erklärt sich auch, wieso Religion, Esoterik und Spiritualität im kapitalistischen System so wunderbar funktionieren und gedeihen. Gleich und gleich gesellt sich gern, sagt der Volksmund - und nie war es treffender als hier.

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Der letzte Halt


"Ich glaube nicht mehr an Gott, ich glaube nicht mehr an die Menschen - und jetzt wollen Sie mir auch noch die Karten verekeln!"

(Zeichnung von Olaf Gulbransson [1873-1958], in "Simplicissimus", Heft 44 vom 31.01.1923)

Montag, 17. März 2014

Der Nebenschauplatz: Die Verlierergeschichte der Linken. Ein erneutes Exempel


1. Ausgangslage samt ersten Reaktionen:

Artgerecht ist nur die Freiheit / Ungefähr sieben Millionen Vegetarier gibt es in Deutschland. Viele davon wollen mit ihrer Entscheidung die Massenhaltung und das Töten von Tieren nicht länger unterstützen. Aber auch hinter fleischloser Kost wie Milch, Käse und Eiern verbirgt sich Tierleid in riesigem Ausmaß.

(Weiterlesen)

2. Resümee:

Lieber Roland,

einmal mehr irrst Du dich leider – auch durch eine neuerliche Verlinkung Deiner Texte über die “besseren Sozialisten” wird der Inhalt nicht plausibler oder weniger schlimm. Das genaue Gegenteil ist ja der Fall: Mich stören weniger die ständigen Missionierungsversuche in dieser Richtung (auch wenn sie zweifelsohne lästig und überflüssig sind), sondern vielmehr diese furchtbare Form der Sektiererei, die das Thema hier angenommen hat. Du formulierst das etwas gediegener und verklausulierter, Häuptling leichenfressende Eule tut das ganz offen und eben auch offensichtlich menschenfeindlich, indem er Menschen in verschiedene “Klassen” einteilt, von denen die einen “wertvoller” seien als andere – es bleibt aber gruseliges Sektierertum, und so etwas muss ich aus tiefster Überzeugung ablehnen und scharf verurteilen.

Auch ist es keineswegs so, dass dieses extreme Thema irgendeine bedeutende Relevanz innerhalb der linken Philosophie bzw. Weltsicht hätte – es war, ist und bleibt zunächst eine Randnotiz, über die man sich auf einer neutralen Ebene durchaus konstruktiv austauschen kann (was gerade hier aber nicht geschieht), ansonsten aber keinerlei Bedeutung hat. Dass Du zu diesem Thema ausgerechnet auf diesen infantilen Text aus dem Eso-Dunstkreis verlinkt hast, spricht da ja schon Bände.

Ich schrieb schon an anderer Stelle, dass ich mich hier keineswegs mit dem Anspruch zu Wort melde, die UrheberInnen dieser sektiererischen Tendenzen von der Schändlichkeit ihres Tuns “überzeugen” zu können – genausogut könnte ich auch mit Merkel über Humanismus oder mit Gabriel über die Ursprünge der Sozialdemokratie diskutieren wollen: Das unvermeidliche Scheitern läge bereits in der Absichtserklärung vergraben. Ich hoffe vielmehr, dass andere, vielleicht in mancher Hinsicht noch unbedarftere Mitlesende nicht dem irrigen Eindruck verfallen, derlei extreme Haltungen hätten irgendetwas Substanzielles mit linkem Gedankengut zu tun. Sektierertum und Sozialismus sind (glücklicherweise!) einander ausschließende Begriffe.

Mir persönlich geht es im Übrigen gar nicht um Fleischkonsum – ich selbst esse nur recht selten Fleisch und bewege mich in einem sozialen Umfeld, in dem Vegetarier, Veganer und Fleischesser auf Augenhöhe und völlig entspannt miteinander umgehen. In der beginnenden Grillsaison werden wir gewiss wieder oft im Garten beieinander sitzen und unsere jeweiligen Lieblingsspeisen – egal ob Fleisch, vegetarisch oder vegan – auf ein- und demselben Grill zubereiten.

Wer als Vegetarier, Veganer oder Fleischesser leben will, soll das bitte tun – der Kampf muss doch den kapitalistischen Auswüchsen gelten, die sowohl die Tierhaltung, als auch die Produktion von Getreide, Gemüse und Früchten betrifft.

Dieses "Schlachtfeld" ist ein alberner Nebenschauplatz, der sichtlich erfolgreich von den wirklich zu bekämpfenden Ursachen ablenkt, Kräfte bindet und so letzlich nur einer Seite nützt – nämlich den Kapitalisten.

Wir sind hier nicht auf dem Ponyhof – sondern "wir stecken bis zum Hals im Kapitalismus" (Heiner Müller)!

Liebe Grüße!

3. Anmerkung:

Und wenn sie nicht gestorben sind, missionieren sie eifrig weiter und diskutieren noch heute darüber, ob das Haar in der Suppe dieselbe nun bis ins Mark versaut oder ob derlei Kleinkram vielleicht doch eher zunächst zu vernachlässigen sei. Derweil ist die gruselige kapitalistische Realität schon erfolgreich im übernächsten Kapitel angekommen und hat den Orwell-Alptraum schon fast gänzlich in die Tat umgesetzt.

Wir lernen also: Solange wir uns noch nicht über die Art und Konsistenz der Zahnfüllungen von Kängurus einig geworden sind, solange können wir auch nichts gegen den Kapitalismus tun. Also diskutieren wir als nächstes doch vielleicht über die frauenfeindliche Tradition, dass Kanonen, Pistolen und Gewehre in unserer furchtbaren Sprache tatsächlich feminin sind, während ausgerechnet der Friede dem bösen Maskulinen zugeordnet ist. Die Menschheit entwickelt sich stetig weiter - der Sprung zur hyperintelligenten "Superspezies" ist tatsächlich nur noch einen Atombombenwurf entfernt.

Oder müsste es nicht eher "eine Atombombenwürfin" heißen? - Ich bin wohl etwas verwirrt. Nebenschauplätze sind etwas so Wundervolles, Zartes für Kapitalisten.

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[Ein weiterer Nebenschauplatz: Pornographie]
Entgötterte Welt


"Amor ist tot. Es lebe das Schwein!"

(Zeichnung von Karl Arnold [1883-1953], in "Simplicissimus", Heft 1 vom 01.04.1921)