Samstag, 19. November 2011

Über das perverse Geschäft mit Kleiderspenden

(...) Aber Wolfgang Huse glaubt zu wissen, was mit den gespendeten Altkleidern passiert: Sie würden in einer großen Sortieranlage bei Bitterfeld gesammelt und gingen von dort direkt in die Krisengebiete der Welt. Deshalb hat er "ein gutes Gefühl, wenn man denkt, dass Hilfsbedürftige davon existieren, die sich sonst nichts leisten können".

So ungefähr stimmt das sogar, nur ein entscheidendes Detail ist selbst dem Angestellten des DRK nicht bewusst: Es sind nicht die Hilfsbedürftigen der Welt, die von den Spenden leben, sondern eine global arbeitende und denkende Branche, die die Kleidung in einem knallharten Geschäft verkauft. Und das in so großen Mengen, dass die einheimische Textilindustrie in vielen belieferten Ländern inzwischen vollkommen marginalisiert ist. Der eigentliche Wille der Spender wird auf diese Weise ad absurdum geführt: Anstatt den Armen zu helfen, ist jedes gespendete Kleidungsstück ein weiterer Beitrag zur Verarmung ganzer Bevölkerungsschichten – vor allem in Afrika, wohin der Löwenanteil der Ware exportiert wird.

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Anmerkung: So ist der Kapitalismus: Er pervertiert selbst eine gut gemeinte Spendenaktion, die Menschen in Not helfen soll, und verkehrt sie in ihr genaues Gegenteil. - Dieser Zeit-Artikel, der auf einer Reportage des NDR basiert, sollte deutlich sichtbar an jedem Altkleider-Container prangen, damit jeder, der dort etwas entsorgen und möglicherweise Gutes tun will, seine Entscheidung überdenken kann.

Ich frage mich immer öfter, wie grotesk dieses System noch werden muss, bis die Mehrheit der Menschen den zugrundeliegenden Irrsinn endlich erkennt und die Konsequenzen zieht.

Die Textilindustrie ist ein beredtes Beispiel für diesen vollkommenen Irrsinn: Hierzulande kaufen wir fast ausnahmslos Kleidung, die in "Billiglohnländern" wie zum Beispiel Indien unter extremen, ausbeuterischen Verhältnissen (teilweise von Kindern) hergestellt wurde - eine europäische Textilindustrie gibt es aus diesem Grund schon längst nicht mehr. Und wenn wir dieser "billigen" Kleidung aus irgendwelchen Gründen wieder überdrüssig geworden sind, stopfen wir sie in den Altkleider-Container - und sorgen damit für die Zerstörung beispielsweise der afrikanischen Textilindustrie und gleichzeitig für den Profit irgendwelcher Firmen, die mit diesen (kostenlos zur Verfügung gestellten, weil als "Spende für Bedürftige" gedachten) Altkleidern schamlos Geschäfte machen. Randnotiz: Dass dabei wiederum nicht die Angestellten dieser Firmen, sondern nur deren Eigner massiv profitieren, versteht sich in diesem System von selbst.

Noch absurder und menschenverachtender könnte man einen "Markt" kaum konzipieren - aber die neoliberale Bande glaubt nach wie vor an die heiligen "Gesetze der Märkte" und deformiert die Welt danach. Welch ein entsetzlicher Albtraum.

Mittwoch, 16. November 2011

Zitat des Tages: Die "zotteligen Typen" der Piratenpartei

Ui, Mely Kiyak!

In der Frankfurter Rundschau beklagten Sie sich über die Berliner Piraten. Bei denen handele es sich um "eine Ansammlung von zotteligen Typen. Schwammige Figuren, ungesunder Teint, hässlich. Ich verstehe jetzt auch, warum die Piraten keinen Wahlkampf mit Fotos veranstalteten – das Auge wählt schließlich mit." Und nicht nur ästhetisch sind Ihnen die "ungelüfteten Internetsüchtigen" ein Graus, sondern auch inhaltlich, weil sie die "Kostenloskultur im Netz" fordern: "Wer so was schreibt, hat in seinem ganzen Leben noch nicht auf eigenen Beinen gestanden." Weshalb Sie eine ganze Reihe von Fragen haben: "Kriegt Ihr Stütze oder werdet Ihr von Euren Eltern gesponsert? Ich rackere mich mit meinen Texten ab, und Ihr wollt dafür nicht bezahlen? Spinnt Ihr? Schon mal was von Copyright gehört? Das Recht auf Eigentum ist ein Menschenrecht! Wer soll denn für die Verbreitung meiner Texte bezahlen?"

Nun ist es aber so, Mely Kiyak: Die Piraten haben nach allgemeiner Einschätzung auch deshalb in Berlin so gut abgeschnitten, weil sie sich auf sämtlichen Wahlplakaten selbst gezeigt haben, ganz ungestylt, einfach so, wie sie sind. Das konnten Sie natürlich nicht wissen, denn sonst hätten Sie sich nicht nur mit Ihrem Text abrackern, sondern dafür auch noch recherchieren müssen – wie auch für die Information, dass die Mehrheit der Berliner Piraten richtig was studiert hat und in ganz normalen Berufen arbeitet. Ganz anders also als Sie, Mely Kiyak, die Sie in Ihrem ganzen Leben nichts anderes gelernt und geleistet haben, als irgendwas mit Medien zu machen und schaumschlägerische Texte zusammenzustottern. Und für deren Verbreitung soll im Ernst jemand bezahlen?

Aber bestimmt nicht.

(Unbekannter Autor im Titanic-Magazin 11/2011)

Anmerkung: Falls ich mit diesem Zitat irgendein Copyright verletzt habe, bitte ich um eine entsprechende Abmahnung nebst Kostennote. Der Streitwert liegt schätzungsweise bei 1,77 €. Die "Kostenloskultur im Internet" muss schließlich mit harten Mitteln bekämpft werden - wo kämen wir denn auch hin, wenn man alle diese Seiten einschließlich der Frankfurter Rundschau und Kiyaks geistigen Ergüssen kostenlos laden könnte, nicht wahr. Geld ist unser aller Ziel und alleiniger Mittelpunkt des Lebens. So lehrt es uns das goldene Kalb der neoliberalen Bande, also stimmt es auch. Amen.

Ein zotteliger Nicht-Pirat.

Schröders und Merkels Zerstörungswerk, knapp zusammengefasst

Es war einmal ein Land, das sich ohne Not dem Kapital verschrieben hatte. Um die Automatisierung der Wirtschaft zu fördern, wurde vielen Menschen die existentiell notwendige Arbeit weggenommen. Gesetze, die ihre soziale Sicherung gewährleisteten, wurden demoliert und ein Großteil des Volkes in die Verarmung getrieben, andere durch den Abbau arbeitssichernder Vorschriften ständiger Angst ausgesetzt. (...)

Man braucht sich nicht zu wundern, dass eine Gesellschaft, der das Interesse am eigenen Wohl abhandengekommen ist, ideale Beute skrupelloser Egomanen und Renditejäger geworden ist. Frühkapitalistische Zustände haben den Menschen ins Bewusstlosen-Stadium zurück katapultiert.

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Anmerkung: Schröder und Merkel stehen hier selbstredend nur stellvertretend für den Rest der neoliberalen Bande, die für dieses Zerstörungswerk verantwortlich ist. Dieser Text des pensionierten Kunsthistorikers Spengler ist allemal lesenswert und fasst die gröbsten Verbrechen der Bande hübsch zusammen.

Für einen ersten Einstieg in das Thema für jüngere Menschen ist er ebenso geeignet wie zur Auffrischung des Zorns für Ältere. Diejenigen, die der Text konkret benennt und für die er eigentlich geschrieben wurde - nämlich die "breite Masse", die weiter stumpf in ihren Fernsehsofas hocken bleibt -, werden ihn natürlich nicht zur Kenntnis nehmen. Da muss der Crash wohl tatsächlich erst die eigene Haustüre einschlagen, bevor diese Menschen aufwachen, sich verwundert die fernsehträgen Augen reiben - um dann die NPD oder einen vergleichbaren menschenverachtenden Verein zu wählen, der ihnen angebliche Sündenböcke für die Misere liefert. Mit etwas Geschick und PR kann dieser Verein dann auch wieder den Namen CDU, SPD, FDP oder Grüne tragen.

Glück auf - die Fahrt in den Abgrund ist noch lange nicht zuende.