Samstag, 4. Juli 2015

Hartz-Terror: Ein Musterschreiben


Erneut ist einem Menschen, der mir am Herzen liegt, einer dieser widerlichen Bescheide des "Jobcenters" ins Haus geflattert - und weil ich kein windiger "Jurist", sondern lediglich ein Freund, Unterstützer und Satiriker bin, habe ich als hilflose Anwort mal ein Musterschreiben verfasst, das zwar nichts bewirken wird, aber immerhin eine deutliche Position bezieht. Was soll man denn da auch sonst tun?

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Sehr geehrte Damen und Herren,

mit großem Interesse habe ich ihr Schreiben gelesen, in dem Sie mich zur "Senkung der Kosten meiner Unterkunft" auffordern. Es ist in der Tat ein hehres Ansinnen, den Staats- bzw. Landes- bzw. Kommunalhaushalt zu schonen, indem Sie gerade bei denen, die ohnehin im leistungslosen Luxus der Hartz-Segnungen wie die fetten Maden im verwesenden Fleisch sitzen, Einsparungen vornehmen möchten. Dieses Ansinnen zeichnet Sie als einen kompromisslosen, marktkonformen Demokraten Merkel'scher Prägung aus, der es auch mit dem allzu veralteten Grundgesetz glücklicherweise nicht so genau nimmt und der gerne auch mal fünf gerade sein lässt. Gut so - solche Menschen brauchen wir, um unser überbordendes Sozialsystem auf ein verträgliches Maß zu stutzen, so dass es unserer lieben Leistungselite erlaubt ist, auch weiterhin aus ihren ständigen und aufopfernden unternehmerischen Bemühungen die knappen, allzu kargen Gewinne abzweigen zu können, die sie zum schlichten Überleben einfach benötigt.

Sie aber haben die Zeichen der Zeit wirklich verstanden - und um Ihnen Ihren schwierigen Job, in dem Ihnen allzu oft habgierige Gegenwehr aus den Reihen der nutzlosen EsserInnen entgegenschlägt, ein wenig zu erleichtern, erlaube ich mir nachfolgend einige Vorschläge, wie Sie Ihr Ziel noch viel schneller, effizienter und nachhaltiger erreichen können. Ich biete mich da auch gerne als Versuchsobjekt an - schließlich bin ich im Gegensatz zu vielen anderen ein bewusst marktkonformer Demokrat und bin mir meiner lästigen, völlig überflüssigen Existenz durchaus bewusst.

  1. Es wäre extrem hilfreich, wenn Sie die nur schleppend in Gang kommende Gentrifizierung der Städte weiter aktiv unterstützen. Sie tun hier ja bereits sehr viel, könnten aber wesentlich mehr erreichen, wenn Sie konkrete Maßnahmen ergriffen - hier bietet sich das wunderbare Beispiel Warschau an. In dieser schönen, romantischen und lebensfrohen Stadt wurden vor etwa 70 Jahren in einem nur 3,1 km² großen Gebiet etwa 1,3 Millionen Menschen neu angesiedelt, die zuvor ihre Wohnungen ebenfalls aus gewissen Gründen verlassen mussten - dabei war es keine Ausnahme, dass sich etwa 20 bis 30 Menschen eine Zwei-Zimmer-Wohnung geteilt haben. Wozu brauchen unnütze Menschen denn auch mehr Platz? Bitte regen Sie innerhalb Ihrer Behörde doch an, dass diese erprobten und seinerzeit äußerst erfolgreichen Maßnahmen endlich wieder neu aufgelegt werden.

  2. Falls auch diese Maßnahme irgendwann an eine finanziell begründete Grenze stößt, die unsere ehrwürdige Leistungselite zu sehr belastet, bleibt noch immer das ebenfalls erprobte und bis ins Detail dokumentierte Prinzip der Sicherungslager. In solchen komprimierten Wohnanlagen, wie wir sie noch heute in Auschwitz und anderswo begutachten können, hätten all die unnützen Menschen, die lediglich Kosten verursachen, eine bleibende Heimstatt in großzügig konzipierten Unterkünften und könnten zudem ohne großen bürokratischen Aufwand einer Zweit- bzw. Anschlussverwertung (beispielsweise Zwangsarbeit oder Vernichtung) zugeführt werden.

Ich hoffe, dass Sie auch in meinem Falle eine entsprechend innovative Entscheidung treffen werden und freue mich darauf, Ihnen in wenigen Jahren das Eckchen schimmeliges Brot, das Sie zum Überleben panisch in Ihrem Hemd versteckt haben, ganz im Sinne Ihrer Ideologie klauen zu dürfen, sofern meine unwürdige Person dann noch lebt.

Mit freundlichen, äußerst marktkonformen Grüßen

Ein unnützer Mitbürger.

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Freitag, 3. Juli 2015

Realitätsflucht (23): Risen 2 - Dark Waters


Heute möchte ich anlässlich der zur Erhaltung meiner geistigen Gesundheit aktuell extrem notwendigen Realitätsflucht über ein Spiel berichten, das ein sehr schweres Erbe angetreten hat - nämlich "Risen 2: Dark Waters" aus dem Jahr 2012. Dieses Spiel, das wie der Vorgänger "Risen" sowie die "Gothic"-Reihe (Teile 1 bis 3) vom deutschen Entwickler Piranha Bytes stammt, habe ich seinerzeit heiß erwartet - und nach dem Erscheinen dann doch nicht gekauft. Dazu gleich mehr.

Das Spiel, das ich vor gut einem Jahr unerwartet als Geburtstagsgeschenk doch noch erhalten habe, hat mich extrem enttäuscht. Einerseits habe ich meine durch diverse Rezensionen und Videos vorgefasste negative Meinung in weiten Teilen bestätigt bekommen - andererseits haben mich wenige Abschnitte dieses Spiel aber auch schmerzlich daran erinnert, welch wunderbare Spielwelt da verloren gegangen ist.

Zunächst war es die übliche DRM-Pest - im vorliegenden Falle eine zwingend vorgeschriebene Anbindung des Spiels an die "Steam"-Krake, die unter anderem Zwangsupdates, eine lückenlose Überwachung der Spielaktivität sowie eine nicht wieder verkaufbare DVD zur Folge hat -, die meine Lust auf das Spiel gänzlich verscheuchte. Darüber habe ich mich nach dem unerwarteten Geschenk schweren Herzens hinweggesetzt und einmal mehr einen Wegwerf-Steam-Account mit entsprechender Trash-Mailadresse eröffnet - was die Sache aber nicht weniger unschön macht, da interessierte Kreise über die IP und andere Mechanismen in unserem "freiheitlich-demokratischen" Überwachungsstaat ja trotzdem an die gewünschten (also meine) Daten kommen.

Das Spiel hat mit dem Vorgänger "Risen" und erst recht mit der "Gothic"-Reihe nicht mehr viel zu tun - man merkt an sämtlichen Details, dass hier auf Massen- und damit auch Konsolenseuchen-Kompatibilität hin entwickelt wurde. Ecken und Kanten gibt es in diesem Spiel allenfalls noch als lästige Bugs, nicht mehr als "Features". Nach dem Start wird der Spieler in eine quietschbunte, allzu kleine und nahezu nirgends tatsächlich überzeugende Südsee-Welt des frühen 19. Jahrhunderts geworfen, in der sich der aus dem Vorgänger bekannte "namenlose Held" aufmacht, als Pirat die Welt einmal mehr vor dem drohenden Untergang zu retten. Die offene Welt vergangener Piranha-Spiele ist damit Geschichte: Es gibt hier lediglich einige Inseln, die man im Verlauf des Spieles besucht und nacheinander "freischaltet"; diese bestehen aber größtenteils aus schlauchartig angelegten Arealen und haben mit einer frei begehbaren Spielwelt, wie man sie aus der "Gothic"-Reihe kennt, nichts mehr zu tun.

Wie das immer so ist, wenn "die Masse" das Ziel irgendwelcher Unternehmungen bzw. Entwicklungen ist, sucht man auch hier halbwegs fordernde Rätsel oder auch nur Dialogoptionen, welche die intellektuellen Fähigkeiten eines durchschnittlich begabten Primaten überschreiten, vergebens. Entsprechend vorhersehbar und stinklangweilig gestaltet sich auch die Geschichte. Der Titel "Risen" ist eigentlich nicht mehr gerechtfertigt, denn die aufgestiegenen, rätselhaften Ruinen, die im ersten Teil noch zumindest eine ansatzweise storybedingte Relevanz besaßen, verkommen hier zur bloßen Staffage, die man im Verlauf der Geschichte "mitnehmen" - also erkunden - darf, dies aber größtenteils auch bleiben lassen kann.

"Risen 2" ist nicht nur furchtbar langweilig, sondern ebenso furchtbar einfach, wobei ich das Adjektiv hier durchaus im Sinne von "grässlich" verstanden wissen möchte. Es ist, selbst in höheren Schwierigkeitsgraden, praktisch unmöglich, in diesem Spiel zu scheitern (vom Endkampf einmal abgesehen). Darüber hinaus stehen dem geneigten Schummler natürlich auch hier vielfältige Möglichkeiten des "Cheatens" zur Verfügung, falls eine Aufgabe trotz alledem unlösbar erscheinen sollte. Ich verstehe die Entwickler in dieser Hinsicht ja nun so gar nicht: Wenn sie die Möglichkeit des auch für Deppen leicht erlernbaren "Cheatens" schon in ihr Spiel einbauen, wieso machen sie es dann trotzdem so leicht, dass es auch in der regulären Version sogar für schwerfällige Grobmotoriker wie mich völlig problemlos spielbar ist?

In der Branche ist es ja üblich, nach der Veröffentlichung eines Spieles noch weitere, "zusätzliche Inhalte" nachzuliefern, was inzwischen längst zu einem bekannten Geschäftsmodell zur Profitmehrung geworden ist. Meist werden dafür reguläre Inhalte zuvor einfach herausgenommen und dann später als "DLC" erneut verkauft. Piranha Bytes haben dieses Prinzip bei "Risen 2" auch angewandt - und sind dabei böse aufgeflogen: Die "zusätzlichen Inhalte" waren nämlich bereits auf der regulären DVD enthalten und konnten anfangs noch via Cheat-Konsole kostenfrei freigeschaltet werden, was man nach Bekanntwerden aber schnellstens mit einem über "Steam" eingespielten Zwangsupdate unterbunden hat. - So macht man sich gewiss keine Freunde, liebe Abzocker.

Das Spiel besitzt ein paar Momente, die an die zurückliegenden Glanzlichter aus diesem Entwicklerstudio erinnern - insbesondere sind hier einige wenige, gewohnt freche Dialoge hervorzuheben. Die deutsche Vertonung inkl. der aus dem Vorgänger bekannten SprecherInnen ist wie gewohnt professionell und durchaus stimmig. In Gänze aber verkackt das Spiel auf ganzer Linie und kann auf keiner relevanten Ebene an "Risen" oder gar "Gothic" anknüpfen. Der Soundtrack erklingt lieblos, geradezu austauschbar und zuweilen gar nervig hingerotzt; die dünne Geschichte kann nur in seltenen, kurzen Momenten fesseln und ist ansonsten schlicht langweilig; die Grafik bleibt weit hinter dem zurück, was 2012 machbar gewesen wäre; und die karibische Piratenwelt kann ich nur als einen dünnen Abglanz des Potenzials beschreiben, das nach "Risen" erwartet werden konnte. Über die äußerst eingeschränkten Möglichkeiten der Charakterentwicklung samt spezieller Fähigkeiten wie beispielsweise das Schmieden, die Alchemie, die Magie (die hier zum "Voodoo" konvertiert wurde) etc. lasse ich mich besser gar nicht erst aus.

"Risen 2" ist letzlich belanglose Konsolenkacke vom Fließband, die jemandem, der die Vorgängerspiele kennt, nur bitterste Tränen der Wehmut in die Augen treibt.

Piranha Bytes sind diesem - trotz allem offenbar profitträchtigen - Irrweg inzwischen weiter gefolgt und haben mit "Risen 3: Titan Lords" das wenige, das in "Risen 2" noch einigermaßen erträglich war, rigoros ausgemerzt und den schlimmen Rest dafür konsequent ausgebaut. Aber das ist eine andere Geschichte, von der ich vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt berichten werde. Stattdessen hier noch ein offizieller Trailer zu "Risen 2", der dem wirklich schlechten Spiel nicht einmal dann gerecht wird, wenn man alle Bedenken über Bord und sich kritiklos dem Mainstream an den Hals wirft:


Mittwoch, 1. Juli 2015

Musik des Tages: Klavierkonzert Nr. 2 in f-moll




  1. Maestoso
  2. Larghetto
  3. Allegro vivace

(Frédéric Chopin [1810-1849]: Klavierkonzert Nr. 2 in f-moll, Op. 21 aus den Jahren 1829/30; North Netherlands Symphony Orchestra, Klavier: Rosalía Gómez Lasheras, Leitung: Stefan Asbury, 2013)

Anmerkung: Es ist nur eine schäbige Randnotiz, dass dieses "Young Pianists Festival", in dessen Rahmen auch das hier verlinkte, großartige Konzert stattgefunden hat, selbstverständlich als "Competition" konzipiert ist - so als könne man (oder wer auch immer) die "Leistung" der beteiligten MusikerInnen objektiv "bewerten" und in einer "Rangfolge" einordnen, als handele es sich um einen stumpfsinnigen sportlichen Wettbewerb des neoliberalen Irrsinns, in dem Zehntel- oder gar lächerlichste Hundertstelsekunden über Sieg oder Niederlage entscheiden. Der kapitalistische Ungeist der perversen Konkurrenz ist an allen Fronten fest in dieser verkommenen Welt verankert - so absurd er in so manchem "Einzelfall" auch in aller Offensichtlichkeit ist.

Es gehört eine Menge Vakuum im Schädelbereich dazu, ein solches Konzert, das ja geradezu ein Paradebeispiel dafür darstellt, was MusikerInnen ausschließlich gemeinschaftlich erschaffen können, in einen absurden "Wettbewerb" umzudefinieren. Es fehlt nicht mehr viel, bis diese Irren endlich auch die Zeit messen, in der ein Musiker eine bestimmte Passage "fehlerfrei" zu spielen vermag, um ihn zum "Sieger" oder "Verlierer" erklären zu können.

Diese Welt ist nicht meine Welt.

Dienstag, 30. Juni 2015

Zitat des Tages: Es werden Tage kommen


Es werden Tage kommen,
sonnenlose ohne Gelächter.
Brachfelder.
Kein Korn glänzt.

Leichen rollen in den Flüssen,
die Eisenbahnen sind voll toller Fahrgäste,
wer ein Herz hat, weint,
hingebückt über das Jaucheloch.

Kahlkopf und Kohlkopf
wechseln wie Wild.
Der Sieg ist versiegt,
viel Teppiche zerfasert.

Eine Tanne
steht noch - vielleicht.
Das Gehörn einer Gemse
hängt am Abgrund.

(Klabund alias Alfred Hermann Henschke [1890-1928], in: "Die weißen Blätter", Jahrgang 6, 1919; später unter dem Titel "Enzian III" mehrfach wiederveröffentlicht)




Montag, 29. Juni 2015

Das europäische Drama der habgierigen "Elite", oder: "Die Griechen sind schuld!"


Ich hasse es, wenn ich bei solchen widerlichen Themen Recht behalte - trotzdem möchte ich daran erinnern, was ich schon im Februar 2012 [sic!] über das asoziale europäische Drama geschrieben habe, das weite Teile der griechischen Bevölkerung in die pure Existenzangst geführt hat, während den wenigen Kapitaleignern bis einschließlich heute devot und liebevoll der Anus zart gepudert wurde und wird.

Lest das doch bitte.

An dieser abgrundtief perversen Situation hat sich nichts verändert - zwischenzeitlich sind Milliarden des virtuellen Geldes in die unersättlichen Schlünde der Banken geflossen, während die griechische Bevölkerung nach wie vor und zunehmend an den bitteren Krumen der Zwangsverarmung nagen muss. Unsere Propagandamedien berichten darüber nicht und machen stramm weiter Stimmung gegen die "faulen Griechen" und ihre "radikale", in besonders abstrusen Szenarien gar als "kommunistisch" bezeichnete Regierung. Noch irrsinniger und realitätsferner geht es kaum.

Es bleibt festzuhalten, dass es bei all diesen Fragen rund um den griechischen Staatshaushalt um nichts weiter als um lächerliche Kredite [sic!] geht, die bekanntermaßen von den Banken aus dem Nichts geschöpft werden und lediglich die ersehnten Zinszahlungen zum Ziel haben - der ganze absurde Tanz um das griechische "Schulden-Dilemma" ist also nichts weiter als eine kapitalistische Schimäre, die den leistungslosen Kapitalzuwachs einer kleinen Minderheit von sehr wenigen habgierigen Arschlöchern zum Inhalt hat.

Wir dürfen getrost davon ausgehen, dass diese menschenfeindliche Bande ihre Zinszahlungen nicht abschreiben wird - ihre fleißigen Bemühungen, den Menschen in Griechenland auch noch den letzten verbliebenen Rest an Lebensqualität zu stehlen und das Land in nicht minder perverse afrikanische Verhältnisse zu stürzen, halten unvermindert an und werden von unseren braven Propagandamedien - allen voran, mit abstrus laut trötenden Posaunen, die "Öffentlich-Rechtlichen" - willfährig flankiert (ich verlinke das nicht).

Der Vergleich mit der damaligen Katastrophe von Versailles liegt nicht nur auf der Hand, sondern ist äußerst evident. Wenn Syriza in Griechenland aufgrund dieser perversen Strategie der geldgierigen "Elite" scheitert, sind den faschistischen Schergen in ganz Europa alle Türen und Tore geöffnet und die braune Flut wird kaum mehr aufzuhalten zu sein. Die widerlichen Arschlöcher wissen das und haben nicht versehentlich versucht, in den letzten Jahren eine möglichst lückenlose Totalüberwachung der Bevölkerung aufzubauen - stets in der irrigen Annahme, die Nazi-Bande diesmal "beherrschen" zu können.

Bewerten muss ich dieses perverse Ansinnen nicht. Letztlich helfen KZs der "Elite" ja bekanntermaßen sehr erfolgreich bei der Vermehrung ihrer Reichtümer. Ob es nun Juden, Zigeuner, Griechen oder Hartz-Terror-Opfer sind, die ihn erwirtschaften, ist den "Herrschaften" völlig egal.

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Oktoberidylle



(Zeichnung von Mstislaw Dobuschinski [1875-1957], in: "Zhupel", Nr. 1, 1905)