Freitag, 13. Februar 2015

Song des Tages: Another Face In A Window




(Antimatter: "Another Face In A Window", aus dem Album "Leaving Eden", 2007)

They're all the same, assimilated
And here am I, born of a lost cause
The underdog, an alien in drag -
Dying

So who's to say there's any shame in
Being alone when the dogs are outside
In packs of ten, their muzzles removed -
Biting

I tried to save my inner sanctum
While all around we're still playing with fire

The fact remains:
I've never been moved to sell myself
I don't want to be another face in a window
Seeing life through a screen, bathed in a warm glow

Fade like so ...



Anmerkung: Dieser Song beschreibt ziemlich genau das, was ich tagtäglich fühle und denke, wenn ich mich in diese vollkommen irre, verdorbene Welt "da draußen" begeben muss und meine lieben Mitmenschen dabei beobachte, wie sie ihre Lebenszeit mit groteskem Tand, Blödsinn, Verrücktem und oft genug Gefährlichem sinnlos vergeuden und verplempern - während ich mich gezwungen sehe, exakt denselben Bockmist ebenfalls immer und immer wieder zu tun. Da will man den Leuten ganz moralisch den Spiegel vorhalten - und sieht letzten Endes doch wieder auch die eigene entstellte Fratze darin ... es ist so frustrierend.

Donnerstag, 12. Februar 2015

Die Esos und das "Ur-Weibliche": Der Irrsinn bildet böse Metastasen


Ja ja, ich weiß ... "Hinter den Schlagzeilen" lese ich seit Längerem nicht mehr, ein Informations- oder Erkenntnisgewinn ist dort in der Regel sowieso nicht zu erwarten. Dennoch lande ich gelegentlich über krude Wege immer noch auf dieser ominösen Seite und kann den dort verbreiteten esoterischen Blödsinn glücklicherweise meist nur als treffliche Realsatire auffassen, über den ich mich herzlich amüsiere und dabei gelegentlich sogar laut prusten muss. So war es auch diesmal, als ich dort einen "Beitrag" (der wie so oft lediglich aus einer Kopie des Teasers und einem Link zu einer anderen, noch ominöseren Seite bestand) mit dem feinsinnigen (sorry, Flatter) Titel fand: "Die Rückkehr des Ur-Weiblichen". Ich frage mich ja nach wie vor, was das "kompetente Redaktionsteam" dieser schlimmen Sektierer, die erst kürzlich um Geldspenden geworben haben, den lieben langen Tag treibt - das unkommentierte Kopieren von Teasern und Links sollte nicht so wahnsinnig zeit- und geldaufwändig sein. Aber egal.

Den verlinkten Text mag sich durchlesen, wer sich dazu in der Lage fühlt - ich jedenfalls war nach der Lektüre um eine ganze Armee Gehirnzellen ärmer, denn die ist einfach fassungslos und unvermittelt abgestorben, während sie noch mit der weißen Fahne wedelte. Dazu will ich auch weiter nichts sagen - wer solche Texte liest, ist schließlich selber schuld an seinem bitteren Elend. Doch zu jenem beschworenen "Ur-Weiblichen" muss ich doch einige Worte verlieren.

Mir fallen da gleich reihenweise Frauen ein, die wunderbar illustrieren, weshalb das alberne Märchen vom "weiblichen Prinzip", das im völligen Gegensatz zum "männlichen Prinzip" stehe (was auch immer dieses oder jenes sein soll), zurück in die mittelalterliche Mülltonne gehört, aus der es diese religiösen Irren gezerrt haben. Diese Liste ist rein subjektiv und kann nie vollständig sein - ich nenne jetzt nur mehr oder minder prominente Namen, die mir unmittelbar eingefallen sind:

Margaret Thatcher, Ursula von der Leyen, Angela Merkel, Katrin Göring-Eckardt, Eva Hermann, Marine Le Pen, Madeleine Albright, Friede Springer, Liz Mohn, Susanne Klatten, Silvia Quandt, Hannelore Kraft, Beate Zschäpe, Daniela Katzenberger ... und nicht zu vergessen Daisy Duck.

Dieses "weibliche Prinzip" hat bekanntermaßen nur Gutes, Friedvolles, Gerechtes und Menschenfreundliches auf Erden bewirkt - und tut es kontinuierlich auch weiterhin. Und der Kopf des verwirrten Esos ist ein symmetrischer Quader aus spirtuellem Beton voller rostiger Nägel und anderem Unrat. Es ist einfach nicht mehr nachzuvollziehen, wie diese Fantasten, die ich jetzt einfach mal freundlich Spinner nennen will, wie blöde auf geschlechterspezifischen Scheinmerkmalen herumreiten, während doch klar ersichtlich ist, dass der Kapitalismus fast alle Menschen zu ausgemachten, "eigenwohlorientierten" Arschlöchern macht - völlig ungeachtet des Geschlechts (oder anderer willkürlicher Unterscheidungen). Daran ändern auch mittelalterliche oder steinzeitliche Voodoo-Vorstellungen nichts, die der Uploader bei "Hinter den Schlagzeilen" offenbar im überbrodelnden Hirn hatte, als er das passende Bild zum bekloppten Posting ausgewählt hat.

Was kommt als nächstes? Das "Ur-Blonde"? Das "Ur-Bekiffte"? Oder gar das "Ur-Amöbiöse"? Diese Denkweise ist nichts anderes als zutiefst faschistisch und steht damit in böser Tradition mit den esoterischen Verwirrungen der Nazis vor 80 Jahren.

Ich plädiere eindringlich dafür, ab sofort das Ur-Äffische anzustreben - es ist schließlich längst kein Geheimnis mehr, dass Affen sich in der Regel weitaus humaner verhalten als es die meisten vom Kapitalismus deformierten Menschen tun. Ein Schimpanse als Kanzler könnte wohl kaum Schlimmeres anrichten als es das aktuelle "Ur-Weibliche" aus der Uckermark (welch ein widerlicher, geradezu obszöner Gedanke, ganz nebenbei, das "weiblich" nennen zu müssen) tut und weiterhin tun wird.

Es ist ein Trauerspiel ohnegleichen, dass ich so etwas im Jahr 2015 - und nicht etwa 1520 - schreiben muss.

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Zukunftsbild


"Die letzten Menschen haben einander umgebracht. Jetzt heißt es, wieder von vorn anfangen."

(Zeichnung von Erich Schilling [1885-1945], in "Simplicissimus", Heft 23 vom 06.09.1922)

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P.S.: Selbstverständlich habe ich auch diesmal einen (kurzen) Kommentar (ohne Link zu diesem Posting oder Blog) bei meinen lieben Eso-Freunden hinterlassen, der wiederum nicht veröffentlicht wurde.

Zeitzeugen sprechen über Auschwitz (8): Schnipsel des alltäglichen Horrors


Der folgende Text ist ein kurzer Auszug aus der Zeugenaussage des Kaufmanns und Holocaust-Überlebenden Peter Budan, die im Rahmen des sogenannten 1. Frankfurter Auschwitzprozesses am 16.07.1964 dokumentiert wurde. Die komplette Aussage kann - ebenso wie unzählige weitere Zeugenaussagen - auf den Seiten des Fritz-Bauer-Instituts nachgelesen und auch im Original angehört werden.

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Jetzt musste ich unten in den Keller gehen, da kam der Aumeier, der Lagerführer. Und da habe ich das erste Mal gesehen, wie da Menschen in dunklen Zellen saßen und eine erstickende Luft rauskam. [...] Und dann musste ich schnell die Nummern schreiben. Ich wusste zuerst noch nicht, was das bedeutet. Später kriegte ich dann diese Häftlinge in einen Waschraum. Das war damals in der größten Kälte, und da sagte mir der Unterscharführer: "Nun, los, los." Da musste ich einen Kopierstift nehmen, den nass machen und diesen nackten Häftlingen auf der Brust die Nummern aufschreiben, die ich auch anhand dieses Buches hatte. Und die zitterten so. Ich selbst wusste noch nicht, was los war. Und dann sagte der Oberscharführer Gehring: "So, nun mal los, jetzt müssen Sie mithelfen." Da sollte ich dann die Leute anfassen und mit auf den Hof – da waren vorher Sägespäne gestreut – zur Mauer führen. [...] Die wurden dann zur Mauer geführt, und dann kam der Unterscharführer – habe auch den Namen vergessen –, der legte dann hinten das Flobertgewehr hier ran. [...] Der Tod trat sofort ein, und sie kippten rüber. Ich habe dann in die Augen hineingesehen, und die sind schnell ganz glasig geworden, also ein besserer Tod als den, den die Leute da sonst sterben mussten.

[...]

Ich kannte nun die ganzen Vorgänge, ich kannte auch die Marterinstrumente. Bei uns wurden ja auch die Strafen vollstreckt mit Hängen hinten an den Armen ["Baumpfählen"], und diese Art Galgen, ja. [...] Wenn sie unten aufgehängt wurden an diesen Dingern, da habe ich das ja gesehen. [...] Wie sie dann mit den Beinen da immer zuerst sich versuchten [abzustützen], bis es dann immer schwerer wurde. Manche wurden ohnmächtig, manche haben sich mit den Beinen festgehalten. [...] Und das war, was ich gesehen habe. Nach oben, da durfte ich nicht mit, auf den Boden, da muss es sehr grausig zugegangen sein. Da ist nur ein Unterscharführer mit dem Häftling Hannes raufgegangen. Da sagte er: "Komm lieber nicht mit, da fällst du sowieso um."


(Skizze des "Baumpfählens", eingefügt vom Kap.)

[...]

Da [in den Häftlingsblocks] gibt es ja keine Polizei. Kann er sagen, der Häftling soll für Ordnung sorgen, wie soll er das machen sonst, wenn [dreimal sechs] Häftlinge, das sind 18, übereinanderliegen, die dann des Nachts sterben, in der Kälte und so weiter. Jedesmal bevor [ein] Häftling stirbt, läuft ja noch so eine Art Durchfall [aus ihm heraus]. Das läuft den anderen auf den Kopf. Also wir sind ja da verdreckt und versaut gewesen und mussten sehen, [unverständlich]. Jede Nacht war ja Lynchjustiz fast, wenn ein Häftling sich sein Stückchen Brot um den Leib geschnürt hatte und wollte es [für den] anderen Tag aufheben, und einer ihm heimlich das geklaut hatte, wurde er gleich nachts erschlagen. Dann hörten Sie schon im Block Geschrei, und dann wurde zugeschlagen. Der war dann morgens eine Leiche.

Dienstag, 10. Februar 2015

Zitat des Tages: Der Garten der Zeit


Ehe er sich zu seinem abendlichen Spaziergang aufmachte, blickte Graf Henry wie gewöhnlich über die Ebene zu der letzten Anhöhe hin, wo der Horizont wie eine ferne Bühne von der untergehenden Sonne erleuchtet wurde. Während die unter den zarten Händen seiner Frau hervorströmenden Mozartschen Klänge ihn sanft umspielten, fiel ihm auf, dass die vorrückende Kolonne einer gewaltigen Armee sich langsam über den Horizont schob. Auf den ersten Blick schienen die langen Reihen sich in geordneten Linien voranzubewegen, doch bei näherem Hinsehen wurde deutlich, dass die Armee, wie das unauffällige Detail einer Landschaft von Goya, sich aus einem gewaltigen Gewimmel zusammensetzte, aus Männern und Frauen, hier und da ein paar Soldaten in abgerissenen Uniformen darunter, die in einer aufgelösten Flut vorwärts drängten. Einige mühten sich unter schweren Lasten ab, welche an primitiven Jochen, die ihnen im Genick lagen, hingen; andere kämpften mit schwerfälligen Holzkarren, zerrten mit den Händen an den Radspeichen; ein paar stampften mühsam allein dahin; doch alle bewegten sich im selben Schritt, die gekrümmten Rücken von der untergehenden Sonne erleuchtet.

Die vorrückende Menge war noch so weit entfernt, dass man sie kaum überblicken konnte, aber selbst während Graf Henry mit reserviertem, doch aufmerksamem Gesichtsausdruck hinsah, kam sie merklich näher: Diese Vorhut eines riesigen Pöbelhaufens, der da am Horizont auftauchte. Schließlich, als das Licht des Tages zu schwinden begann, erreichte die Spitze der Menge die Kuppe der ersten Anhöhe unterhalb des Horizontes, und Graf Henry wandte sich von der Terrasse ab und erging sich unter den Zeitblumen. [...]

Draußen erhob sich der Lärm in die Luft, wohl tausend Stimmen brüllten nur zwanzig oder dreißig Meter entfernt. Ein Stein flog über die Mauer, landete zwischen den Zeitblumen und zerschmetterte mehrere der zerbrechlichen Stängel. Die Gräfin eilte zu ihm, als ein Steinhagel gegen die Mauer prasselte. Dann wirbelte ein schwerer Ziegelstein über ihre Köpfe hinweg durch die Luft und krachte in eines der Wintergartenfenster. [...]

Wie ein Schwert stürzte die Dunkelheit über sie herein, noch bevor er etwas erwidern konnte. Keuchend und fluchend erreichten die vorderen Reihen der Menge die nur noch kniehohen Überreste der Mauer, die das zerstörte Grundstück umgaben, zerrten die Karren hinüber und die staubigen Fahrspuren entlang, die einstmals eine reich geschmückte Auffahrt gewesen waren. Die Ruine, früher eine geräumige Villa, unterbrach kaum den endlosen Lauf der Menschheit.

(James Graham Ballard [1930-2009]: "Der Garten der Zeit" (Auszüge), in: "Der Garten der Zeit. Die besten Erzählungen", Suhrkamp 1996; englische Originalveröffentlichung: 1962)

"Private Eisenbahnen" und die Qualitätsmedien: Die bunte Glitzerwelt


Gestern las ich auf den Seiten des hochseriösen Qualitätsmediums WDR einen - offenbar knallhart recherchierten - Artikel mit dem wunderbaren Titel: "National-Express in NRW: Mehr Konkurrenz für die Bahn". Im Teaser wird dem Leser versprochen:

Das britische Unternehmen National Express wird ab 2015 Zugstrecken in NRW übernehmen - und interessiert sich für weitere. Damit betreiben fünf Konkurrenten der Deutschen Bahn Strecken in NRW. Billiger werden die Fahrkarten dadurch aber erstmal nicht. Fünf Fakten zu privaten Anbietern im Regionalverkehr. (Hervorhebung von mir)

Ich lege es Euch allen ans Herz, diesen kleinen Artikel zu lesen und die schiere Faktenflut, die dort geboten wird, zu genießen, denn der WDR hat dieses informationsbasierte Glanzstück, das offenbar von einem unbezahlten Praktikanten in der Pinkelpause geschrieben wurde und der die Abkürzung "PR" wohl für eine Kurzform von "Private Rail" hält, mit einem zusätzlichen Beitrag versehen, in dem die nun faktenreich und umfassend informierte Leserschaft ihre Meinung zu diesem Thema kundtun kann. Die Kommentarfunktion ist beim WDR ansonsten meist deaktiviert - es gibt seit geraumer Zeit dafür diese speziellen "Kommentar-Beiträge", die euphemistisch als "Dialog" gekennzeichnet sind - allein dafür gebührt dem Sender schon der Orwell-Award. Dieser "Dialog" beginnt jedenfalls gleich mit einem journalistischen Highlight, das wohl in jeder PR-Agentur Bonuszahlungen für den Autor nach sich zöge:

Es ist bunter geworden auf den Bahnhöfen im Land. Längst dominiert an manchen Stationen nicht mehr das Rot der Deutschen Bahn.

Ich will im Einzelnen gar nicht auf diese offenkundige Reklameaktion eingehen, da sie in einer dermaßen prekären, lächerlichen journalistischen Tarnung daherkommt, die schon an groteske Satire grenzt. Ein paar Details möchte ich aber doch herausgreifen - und zwar völlig ungeachtet der bei einem solchen Thema eigentlich auf der Hand liegenden Frage nach der Sinnhaftigkeit von "Privatisierungen", ganz besonders im Bereich der Bahn, sowie der grenzdebilen Forderung nach "günstigeren Preisen" bei "mehr Service und Komfort" - wobei auch hier wieder konsequent "vergessen" wird, auf die Arbeitsbedingungen und Entlohnungen der Menschen, die dort arbeiten müssen, auch nur hinzuweisen. Von der "Rendite", also dem eigentlichen Sinn und Zweck jedes "Unternehmens" in diesem System, und dem damit unweigerlich kollidierenden Sinn und Zweck einer Eisenbahn, fange ich gar nicht erst an.

Auf die wunderbar "präkognitive Frage" Warum sind die Preise bei privaten Anbietern im Fernverkehr günstiger?, welche die gewünschte Antwort im PR-Sinne eigentlich bereits enthält, entfährt dem Praktikanten auf dem WDR-Klo auf die Schnelle nur ein lauer "Furz mit Land" und er schreibt:

Offenbar ist das Geschäft auf der Fernstrecke für die privaten Anbieter nicht lukrativ. So stellte Interconnex seine Fernstrecken komplett ein. Grund ist unter anderem die Konkurrenz durch die günstigen Fernbusse.

Dies ist dann auch schon der informativste "Fakt", den dieser schamlose Werbetext zu bieten hat, auch wenn er dumpf ins Klo der Lobbyisten der "Fernbus"-Unternehmen plumpst. Man muss der Bahn eben ordentlich "Konkurrenz" machen - da müssen im Zweifel auch mal Busse herhalten, wenn Züge nicht mithalten können. Wahrscheinlich stecken letzten Endes aber sowieso wieder dieselben wenigen Großkonzerne hinter all diesen "verschiedenen Unternehmen", egal ob es sich nun um Bahnen oder Busse handelt - ich bin zu faul und zu genervt, das jetzt im Einzelnen zu recherchieren.

Das finale Feuerwerk dieser Groteske bilden aber tatsächlich die Kommentare im zweiten Beitrag (dort ganz nach unten scrollen und auf "Alle Kommentare anzeigen" klicken). Da hat sich bislang ein Jubelchor von immerhin 11 (in Worten: elf) Irren eingefunden, die in das Mantra der seligen Preisungen der "privaten Bahnen" munter einstimmen, als gebe es kein Morgen. Sofern es sich bei jenen Kommentatoren tatsächlich um BürgerInnen dieses Landes handelt, die von niemandem für ihre "Meinung" bezahlt werden, haben die Qualitätsmedien einmal mehr ganze Arbeit geleistet und jedes kritische Denken rückstandsfrei entsorgt - diese Gehirne sind nicht mehr nur sauber, sondern rein. Da weiß man, was auf dem Spiel steht.

Und der Praktikant hat sich hiermit die Stelle als Aushilfs-Unterredakteur beim WDR, befristet auf zwei Monate und bezahlt mit einem BLÖD-"Zeitungs"-Abo sowie einer eventuellen Audienz bei Friede Springer oder ihrem Pförtner, redlich verdient - das ist seine einmalige Chance, endlich zum "Schmied seines Glückes", also zum Millionär, zu werden! Hau rein, Junger!

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Preiset das Geld!


(Der offizielle Redaktionskanon des WDR - laut einem Whistleblower.)

Montag, 9. Februar 2015

Zeitzeugen sprechen über Auschwitz (7): Schnipsel des alltäglichen Horrors


Der folgende Text ist ein kurzer Auszug aus der Zeugenaussage des Rechtsanwalts und Holocaust-Überlebenden Friedrich Skrein, die im Rahmen des sogenannten 1. Frankfurter Auschwitzprozesses am 13.07.1964 dokumentiert wurde. Die komplette Aussage kann - ebenso wie unzählige weitere Zeugenaussagen - auf den Seiten des Fritz-Bauer-Instituts nachgelesen und auch im Original angehört werden.

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Es wurden in der Früh beim Ausmarsch [des Zwangsarbeitskommandos], nachdem wir das Lager verlassen haben, diejenigen bestimmt, die "heute", wie es hieß, "drankommen". Das waren immer drei, vier Personen. [...] Und die Leute sind [dann gequält worden]. Man hat sie geschlagen, man hat einen zum Beispiel an einem Vormittag an die zehnmal [an einem Baum] aufgehängt, wieder abgeschnitten, so lange, bis er "gelaufen" ist. Man hat bei den Quälereien immer gesagt: "Lauf, lauf, lauf!" Das war das sogenannte Auf-der-Flucht-Erschießen. Er ist über die Postenkette, dann hat man ein bisschen Ziel geschossen, und dann traf ein Schuss also tödlich. Und es war ein Samstag, als man vormittags auch mit mir begann. Ich wurde also geschlagen, mit demselben: "Lauf, lauf!" Ich bin nicht gelaufen. Am Sonntag war Gerätereinigen, und beim Einmarsch sagte man mir: "Am Montag bist du es, du Schwein." Ich wusste also: Keine Chance mehr.

[Der Zeuge überlebte dies, weil er sich daraufhin krankmeldete, zwei Tage im "Krankenblock" zubrachte, diesen aus Angst vor einer drohenden Selektion wieder verließ und daraufhin einem anderen Zwangsarbeitskommando zugeteilt wurde.]

[...]

Das war auch im Spätsommer 1944, anlässlich eines Abendappells. Ich war damals noch in der Bekleidungskammer, und zwar auf Block 16. Das war der Block, der vis-à-vis des Appellplatzes also war, wo der Lagerführer und der Rapportführer waren [...]. Der Appell verzögerte sich, weil ein Mann fehlte. Es wurden Suchkommandos ausgeschickt. Und aus dem Block neben meinem Block – das muss also Block 15 gewesen sein – wurde von Blockführern ein Häftling herausgetragen, herausgeschleppt und von Kaduk und von Claussen in Empfang genommen. Kaduk und Claussen begannen, auf den Häftling einzuschlagen, der mehrmals zu Boden ging. Kaduk ließ sich einen Kübel Wasser bringen, schüttete den Häftling immer wieder mit Wasser an, dass er wieder auf die Beine kam. Es wurde immer wieder hingeschlagen, bis der Häftling auf dem Rücken liegenblieb. Und nun stellten sich Kaduk und Claussen rechts und links vom Häftling auf und begannen, ihm mit ihren Stiefelabsätzen die Brust zu zertreten. [Pause] Das werde ich wohl nie vergessen. [...] Sie haben abwechselnd mit dem Stiefelabsatz dem Häftling auf den Brustkorb getreten. Ich habe es krachen gehört, solange, bis er kein Lebenszeichen mehr von sich gegeben hat.

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Stillleben. Drei Totenschädel



(Gemälde von Paul Cézanne [1839-1906] aus der Zeit um 1900. Öl auf Leinwand, Institute of Fine Arts, Detroit)