Der folgende Text ist ein kurzer Auszug aus der Zeugenaussage des Kaufmanns und Holocaust-Überlebenden Peter Budan, die im Rahmen des sogenannten 1. Frankfurter Auschwitzprozesses am 16.07.1964 dokumentiert wurde. Die komplette Aussage kann - ebenso wie unzählige weitere Zeugenaussagen - auf den Seiten des Fritz-Bauer-Instituts nachgelesen und auch im Original angehört werden.
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Jetzt musste ich unten in den Keller gehen, da kam der Aumeier, der Lagerführer. Und da habe ich das erste Mal gesehen, wie da Menschen in dunklen Zellen saßen und eine erstickende Luft rauskam. [...] Und dann musste ich schnell die Nummern schreiben. Ich wusste zuerst noch nicht, was das bedeutet. Später kriegte ich dann diese Häftlinge in einen Waschraum. Das war damals in der größten Kälte, und da sagte mir der Unterscharführer: "Nun, los, los." Da musste ich einen Kopierstift nehmen, den nass machen und diesen nackten Häftlingen auf der Brust die Nummern aufschreiben, die ich auch anhand dieses Buches hatte. Und die zitterten so. Ich selbst wusste noch nicht, was los war. Und dann sagte der Oberscharführer Gehring: "So, nun mal los, jetzt müssen Sie mithelfen." Da sollte ich dann die Leute anfassen und mit auf den Hof – da waren vorher Sägespäne gestreut – zur Mauer führen. [...] Die wurden dann zur Mauer geführt, und dann kam der Unterscharführer – habe auch den Namen vergessen –, der legte dann hinten das Flobertgewehr hier ran. [...] Der Tod trat sofort ein, und sie kippten rüber. Ich habe dann in die Augen hineingesehen, und die sind schnell ganz glasig geworden, also ein besserer Tod als den, den die Leute da sonst sterben mussten.
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Ich kannte nun die ganzen Vorgänge, ich kannte auch die Marterinstrumente. Bei uns wurden ja auch die Strafen vollstreckt mit Hängen hinten an den Armen ["Baumpfählen"], und diese Art Galgen, ja. [...] Wenn sie unten aufgehängt wurden an diesen Dingern, da habe ich das ja gesehen. [...] Wie sie dann mit den Beinen da immer zuerst sich versuchten [abzustützen], bis es dann immer schwerer wurde. Manche wurden ohnmächtig, manche haben sich mit den Beinen festgehalten. [...] Und das war, was ich gesehen habe. Nach oben, da durfte ich nicht mit, auf den Boden, da muss es sehr grausig zugegangen sein. Da ist nur ein Unterscharführer mit dem Häftling Hannes raufgegangen. Da sagte er: "Komm lieber nicht mit, da fällst du sowieso um."
(Skizze des "Baumpfählens", eingefügt vom Kap.)
[...]
Da [in den Häftlingsblocks] gibt es ja keine Polizei. Kann er sagen, der Häftling soll für Ordnung sorgen, wie soll er das machen sonst, wenn [dreimal sechs] Häftlinge, das sind 18, übereinanderliegen, die dann des Nachts sterben, in der Kälte und so weiter. Jedesmal bevor [ein] Häftling stirbt, läuft ja noch so eine Art Durchfall [aus ihm heraus]. Das läuft den anderen auf den Kopf. Also wir sind ja da verdreckt und versaut gewesen und mussten sehen, [unverständlich]. Jede Nacht war ja Lynchjustiz fast, wenn ein Häftling sich sein Stückchen Brot um den Leib geschnürt hatte und wollte es [für den] anderen Tag aufheben, und einer ihm heimlich das geklaut hatte, wurde er gleich nachts erschlagen. Dann hörten Sie schon im Block Geschrei, und dann wurde zugeschlagen. Der war dann morgens eine Leiche.
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