Samstag, 31. Dezember 2011

Song des Tages: Applaus, Applaus





(Novalis: "Applaus, Applaus". Aus dem Album "Nach uns die Flut", 1985)

Applaus, Applaus für die Tänzerin,
sie tanzte nur für dich.
Sie tanzte eine ganze Nacht,
sie tanzte nur für dich.
Applaus, Applaus für die Tänzerin,
sie hat gesungen, hat gelacht,
sie drehte sich im Sommerwind -
Applaus für die Tänzerin.

Applaus, Applaus für die hohen Herrn,
sie tagten nur für dich.
Sie tagten eine ganze Nacht,
sie tagten nur für dich.
Applaus, Applaus für die hohen Herrn,
sie sorgen sich um unsern Stern,
denken nur an unser Glück -
Applaus für die Politik.

Applaus, Applaus für das Feuerwerk,
es funkelt nur für dich.
Es funkelt eine ganze Nacht,
es funkelt nur für dich.
Applaus, Applaus für den letzten Knall,
bevor der Vorhang fällt.
Wir kriegen was für unser Geld:
Applaus von der ganzen Welt.



Anmerkung: Ich wünsche allen Blogleserinnen und -lesern einen guten Start ins Jahr 2012 - auf dass es das Katastrophenjahr 2011 nicht noch übertreffen möge. Die Zeichen stehen auf Sturm - die sozialen, ethnischen und religiösen Kriege sind erklärt - und es liegt allein bei uns Menschen, ob wir weiterhin wie die Geisteskranken aufeinander eindreschen und eine Welt, wie sie auf dem obigen Plattencover angedeutet wird, hinterlassen, oder ob wir endlich die Superreichen enteignen und diese Welt zu einem etwas lebenswerteren Ort für alle Menschen machen wollen.

Wir lesen uns im nächsten Jahr - live long and prosper.

Guttenberg, der nützliche Idiot der Herrschaftselite

(...) Auftritt niemand Geringeres als der Chef der Zeit, Giovanni di Lorenzo. Zu gerne hätte er ehemals, so wie sein Kollege Kai Diekmann von [der BLÖD-"Zeitung"], den Lügenbaron als Kanzlerkandidaten gesehen. Und nun darf jemand, der kaum etwas anderes vorzuweisen hat als ein mittelmäßiges erstes Juraexamen, ansonsten vor allem Adel, Geld und Unverfrorenheit, ein Nobody also jenseits des Showgeschäfts, so jemand darf, ja soll uns auf zig Seiten das Weltgeschehen kommentieren, mit Vorabdruck in der Zeit und als Buch im katholisch-konservativen Herder-Verlag. "Ein Buch," – so die Vorankündigung des Verlages – "das die Person Guttenberg beleuchtet, neue Einsichten in seinen Fall bietet und gleichzeitig Ausblick auf das gibt, was eines der größten politischen Talente gegenwärtig und in Zukunft bewegt." "Vorerst gescheitert" ist der Titel des Buches und zugleich das Programm.

Und wieder stellt sich die Frage nach der Täuschungsabsicht. Freiherr von und zu Guttenberg – eines "der größten politischen Talente"! Warum auch nicht. Gelingt der Coup und er kehrt ins politische Geschäft zurück, ist niemand getäuscht worden. Guttenberg mag verwirrt sein, mit der Wahrheit stets auf Kriegsfuß stehen, weder Sorgfalt noch Überblick haben – als Parvenü des Verblendungszusammenhangs und als nützlicher Idiot der Herrschaftselite taugt er prächtig und ist unersetzlich. Klar liegt das vor aller Augen – Täuschung ausgeschlossen. Guttenbergs einzige Realität ist diejenige des Spektakels, das als solches nicht mehr hinterfragt werden soll und in der Breite wohl auch nicht hinterfragt werden kann. Dafür sorgen unisono [BLÖD], Zeit und was sonst noch so unsere Illusionswelt bedient. Mit Guttenbergs Abgang verlor die Klasse der kapitalistischen Magier einen ihrer wichtigsten Illusionisten. Das wird jetzt rückgängig gemacht.

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Anmerkung: In diesem Text werden wunderbar tiefsinnig und pointiert Guttenberg und Berlusconi miteinander verglichen - eine journalistische Perle inmitten der trostlosen Wüstenei der sonstigen Hofberichtserstattung. Im Fazit stimme ich dem Autor zu: Guttenberg wird alles daransetzen, sein Comeback auf der politischen Bühne in Deutschland feiern zu können, und er hat zahlreiche willige Helfershelfer in der Politik und den Medien. Die ersten Schritte hat er mit diesem unsäglichen Interview-Buch und seinem neuen Job als "EU-Internet-Kommissar" - ausgerechnet!!! - ja bereits getan.

Passend dazu empfehle ich diesen Vortrag von Martin Haase über den "sprachlichen Nebel in der Politik", der sich ziemlich ausführlich mit der Ausdrucksweise Guttenbergs beschäftigt. Es kommen aber auch viele andere Beispiele - u.a. Merkel und Westerwelle - vor. - Auch Linguistik kann zuweilen sehr unterhaltsam und aufklärend sein - ich verweise nur auf das "Guttenberg-Passiv"! :-)

Wagenknecht: "Begrenzt die private Wirtschaftsmacht!"

(...) Längst wird der Kurs Europas nicht mehr von gewählten Regierungen bestimmt, sondern von großen Wirtschaftsunternehmen, in erster Linie solchen der Finanzwirtschaft. Die Banker diktieren die politische Agenda und haben mittlerweile mit Griechenland und Italien in zwei europäischen Ländern sogar direkt die Regierungsgeschäfte übernommen. (...)

Am Ende trat ein, wovor der Ökonom Walter Eucken bereits vor über 50 Jahren gewarnt hatte: Private Wirtschaftsmacht, so Euckens These, lässt sich nicht kontrollieren. Entweder es gelingt, ihre Entstehung zu verhindern – oder sozialer Ausgleich, Freiheit und Demokratie sind nicht zu retten. (...)

Wirtschaftliche Ressourcen ins Belieben privater Eigentümer zu stellen, wurde seit Adam Smith damit gerechtfertigt, dass Markt und Wettbewerb mit unsichtbarer Hand die egoistischen Bestrebungen in eine dem Allgemeinwohl nützliche Richtung lenken. Wo das nicht funktioniert, verliert privates Wirtschaftseigentum seine Legitimität. Bei Banken und großen Konzernen funktioniert es erkennbar nicht mehr. Die Alternative ist nicht schlichte Verstaatlichung, sondern Gemeineigentum: Eigentum, das sicherstellt, dass das Wirtschaften nicht mehr der Maximalrendite, sondern dem Gemeinwohl verpflichtet ist.

(...) Wächst allerdings ein Unternehmen, geht sein Erfolg immer weniger allein auf den Ideengeber zurück. Spätestens im Erbfall sollten größere Unternehmen ins Eigentum der Mitarbeiter übergehen.

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Anmerkung: Wieder einmal bietet Wagenknecht einige überlegenswerte Thesen zur Überwindung des Kapitalismus an, die in ein Konzept für die nahe Zukunft einfließen könnten. Lediglich ihre seltsame Fixierung bzw. Beschränkung auf den Faktor der eigenen Arbeit irritiert ein wenig - schließlich wird es auch in Zukunft wohl nicht möglich sein, eine sinnvolle und auskömmliche Arbeit für alle Menschen zu finden.

Welche grotesken Auswüchse der Neoliberalismus mit seiner Fixierung auf die Arbeit angenommen hat, kann man beispielsweise in diesem Werbespot sehen - ich habe mich ausgeschüttet vor lauter Lachen und Prusten, als ich ihn kürzlich bei Freunden zufällig sah. Kurz vor einer Rezession stehend, in einer Zeit der Massenarbeitslosigkeit und ausufernden Niedrigstlöhnen schwadronieren diese zynischen Gesellen: "Freitags schon auf Montag freuen". Von solche Untertanen, die auch noch so tun als hätten sie Spaß bei der eigenen Ausbeutung, träumt die neoliberale Bande.

Abgesehen von diesem Manko ist es aber erneut erfrischend, den Gedanken Wagenknechts zu folgen.

Freitag, 30. Dezember 2011

Song des Tages: The Knife





(Genesis: "The Knife". Aus dem Album "Trespass", 1970)

(For those who trespass against us.)

Tell me my life is about to begin,
Tell me that I am a hero!
Promise me all of your violent dreams,
Light up your body with anger.
Now, in this ugly world,
It is time to destroy all this evil!
Now, when I give the word,
get ready to fight for your freedom - now!

Stand up and fight, for you know we are right,
We must strike at the lies
That have spread like disease through our minds.
Soon we'll have power, every soldier will rest
And we'll spread out our kindness
To all who our love now deserve.
Some of you are going to die -
Martyrs of course to the freedom that I shall provide.

I'll give you the names of those you must kill,
All must die with their children.
Carry their heads to the Palace of Old,
Hang them high, let the blood flow!
Now, in this hate-filled world,
break all the chains around us!
Now, the crusade has begun,
Give us a land fit for heroes - now!

Stand up and fight, for you know we are right,
We must strike at the lies
That have spread like disease through our minds.
Soon we'll have power, every soldier will rest
And we'll spread out our kindness
To all who our love now deserve.
Some of you are going to die -
Martyrs of course to the freedom that I shall provide.

We are only wanting freedom
We are only wanting freedom
We are only wanting freedom
We are only wanting freedom ("Freedom, freedom, freedom ...")
We are only wanting freedom ("Things are getting out of control here today")
We are only wanting freedom ("OK men - fire over their heads!")
We are only wanting freedom

--- WE HAVE WON ---

Some of you are going to die,
Martyrs of course to the freedom that I shall provide.

***


Anmerkung: Eigentlich spricht dieser alte Song aus den güldenen Genesis-Tagen ja für sich und bedarf keiner Erklärung. Um dennoch mögliche Missverständnisse zu vermeiden, möchte ich aber explizit darauf hinweisen, dass es sich hier um einen flammenden Aufruf zum Gewaltverzicht handelt. Es ist erschreckend, dass ich mich aufgefordert sehe, so etwas zu schreiben - aber so traurig und degeneriert ist unsere Welt heute eben.

Donnerstag, 29. Dezember 2011

Obdachlos in der Hochburg der Reichen

Maria und Josef im Ghetto des Geldes

Die wohlhabendsten Deutschen mit den teuersten Häusern leben im Taunus bei Frankfurt: Banker, Manager, Industrielle. Was passiert, wenn man sie um Hilfe bittet? Die Schauspielerin Viola Heeß und unser Redakteur Henning Sußebach haben sich – als obdachloses Paar verkleidet – kurz vor Weihnachten auf den Weg gemacht.

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Anmerkung: Diesen Bericht sollte man - auch wenn er recht lang ist - unbedingt lesen (hier gibt es ein Interview mit einem der Autoren dazu). Es wird hier sehr deutlich, wie die "Oberschicht" Deutschlands zum Thema Armut steht - und wie verlogen und dekadent diese ganze luxuriöse Existenz ist. Wenn man zudem noch bedenkt, dass die beiden Autoren sicherlich auf die gutbürgerliche Leserschaft der Zeit Rücksicht genommen haben (oder nehmen mussten), kann man erahnen, dass die widerlichsten Erlebnisse dieses Undercover-Versuchs in den Text gar nicht oder nur sehr abgeschwächt eingeflossen sind - einige Nebensätze lassen das durchaus erahnen.

Die elitären Damen und Herren präsentieren sich hier exakt so, wie man es auch von ihnen erwartet - asozial, menschenfeindlich und über alle Maßen heuchlerisch und arrogant. Ich kann es mir nicht verkneifen und zitiere einfach aus dem Schluss des Berichtes - für diejenigen, die sich von der Länge des Textes abschrecken lassen:

"Es gibt zahllose Charity-Zirkel in Kronberg, aufwendig inszeniert und dokumentiert. Im Internet finden sich Bilder von Vorstandschefs in karger Krankenhauskulisse und Managern mit dunkelhäutigen Babys auf dem Arm. Die Konkurrenz scheint so groß zu sein, dass man schon Mehrfachbetroffenen helfen muss, um überhaupt aufzufallen. Nur Kinder in Bangladesch reichen nicht, sie müssen auch noch blind sein. Indirekte Hilfe wird bevorzugt – also verbunden mit Festlichkeit und Spenden nach möglichst weit weg. Bangladesch, Sri Lanka, Peru. Wer sich in die Nähe wagt, würde sich statt Dankbarkeit womöglich eine Verteilungsdebatte einfangen. So aber bleibt’s bei einem schönen Foto mit Riesenscheck.(...)

Heute gibt es dieses gute Gefühl schon zum Eintrittspreis von 35 Euro.

Mit Sack und Pack treten wir ein. Im Foyer hilft ein Page den Gästen aus ihren Mänteln. Überall Kellner, mit jedem Schritt auf spiegelndem Marmor um Würde bemüht. In einer Vitrine ein Füller von Faber-Castell für 3200 Euro. Klingen von Gläsern. Freudiges Gemurmel. Viel Haut. Viel Anmut. Viel Schwarz. Viel Weiß. Und dazwischen plötzlich wir, die poor, direkt vorm Weihnachtsbaum. Gesichtsmuskeln, auf zig Empfängen auf Contenance trainiert, geraten außer Kontrolle. Getuschel. Gezischel. Endlich einmal trennt uns keine Tür, kein Zaun, keine Windschutzscheibe von den Studienobjekten! Wir suchen nach bekannten Gesichtern, nach den Koppers, Ackermanns und Blessings. Aber dazu bleibt keine Gelegenheit, nach dreißig Sekunden ist der Manager on Duty da, ein junger Mann mit alter Guttenberg-Frisur und tadellosen Türstehermanieren. Mit der Showtreppen-Eleganz eines Entertainers schiebt er uns durch ein schweigendes Spalier ins Freie.

'Das ist wirklich unpassend heute', sagt er mit hochgezogenen Augenbrauen. 'Wir haben hier nämlich eine Wohltätigkeitsveranstaltung.'

Draußen im Regen schauen wir uns um. Wie konnten wir das nur vergessen."

Die neoliberale Propaganda trägt Früchte

Österreichs Jugendliche halten Arme für faul, finden, dass es zu viele Migranten im Land gibt und glauben an das Leistungsprinzip. Das ergibt eine aktuelle Studie aus Wien, die im Land für Aufmerksamkeit sorgt.

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Anmerkung: Es kann einem Angst und Bange machen, wie die Meinungen und Weltbilder der Jugend (nicht nur in Österreich) konsequent vergiftet werden. Es lässt sich doch an einer Hand abzählen, wohin das führen wird. Ganz besonders erschreckend sind solche Festellungen wie diese: "Wer offen mit fremdenfeindlichen Parolen agiert, wird die Herzen der heute 16- bis 19-Jährigen vermutlich schnell auf seiner Seite haben." Allmählich kommt es mir so vor, als wollte die neoliberale Bande das Rad der Zeit mit Gewalt um 80 oder 90 Jahre zurückdrehen ...

Wie kann es außerdem sein, dass die Schulen hier offenbar total versagen? Ich habe gewiss keine "linke" Schule besucht - es war sogar eine ziemlich konservative -, aber dennoch habe ich dort halbwegs gelernt, mir eine eigene Meinung zu bilden und Propaganda als solche zu erkennen. Außerdem wurde der Faschismus ausgiebig behandelt und Fremdenfeindlichkeit war stets ein aktuelles Thema, das immer wieder besprochen wurde. Es ist mir unbegreiflich, wie sich faschistoide Tendenzen im Meinungsbild der heutigen Jugend wieder etablieren konnten - die Medien allein können ja nicht die Ursache sein.

Jedenfalls trägt die neoliberale Propaganda der vergangenen Jahrzehnte sehr füllige, wenn auch extrem faule Früchte. Die Entsolidarisierung der Menschen ist in vollem Gange, das Ziel der rücksichtslosen Gesellschaft der Egomanen rückt in greifbare Nähe. Angesichts einer solchen fehlgeleiteten, manipulierten Jugend steht mir der Angstschweiß kalt auf der Stirne.

Über 50.000 € für elf Tage als Senator

Der Senator für Justiz und Verbraucherschutz, Michael Braun [CDU], hat elf Tage nach seiner Vereidigung für das Amt den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) um seine Entlassung gebeten. Nach der Berliner Verfassung hätte es auch eine andere Möglichkeit gegeben: "Die Mitglieder des Senats können jederzeit von ihrem Amt zurücktreten", heißt es in Artikel 56, Absatz 3 der Verfassung. Zwischen Rücktritt und Entlassung gibt es jedoch einen kleinen, geldwerten Unterschied, der dem scheidenden Regierungsmitglied für sechs Monate ein Übergangsgeld garantiert.

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Anmerkung: Man muss nicht lange nach Belegen für den festgestellten verkommenen Affenstall suchen - der Blick in die nächstbeste Tageszeitung reicht aus. Bedenkt man noch die Hintergründe der Entlassung Brauns (siehe Kasten "Mehr zum Thema" im oben verlinkten Text), wird die ganze widerwärtige Habgier, Niedertracht und Charakterlosigkeit dieses Herrn aus der CDU offenbar.

"Es regieren uns die Ganoven." (Udo Lindenberg)

Song des Tages: In the Court of the Crimson King





(King Crimson: "In the Court of the Crimson King", aus dem gleichnamigen Album, 1969)

The rusted chains of prison moons
Are shattered by the sun.
I walk a road, horizons change,
The tournament’s begun.
The purple piper plays his tune,
The choir softly sing;
Three lullabies in an ancient tongue,
For the court of the crimson king

The keeper of the city keys
Put shutters on the dreams.
I wait outside the pilgrim’s door
With insufficient schemes.
The black queen chants "The funeral march",
The cracked brass bells will ring;
To summon back the fire witch
To the court of the crimson king

The gardener plants an evergreen
Whilst trampling on a flower.
I chase the wind of a prism ship
To taste the sweet and sour.
The pattern juggler lifts his hand,
The orchestra begin;
As slowly turns the grinding wheel,
In the court of the crimson king

On soft gray mornings widows cry,
The wise men share a joke;
I run to grasp divining signs
To satisfy the hoax.
The yellow jester does not play
But gently pulls the strings;
And smiles as the puppets dance
In the court of the crimson king.

(Peter Sinfield)

Montag, 26. Dezember 2011

Deutschland, der verkommene Affenstall - eine Weihnachtsbotschaft

(...) Aus einem Land mit einer beeindruckenden Kultur, mit einer wunderbaren Sprache, mit herrlichen Landschaften, mit einer unbeschreiblichen Vielfalt und mit tollen Menschen aus allen Regionen der Welt ist ein verkommener Affenstall geworden. Eine unwürdige Parodie auf einen gerechten, solidarischen, friedlichen und sozialen Staat, ein korruptes Konglomerat aus privaten Seilschaften, die aus niederen Beweggründen und unstillbarer Gier alles verraten, was gut, richtig und erstrebenswert ist.

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Anmerkung: Es passiert nicht oft - aber hier habe ich tatsächlich fast nichts weiter anzumerken und bitte darum, den Beitrag von Jacob Jung einfach zu lesen - gerne mehrfach. Ich glaube, man kann den aktuellen Zustand dieses verkommenen Staates mit wenigen Worten kaum treffender beschreiben.

Einziger Wermutstropfen: Die "tollen Menschen" in diesem Land sind offenbar zu einem nicht unerheblichen Teil propagandistisch bereits längst auf der geistigen und asozialen Ebene des Affenstalls angekommen - anders sind die katastrophalen "deutschen Zustände" ja kaum erklärbar. Wenn eine verkommene, gierige, korrupte, egoistische Bande das Sagen hat und sich verkommene, gierige, korrupte, egoistische Politmarionetten und Medien schafft, dauert es eben auch nicht ewig, bis zumindest ein gewisser Teil der Bevölkerung auch verkommen, gierig, korrupt und egoistisch agiert.

Die "Elite" schafft sich eine Bevölkerung nach ihren Maßstäben - oder anders gesagt: Affen reproduzieren Affen.

EU-Gipfel: Undemokratisch, unsozial, unwirksam

Weiter wie bisher, aber mit Karacho / Ein rigider Sparkurs: Darauf haben sich beim Gipfeltreffen der EU-Staats- und RegierungschefInnen Ende vergangener Woche fast alle EU-Länder verständigt. Ihr Konzept unterhöhlt die Demokratie, schützt private Vermögen – und löst kein einziges Problem. (...)

Denn die Krisenbekämpfung ist nicht nur unsozial und undemokratisch, sie ist obendrein unwirksam. Um das zu erkennen, reichen schon Grundkenntnisse in der volkswirtschaftlichen Saldenmechanik. Diese lehrt, dass in einem geschlossenen System nicht alle zugleich sparen können, dass die Überschüsse der einen die Defizite der anderen sind. Alle europäischen Länder können nur dann einen Haushalts- und Leistungsbilanzüberschuss erzielen, wenn ein neoliberales Wunder passierte oder realistisch unterstellt werden könnte, dass die USA und China oder Japan und andere Länder Defizite einfahren. Über diesen quacksalberischen Irrealismus lachen schon die Hühner.

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Anmerkung: Ein recht oberflächlicher Text aus der WOZ, der zudem die von der neoliberalen Bande angestrebten und beschlossenen "brutalen Kürzungen der Sozialausgaben", die letzten Endes ja alle Menschen eines Staates mit Ausnahme der Superreichen eklatant betreffen, viel zu nüchtern angeht - aber dennoch erfährt hier der normale Tagesschau- oder heute-Konsument gleichsam Revolutionäres - wenn auch eigentlich Banales.

Deutsche Zustände: "Die Gesellschaft ist vergiftet" (Update)

Als Bilanz der zehnjährigen Studie über "Deutsche Zustände" konstatiert der Sozialforscher Wilhelm Heitmeyer eine massive Zunahme von Fremdenfeindlichkeit und Rechtspopulismus (...)

Als Bilanz der Studie spricht das Institut von einem "entsicherten Jahrzehnt". Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, die sich durch Abwertung und Diskriminierung von Muslimen, Einwanderern oder Behinderten, aber auch von Arbeitslosen, Frauen oder Homosexuellen manifestiert, bereitet für die Sozialwissenschaftler den Boden für die Anwendung von Gewalt etwa durch Rechtsextremisten. Diese agieren nicht am Rande der Gesellschaft, sondern fühlen sich durch menschenfeindliche Einstellungen in der Bevölkerung legitimiert und befeuert.

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Anmerkung: Es überrascht nicht, dass immer mehr Menschen der rechten Propaganda erliegen, die sich seit Jahrzehnten Tag für Tag erneut aus politischen Kreisen und den Medien über das Land ergießt. Wenn alle Massenmedien immer wieder die gleichlautenden Botschaften vermitteln - wie etwa das Schüren der albernen Angst vor dem Islam oder die bewusste Falschdarstellung staatlich zwangsverarmter Menschen als "dumme, asoziale, faule Schmarotzer" -, verwundert es nicht, dass nun eine vergiftete Gesellschaft mit starken menschenfeindlichen Tendenzen festgestellt wird.

Was gerne übersehen wird: Dieses gesellschaftliche Gift ist ja nicht "versehentlich" oder aus "Unachtsamkeit" entstanden. Die herrschende "Elite" hat diese Samen ganz bewusst gestreut (und tut das weiterhin) - denn nichts wäre doch gefährlicher für sie und ihre Privilegien als eine umfassende Solidarität unter den Menschen im Lande. Wir werden auch in der Zukunft weiter beobachten müssen, wie die Vergiftung weiter vorangetrieben wird. Das geschieht bewusst und geplant.

Die "Elite" wird die schlimmen Studienergebnisse der "Deutschen Zustände" hinter verschlossenen Türen mit viel Champagner gefeiert haben - ein weiteres Etappenziel ist erreicht, frei nach dem Motto: "Die Deppen gehen wieder aufeinander los, anstatt unsere Paläste zu stürmen ...!" Derweil blubbern Medien und Politiker uns mit Betroffenheitsgefasel die Ohren voll und starten hochalberne, unwirksame Aktionismusprogramme gegen die NPD - während doch jeder weiß und sieht, was auch in der Studie herausgearbeitet wurde: Dass faschistisches Gedankengut nämlich gerade nicht vom rechten Rand der Gesellschaft stammt, sondern direkt in ihrer Mitte entstanden bzw. bewusst produziert worden ist. Figuren wie Sarrazin, Mißfelder, Biedenkopf, Clement und wie sie alle heißen sind ein illustrer, finsterer Spiegel dieser Entwicklung.

Siehe dazu auch: Sarrazin, die SPD und die Neue Rechte.

***


Ernüchterndes weihnachtliches Update 26.12.11: Subjektive Erfahrungsberichte sind natürlich nicht repräsentativ, können aber manchmal ein Indiz sein. Nach dem weihnachtlichen Fest im Kreis der lieben Familie - alles Akademiker in (noch) gutsituierten Verhältnissen inkl. Eigenheim, zwei PKWs pro Familie und diversen luxuriösen Privilegien - fällt mein Fazit einmal mehr ernüchtert aus.

Nachdem die Gespräche sich zunächst um den üblichen kapitalistischen Kram wie Konsum (neuste Computertechnik, neuste Elektronik etc.) und den eigenen Privatbesitz (welche wunderbare Heizung man sich im zurückliegenden Jahr für viele tausend Euro angeschafft habe etc.) gedreht hatte, kam man sodann auf die - paradoxer Weise sogar (an)erkannte - zunehmende Armut in Deutschland und auch auf "die Hartzer" zu sprechen. Während erstere vornehmlich in armen Rentnern gesehen wird, die gezwungen sind, sich durch "Flaschensammeln" und anderes ein paar Euro zur Mini-Rente hinzuzuverdienen, hieß es in Bezug auf "die Hartzer" fast schon verächtlich, dass dies doch diejenigen seien, die stets die neusten Handys, Flachbildfernseher und allerlei anderen technischen Kram besäßen. Während dieses Gespräches saß der privilegierte Nachwuchs im Übrigen stundenlang auf dem Sofa und beschäftigte sich mit gleich mehrfach verschenkten nagelneuen "IPods touch" (pro Stück ca. 200 bis 230 Euro). Das Groteske dieser Situation ist kaum in Worte zu fassen.

Meine heftige, fundierte Kritik an diesem dummen Klischee, das ja nun lediglich das Produkt einer gezielten Stimmungsmache und Propaganda gegen Arme, Verarmte und Ausgegrenzte ist, wurde nicht zur Kenntnis genommen und man winkte nur ab - u.a. mit den Worten: "Das sieht man doch überall!" Da nützten keine Fakten und keine Zahlen - schlussendlich wurde "den Hartzern" die Schuld am eigenen Los zugeschoben, bevor man sich wieder wichtigeren Dingen zuwandte, wie etwa dem im kommenden Jahr anstehenden Autokauf oder Fernurlaub in Südamerika. Zu guter Letzt wurde noch gegen "die Griechen", "die Italiener", "die Spanier" und "die Portugiesen" gehetzt, die allesamt geschlossen spätestens mit 55 in Rente gingen, Renten für Tote weiterbezahlten und überhaupt jahrelang "auf unsere Kosten" gelebt hätten. Es geschähe diesen Völkern nur recht, dass sie nun "endlich mal den Gürtel enger schnallen" müssen. Überhaupt sei "unser Export" das wichtigste in der deutschen Wirtschaft, in der im Übrigen ein enormer "Fachkräftemangel" herrsche. Widersprüche, die es hier zu jedem einzelnen Punkt gleich haufenweise gegeben hätte, wurden gar nicht erst zugelassen oder mit knappen Bemerkungen weggebügelt.

Ich muss dazu sagen, dass meines Wissens niemand aus der lieben Familie die BLÖD-"Zeitung" oder irgendein anderes Gossenblatt liest - man informiert sich größtenteils aus der Tagesschau oder aus der heute-Sendung bzw. den entsprechenden Journalen.

Ich war und bin fassungslos. Die "deutschen Zustände" scheinen exakt so dramatisch, so fehlgeleitet, manipuliert und menschenfeindlich zu sein, wie Prof. Heitmeyer und andere das postuliert haben - und schon die öffentlich-rechtlichen Medien allein mit ihrer Dauerpropaganda können offensichtlich eine solche grotesk verzerrte Wahrnehmung der Realität produzieren. - Im gesamten Gespräch wurden die Superreichen und ihre obszönen, anwachsenden Extremvermögen sowie ihre zunehmenden Freiheiten und Privilegien nicht ein einziges Mal erwähnt.

Das war Weihnachten 2011 in der "verrohenden Mittelschicht" aus der deutschen Provinz - und ich bin heilfroh, dass ich die Themen "Islam" und "Migranten" gar nicht mehr in den Raum gestellt habe.