Samstag, 31. Dezember 2011

Guttenberg, der nützliche Idiot der Herrschaftselite

(...) Auftritt niemand Geringeres als der Chef der Zeit, Giovanni di Lorenzo. Zu gerne hätte er ehemals, so wie sein Kollege Kai Diekmann von [der BLÖD-"Zeitung"], den Lügenbaron als Kanzlerkandidaten gesehen. Und nun darf jemand, der kaum etwas anderes vorzuweisen hat als ein mittelmäßiges erstes Juraexamen, ansonsten vor allem Adel, Geld und Unverfrorenheit, ein Nobody also jenseits des Showgeschäfts, so jemand darf, ja soll uns auf zig Seiten das Weltgeschehen kommentieren, mit Vorabdruck in der Zeit und als Buch im katholisch-konservativen Herder-Verlag. "Ein Buch," – so die Vorankündigung des Verlages – "das die Person Guttenberg beleuchtet, neue Einsichten in seinen Fall bietet und gleichzeitig Ausblick auf das gibt, was eines der größten politischen Talente gegenwärtig und in Zukunft bewegt." "Vorerst gescheitert" ist der Titel des Buches und zugleich das Programm.

Und wieder stellt sich die Frage nach der Täuschungsabsicht. Freiherr von und zu Guttenberg – eines "der größten politischen Talente"! Warum auch nicht. Gelingt der Coup und er kehrt ins politische Geschäft zurück, ist niemand getäuscht worden. Guttenberg mag verwirrt sein, mit der Wahrheit stets auf Kriegsfuß stehen, weder Sorgfalt noch Überblick haben – als Parvenü des Verblendungszusammenhangs und als nützlicher Idiot der Herrschaftselite taugt er prächtig und ist unersetzlich. Klar liegt das vor aller Augen – Täuschung ausgeschlossen. Guttenbergs einzige Realität ist diejenige des Spektakels, das als solches nicht mehr hinterfragt werden soll und in der Breite wohl auch nicht hinterfragt werden kann. Dafür sorgen unisono [BLÖD], Zeit und was sonst noch so unsere Illusionswelt bedient. Mit Guttenbergs Abgang verlor die Klasse der kapitalistischen Magier einen ihrer wichtigsten Illusionisten. Das wird jetzt rückgängig gemacht.

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Anmerkung: In diesem Text werden wunderbar tiefsinnig und pointiert Guttenberg und Berlusconi miteinander verglichen - eine journalistische Perle inmitten der trostlosen Wüstenei der sonstigen Hofberichtserstattung. Im Fazit stimme ich dem Autor zu: Guttenberg wird alles daransetzen, sein Comeback auf der politischen Bühne in Deutschland feiern zu können, und er hat zahlreiche willige Helfershelfer in der Politik und den Medien. Die ersten Schritte hat er mit diesem unsäglichen Interview-Buch und seinem neuen Job als "EU-Internet-Kommissar" - ausgerechnet!!! - ja bereits getan.

Passend dazu empfehle ich diesen Vortrag von Martin Haase über den "sprachlichen Nebel in der Politik", der sich ziemlich ausführlich mit der Ausdrucksweise Guttenbergs beschäftigt. Es kommen aber auch viele andere Beispiele - u.a. Merkel und Westerwelle - vor. - Auch Linguistik kann zuweilen sehr unterhaltsam und aufklärend sein - ich verweise nur auf das "Guttenberg-Passiv"! :-)

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