Samstag, 8. Januar 2011

Menschenwürde nach Haushaltslage - Europa am Abgrund

Seit 1. Januar diesen Jahres ist es so: Jenes Gesetz, das die Leistungen für Hartz IV-Empfänger empfindlich schmälert, ist in Kraft. So fallen jetzt für Langzeitarbeitslose sowohl das Elterngeld als auch der sogenannte "befristete Zuschlag" weg, der für zwei Jahre den Fall hinab auf Sozialhilfeniveau abgefedert hatte. In Kombination bedeutet dies über 400 Euro weniger. Auch die Beiträge für die Rentenversicherung sind gestrichen. Noch immer in der Schwebe bleiben dagegen die Erhöhung der Regelsätze um fünf Euro und die Unterstützung für Kinder im kulturellen Bereich, das sogenannte Bildungspaket. (...)

Als Hartz IV eingeführt wurde, hatte man inhaltlich oft nichts anderes getan, als Vorlagen aus den angelsächsischen Ländern zu kopieren. (...) / So verkündet in London derzeit Ian Duncan Smith, Arbeitsminister der konservativ-liberalen Regierungskoalition, im Rahmen eines rigiden Sechs-Milliarden-Pfund-Einsparkurses die "schwerwiegendsten Einschnitte" in das soziale Netz, die je von einer britischen Regierung verkündet wurden, so die britische Tageszeitung The Guardian. Die neue Sozialpolitik beruht auf Vorschlägen eines von Smith um 2004 gegründeten Think Thanks mit dem Orwellschen Namen "Zentrum für soziale Gerechtigkeit". (...)

Der Blick hinüber nach Großbritannien offenbart so die Möglichkeiten, wie der Sozialstaat weiter zu einem auf Zwang und Bestrafung basierenden System der Verwaltung von Arbeitslosigkeit verändert werden kann und wie die Grundsicherung von Millionen Menschen politischem Kalkül unterliegt.

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Anmerkung: Überall in Europa treffen wir auf dieselben Entwicklungen, dieselben Bilder, dieselben Programme - einer kleinen Gruppe von unermesslich reichen und exorbitant immer reicher werdenden Menschen steht eine immer größer werdende Masse von Menschen gegenüber, die nichts besitzen und immer stärkeren, rigideren staatlichen Kürzungs-, Verarmungs- und Drangsalierungsprogrammen ausgesetzt werden. Der Kapitalismus zeigt wieder einmal sein wahres Gesicht - und diese hässliche Fratze lehrt Millionen von Menschen das Fürchten.

Und was tun unsere Medien? Anstatt auf diese europaweiten und auch globalen Zusammenhänge und Parallelen hinzuweisen, wird hierzulande lediglich über ein "Tauziehen" bezüglich der grotesken "Erhöhung" der Regelsätze um fünf Euro berichtet - während die bereits seit dem 1. Januar eingeführten und gültigen Kürzungen in all diesen Berichten nicht vorkommen. Dabei haben es diese Kürzungen in sich: Allein in Deutschland ist es durch die komplette Streichung (!!) jedweder Rentenbeiträge für Hartz-Opfer an zehn Fingern abzählbar, welche massenhafte Altersarmut daraus erwachsen wird - um nur ein Beispiel von vielen zu nennen.

Mit Menschenwürde hat die neoliberale Bande nichts am Hut. Würdig ist in ihren Augen nur der, der viel Geld hat - fast egal auf welche Weise es in seinen Besitz gekommen ist. Und dessen "Besitz" muss um jeden Preis geschützt und vermehrt werden - auch wenn das (logischer Weise) bedeutet, die große Mehrheit der Menschen im Elend versinken zu lassen. Sie beweisen es seit vielen, vielen Jahrzehnten immer wieder, in unzähligen Ländern und Regionen dieser Welt, und hierzulande glaubt anscheinend immer noch eine gewisse Anzahl von Bürgern daran, dass sie es hier nicht tut - trotz hundertfacher entgegengesetzter Hinweise und augenöffnender Taten. Es ist unfassbar.

Genau wie in Deutschland spucken die neoliberalen Regierungsmarionetten überall ihren Bevölkerungen ins Gesicht und mästen parallel die Reichen. Allein hier im Blog, der keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, waren in den letzten Wochen Berichte aus Großbritannien, Spanien, Dänemark, Ungarn, Italien, Irland, Portugal, Griechenland, Island, den Niederlanden und natürlich den USA ein Thema ... fällt da niemandem etwas auf? Wie kann es sein, dass in Großbritannien ein "Think Tank" mit dem Namen "Zentrum für soziale Gerechtigkeit" den größten sozialen Kahlschlag der britischen Geschichte vorbereitet - und in Deutschland ein Bertelsmann-"Think Tank" namens "Centrum für Hochschulentwicklung" Studiengebühren plant und einführt und Universitäten in "Unternehmen" verwandelt? Ja, haben wir denn alle den Verstand verloren, dass wir uns angesichts solcher Absurditäten nicht permanent die Haare raufen und schreiend auf die Straße laufen?

Menschenwürde - von diesem Begriff müssen wir uns allmählich verabschieden. Er wird uns in Zukunft nur noch in der Orwell'schen Neusprech-Definition begegnen, die da lautet: "Wenn ihr Geld habt, habt ihr Menschenwürde. Wenn ihr keines habt, schert euch zum Teufel oder bleibt wahlweise dort, wo der Pfeffer wächst - es sei denn, ihr verzichtet auf den albernen Schnickschnack und nehmt euer Sklavenleben an." - So sprach die neoliberale Bande - und es ward Geld.

Das vergangene Jahrzehnt: Ein Rückblick

(...) Dabei hatte alles so vielversprechend angefangen! Wir glaubten die Vorwehen einer globalen Revolte, eines neues "1968", zu spüren. In Mexiko marschierten die Zapatisten auf die Hauptstadt, in Porto Alegre fand das erste Weltsozialforum statt, in Italien wurden die Cobas-Basisgewerkschaften stärker, und auf den Barrikaden von Prag, Göteborg und Genua kam ein europäischer Black Block zusammen. (...) Tatsächlich wurde in den besten Momenten des "Summer of Resistance" 2001 nicht mehr der Neoliberalismus, sondern der Kapitalismus kritisiert. Mit den Todesschüssen und der Polizeifolter in Genua geriet die Bewegung in einen kurzen Schockzustand. Klar war, dass das so nicht mehr weiter gehen konnte.

Dann kam der 11. September 2001. Mit ihren Terroranschlägen lieferten die Jihadisten ungefragt einen ganz eigenen Beitrag zur Antiglobalisierungsbewegung und beförderten sie vom Schock ins Koma. Die Restbestände der radikalen Linken spalteten sich mal wieder. Da waren zum einen die Prediger eines platten Antiimperialismus, die die Anschläge klammheimlich als unschöne Rache der Ausgebeuteten und Unterdrückten beklatschten. Auf der anderen Seite stritt man plötzlich getreu dem Motto des westlichen Gotteskriegers Bush ("You are with us, or you are with the terrorists") für freedom and democracy. Für die bombenfreundliche "Fanta statt Fatwa"-Fraktion war nicht mehr "Sozialismus oder Barbarei", sondern "Kapitalismus oder Barbarei" das Schlagwort der Stunde.

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Anmerkung: Ja ja, es ist schon seltsam, wie gelegen der 11. September 2001 der "Elite" doch gekommen ist. Es ist doch immer wieder frappierend, dass solche markanten historischen Ereignisse so oft genau zu den Zeitpunkten stattgefunden haben, an denen die neoliberale Bande den größtmöglichen Nutzen daraus ziehen konnte.

Davon abgesehen sei das Fazit des Autors hier wiederholt: "Die nuller Jahre waren finster, die Jahre, die ihnen folgen, werden nicht besser sein." Ich fürchte, diese Aussicht ist leider durchaus zutreffend.

Donnerstag, 6. Januar 2011

Zitat des Tages: Revolution

Es ist gut, dass die Menschen des Landes unser Banken- und Geldsystem nicht verstehen, denn sonst, so glaube ich, hätten wir noch vor morgen früh eine Revolution.

(dem Antisemiten und Nazi-Sympathisanten Henry Ford [1863-1947] zugeschrieben)

Das Füllhorn der Banken: Wie Geld entsteht

(...) Bei Vorträgen frage ich manchmal ins Publikum: "Wer weiß eigentlich, wie Geld gemacht wird?" Als Antwort kommen dann häufig Sätze wie "es wird gedruckt" oder "die Zentralbank macht es." Aber wie es tatsächlich auf die Welt kommt, können sich die wenigsten vorstellen. Also bringen wir es hier auf den Punkt: Geld wird in der Regel nur aus einem erschaffen, und zwar aus Kredit - und das nicht nur von der Zentralbank. ALLE Banken machen Geld.

Nehmen wir zum Beispiel an, Sie gehen zur Bank Ihres Vertrauens und leihen sich dort 10.000 Euro. Dann entstehen 10.000 Euro, die es vorher noch nicht gegeben hat. Die Bank produziert das Geld extra für Sie, und zwar im Handumdrehen per Knopfdruck - aus dem Nichts! Sie glauben das nicht? Sie meinen, die Bank könne Ihnen doch nur etwas "leihen", das sie schon "besitzt", das es also schon gibt? Weit gefehlt. Banken verleihen Geld, das es noch nicht gibt. Sie erschaffen es erst, und zwar genau mit dem Akt der Kreditvergabe. Geld kommt also quasi aus dem Nichts.

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Anmerkung: Dieser Text sei allen dringend zur Lektüre empfohlen, die noch nicht so genau wissen, was es mit dem Geldsystem auf sich hat. Gerade zu diesem Thema gibt es leider auch viele irreführende Texte im Netz, wie beispielsweise diesen hier aus der FAZ. Dort behauptet der Autor allen Ernstes:

"Wiederum anders als vermutet, wird durch die Geldschöpfung niemand reicher: Der Bankkunde, der den Kredit aufgenommen hat, hat nun zwar 100.000 Euro auf seinem Konto, über die er verfügen kann; doch hat er auch 100.000 Euro Schulden, die er, samt Zinsen, zurückzahlen muss. Entsprechend hat die Bank nun zwar auf der Aktivseite ihrer Bilanz eine Kreditforderung gegen den Kunden, doch steht dem auf der Passivseite die Einlage des Kunden von 100.000 Euro als Verbindlichkeit gegenüber."

Diese krude Argumentation macht deutlich, dass die Bevölkerung bewusst in die Irre geführt wird, was die Geldschöpfung betrifft. Das genannte Beispiel, in dem es um den Erwerb eines Eigenheimes geht, zeigt ja unmissverständlich, wer an diesem Prozess der Gelderschaffung aus dem Nichts verdient: Der Kreditnehmer ist es nicht, denn er muss für das zuvor nicht existente Geld arbeiten und es samt Zinsen "zurückzahlen". Dafür erhält er ein Eigenheim. Der Verkäufer des Eigenheimes ist es auch nicht, denn er bekommt zwar die 100.000 Euro, hat dafür aber kein Haus mehr. Einzig die Bank gewinnt, und das maßlos: Denn obwohl sie die in Rede stehenden 100.000 Euro vorher gar nicht hatte, erhält sie dieses Geld durch die Tilgung des Kredites, und die Zinsen noch obendrauf. Die Bank ist nach dem Ende dieses Prozesses also um 100.000 Euro plus Zinsen reicher als sie es vorher war. Sie setzt NICHTS ein und wird dafür reichlich entlohnt.

Das ist in der Tat dem mythischen Füllhorn vergleichbar, das sich immer wieder über Nacht mit Geld füllt. Und so erklären sich auch die astronomischen Summen, um die es mittlerweile im Finanzsystem geht - die Geldmenge, die aus dem Nichts erschaffen wird, steigt immer weiter an und konzentriert sich einzig auf der Bankseite. Deshalb reden wir heute von Milliarden und Billionen im Finanzsystem, während es vor 20, 30 Jahren noch um Millionen ging.

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass die Medien über diese Sachverhalte nicht oder nur falsch informieren. Die Geld-"Elite" hat kein Interesse daran, dass ihr Füllhorn in Frage gestellt wird - obwohl das System über kurz oder lang zum Kollaps führen muss - Grundkenntnisse in Mathematik reichen aus, um sich das auszurechnen. Wahrscheinlich setzen diese Leute ihre Hoffnungen darauf, dass sie bis dahin genügend Sachwerte (Immobilien, Land, Industriebetriebe, Gold, Schmuck, nicht zuletzt Patente auf alles mögliche etc.) angehäuft haben, damit sie auch nach dem Zusammenbruch des Geldsystems wieder zur "Elite" gehören - was ja in der Vergangenheit auch prima geklappt hat. Auch nach dem Zusammenbruch 1945 waren es dieselben Leute, die wieder Drahtzieher waren.

Das war schon öfter Thema in diesem Blog, und es bleibt dabei: Ohne eine grundlegende Neuausrichtung des Geldsystems ist alles andere nur Makulatur. Es ist sinnlos, zum Beispiel über alternative Wirtschafts- und Gesellschaftsformen (die freilich auch dringend notwendig sind) nachzudenken, wenn nicht zeitgleich den Banken und damit der selbsternannten "Elite" ihr Füllhorn genommen wird. Sonst bleibt die Menschheit im ewigen Kreislauf von Wachstumszwang und logischem Zusammenbruch gefangen, bis die Erde zerstört ist oder sich eine dauerhafte Orwell'sche Alptraum-Diktatur durchgesetzt hat.

Ich hoffe auf einen mannigfaltigen Erkenntnisgewinn beim Lesen des oben verlinkten Textes.

Was uns erspart geblieben ist: Bundespräsident Gauck

Der frühere Präsidentschaftskandidat Joachim Gauck hat dem Autor des umstrittenen Buches "Deutschland schafft sich ab", Thilo Sarrazin, attestiert, "Mut bewiesen" zu haben. Die politische Klasse könne aus dem Erfolg von Sarrazins Buch lernen. (...)

[Sarrazin] "hat über ein Problem, das in der Gesellschaft besteht, offener gesprochen als die Politik." Die politische Klasse könne aus dem Erfolg von Sarrazins Buch lernen, dass "ihre Sprache der politischen Korrektheit bei den Menschen das Gefühl weckt, dass die wirklichen Probleme verschleiert werden sollen".

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Anmerkung: Anders ausgedrückt: Gauck findet, dass es endlich mal laut gesagt werden musste, was sowieso alle dachten - und dass es zukünftig auch so bleiben sollte, dass Lügen, Rassenwahn und generell rechte populistische Hetze massenhaft in die Politik Einzug halten. Manchmal fasst man es einfach nicht, was solche Menschen zuweilen absondern.

Der jetzige Bundespräsident ist nicht nur aufgrund seiner fundamental-christlichen Ambitionen ein wirklicher Graus - aber Gauck hätte ihn hinsichtlich des Grausen-Faktors tatsächlich noch um Längen geschlagen.

In einem Punkt hat Gauck ja recht: Die wirklichen Probleme dieses Landes und dieser Welt werden von der Politik selbstverständlich verschleiert (zum größten Teil sind sie ja von eben dieser Politik erst verursacht worden) - das ist keine großartige Erkenntnis. Es ist allerdings geradezu kafkaesk, ausgerechnet Sarrazin als leuchtendes Gegenbeispiel zu nennen, der ja genau dasselbe tut, indem auch er die wirklichen Probleme verschleiert bzw. gar nicht erst zur Kenntnis nimmt und statt dessen irgendwelche kruden Lügen über ethnische Minderheiten und bewusst Verarmte verbreitet. Man kann sich angesichts solcher Äußerungen gar nicht oft genug an den Kopf greifen. Und diese Figur wäre tätsächlich um ein Haar Bundespräsident geworden ...

Obwohl ...: Wenn man sich die Riege der Granden in Berlin so anschaut, kann man schon zu dem Schluss kommen, dass eine Leuchte wie Gauck da ganz gut hineingepasst hätte. Einer kompetenter und intelligenter als die andere - Hauptsache, der Schlips sitzt und der Rubel rollt in die richtigen Taschen.

Sarrazin "hat Mut bewiesen" - das schlägt dem morschen Fass den Boden aus.

Dienstag, 4. Januar 2011

Wikileaks und die Studiengebühren

Ein geleaktes Schreiben des bayerischen Staatsministers für Wissenschaft, Forschung und Kunst bringt uns zielsicher auf die Idee, dass Studiengebühren gar nichts mit der Verbesserung der Lehre zu tun haben (...)

Um das Dokument in kurzen Worten zusammenzufassen: Die bayerischen Universitäten sitzen auf einem Studiengebührenberg von weit über 100 Millionen Euro, während Studierende in Bayern weiterhin mit je 500 halbjährlichen Euro für ihre Lernwilligkeit bestraft werden. Der Geldspeicher soll nun zügig geleert werden, etwa durch engagiertes Budget-Abfackeln, bevor jemand den Missstand bemerkt.

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Anmerkung: Auch wenn dieses peinliche FDP-Schreiben nicht auf Wikileaks, sondern auf BayernLeaks veröffentlicht wurde, ist der Zusammenhang klar. Wie im Artikel auch angedeutet, sind durch die Hetzjagd auf Julian Assange und die jüngsten Veröffentlichungen auf Wikileaks eine Vielzahl weiterer Plattformen entstanden, die eine ähnliche, wichtige Arbeit leisten.

Zum Thema an sich kann man nur festhalten, dass eine solche Absurdität wie diese aus Bayern kaum überraschen kann. Wer hat denn auch ernsthaft geglaubt, dass Studiengebühren zur "Verbesserung der Lehre" beitragen könnten - in einem System, das Hochschulen zu "Unternehmen" macht? Das ist lächerlich. Ein Unternehmen in diesem kapitalistischen System ist darauf bedacht, möglichst viel Profit zu machen, während die Produkte oder Dienstleistungen sowie die "Arbeitskosten" möglichst geringwertig und billig sein müssen, ohne dass die Kunden das sofort bemerken. In einem solchen System ist es eine logische Folge, dass Studiengebühren (also letztlich "Nutzungsgebühren der Kunden") gehortet werden, um den Profit zu maximieren. Wenn man dann plötzlich bemerkt, dass das bloß nicht öffentlich werden und man das Geld deshalb schnell noch ausgeben sollte (egal wofür), zeigt nur, wie hanebüchen dieses System ist. Gäbe es diesen Veröffentlichungszwang nicht, würden die Gelder selbstverständlich im System versickern - natürlich ohne zur "Verbesserung der Lehre" beizutragen.

Die "unternehmerische Hochschule" ist ein dermaßen groteskes Konzept - es ist schlicht unfassbar, dass es dennoch eingeführt worden ist und dass die neoliberale Bande auch jetzt weiterhin stur daran festhält. Diese Posse aus Bayern, die sicher auch in anderen Bundesländern ihre Entsprechung hat, ist da nur ein weiteres Mosaiksteinchen. Und selbstverständlich ist auch diesmal wieder die FDP an vorderster Front involviert - wie sollte es auch anders sein.

Besonders freuen dürften sich jene Studenten in Bayern, die ihre 500 Euro alle sechs Monate mühsam zusammenkratzen und dafür auf vieles andere verzichten müssen. Hoffentlich hat das spürbare Auswirkungen auf die kommenden Proteste.

Montag, 3. Januar 2011

Zitat des Tages: Lebensgruß

Es ist uns dieses Leben,
Das zeitlich wir bewohnen,
Zu Lehen nur gegeben
Von ewigen Dämonen.

Was unsere Augen sammeln,
Bedrängen Schattenknechte,
Was unsere Lippen stammeln,
Bewachsen Moos und Flechte.

Die Worte sind nur Zeichen,
Doch werden sie zu Waffen.
Und wenn wir Göttern gleichen,
Ist eine Welt erschaffen.

(Hermann Kasack [1896-1966]: Das ewige Dasein. Berlin 1943)

Die Caritas-Legende

Formal sieht es so aus, dass die Kirchen und ihre beiden Wohlfahrtsverbände die größten nichtstaatlichen Träger im Bereich des Gesundheits- und Sozialsystems in Deutschland sind. So wurden zum Beispiel im Jahr 2009 zwei Drittel der 50.000 Kindertageseinrichtungen von freien Trägern betrieben. Mehr als die Hälfte dieser Kitas wiederum befinden sich in der Trägerschaft der Kirchen; aufs Gesamte gerechnet befinden sich also 36 Prozent der Kinder in konfessioneller Obhut. Dies aber ist nur ein Beispiel für eine Legende, die "Caritas-Legende". Wenn an einem Kindergarten steht: "Kindertagesstätte der Kirchengemeinde St. Hedwig", so heißt das eben nicht, dass die Kirchengemeinde diese Kita auch finanziert.

Für konfessionelle Kindertagesstätten gaben der Staat und damit alle Steuerzahler 2009 insgesamt 3,9 Milliarden Euro aus. Die Finanzierungsregeln sind Sache der Länder, die sie unterschiedlich handhaben. In Hamburg oder Bayern werden christliche Kitas ohne Geld der Kirchen betrieben, in Nordrhein-Westfalen steuern sie zwölf Prozent zu den Etats "ihrer" Kitas bei. Mehr ist es nicht. Aber die Kirchen werden nicht müde zu beteuern, dass sie die Kirchensteuer für die kirchlichen Krankenhäuser, Kindertagesstätten und weitere soziale Einrichtungen brauchen. Das glauben dann auch die wohlmeinenden Christen.

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Anmerkung: Diese Praktiken sollten inzwischen eigentlich hinlänglich bekannt sein - aber ich stelle erstaunlicher Weise doch immer wieder fest, dass viele Menschen ungläubig mit dem Kopf schütteln, wenn sie davon erfahren. Es ist gerade vor diesem Hintergrund grotesk, wenn beispielsweise Mitarbeitern gekündigt wird oder sie erst gar nicht eingestellt werden, wenn sie in "wilder Ehe" leben oder andere schwachsinnigen Vorgaben der Kirchen nicht erfüllen.

Ohne die Kirchen und ihre Wohlfahrtsverbände pauschal verurteilen zu wollen - gerade jene Verbände tun sicherlich auch manch Sinnvolles -, so muss diese Verfilzung von Staat und Kirchen doch endlich gestoppt werden. Es kann nicht sein, dass auch die Menschen, die mit diesen Kirchen nichts am Hut haben, massenhaft dafür zahlen müssen, ohne dass sie das verhindern oder beeinflussen können.

Außerdem ist es ein Skandal, dass kirchliche Wohlfahrtsverbände wie die Caritas auch in die Sklavenarbeit involviert sind oder waren. Dazu ein Auszug aus einem Leserbrief aus dem Jahr 2005: "In der Region Köln-Bonn expandiert aktuell die Caritas. Die Caritas leitet hier ein Unternehmen mit dem klangvollen Namen 'die Arche'. Die Arche beschäftigt ausschließlich 'Ein-Euro-Kräfte' auf der operativen Ebene. Die Arche ist ein Umzugsunternehmen, das Menschen, die in die Abhängigkeit von Hartz IV geraten sind, gnadenlos ausbeutet und für einen Euro Stundenlohn Waschmaschinen tragen lässt. Nach Aussage Betroffener werden in der Region zwei weitere Filialen eröffnet, da das Konzept so 'erfolgreich' ist. Ich bin darüber informiert, dass ein Manager für seinen Umzug aus einer Bonner Luxuswohnung mit einer Wohnfläche von 180 m2 in einen anderen Bonner Stadtteil ein Angebot der Arche erhalten hat, das ihm für den kompletten Umzug Euro 1.000,-- als Festpreis nennt (üblich wären Euro 2.000 oder mehr)." (Quelle) - Das ist nur ein Beispiel von sehr vielen.

Wer Wohlfahrt so versteht, sollte vielleicht besser zur AG umfirmieren und an die Börse gehen, um richtig abzuzocken.

Dänemark: Ausländische Obdachlose dürfen erfrieren

Weil das Land nicht zur "Wärmestube der ganzen Welt" werden will, gibt es eben für ausländische Obdachlose keine Aufnahme in den Notunterkünften. (...)

"Dänisch?", das ist die erste Frage, die einem Obdachlosen gestellt wird, wenn er in Kopenhagen in einer der 17 Herbergen Schutz vor der klirrenden Kälte suchen will. Nein? Dann bleibt die Tür zu. Das ist Gesetz. 2007 hat die ob ihrer restriktiven Ausländerpolitik europaweit berüchtigte dänische Regierung das Sozialgesetz geändert. Seither wird Obdachlosenunterkünften, die AusländerInnen aufnehmen, die öffentliche Unterstützung gestrichen. Die Aussicht auf ein Bett oder eine warme Suppe könne ansonsten "Dänemark zur Wärmestube der ganzen Welt machen", begründete die damalige Sozialministerin Karen Jespersen das Gesetz.

11 ausländische Obdachlose sind im vergangenen Winter in Kopenhagen erfroren.

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Anmerkung: Natürlich, Frau "Sozialministerin", Obdachlose aus aller Welt würden jederzeit für ein Bett in einer Notunterkunft und ein warmes Süppchen im Winter durch die ganze Welt reisen - vermutlich in ihren Luxus-PKWs oder Privat-Jets -, um in Dänemark schamlos die Sozialkassen zu plündern und unter den Palmen zu liegen. - Es tut mir leid, aber viel mehr als Zynismus fällt mir zu einer solchen Meldung nicht ein ... das Kafkaeske daran springt einem beim Lesen doch förmlich wie eine Tarantel ins Gesicht.

Ausgerechnet Dänemark - ein Land, das mal ein Vorzeigestaat in Sachen Wohlfahrt gewesen ist. Welch eine erbärmliche, grauenvolle Entwicklung. Die neoliberale Bande nimmt die ganze Welt auseinander.

Und wieder blicken wir in die hässliche Fratze des Faschismus.

Verfassungsrichter will Bundeswehr auch im Inneren

Der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof, hat sich dafür ausgesprochen, die Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr im Inland zu erweitern. Dem Hamburger Abendblatt sagte Kirchhof, die Streitkräfte könnten bestimmte polizeiliche Aufgaben übernehmen, etwa den Schutz gefährdeter Objekte. Um effizienter auf neue Bedrohungslagen reagieren zu können, sollte über eine Grundgesetzänderung nachgedacht werden, regte der Richter an. - Nach der Verfassung darf die Bundeswehr im Inneren nur zu Nothilfe bei Katastrophen eingesetzt werden.

(Quelle)

Anmerkung: Es ist nicht weiter verwunderlich, dass unser Grundgesetz in weiten Teilen keine Gültigkeit mehr besitzt, wenn wir solche Leute als "Verfassungsrichter" haben. Erst schafft die neoliberale Bande die Wehrpflicht ab, dann will sie die Bundeswehr beispielsweise zum "Schutz gefährdeter Objekte" im Inneren einsetzen ... Da sind vermutlich unter Anderem solche Objekte wie die Großbaustelle in Stuttgart gemeint, oder? - Die Bezeichnung der Armee als "Bundeswehr" ist ja schon jetzt grotesk - unter dieser Prämisse aber wäre sie nur noch mittels Orwell'schem "Neusprech" zu erklären.

Gibt's von diesen Kirchhofs eigentlich noch weitere? Der Bruder Paul hat uns ja auch schon das eine oder andere Pralinchen hinterlassen ...