Samstag, 8. Januar 2011

Menschenwürde nach Haushaltslage - Europa am Abgrund

Seit 1. Januar diesen Jahres ist es so: Jenes Gesetz, das die Leistungen für Hartz IV-Empfänger empfindlich schmälert, ist in Kraft. So fallen jetzt für Langzeitarbeitslose sowohl das Elterngeld als auch der sogenannte "befristete Zuschlag" weg, der für zwei Jahre den Fall hinab auf Sozialhilfeniveau abgefedert hatte. In Kombination bedeutet dies über 400 Euro weniger. Auch die Beiträge für die Rentenversicherung sind gestrichen. Noch immer in der Schwebe bleiben dagegen die Erhöhung der Regelsätze um fünf Euro und die Unterstützung für Kinder im kulturellen Bereich, das sogenannte Bildungspaket. (...)

Als Hartz IV eingeführt wurde, hatte man inhaltlich oft nichts anderes getan, als Vorlagen aus den angelsächsischen Ländern zu kopieren. (...) / So verkündet in London derzeit Ian Duncan Smith, Arbeitsminister der konservativ-liberalen Regierungskoalition, im Rahmen eines rigiden Sechs-Milliarden-Pfund-Einsparkurses die "schwerwiegendsten Einschnitte" in das soziale Netz, die je von einer britischen Regierung verkündet wurden, so die britische Tageszeitung The Guardian. Die neue Sozialpolitik beruht auf Vorschlägen eines von Smith um 2004 gegründeten Think Thanks mit dem Orwellschen Namen "Zentrum für soziale Gerechtigkeit". (...)

Der Blick hinüber nach Großbritannien offenbart so die Möglichkeiten, wie der Sozialstaat weiter zu einem auf Zwang und Bestrafung basierenden System der Verwaltung von Arbeitslosigkeit verändert werden kann und wie die Grundsicherung von Millionen Menschen politischem Kalkül unterliegt.

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Anmerkung: Überall in Europa treffen wir auf dieselben Entwicklungen, dieselben Bilder, dieselben Programme - einer kleinen Gruppe von unermesslich reichen und exorbitant immer reicher werdenden Menschen steht eine immer größer werdende Masse von Menschen gegenüber, die nichts besitzen und immer stärkeren, rigideren staatlichen Kürzungs-, Verarmungs- und Drangsalierungsprogrammen ausgesetzt werden. Der Kapitalismus zeigt wieder einmal sein wahres Gesicht - und diese hässliche Fratze lehrt Millionen von Menschen das Fürchten.

Und was tun unsere Medien? Anstatt auf diese europaweiten und auch globalen Zusammenhänge und Parallelen hinzuweisen, wird hierzulande lediglich über ein "Tauziehen" bezüglich der grotesken "Erhöhung" der Regelsätze um fünf Euro berichtet - während die bereits seit dem 1. Januar eingeführten und gültigen Kürzungen in all diesen Berichten nicht vorkommen. Dabei haben es diese Kürzungen in sich: Allein in Deutschland ist es durch die komplette Streichung (!!) jedweder Rentenbeiträge für Hartz-Opfer an zehn Fingern abzählbar, welche massenhafte Altersarmut daraus erwachsen wird - um nur ein Beispiel von vielen zu nennen.

Mit Menschenwürde hat die neoliberale Bande nichts am Hut. Würdig ist in ihren Augen nur der, der viel Geld hat - fast egal auf welche Weise es in seinen Besitz gekommen ist. Und dessen "Besitz" muss um jeden Preis geschützt und vermehrt werden - auch wenn das (logischer Weise) bedeutet, die große Mehrheit der Menschen im Elend versinken zu lassen. Sie beweisen es seit vielen, vielen Jahrzehnten immer wieder, in unzähligen Ländern und Regionen dieser Welt, und hierzulande glaubt anscheinend immer noch eine gewisse Anzahl von Bürgern daran, dass sie es hier nicht tut - trotz hundertfacher entgegengesetzter Hinweise und augenöffnender Taten. Es ist unfassbar.

Genau wie in Deutschland spucken die neoliberalen Regierungsmarionetten überall ihren Bevölkerungen ins Gesicht und mästen parallel die Reichen. Allein hier im Blog, der keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, waren in den letzten Wochen Berichte aus Großbritannien, Spanien, Dänemark, Ungarn, Italien, Irland, Portugal, Griechenland, Island, den Niederlanden und natürlich den USA ein Thema ... fällt da niemandem etwas auf? Wie kann es sein, dass in Großbritannien ein "Think Tank" mit dem Namen "Zentrum für soziale Gerechtigkeit" den größten sozialen Kahlschlag der britischen Geschichte vorbereitet - und in Deutschland ein Bertelsmann-"Think Tank" namens "Centrum für Hochschulentwicklung" Studiengebühren plant und einführt und Universitäten in "Unternehmen" verwandelt? Ja, haben wir denn alle den Verstand verloren, dass wir uns angesichts solcher Absurditäten nicht permanent die Haare raufen und schreiend auf die Straße laufen?

Menschenwürde - von diesem Begriff müssen wir uns allmählich verabschieden. Er wird uns in Zukunft nur noch in der Orwell'schen Neusprech-Definition begegnen, die da lautet: "Wenn ihr Geld habt, habt ihr Menschenwürde. Wenn ihr keines habt, schert euch zum Teufel oder bleibt wahlweise dort, wo der Pfeffer wächst - es sei denn, ihr verzichtet auf den albernen Schnickschnack und nehmt euer Sklavenleben an." - So sprach die neoliberale Bande - und es ward Geld.

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