Donnerstag, 30. Mai 2013

Zitat des Tages: Was es zum Jubiläum der SPD zu sagen gab


Die ersten 50 Jahre waren interessant, da war die SPD politischer Ausdruck der Arbeiterbewegung. Der tapfere August Bebel lobte 1871 im Reichstag die Pariser Commune. Über's Erfurter Programm konnte man noch streiten. / Mit den Kriegskrediten von 1914 und dem Verrat der Novemberrevolution 1918/19 war die SPD als fortschrittliche Kraft am Ende. Es gab viele mutige Antifaschisten, aber dominant blieben Hardliner wie Noske und obrigkeitsstaatliche Kleinbürger wie Ebert – bis heute. / Nach dem Krieg spaltete und befriedete die SPD die Arbeiterbewegung per "Sozialpartnerschaft". 1959 entschied sie sich endgültig für Kapitalismus und NATO, aber – gratuliere! – mit dem Rauswurf des SDS 1961 bekam die Apo unabsichtlich eine unabhängige Organisation. / In den siebziger Jahren wurden wir AKW-Gegner_innen von der SPD-Führung als "Terroristen" beschimpft. / Seit 1998 wird die SPD für Kriege und Sozialstaatszerstörung gebraucht, im Herbst 2013 droht auch dafür wieder eine Große Koalition. / Aufrichtig gratulieren kann ich für Brandts Kniefall in Warschau.

(Jutta Ditfurth, in "Das Blättchen", Nr. 11 vom 27.05.2013)

Anmerkung: Und das war's dann auch, was zum Jubiläum dieser Verräterpartei zu sagen war - es fehlt vielleicht noch ein eher geheucheltes "Requiescat in pace".

Der kapitalistische Einheitsbrei der Gammelpolitik




Anmerkung: Christine Prayon läuft in der Satiresendung "Extra 3" zur Höchstform auf - wer diese kleine Darbietung noch nicht gesehen hat, sollte sich das keinesfalls entgehen lassen. Die Frau spricht mir mal wieder aus der Seele!

Montag, 27. Mai 2013

Die Antiquiertheit der Demokratie


Haben Sie schon diese neusten Wirtschaftsfakten verinnerlicht? Laut Michael Spence, dem Wirtschafts-Nobelpreisträger von 2001, soll ein "wohlwollend autoritäres System" die optimalen Voraussetzungen für langfristiges Wirtschaftswachstum bieten, da Demokratien innerhalb eines "zu kurzen Zeithorizonts" agieren. Solche vordergründig ketzerischen Ideen können inzwischen tatsächlich Ökonomen, die Hohepriester des Kapitalkultes, am ehesten öffentlich artikulieren, ohne breiten Widerspruch zu ernten.

Doch auch der kanadische Philosoph Daniel A. Bell sieht inzwischen in der repräsentativen Demokratie westlicher Prägung nicht mehr den besten "Weg, um ein politisches System zu organisieren". Stattdessen solle eine strikte Auslese der Führungselite nach "intellektuellen Fähigkeiten und moralischen Standards" stattfinden. Innerhalb einer solchen Meritokratie könnte auch eine neue Stimmgewichtung etabliert werden, erläuterte der in Peking lehrende Philosoph: "Denkbar wären mehr Stimmen für Menschen mit besserer Erziehung." Überdies seien Wahlen nur auf lokaler Ebene sinnvoll, wo "falsche Entscheidungen nicht so sehr ins Gewicht" fielen.

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Anmerkung: Ein weiterer Glanzpunkt im journalistischen Schaffen von Tomasz Konicz, den Ihr euch nicht entgehen lassen solltet - auch wenn der Inhalt einmal mehr als Brechmittel und drohendes Schreckensszenario der nahen Zukunft dient: Es macht mich nahezu sprachlos, mit welcher Schamlosigkeit und Vehemenz das faschistische Denken, das in "elitären Kreisen" sicher immer tief verankert war, nun auch wieder laut und unverblümt in die Welt geplärrt wird - nur allzu lächerlich getarnt als pseudowissenschaftlicher "Diskurs".

Solch üble Gedanken erscheinen gerade auch vor dem Hintergrund doppelt grotesk, dass die bestehenden "Demokratien westlicher Prägung" ja längst nur noch bröckelnde Ruinen sind, in welche die Merkel'sche "marktkonforme Demokratie", die gegen die Interessen der Menschen und für die Interessen der Superreichen arbeitet, Einzug gehalten hat. Wieso reicht diesen habgierigen Menschenfeinden das noch nicht? Sie haben ihr absurdes Demokratietheater mit den austauschbaren Marionetten und Blockflöten verschiedener Farbe, ihr Zerstörungswerk ist in vollem und aus ihrer Sicht erfolgreichem Gange - was sollen nun die öffentlichen Bekundungen zur "Führungselite", zur "Auslese", zu einem sprachlich-gedanklichen Irrsinn wie dem "wohlwollend autoritären System" und derlei faschistischer Unrat mehr noch zusätzlich bewirken?

Hat die Bande eine so übergroße Angst vor Revolutionen? Gehen ihre perfiden Pläne zur Ausbeutung und Verelendung der Menschen noch viel weiter als wir uns das vielleicht vorstellen mögen? Einen kleinen Vorgeschmack auf ein solches "wohlwollend autoritäres System" haben zumindest all diejenigen schon einmal bekommen, die direkt oder indirekt mit dem Hartz-Terror zu kämpfen hatten. Wenn mitten im Klassenkampf und einer massiv vorangetriebenen Zwangsverarmung der Menschen die sich selbst als "Elite" begreifende Mini-Gruppe der Superreichen die Demokratie zur "Antiquität" und den Faschismus in pseudowissenschaftlichem Neusprech zum "neuen, modernen Weg" erklären lässt, sollte uns allen angst und bange werden.

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Arm aber ehrlich!


"Keen Mann, keen Zaster, keene Bleibe - nu kann ick mir meine sojenannte Tugend uffs Brot schmier'n, wo ick nich habe."

(Zeichnung von Marcel Frischmann [1900-1952], in "Simplicissimus", Heft 46 vom 14.02.1927)