Samstag, 6. Januar 2018

Der Austrofaschismus, der ein europäischer Faschismus ist


Ich habe seit Wochen darauf gehofft, dass der Blogger-Kollege Arbo etwas darüber schreibt, der sich ja südlich der Alpen aufhält, bin aber leider bislang enttäuscht worden: Also muss ich nun heute selber etwas über den wirklich schlimmen und gefährlichen Rechtsruck im Nachbarland Österreich erbrechen, der vollkommen symptomatisch für diese untergehende Zeit ist, wie sie unter vielem anderen auch an dem Empfang des ungarischen Rechtsextremen Orbán bei der ebenfalls rechtsrextremen CSU klar erkannt werden kann.

Fangen wir also an. Die FR berichtete einen Tag nach Weihnachten:

Die Asylpläne der neuen rechtspopulistischen Regierung in Österreich zwingen Schutzsuchende unter das Existenzminimum und sind voll von surrealen Verboten.

Da Österreich bekanntlich vor allem unter einer nicht einzudämmenden Asylflut zu leiden und mitnichten, wie der Rest der Welt, mit dem kapitalistischen Untergang zu kämpfen hat und zudem vor lauter "Fremden" gar in Kürze unterzugehen droht, stürzen sich Kurz und Strache mit wehenden Schlipsen schon zu Beginn ihres Zerstörungswerkes auf die Schwächsten, nämlich die Flüchtlinge, um sie brutal niederzuknüppeln und aus dem Alpenland möglichst fernzuhalten. Was liegt da näher als schutzsuchenden Menschen das "Existenzminimum" zu kürzen? So handeln eben echte Christen, Demokraten und schmutzige Kapitalhuren. Die CSU dürfte ebenso interessiert zugehört haben wie die CDU, die FDP, die SPD und die Grünen, während sich die Faschisten von der AfD nur ins braune Fäustchen lachten. Davon ist in der FR freilich nicht die Rede, denn irgendeinen sinnvollen politisch-gesellschaftlichen Hintergrund für diese üble Schmierenkomödie bietet die Zeitung nicht – es ist halt alles aus dem heiteren Himmel gefallen und niemand konnte etwas ahnen. Die bösen Ösis aber auch – sie sollten sich mal ein Beispiel am großen Bruder mit ihrer Merkel-Kaiserin oder zumindest der "funktionierenden Demokratie" nehmen, meint zumindest die FR.

In den österreichischen Medien wurde derweil klar benannt, wofür die Austrofaschisten stehen:

Als wichtige Themenpakete beschrieben Kurz und Strache vor allem jene Themen, die auch schon im Wahlkampf im Fokus gestanden waren. Geplant seien ein Sicherheitspaket und zahlreiche Verschärfungen im Asylrecht, wesentliche Änderungen gibt es etwa bei der Grundversorgung. Für Gewalt- und Sexualverbrechen soll es härtere Strafen geben, der Kampf gegen den politischen Islam soll zu den Prioritäten der neuen Regierung gehören.

Mit anderen Worten: Der überlebende Mittelmeerflüchtling, der Muselmann und der böse Neger sind schuld; andere Schuldige gibt es nicht, und faules, arbeitsscheues Pack wird künftig heftig in den Hintern getreten mithilfe eines Hartz-Terror-Gesetzes, das aus Deutschland importiert wird. Dort kennt man sich schließlich sehr gut aus mit Menschenfeindlichkeit. Gleichzeitig muss natürlich die komplette Bevölkerung rigoros überwacht werden, denn diese zwielichtigen GesellInnen sind alle arg verdächtig. Wie in Deutschland und in weiten Teilen Resteuropas folgt auch die Schlips-Borg-Bande in Österreich damit dem albernsten von allen erdenklichen Märchen – und wird dennoch ernst genommen. Ich kann Leuten, die derartigen Schmonzes immer noch glauben, nur noch mitleidig gegenübertreten, um nicht ausfällig zu werden. Die widerlichen Arschlöcher wissen, dass sie stumpfsinnigen Mumpitz erzählen, und ihnen wird dennoch geglaubt???

Kürzlich hat der Oberfaschist Strache auch noch diesen Kothaufen abgesetzt – auch wenn der stramme Hitlerknabe inzwischen medial wieder zurückgerudert ist, ohne allerdings seine menschenfeindlichen Ansichten in irgendeiner Weise zu revidieren:

Ausgangssperre vorgeschlagen / Strache will Asylbewerber kasernieren

Auf genau diesem äffischen Niveau, das intelligente Menschen eigentlich nur mit schallendem Gelächter beantworten können und das sich irgendwo zwischen 1932 und 1933 befindet, bewegen wir uns heute. Österreich ist leider nur ein Beispiel – ich könnte einen fast gleichlautenden Text über Deutschland, Frankreich, England oder die USA schreiben. Der Faschismus ist heute keine diffuse Bedrohung mehr, sondern sitzt fest im Sattel aller wesentlichen Institutionen in Kapitalistan – und er ist im Begriff, das vermoderte, kapitalistische Ruder einmal mehr zu übernehmen.

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Aus der guten alten Zeit



(Paul Konewka [1841-1871], Scherenschnitt, in: "Das schwarze Bilderbuch", hg.v. Rolf von Hoerschelmann, 1911)

Donnerstag, 4. Januar 2018

Realitätsflucht (40): Vendetta


Zu dem Spiel, das ich heute vorstellen möchte, sind einige Vorbemerkung nötig. Ursprünglich wurde das Rollenspiel "Raven's Cry" bereits 2013 veröffentlicht – damals allerdings in einer völlig unspielbaren, verbuggten und unfertigen Version, so dass es in nahezu allen Testberichten – völlig zu recht – verrissen und sogar zum "schlechtesten RPG" der Computerspielegeschichte gekürt wurde. Der polnische Entwickler Reality Pump, der u.a. das grandiose Werk "Two Worlds II" zu verantworten hat, gönnte sich daher zwei Jahre Zeit und überarbeitete das Spiel komplett, so dass es in der neuen Fassung unter dem Titel "Vendetta – Curse of Raven's Cry" im Jahr 2015 neu erscheinen konnte. Auf diese Version – genauer gesagt, auf die sogenannte "Steelbook"- bzw. "Deluxe"-Edition – bezieht sich dieser Bericht.



Ich habe das Spiel, das auch nach über zwei (bzw. fünf) Jahren noch immer sehr teuer ist, vor einigen Monaten geschenkt bekommen. Ich kannte die Vorgeschichte und bin entsprechend skeptisch an die Sache herangetreten – wer nicht viel erwartet, kann auch nicht sonderlich enttäuscht, dafür aber umso überschwänglicher überrascht werden. Aber der Reihe nach:

In "Vendetta" schlüpft der Spieler in die Rolle des unsympathischen Piratenkapitäns Christopher Raven, der mit seinen Mannen die Karibik des späten 17. bzw. frühen 18. Jahrhunderts unsicher macht. Der unwirsche Zeitgenosse befindet sich auf der Suche nach den Schurken, die seine Familie einige Jahrzehnte zuvor gemeuchelt und ihn zum einhändigen, nunmehr mit einem obligatorischen Eisenhaken statt der linken Hand ausgestatteten Waisenknaben gemacht haben, um schnöde Rache zu üben. Damit ist zur Geschichte auch schon das Nötigste gesagt – was die Entwickler jedoch daraus gemacht haben, hat mich – und das schreibe ich gewiss nicht leichtfertig – regelrecht umgehauen.

Es gibt in der frei zugänglichen Spielwelt eine Vielzahl von Orten und Inseln zu entdecken, an denen unzählige Quests und Aufgaben auf den Spieler warten – und keine einzige davon besteht aus dem in diesem Genre sonst so üblichen "Suche 10 X und bringe sie zu Y": Immer ist eine Geschichte mit den Aufgaben verknüpft, die oft sehr witzig, manches Mal aber auch sehr dramatisch ist. Der Piratenkapitän kämpft dabei wie gewohnt mit dem Schwert und der Pistole, kann sich aber auch an Gegner heranschleichen und sie still meucheln oder aus der Ferne mit Wurfmessern ins Jenseits befördern.



Glücklicherweise fehlt diesem Spiel jedwede Anbiederung an das Fantasy-Genre: Es gibt in "Vendetta" weder Magie noch irgendwelche Monster, Zombies, Skelette oder sonstiges Übernatürliches – man hat es stets mit der lokalen Tierwelt, meist aber mit menschlichen Gegnern unterschiedlichster Art zu tun. Dabei gibt es oft verschiedene Möglichkeiten, eine Aufgabe bzw. einen Konflikt zu lösen – nicht immer ist Gewalt vonnöten, und jede Entscheidung, die der Spieler trifft, hat Konsequenzen für den weiteren Verlauf des Spieles; mal sind es nur marginale Feinheiten, manchmal aber auch weitreichende, nicht mehr änderbare Folgen.

Eine zweite Ebene stellt die Schifffahrt in diesem Spiel dar. Wie es sich für einen Piratenkapitän gehört, hat Christopher Raven natürlich ein Schiff – und sticht damit regelmäßig in See. Allerdings benutzt er es nicht nur, um von der einen zur nächsten Insel zu gelangen, sondern es geht – wie sollte es auch anders sein – um Kaperfahrten und Seeschlachten. Dieser Aspekt, den ich aus keinem anderen Spiel in dieser Form kenne, hebt "Vendetta" in den Olymp der Spiele dieses Genres, auch wenn die Seeschlachten, die aus Kanonenkämpfen mit verschiedener Munition (Kanonenkugeln zur Beschädigung des Rumpfes, Ketten zur Zerstörung der Segel und Schrot zur Bekämpfung der gegnerischen Mannschaft) sowie dem optionalen Entern und Ausrauben des gegnerischen Schiffes bestehen, unglaublich schwierig sind. Zu Beginn, wenn man nur ein kleines, spärlich ausgerüstetes Schifflein hat, sollte man jedes Seegefecht tunlichst meiden, da der eigene Kahn sowieso unweigerlich schnellstens versenkt wird und man beim letzten Speicherpunkt wieder neu beginnen darf. Natürlich kann man das Schiff aber für entsprechend viel Gold, das man sich erst erarbeiten muss, aufrüsten – und wenn man durch die Lösung von Quests, durch Diebstähle, durch Kaperfahrten und/oder Handel genug Kohle erwirtschaftet hat, kann man sich auch bessere Schiffe leisten, von denen es insgesamt fünf gibt. Aber wie gesagt: diese Kämpfe sind schwierig, zumal man auch stets im Auge behalten muss, dass die Munition sowie der Proviant für die Besatzung ausreichend vorhanden sein müssen – schließlich tritt man meist allein gegen drei, vier oder sogar fünf gegnerische Schiffe an, und eine "unzufriedene" bzw. "unversorgte" Mannschaft wird meutern.



Selbstverständlich gibt es auch in "Vendetta" ein Minigame, das man in den vielen Tavernen der verschiedenen Orte spielen kann. Hier waren die Entwickler leider weniger kreativ und bieten nur Würfelpoker an, das allerdings auch einigen Spaß bereiten kann, wenn man sich darauf einlässt.

Insgesamt ist das Spiel – verglichen mit den beiden letzten "Risen"-Teilen, "Skyrim" oder "The Witcher 3" – ziemlich schwierig. Dazu sei nur am Rande erwähnt, dass ich es tatsächlich geschafft habe, von den vielen "Erfolgen", die man im Verlauf des Spieles freischalten kann, bereits im Tutorial, also ganz zu Beginn, den ersten errungen habe, nämlich: "Sprenge dich selbst in Luft!". :-) Das schaffe eben nur ich, der Grobmotoriker. – Aber das Tutorial: Was so heißt, ist in Wahrheit gar keines, denn das Spiel stürzt den Spieler zu Beginn in ein völliges Chaos, in dem er weder weiß, was er tun, noch wohin er gehen soll. Erklärt wird hier fast nichts – man muss blind und von schießwütigen Feinden umgeben herumirren und hoffen, auf dem richtigen Weg zu sein – und stirbt dabei oft (jedenfalls war das bei mir so). Da gibt es keinen netten Onkel, der den Spieler an die Hand nimmt und leitet. So, genau so soll es sein!



Aus technischer Sicht ist an dem Spiel nichts auszusetzen: Die Grafik ist fantastisch – in irgendeinem Bericht las ich, sie sei gar mit "The Witcher 3" vergleichbar, was nicht ganz stimmt, aber auch nicht völlig aus der Luft gegriffen ist. Auf meinem Win7/64-System läuft das Spiel problemlos und ohne jeden Absturz. Steam oder irgendein anderer Krake ist zum Glück nicht erforderlich. Völlig bugfrei ist es dennoch nicht, allerdings betrifft das eher Kleinigkeiten, die nicht weiter erwähnenswert sind. Die vielen Dialoge sind professionell vertont, die Musik ist – mit einer Ausnahme – sehr passend: Natürlich gibt es in diesem Spiel eine Menge Seemannslieder zu hören, die in Kneipen oder auf der Straße geschmettert werden; allerdings gehören dazu auch einige karibische Gassenhauer, für die ausgerechnet Roberto Blanco angeheuert wurde. Deshalb gilt: Wenn du durch eine Stadt auf einer karibischen Insel schlenderst und aus der Ferne des Robertos Geheule an dein Trommelfell dringt, nimm flugs die Beine in die Hand und renne um die nächste Ecke, dann hast du es zum Glück wieder nur mit Besoffenen, Kotzenden, Dieben, Mördern, Huren und an die Häuserwände Pissenden zu tun. Wahlweise kannst du dem Sänger natürlich auch einfach den Säbel in den Hals stechen und die entsprechenden Konsequenzen tragen.



Fazit: "Vendetta" ist das Spiel, das "Risen 2" bzw. "Risen 3" hätte werden sollen und wischt mit beiden locker den Boden auf: Wer dieses Spiel gespielt hat, kann nie wieder die Biene-Maja-Welt der beiden Piranha-Bytes-Titel betreten. Ich habe mich selten zuvor so sehr in einem "politisch gänzlich inkorrekten" Spiel verloren und köstlich amüsiert. Nach der völlig verkackten Veröffentlichungsgeschichte ist es ein Jammer und ein großes Drama, dass dieses nunmehr endlich fertige und fantastische Spiel dennoch kaum Resonanz erfahren hat und weitgehend unbekannt bzw. unbeachtet geblieben ist: "Vendetta" ist das subversive "Gothic" von 2015.


Mittwoch, 3. Januar 2018

Über Korruption und ausbleibende Selbsterkenntnis


In der zweiten Dezemberhälfte ist leider einiges liegen geblieben, das ich aber nicht einfach im Kielwasser des Narrenschiffes zurück- und untergehen lassen möchte, so dass ich heute drei ausgewählte Meldungen kurz kommentiere.

1. Die korrupte Bande

"Spenden" von Privatpersonen, Unternehmen, Verbänden und anderen Organisationen machen einen nicht unerheblichen Teil der Parteienfinanzierung in Kapitalistan aus. So berichtete die FR kürzlich:

Im Wahljahr 2017 haben die CDU und die FDP mit Abstand die meisten Großspenden von Wirtschaftsunternehmen und vermögenden Gönnern erhalten. (...) / Aus Sicht des Vereins Lobbycontrol sind die bisher öffentlichen Zahlen allerdings nur ein "Bruchteil" der tatsächlich geflossenen Großspenden. Der Löwenanteil werde erst Mitte 2019 bekannt, wenn die Rechenschaftsberichte der Parteien für 2017 veröffentlicht werden.

Nun fragt sich ein unwissender Mensch wie ich natürlich, aus welchen Gründen man einer politischen Partei, die ja ohnehin schon fürstlich mit Steuergeldern gemästet wird, noch zusätzlich "Spenden" – noch dazu in solch absurden Höhen, die jede soziale Hilfsorganisation in Jubelstürme ausbrechen ließe – zukommen lassen sollte; und weshalb zur Hölle nicht peinlich genau und vor allem zeitnah darüber Rechenschaft abgelegt werden muss. Die Antwort liegt indes klar auf der Hand: Es geht um schnöde Korruption, die man aber im goldenen Westen natürlich nicht so nennen darf. So etwas Schändliches gibt es schließlich nur in Afrika oder anderen Ländern, deren Regierungen hierzulande beharrlich als "Regime" bezeichnet werden – nicht aber im freiheitlich-demokratischen Paradies mit seinen rechtsstaatlich fundierten "Regierungen".

Derweil wüsste ich ja zu gerne, wer da alles wieviel Geld gezahlt hat, um sich beispielsweise die asoziale, menschenfeindliche "Agenda"-Politik zur Zwangsverarmung ganzer Bevölkerungsteile zu kaufen. Ich werde es wohl nie erfahren.

2. Hartz-Terror für Frankreich

Der französische Präsident Macron, der hierzulande von der Kuhpresse nach wie vor beharrlich als "Linksliberaler" bezeichnet und beschrieben wird, will den in Deutschland erprobten und aus Sicht der "Elite" für sehr gut befundenen Hartz-Terror nach Frankreich importieren. Bei n-tv war zu lesen:

Arbeitslosen in Frankreich drohen nach einem Pressebericht künftig drastischere Einschnitte. Nach Informationen der Zeitung "Le Canard enchaîné" sollen ihnen die Zuwendungen künftig deutlich schneller gekürzt werden, wenn sie sich nicht ausreichend an der Jobsuche beteiligen. (...) / Macron will im kommenden Jahr den Umbau der Arbeitslosenversicherung in Angriff nehmen, nachdem er in diesem Jahr bereits den Kündigungsschutz und die 35-Stunden-Woche gelockert hatte.

Solche soziale Wohltaten kann der Bevölkerung in der Tat nur ein "Linksliberaler" bescheren, das kennen wir ja vom korrupten Herrn Schröder und seinen üblen SpießgesellInnen aus der SPD und der Grünpartei bis zum Erbrechen. Nun sind also die bedauernswerten französischen Nachbarn an der Reihe – und die kapitalistische Kampfpresse lobt wie von Sinnen den "Reformwillen" jenes verkommenen Schlips-Borg bzw. Schröder-Klons: Allein die Bezeichnung "Umbau der Arbeitslosenversicherung" ist ein ebensolcher Schlag ins Gesicht jedes denkfähigen Menschen wie die Schröder'sche Formulierung "Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe", die bekanntlich nichts anderes bedeutete als die ersatzlose Abschaffung der ehemaligen Arbeitslosenhilfe bei gleichzeitiger rigoroser Verschärfung der Sozialhilfegesetze.

Das ist alles so absurd, so überaus schrill, dass ich gar nicht anders kann als auf den folgenden Bericht hinzuweisen, den die versammelte Bagage der korrupten Kapitalisten jedoch nie verstehen oder gar verinnerlichen wird – das ist so sicher wie der Geisterglaube in der Kirche (zumal die meisten kapitalistischen Täter ohnehin sehr genau wissen, was sie da anrichten).

3. Der Griff an die eigene Nase

Mal ehrlich: Wir glauben doch alle irgendwie, dass wir sehr genau wissen, weshalb wir uns eine Meinung über diverse Dinge und Begebenheiten bilden. In einigen Fällen mag das auch zutreffen – keineswegs aber in allen, wie ich im Dezember bei spektrum.de erfuhr:

Wir halten uns im Allgemeinen für gut informiert und haben zu vielen Dingen eine feste Meinung. Doch wenn wir die Welt erklären sollen, geraten wir schnell ins Stottern. Der Grund: systematische Selbstüberschätzung!

Diesen äußerst lesenswerten Text lege ich allen LeserInnen und MitbloggerInnen sehr ans Herz und rate eindringlich dazu, sich öfter mal an die eigene Nase zu fassen, bevor man allzu laut die wie auch immer erlangte Überzeugung kundtut. Das betrifft mich selbst natürlich ganz besonders, da ich hier oft genug mein Maul weit und laut aufreiße und dabei gelegentlich auch bösen Schiffbruch erleide. Wenn es also so etwas wie einen "Vorsatz" fürs angebrochene Jahr für mich gibt, dann ist es dieser: Weniger Ekstase, dafür mehr Selbsterkenntnis.

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Ecstasy



(Gemälde von Hans Hofmann [1880-1966] aus dem Jahr 1947, Öl auf Leinwand, Berkeley Art Museum, Los Angeles, USA)

Dienstag, 2. Januar 2018

Das braune Jahr beginnt: Barbaren, kriminelle Kinder und muslimische Vergewaltiger allerorten


Das Jahr fängt erwartungsgemäß genauso irrsinnig an, wie das vorangegangene endete. Noch an Silvester schwappte der angeblich adeligen und seltsamerweise trotzdem "volksnahen" AfD-Fregatte Beatrix von Storch eine braune, übelriechende Kotwelle aus dem entzückenden, anatomisch sehr merkelähnlichen Mund, wie u.a. n-tv berichtet:

Von Storch hatte sich in dem Kurznachrichtendienst [Twitter] am Silvesterabend über einen Tweet der Kölner Polizei aufgeregt, die Neujahrsgrüße in mehreren Sprachen veröffentlicht hatte, darunter Arabisch. "Was zur Hölle ist in diesem Land los? Wieso twittert eine offizielle Polizeiseite aus NRW auf Arabisch. Meinen Sie, die barbarischen, muslimischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden so zu besänftigen?", schrieb von Storch.

Da sprüht der glühende Humanismus aus jedem Buchstaben – und man möchte der Dame, die in meinen subversiven Augen stets so aussieht, als habe ihr gerade jemand gewaltsam den Lieblingslolli weggenommen, beruhigend über das schmollende Haupt streicheln und ihr versichern, dass es auf diesem Planeten sicherlich so einige Perverse gibt, von denen aber nur sehr wenige ein Interesse daran haben dürften, sich an einem (solchen) Storch zu vergehen. (Asche auf mein Haupt für diese Entgleisung.)

Der Boulevard meldet unterdessen gewissenhaft:

Die Kölner Polizei zeigt die AfD-Politikerin Beatrix von Storch an: Es werde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Volksverhetzung eingeleitet, sagte eine Polizeisprecherin dem Portal "faz.net".

Man kann indes sicher sein, dass dieses medial aufgebauschte Ermittlungsverfahren – wie fast immer in solchen Fällen – still und leise im Sand versickern wird und die Störchin mit dem blauen braunen Blut keinerlei ernsthafte Konsequenzen zu befürchten hat. Die im gewohnt rassistischen Jargon beschworenen "barbarischen, muslimischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden" sind derweil allerdings in der Welt und befeuern die rassistischen Stammtische landauf, landab weiter.

Auf derselben braunen Welle reiten aber auch weitere politische Geistes- und Gewissensgrößen, von denen an Neujahr in den Medien die Rede war: Der bayerische Innenminister Herrmann (CSU) will beispielsweise "jugendliche Flüchtlinge konsequent abschieben, wenn diese straffällig werden. Ein schwieriger Vorsatz, mit dem Joachim Herrmann da ins neue Jahr startet: Mit europäischem Recht ist die Forderung nämlich nicht zu vereinbaren." Auch hier blinkt die pure Menschenfreundlichkeit und christliche Nächstenliebe samt postweihnachtlicher Barmherzigkeit – gerade in Bezug auf Kinder und Jugendliche – aus allen braunen Löchern. Kapitalistische Faschisten aus der CSU und der AfD (und anderen politischen Parteien der rechtsradikalen "Mitte") kommen gar nicht erst auf den absonderlichen Gedanken, dass man Menschen zunächst einmal helfen sollte – sogar dann, wenn sie "straffällig" geworden sein sollten. Ob Herrmann seine eigenen Kinder bzw. Enkel mit derselben faschistischen Haltung behandelt und entsorgt, ist bislang leider unbekannt.

In die gleiche braune Kerbe haut auch Christian Lindner (FDP): "Der Vorsitzende der FDP, Lindner, spricht sich für einen harten Kurs gegenüber minderjährigen kriminellen Asylbewerbern aus. Es müsse möglich sein, diese auch abzuschieben." Auch hier findet sich die stets gleiche, sattsam bekannte Menschenfeindlichkeit Kapitalistans, die mir regelmäßig die kalte Kotze aus dem Gesicht treibt. Fiese, korrupte GesellInnen wie diese schmierigen Schlips-Borg kloppen mit Vorliebe vehement auf die Schwächsten ein – immer in der (leider allzu berechtigten) Hoffnung, dass die etwas weniger Schwachen den miesen Trick nicht durchschauen und fleißig mitkloppen. Das perverse Prinzip Kapitalistans funktioniert aus Sicht der "Elite" auch nach hunderten von Jahren noch immer vorzüglich.

Wenn ein Jahr schon am Neujahrstag so beginnt, kann man eigentlich nur noch sehnsüchtig auf einen baldigen Kometeneinschlag hoffen.

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Dead Planet


Montag, 1. Januar 2018

Neujahrsmusik 2018: The Last Judgement




(The Enid: "The Last Judgement / In The Region Of The Summer Stars", live in Birmingham 2010; Original aus dem Album "In The Region Of The Summer Stars", 1976)

Anmerkung: Bemerkenswert ist an diesem Musikstück neben der spätromantischen, für dieses Genre ungewöhnlichen Harmonik vor allem die Virtuosität und Leichtigkeit, mit der das schwere, mittelalterliche musikalische Thema des "Dies Irae" (der "Tag des Zorns", also das "Jüngste Gericht") in die Rockmusik eingebunden wird. Die Musiker um den inzwischen leider böse erkrankten Robert John Godfrey folgen damit einer sehr, sehr alten Tradition bezüglich dieser liturgischen Melodie aus dem 13. Jahrhundert, die im Laufe der Jahrhunderte schon viele Komponisten und in "neuerer" Zeit auch Rockmusiker inspiriert hat:



Es ist müßig zu erwähnen, dass ich als Atheist an kein solches albernes "Gottes-Gericht" glaube – die bevorstehende bzw. anbrechende Endzeit im "goldenen Westen" jedoch, die nehme ich durchaus sehr deutlich wahr. Allerdings ist sie auch heute – wie schon fast immer zuvor – menschengemacht. Aus der Historie lernen wir also wieder einmal (nicht): Es gab schon eine Menge Endzeiten auf diesem unwichtigen Planeten inmitten des unendlichen Nirgendwo am Rande der kleinen Milchstraße, und sie werden wohl auch immer wiederkehren, solange die bekloppte Menschheit immer und immer wieder dieselben fatalen Fehler macht, ohne aus der Vergangenheit tatsächlich zu lernen. Das gilt zumindest solange, bis irgendwann kein Neubeginn in der ewigen Rotationsschleife der unausweichlichen Verdammnis mehr möglich ist ...



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Nebenbei: Willkommen im Jahr 2018. Und ein großes Dankeschön an alle BesucherInnen und KommentatorInnen des "Narrenschiffes"! So lasset uns auch weiterhin den Kapitalisten, den Rassisten, den Korrupten, den Menschenfeinden, den Eigennutzmehrern, den Esos, den Faschisten und sonstigen Gruseligkeiten immer wieder vors Schienbein treten: Solange ich das noch kann und solange es jemand liest, werde ich damit nicht aufhören.

Also, auf ein Neues.