Dienstag, 8. September 2009

Zitat des Tages (6)

Ich war Hamlet. Ich stand an der Küste und redete mit der Brandung BLABLA, im Rücken die Ruinen von Europa. (...)

Wenn sie mit Fleischermessern durch eure Schlafzimmer geht, werdet ihr die Wahrheit wissen.

[Heiner Müller: Die Hamletmaschine. Berlin 1977]

Sonntag, 6. September 2009

Nein zur EU-Todesstrafe: Der Vertrag von Lissabon ermöglicht die Todesstrafe und das staatliche Töten

Prof. Dr. Karl Albrecht Schachtschneider: Die Grundrechtecharta ermöglicht ausdrücklich in den aufgenommenen "Erläuterungen" und deren "Negativdefinitionen" zu den Grundrechten, entgegen der durch das Menschenwürdeprinzip gebotenen Abschaffung der Todesstrafe in Deutschland (Art. 102 Grundgesetz), Österreich und anderswo, die Wiedereinführung der Todesstrafe im Kriegsfall oder bei unmittelbar drohender Kriegsgefahr, aber auch die Tötung von Menschen, um einen Aufstand oder einen Aufruhr niederzuschlagen. (...)

Nach meiner Meinung könnten die Montags-Demonstrationen in Leipzig als Aufruhr definiert werden, wie praktisch jede nicht genehmigte Demonstration. Oder nehmen Sie die Krawalle in Griechenland oder kürzlich die Demonstrationen in Köln und Hamburg. Sie brauchen ja nur ein paar "Autonome", die Steine schmeißen.

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Weil die Schuldner zu arm sind

Die weltweit agierende Managerelite in der Finanz-, aber auch in der Realwirtschaft hat die größte Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren ausgelöst – aber nicht verursacht. Ursache war der von der Politik zu verantwortende, seit etwa Mitte der 1970er Jahre praktizierte Neoliberalismus, der den Kapitalismus entfesselte und radikalisierte. Einziges Ziel ist, alle Werte von unten nach oben umzuverteilen. Die Reichen und Besserverdienenden sollen noch reicher und die Armen noch ärmer werden. Zu diesem Zweck soll nach dem Willen der Neoliberalen möglichst alles privatisiert und allein den Gesetzen des freien Marktes überlassen werden. Im Wettbewerb soll sich allemal der Stärkere durchsetzen können. Ein zu Gunsten der Schwachen umverteilender Sozialstaat, den die vermögenden Schichten noch nie wollten, weil sie ihn für sich selbst nicht brauchen, würde aus ihrer Sicht nur das freie Spiel der Marktkräfte stören.

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EU: Ausweitung militärischer Sperr- und Kampfoperationen zur Abschottung Europas gegen Armutsflüchtlinge aus dem Süden

Internationaler Klassenkrieg

Die Europäische Union plant eine Ausweitung militärischer Sperr- und Kampfoperationen zur Abschottung Europas gegen Armutsflüchtlinge aus dem Süden. Dies geht aus einer aktuellen Studie des offiziellen außen- und sicherheitspolitischen Think-Tanks der EU ("EU Institute for Security Studies", EUISS) hervor. Demnach müsse zur Stabilisierung der "globalen Klassengesellschaft" das "gesamte Spektrum hoch intensiver Kampfmaßnahmen" zur Anwendung kommen. Die dazu nötigen Aufrüstungsmaßnahmen beschreibt der deutsche Leiter der EU-Verteidigungsagentur: Aufbau einer Helikopterflotte zur Aufstandsbekämpfung in den Entwicklungsländern, neue Schritte zur totalen Überwachung der Weltmeere, Einsatz von unbemannten Kampfflugzeugen ("Drohnen"). (...)

Wie das EUISS in einer aktuellen Studie schreibt, würden die Kriege der Zukunft nicht mehr zwischen Staaten geführt, sondern zwischen "ungleichen sozioökonomischen Klassen der Weltgesellschaft". Auf der einen Seite dieser "hierarchischen Klassengesellschaft" stehe dabei eine metropolitane "Elite", die sich aus transnational operierenden Konzernen, den Staaten der OECD und den aufstrebenden Wirtschaftsmächten Indien, China und Brasilien zusammensetze. Diese werde von Seiten der weltweiten Armutsbevölkerung mit "zunehmend explosiven Spannungen" konfrontiert, heißt es. Um einen Zusammenbruch des globalen Wirtschaftssystems zu vermeiden, fordert das Institut, gegen die "untere Milliarde" der Menschheit das "gesamte Spektrum hochintensiver Kampfmaßnahmen" in Anschlag zu bringen.

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Anmerkung: Ist dies wirklich das Europa, in dem die Mehrheit der Menschen - nicht nur hierzulande - leben möchte? Mir persönlich erscheint das immer mehr als ein Horrorszenario aus einem finsteren Science-Fiction-Roman: Ein Krieg gegen die "untere Milliarde" der Menschheit (also die Ärmsten der Armen), ausgedacht von selbsternannten "Eliten" (also den Reichsten), die um ihre Nerzmäntel fürchten. - Abgrundtief pervers.

Gregor Gysi über "Merkels Erfolge" und den geplanten nächsten Wahlbetrug der SPD

Folgen der Privatisierung (6): Der Patient ist eine Ware – und Politiker und Ärztefunktionäre vergießen Krokodilstränen

Bundesweit ist das Entsetzen darüber groß, dass Ärzte Kopfgelder für die Einweisung ihrer Patienten in bestimmte Kliniken von diesen Klinikträgern erhalten haben. Von Ministerin Schmidt bis zum Kammerpräsidenten Hoppe sind alle erschüttert über das unethische Verhalten dieser Ärzte. Dabei sind die jetzt bekannt gewordenen Fälle nur das Symptom einer schon lange bestehenden Entwicklung: Seit Jahren wird das Gesundheitswesen kommerzialisiert, Krankheit ist immer mehr zur Ware geworden und der Arzt deren Verkäufer. In der irrigen Vorstellung, Konkurrenz könne die Kosten des Gesundheitswesens senken und zugleich die Qualität der Versorgung steigern, wurden die Krankenkassen zu konkurrierenden Dienstleistungsunternehmen, die Krankenhäuser zu Anbietern von Gesundheitsleistungen und die Ärzte zu Verkäufern möglichst lukrativer medizinischer Leistungen. So ist es von der Politik gewollt. Wenn Gesundheit oder Krankheit zum Objekt von Profitinteressen werden, warum soll der Vermittler nicht auch profitieren? So mag die zynische Entschuldigung der Beteiligten klingen. Doch untergräbt die Annahme von Bestechungsgeldern und anderer geldwerter Vorteile massiv das vertrauensvolle Arzt-Patienten-Verhältnis – und ist verwerflich. (...)

Der Verein Demokratischer Ärztinnen und Ärzte sieht in den jetzt bekannt gewordenen Kopfgeldern für einweisende Ärzte ein Symptom für die Kommerzialisierung des Gesundheitswesens, wie sie von der Politik seit Jahren vorangetrieben wird.

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SPD Thüringen: Matschielanti? Links blinken, rechts abbiegen

Wofür macht die SPD sich eigentlich die Mühe, ein Wahlprogramm zu entwerfen, wenn sie dessen Inhalte nach den Wahlen immer wieder zugunsten der Option opfert, Juniorpartner in einer schwarz-roten Koalition zu werden? Im thüringischen Wahlkampf blinkte die SPD links – Spitzenkandidat Christoph Matschie forderte nicht weniger als einen Systemwechsel für sein Land. Da die dauerschwächelnde SPD aber bestenfalls als Juniorpartner in einer Koalition mit der Union oder der Linken auf der Regierungsbank Platz nehmen kann, muss sie erwägen, unter welchem Partner sie möglichst viele ihrer Ziele durchsetzen kann. Der Wähler hat sein Kreuz bei der SPD schließlich nicht wegen Matschies schöner blauer Augen, sondern wegen der inhaltlichen Wahlversprechen gemacht.

Kaum sind die Wahlergebnisse ausgezählt, biegt die SPD rechts ab und kokettiert keck mit der CDU. Inhaltliche Übereinstimmungen gibt es zwischen den beiden Parteien zwar kaum. Das schert die SPD aber nicht. Wahlbetrug gilt in Deutschland nämlich nur dann als Wahlbetrug, wenn man in irgendeiner Form mit der Linken kooperiert. Inhalte zählen da längst nicht mehr.

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Zweifel und Denken als Lustfaktoren

Albrecht Müller formuliert (...) gegen Ende seines Buches1 die Erkenntnis: "Alle Menschen, die verstanden haben, dass die Idee der Demokratie entscheidend darauf gründet, dass es Alternativen gibt, alle Menschen, die erkannt haben, dass Demokratie nur dann funktioniert, wenn die Herrschenden wissen, dass sie kontrolliert werden und auf Zeit gewählt sind, müssen zwingend ein Interesse an einer Alternative zur herrschenden Macht haben." Man kann sich zwar nach Lektüre dieses Buches kaum noch vorstellen, wie die vielen lethargischen Mitmenschen aktiviert werden sollen, sich aus der virulenten Manipulation durch Meinungsoligarchen zu befreien - dennoch kann man nur immer wieder den Appell hinaustragen, jeder möge sich aus der "selbstverschuldeten Unmündigkeit" (I. Kant) durch kritische Eigeninitiative befreien. Und wie geht solches? Durch Denken, Informieren, wieder Denken. Ja, Zweifel und Denken müssen wieder als Lustfaktoren entdeckt werden - das sei die animierende Erkenntnis nach der Lektüre dieses Buches.

1. Albrecht Müller: "Meinungsmache. Wie Wirtschaft, Politik und Medien uns das Denken abgewöhnen wollen", Droemer 2009

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