Freitag, 20. April 2012

Song des Tages: The Post War Dream




(Pink Floyd: "The Post War Dream", aus dem Album "The Final Cut - A Requiem For The Post War Dream", 1983)

Tell me true, tell me why was Jesus crucified?
Was it for this that Daddy died?
Was it for you? Was it me?
Did I watch too much TV?
Is that a hint of accusation in your eyes?

If it wasn't for the nips,
Being so good at building ships,
The yards would still be open on the clyde.
And it can't be much fun for them
Beneath the rising sun
With all their kids committing suicide.

What have we done?
Maggie, what have we done?
What have we done to England?

Should we shout, should we scream:
What happened to the post war dream?
Oh Maggie, Maggie, what did we do?

God Save The Brain: Der britische Privatisierungswahn

Britische Regierung will nationales Straßennetz privatisieren - Die Reichensteuer soll von 50 auf 45 Prozent gesenkt werden

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Anmerkung: Die alternativlose neoliberale Zerstörung des Gemeinwohls hat in Großbritannien seit den Zeiten von Maggie Thatcher eine lange Tradition. Nun steht offenbar der Endspurt an, nachdem man dort auch in Sachen Repression und Überwachung der Bürger bereits führend ist: Dem Artikel ist zu entnehmen, dass neben der Privatisierung des Straßennetzes und der parallel geplanten Senkung der Reichensteuer auch die Wasserversorgung sowie das Gesundheitssystem privatisiert werden sollen. Es gibt im Königreich auch ein wunderbares Beispiel für eine sehr gelungene Privatisierung, nämlich die Bahn, die bereits 1994 an "Investoren" verscherbelt worden und danach (sowohl für Kunden, als auch für den Staat) teurer, ineffizienter und maroder war als jede vergleichbare staatliche Bahn. Heute ist die britische Bahn de facto wieder ein quasi-staatliches Unternehmen (Betreiber ist Network Rail, ein "nicht gewinnorientiertes Unternehmen").

Nicht erwähnt wird im Text hingegen, dass der britische Privatisierungswahn noch viel umfassender ist, wie man beispielsweise dem Guardian entnehmen kann: Es bestehen auf der Insel allen Ernstes Pläne für eine Privatisierung der Polizei. Es ist nicht viel Fantasie nötig um sich auszumalen, was nach der Umsetzung all dieser Pläne am Ende herauskommt - in Orwells Alptraumwelt dürfte es sich im Vergleich dazu geradezu heimelig leben lassen.

Es dürfte klar sein, dass dieser katastrophale Kurs für ganz Europa ansteht. Die elitäre Bande merkt, dass der Kollaps nicht mehr allzu weit entfernt ist und drückt daher ordentlich auf die Tube, um vor dem großen Knall noch möglichst viel Profit aus den zerbröckelnden Gesellschaften und schwankenden Staaten herauszupressen. Wieder einmal ist es mir ein großes Rätsel, wieso diese so offensichtlich korrupten, asozialen und bürgerfeindlichen Aktionen - nicht nur in Britannien - so geräusch- und widerstandslos über die Bühne gehen können. Welcher Mensch wünscht sich Konzernstraßen, auf denen eine Konzernpolizei patroulliert, oder Konzernkrankenhäuser und Konzernärzte ...?

Es ist wohl niemand überrascht, dass auch der Privatisierungswahn nichts Neues im Endzeitkapitalismus ist:

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Das Defizit der Eisenbahnen


"Es wird beabsichtigt, die Eisenbahnen der Privatwirtschaft zu überlassen. Wir sind überzeugt, dass dadurch nicht bloß die Finanznot behoben wird, sondern auch die Wohnungsnot."

(Zeichnung von Thomas Theodor Heine [1867-1948], in "Simplicissimus", Heft 31 vom 26.10.1921)

Mittwoch, 18. April 2012

Zitat des Tages: Apokalypse

Wer
wird die Toten begraben
auf dem Schlachtfeld Europa,
wer wird sie zählen
und wägen und sagen:
das waren Menschen? Wer
wird denn, ehe
der Schnee des Vergessens
sich weiß auf
das Aas der Geschlachteten legt,
aufklagen
über den turmhohen Trümmern der Toten
zwischen Balkan und Pol?

Wird nach dem Heulen
des letzten verendenden Hundes
noch eine Stimme sein,
nur das Schrein eines Kindes
oder ein zitternder Flügelschlag
im zerschossnen Gezweig?

Stille wird sein und Zerstörung.
Und über den offenen Augen
von tausendmaltausend Gefallenen
werden Gewitter geschehen und
Monde verblühn.
Aus den verwaisten Atommeilern
wird sich Verwesung ergießen
über die Erde,
und die verkrüppelten Rosen
werden die Schöpfung verneinen.
Unüberwindliche Stille wird sein
auf dem Schlachtfeld Europa.

(Dagmar Nick [*1926]: "In den Ellipsen des Mondes", Gedichte 1945-1959, Aachen 1959)

Kriegshetze im "Qualitätsjournalismus", oder: Geschäft ist nur, wo sich die Menschheit hasst

Lesen Sie gerne Zeitung? Und wenn ja, gehören auch Sie zu jenen, die bürgerlichen Qualitätsblättern wie FAZ, NZZ, Süddeutscher Zeitung oder Die Zeit die Stange halten? Ich bekenne: Ich gehöre nicht dazu. Nicht mehr, seit ich über viele Jahre feststellen musste, dass die publizistische Vorbereitung von Krieg dort Methode hat. (...)

Die Fakten sahen anders aus: Während UN-Generalsekretär Kofi Annan eine "politische Lösung" forderte und Serbien und die UCK gleichermaßen für die Eskalation verantwortlich machte, sinnierte z.B. Die Zeit nur noch darüber, ob Deutschland bei einem NATO-Einsatz (das Wort "Krieg" wurde tunlichst vermieden) mitmachen sollte oder nicht. Damit rief das wohl angesehenste deutsche Wochenblatt zum Verfassungsbruch auf und half tatkräftig mit, den ersten deutschen Krieg seit 1945 vorzubereiten. Im Mai 1999 rechtfertigte es dann nochmals diese Entscheidung in einem langen Fischer-Interview unter dem völlig ironiefrei gewählten Titel "Wie Deutschland in den Krieg geriet".

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Anmerkung: Diesen faktenreichen Beitrag sollte man sich nicht entgehen lassen - und ihn stets im Hinterkopf behalten, wenn unsere "Qualitätsmedien" wieder über Konflikte berichten. Gerade in Bezug auf Syrien und den Iran stehen dieser Tage wieder so viele unsägliche, irreführende, geradezu desinformierende Artikel in der Presse (im Fernsehen sieht's teilweise noch viel schlimmer aus).

Wenn man sich einmal ansieht, welche "Qualitätsjournalisten" in den Redaktionen der überregionalen Zeitungen das Sagen haben, wird die Propaganda bzw. deren Häufung und Verbreitung aber etwas verständlicher. Beispielhaft sei hier auf den Chefredakteur des Ressorts "Wirtschaft" der FAZ, Rainer Hank, verwiesen, der gerade ein unsägliches Buch veröffentlicht hat, in dem er unter Anderem allen Ernstes behauptet, dass der "Wohlfahrtsstaat die Bürger entmündigt und uns die Schuldenkrise beschert" habe. Liest man dieses grausame Interview mit dem Autor, wird sofort verständlich, wieso in der FAZ und anderswo Kriegshetze und neoliberale Propaganda so tief verwurzelt sind.

Dass Kriege (heute mehr denn je) auch für Deutschland in erster Linie Wirtschafts- und damit Profitfaktoren sind, wird schon allein an den stetig steigenden Gewinnen der Rüstungsindustrie deutlich. Aus dem heuchlerischen Bekenntnis "Nie wieder Krieg" nach 1945 ist längst ein neoliberales "Krieg - immer wieder gerne (nur möglichst nicht vor der eigenen Haustür)!" geworden. Die Liebe zum Geld ist weitaus inniger und stärker als die Liebe zum Mitmenschen, wie schon der Dichter Karl Kinndt vor 80 Jahren festgestellt hat:

Nie wieder Krieg

Der gute Völkerbund streicht seine Segel,
Verwirrung herrscht im hohen Genfer Haus.
Auf jeden Fall gilt nun als neue Regel:
wer dennoch Kriege führt, tritt vorher aus!

Man dachte anfangs von dem Institute,
es hätte endgültig den Krieg besiegt -
Und alle wären unter einem Hute,
auch der, wo nicht, hätt’ eins darauf gekriegt -

Doch wo ein Krieg ist, gibt’s auch Lieferungen
von Munition und Werken der Chemie!
Zu lieblich tönt das Liedchen: “Seid umschlungen,
Millionen!” jeder Rüstungsindustrie.

Ein Krieg ist nicht moralisch. Doch im tiefern
Sinn wirkt er wirtschaftlich sehr produktiv -
Wir würden gerne auch nach Japan liefern,
trotz Friedenssehnsucht -: Ja, die Welt ist tief ...

Lässt auch der liebe Gott die Erde beben,
weil ihm dies ew’ge Morden nicht mehr passt -:
die Liebe kann den Markt nicht neu beleben,
Geschäft ist nur, wo sich die Menschheit hasst ...

(Karl Kinndt alias Reinhard Koester [1885-1956], in "Simplicissimus", Heft 51 vom 19.03.1933)

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Das alte Spiel


"Der Boden muss immer mal wieder gedüngt werden, damit der Weizen der internationalen Rüstungsindustrie blüht!"

(Zeichnung von Eduard Thöny [1866-1955], in "Simplicissimus", Heft 47 vom 21.02.1932)

Zweite Anmerkung: Eduard Thöny gehörte ebenfalls zu den schmierigen Verrätern, die ab 1933 ihr ehemals satirisch-kritisches Mäntelchen abgelegt haben und zu devoten Propagandisten des Nazi-Terrors mutiert sind. Klaus Mann notierte dazu 1937 im Exil in seinem Tagebuch: "Von allen im Dritten Reich gedruckten Widrigkeiten ist mir die 'satirische' Wochenschrift 'Simplicissimus' der widrigsten eine. (...) da finden sich noch immer die alten Namen – die Karl Arnold, Olaf Gulbransson, Eduard Thöny, Erich Schilling, Wilhelm Schulz, sie sind alle noch da. Nur Th.Th. Heine fehlt, (...) von Prag und Brünn aus muss er sich gramvoll und beschämt mit ansehen, welche degoutante Gesinnungslumpereien seine früheren Freunde und Kollegen sich leisten." (Klaus Mann: Der Simplicissimus. In: Das Neue Tagebuch, V. Jahrgang 1937, S. 214)

Sonntag, 15. April 2012

Demokratie-Theater, nächster Akt: Einschränkung des Rederechts

Die Fraktionen von Union, FDP und SPD planen, das Rederecht der Abgeordneten im Bundestag noch stärker als bisher einzuschränken und ihre Kontrolle darüber auszubauen. Eine entsprechende Beschlussempfehlung der Fraktionen von Union, FDP und SPD liegt dem ARD-Hauptstadtstudio vor. Über den Entwurf des Geschäftsordnungsausschusses solle der Bundestag am 26. April abstimmen, berichtet die Süddeutsche Zeitung.

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Anmerkung: Eigentlich ist zu diesem Vorgang nicht mehr viel zu sagen (bei Telepolis findet sich noch etwas mehr) - angesichts der nahenden Grausamkeiten, die der bevorstehende Kollaps des Kapitalismus auch den Menschen in Deutschland bescheren wird, bereitet man sich auch hier in den herrschenden Kreisen weiter auf das "Durchregieren mit starker Faust" vor und nähert sich immer offensichtlicher chinesischen, us-amerikanischen und nordkoreanischen "demokratischen" Verhältnissen. Der Bundestag wird demnächst umbenannt - die Bezeichnung "Volkskammer" hat sich ja bewährt.

Bemerkenswert an diesem Bericht der öffentlich-rechtlichen Propaganda-Show sind dieses Mal allerdings die Kommentare. Kritisches wird dort ja allzu oft still, heimlich und sehr zeitnah gelöscht, und auch diesmal hat man die Kommentarfunktion bereits kurz nach Erscheinen des Berichtes geschlossen. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Blogbeitrages finden sich dort aber noch 228 Kommentare, die teilweise tatsächlich erfrischend kritisch, manche sogar regelrecht wirklichkeitsnah sind. Ob der Zensor nur geschlafen hat, werden wir wohl spätestens am Montag erfahren.

Es ist dennoch erschreckend, dass ein erheblicher Teil dieser Kommentatoren den Ausweg aus dieser Misere in der Piratenpartei zu sehen scheint, die ich inzwischen für keine sonderlich ernstzunehmende Alternative mehr halte. Schön zusammengefasst hat das wieder einmal Fefe hier und hier. Eine neue Partei, die aus dem Stand heraus so große Erfolge erzielt und von den Mainstreammedien mit Samthandschuhen angefasst, teilweise sogar regelrecht gepusht wird, kann niemals eine Bedrohung für das elitäre Gesindel sein. Wenn tatsächlich ein gewisses, auch nur diffuses Veränderungspotenzial in dieser Partei schlummerte, könnten wir seit Monaten einen regelrechten Medienkrieg gegen sie verfolgen, in dem aus allen neoliberalen Rohren auf sie geschossen würde. So aber werden die Piraten im besten Fall schlicht die FDP ablösen und für systemische Ruhe sorgen, während gerade die Linke weiter Wählerstimmen verliert.

Das Theater geht weiter - und die ohnehin nicht mehr wirklich vorhandene Demokratie verschwindet in der Mottenkiste der Geschichte, die mit umso grelleren, inhaltsleeren Bannern verhüllt wird, auf denen in fetten, bunten, werbewirksamen Lettern die absurden Parolen "Demokratie" und "Freiheit" geschrieben stehen.

Selbstverständlich ist auch das nur eine Wiederholung:

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Die Parteien in Deutschlands Schicksalsstunde


"Keiner will steuern, keiner will rudern, jeder will nur trocken sitzen."

(Zeichnung von Thomas Theodor Heine [1867-1948], in "Simplicissimus", Heft 10 vom 01.06.1921)