Samstag, 13. August 2011

Die westliche Welt und die Demokratie - eine Einordnung

Die viel beschworene Wertegemeinschaft gibt es nicht. Werte sind weder [in den USA] noch hier politisch entscheidend. Das wussten wir zwar immer schon. Aber vielleicht lernt jetzt mancher dazu. Und von Demokratie kann man auch nicht sprechen. Auch das ist nichts Neues, aber eindrucksvoll bestätigt worden.

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Anmerkung: In Bezug auf die USA stellt sich unwillkürlich die Frage, ob dieses Land überhaupt jemals die Bezeichnung "demokratisch" verdient hatte. Wie kann ein faktisches Ein-Parteien-System, das sich selbst aber als "pluralistisch" darstellt und dennoch klar erkennbar einzig die Interessen einer sehr kleinen und reichen Minderheit vertritt, demokratisch sein?

Das ist ungefähr genauso sinnvoll, wie den vergangenen Stalinismus der UdSSR und anderer Ost-Staaten mit Schlagwörtern wie "Kommunismus" oder "Sozialismus" zu belegen. All diese Systeme (einschließlich China und Nord-Korea) sind bzw. waren weder demokratisch, noch kommunistisch oder sozialistisch, sondern es sind bzw. waren elitäre Diktaturen. Der kleine Unterschied zu kapitalistischen Staaten besteht einzig darin, dass im Falle der westlichen Diktaturen die Repression gegen die Menschen etwas länger im Hintergrund geblieben bzw. verschleiert worden ist und die Diktatoren statt auf Personenkulte etwas mehr Wert auf austauschbare politische Marionetten gelegt haben, die dem Pöbel suggerieren sollten und sollen, dass er ja "wählen" und bei Bedarf einen "Change" herbeiführen könne.

Eines der grandiosesten Beispiele für diese perfide Variante der westlichen Diktatur haben wir erst vor wenigen Jahren selbst miterleben dürfen, als eine durch unsägliche, selbstverständlich tausendfach medial verbreitete Wahlversprechen manipulierte Bevölkerung in Deutschland die Kohl-Regierung nach 16 Jahren endlich abgewählt hat – und als "Change" dann den "Genossen der Bosse" Gerhard Schröder bekam, der mit seiner "Agenda 2010" das bereits begonnene neoliberale Zerstörungswerk der CDU und FDP in reinster Form vollendet hat - natürlich unter ativer, bereitwilliger Mitwirkung der Grünen.

War das Demokratie? Hat das Wahlvolk Kohl damals endlich abgewählt, um noch mehr neoliberale Zerstörung und die faktische Abschaffung des Sozialstaates zugunsten der Superreichen zu bekommen? Wohl kaum. - Exakt dasselbe erleben heute die Menschen in den USA: Der von Obama versprochene "Change" ist nicht nur ausgeblieben, sondern hat sich längst ins Gegenteil verkehrt – der Neoliberalismus wütet auch dort weiter und wird kontinuierlich verstärkt.

Die Unterschiede zu vergangenen Diktaturen sind da nur noch graduell. Es scheint vollkommen egal zu sein, ob oder wen man wählt – man bekommt immer denselben kapitalistischen Einheitsbrei serviert, der die Interessen der Superreichen auf Kosten aller anderer Menschen erzwingt.

Anders gesagt: Im Westen haben wir heute die "besser funktionierende" Diktatur, da sie sich besser tarnt. Dass sie dabei aber noch katastrophalere Folgen produziert als die zumeist vergangenen Diktaturen des Ostens, wird der Großteil der Menschen dank des ausgeklügelten Propagandasystems wohl erst merken, wenn der nahende Zusammenbruch tatsächlich vor der eigenen Haustüre steht. Ob das dann erneut Männer in schwarzen Mänteln sein werden oder "nur" der Verlust der persönlichen Existenzgrundlage, ist kaum vorhersehbar ... oder wie Günter Grass das endlich so schön formuliert hat:

"Ich muss und will mich nicht auf Weimar als warnendes Beispiel berufen, die gegenwärtigen Ermüdungs- und Zerfallserscheinungen im Gefüge unseres Staates bieten Anlass genug, ernsthaft daran zu zweifeln, ob unsere Verfassung noch garantiert was sie verspricht. Das Auseinanderdriften in eine Klassengesellschaft mit verarmender Mehrheit und sich absondernder reicher Oberschicht, der Schuldenberg, dessen Gipfel mittlerweile von einer Wolke aus Nullen verhüllt ist, die Unfähigkeit und dargestellte Ohnmacht freigewählter Parlamentarier gegenüber der geballten Macht der Interessenverbände und nicht zuletzt der Würgegriff der Banken machen aus meiner Sicht die Notwendigkeit vordringlich, etwas bislang Unaussprechliches zu tun, nämlich die Systemfrage zu stellen. (...)

Ist ein der Demokratie wie zwanghaft vorgeschriebenes kapitalistisches System, in dem sich die Finanzwirtschaft weitgehend von der realen Ökonomie gelöst hat, doch diese wiederholt durch hausgemachte Krisen gefährdet, noch zumutbar? Sollen uns weiterhin die Glaubensartikel Markt, Konsum und Profit als Religionsersatz tauglich sein? / Mir jedenfalls ist sicher, dass das kapitalistische System, befördert durch den Neoliberalismus und alternativlos, wie es sich darstellt, zu einer Kapitalvernichtungsmaschinerie verkommen ist und fern der einst erfolgreichen Sozialen Marktwirtschaft nur noch sich selbst genügt: ein Moloch, asozial und von keinem Gesetz wirksam gezügelt. (...)

Ein Zerfall der demokratischen Ordnungen jedoch ließe – wofür es Beispiele genug gibt – ein Vakuum entstehen, von dem Kräfte Besitz ergreifen könnten, die zu beschreiben unsere Vorstellungskraft überfordert, so sehr wir gebrannte Kinder sind, gezeichnet von den immer noch spürbaren Folgen des Faschismus und Stalinismus."

Mittwoch, 10. August 2011

Die endgültige Kapitalisierung der Universitäten - oder: In den Händen der Schlips-Borg

Der Wettkampf um "Exzellenz" und "Elite" an deutschen Universitäten ist politisch gewollt. Was er alles anrichtet, zeigt eine Publikation des Soziologen Richard Münch

(...) Seit nun fast fünf Jahren hält ein anderer Wettkampf die deutschen Universitäten in Atem. Die politisch gewollte und durch finanzielle Anreize induzierte Konkurrenz um "Exzellenz" und "Elite" hat allerdings nur noch wenig mit argumentativen Auseinandersetzungen um innovative Thesen zu tun. Wie der namhafte Bamberger Soziologe Richard Münch in seiner jüngsten Publikation nachweist, zeigt dieser Wettbewerb etwas anderes: Er demonstriert die endgültige Kapitalisierung auch jener gesellschaftlichen Bereiche, die eigentlich dem Imperativ der zeit- und aufmerksamkeitsintensiven Wahrheitssuche folgen und nun aber nach dem Maßstab kurzfristiger Nutzenerwartung bewirtschaftet werden. Universitäten mutieren zu Unternehmen des akademischen Kapitalismus, wenn "Ranking" und "Benchmarking", "Monitoring" und "Qualitätsmanagement" zu politisch genutzten Steuerungsinstrumenten werden und letztlich ökonomisch über Wissenschaft entschieden wird.

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Anmerkung: Man mag es dem Autor - einem Dozenten für deutsche Literatur - nachsehen, dass er skandalöse, unhaltbare Zustände, die eine Verabschiedung von jedweder "freien Wissenschaft" zur Folge haben, in solche Satzungetüme packt. Der Kern seiner Kritik ist allerdings richtig, wenn auch bei weitem nicht weitgehend genug.

Es ist völliger Unsinn, Universitäten wie "Unternehmen" zu behandeln und zu "führen" und ihre "Produkte" kapitalistischen Verwertungsinteressen auszusetzen. Es war von Anfang an klar, dass dabei nur eine Entwissenschaftlichung und eine Konzentration auf profitträchtige Gebiete herauskommen kann.

Allein die Begriffe "Exzellenz" und "Elite" deuten schon an, in welche schauderhafte Richtung es da geht. Man kann in den USA doch sehen, wohin diese Entwicklung zielt: Dort gibt es massenhaft "Billig-Unis", die ein sehr kurzes Schmalspurstudium ohne Wert für die breite Masse der jungen Menschen zur Verfügung stellen, und einige wenige "Elite-Unis", die aber so hohe Studiengebühren verlangen, dass normale Menschen sie sich ohne Stipendien (die natürlich aus privaten Mitteln willkürlich und extrem spärlich vergeben werden) niemals leisten können. So werden sowohl die allgemeine Bildung, als auch die allgemeine Forschung und Wissenschaft rein kapitalistischen Gesetzen unterworfen, die nichts, aber auch gar nichts mehr mit dem Idealbild der "freien Wissenschaften" und einer gleichguten Bildung für alle zu tun haben.

Auch auf die im Artikel benannten Unterschiede zwischen dem kapitalistischen und dem wissenschaftlich orientierten Wettbewerb muss explizit hingewiesen werden. Ich kann dem Autor zwar insoweit nicht folgen, da ich auch im kapitalistischen Wettbewerbssystem eher eine soziale und ökologische Totalkatastrophe erkenne und alles andere als eine "optimale Allokation von Angebot und Nachfrage" - aber sei's drum. Im universitären System von Forschung und Lehre wirkt dieser alberne Wettbewerb jedenfalls ebenso katastrophal und hat ebenso unabsehbare Folgen - gerade für alle wissenschaftlichen Bereiche, die sich keiner direkten und kurzfristigen Profitschöpfung unterwerfen lassen. Das betrifft tatsächlich den Großteil aller wissenschaftlichen Forschung und Lehre.

Es ist ein vollkommenes Rätsel, dass es an deutschen Universitäten so ruhig bleibt. Man darf zwar getrost vermuten, dass der stark erhöhte Druck auf Studierende, die massive Verschulung und Verkürzung der Studiengänge sowie die zunehmende Prekarisierung des wissenschaftlichen und des Lehrpersonals da eine große Rolle spielen - aber dennoch irritiert diese Ruhe doch sehr. Als ich noch zum Kreis der Studierenden gehörte (was gar nicht so lange her ist), haben uns (einschließlich nicht weniger Dozenten) noch weitaus geringere Skandale auf die Palme und damit auf die Barrikaden gebracht.

Dieser radikale Umbau der Hochschullandschaft in Deutschland wird - neben dem Aussterben ganzer Wissenschaftszweige - zur Folge haben, dass wir zukünftig noch viel mehr austauschbare Schlips-Borg überall herumsitzen haben, die schlecht ausgebildet viel verbalen Müll reproduzieren und dabei doch nur dem Kollektiv der "Elite" zuarbeiten - darauf hoffend, selber doch bitte auch zur "Elite" zu gehören. Es sind gruselige Zeiten des puren Egoismus, die uns erwarten.

Nochmals zum Mythos des "Fachkräftemangels": Arbeitslosigkeit steigt rasant

Trotz des Fachkräftemangels verlieren viele qualifizierte Beschäftigte ihren Job. So haben sich einem Zeitungsbericht zufolge in der ersten Hälfte dieses Jahres 110.000 Beschäftigte mit Hoch- oder Fachschulabschluss arbeitslos gemeldet.

(...) In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres seien rund 908.000 Beschäftigte mit einer betrieblichen Ausbildung arbeitslos geworden, berichtete die Saarbrücker Zeitung. Das seien 5,7 Prozent aller gut 16 Millionen Beschäftigten in dieser Kategorie.

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Anmerkung: Zum angeblichen "Fachkräftemangel" habe ich vor gut einem Monat bereits etwas geschrieben. Diesen "Mangel" gibt es nicht, er ist eine schlichte Lüge, die gezielt in die Welt gesetzt wurde, um billigere Arbeitskräfte aus dem Ausland nach Deutschland zu holen, die sich von den Konzernen noch willfähriger ausbeuten und auspressen lassen (müssen). Das hält die meisten Massenmedien aber nicht davon ab, diese Lüge auch weiterhin unreflektiert zu verbreiten - selbst dann nicht, wenn man in denselben Medien ja nachlesen kann, dass momentan wieder einmal ein rapider, dramatischer Stellenabbau betrieben wird - der natürlich auch und gerade Fachkräfte betrifft. Allein aus den letzten Tagen dazu drei Beispiele (Hervorhebungen von mir):

  • "Die Deutsche Telekom will ihre Bonner Zentralverwaltung deutlich verkleinern. Bis Ende 2015 sollen bis zu 1.600 Jobs wegfallen, bestätigte ein Telekom-Sprecher am Montag (01.08.11) einen entsprechenden Zeitungsbericht." (wdr.de)


  • "Die Großbank HSBC steigert ihren Gewinn kräftig. Dennoch plant das Management einen drastischen Stellenabbau. In den kommenden Jahren sollen 30.000 Jobs wegfallen – bereits in diesem werden 5.000 Stellen gestrichen. An der Börse werden die Pläne honoriert." (n-tv.de)


  • "Nun plant das Unternehmen [Eon] einem Medienbericht zufolge den Abbau von bis zu 10.000 Stellen weltweit - mehr als zehn Prozent der Belegschaft." (n-tv.de)


  • Die Propagandamedien interessiert das alles nicht - sie setzen einfach ein Wörtchen wie "trotz" vor den "Fachkräftemangel" und erzählen gleichzeitig nach wie vor die alberne Mangel-Mär - auch dann, wenn die Konzerne gerade massenhaft Fachkräfte entlassen oder diese Entlassungen planen. Das ist wieder einmal Orwell in Reinform.

    Es gibt haufenweise Mängel in Deutschland - neben dem dramatischen Mangel an vernünftigen Normalarbeitsplätzen und einem eklatanten Demokratiemangel ist da besonders ein ins Auge stechender Mangel an revolutionärer Energie zu beklagen. Davon lesen wir in den Propagandamedien aber selbstverständlich nichts.

    Der Traum vom Ende des Geldes


    (via)


    Siehe dazu auch hier und hier.

    Sonntag, 7. August 2011

    Hunger in Afrika: "Biosprit" für den Westen statt Nahrung für Menschen in Afrika

    Äthiopien verpachtet urbares Land an Agrokonzerne und baut einen Staudamm. Menschenrechtler warnen: Die Regierung bringe die Bevölkerung in Lebensgefahr.

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    Anmerkung: Bitte unbedingt den ganzen Bericht (auch die Seite 2) lesen! Der geschilderte Vorgang in Äthiopien steht symptomatisch für eine Vielzahl von (nicht nur afrikanischen) Staaten, in denen sich eine korrupte "Elite" im Schulterschluss mit internationalen Konzernen schamlos bereichert, während die Bevölkerungen in extremes Elend und nicht selten in den Tod getrieben werden. (Siehe dazu auch: "Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter zehn Jahren")

    Die Tatsache, dass in vielen sehr armen Regionen der Welt fruchtbares Land an Konzerne des Westens "verpachtet" wird, die dort dann (oft genmanipulierte) Pflanzen - unter anderem zur Herstellung von "Biosprit" - anbauen, während die einheimische Bevölkerung enteignet oder gar vertrieben wird bzw. weiter verarmt oder gar verhungert, muss allein schon Grund genug für uns alle sein, solche Produkte konsequent zu boykottieren. Oder anders gesagt: Wer hier "Biosprit" in den Tank seines Autos füllt, ist mitverantwortlich für das Leid und den Tod der Menschen in solchen Regionen.

    Wer noch wissen möchte, wer denn nun konkret für die grausame Katastrophe, die zurzeit in Somalia und angrenzenden Regionen ihren Lauf nimmt, mitverantwortlich ist, der schaue sich dieses kurze Video an.

    Der Kapitalismus macht eine Hölle aus diesem Planeten.

    "Krude Gedanken" und ein polizeilicher Größenwahn

    Was für eine Idee! Die Gewerkschaft der Polizei fordert allen Ernstes, nach dem Anschlag von Norwegen solle eine Datei "auffällig gewordener Personen" eingerichtet werden. Internetnutzer sollen Menschen mit "kruden Gedanken" bei der Polizei melden, dort könne man sie "registrieren und identifizieren". (...)

    Alle in eine Datei! Und dann? Müssen sie einmal im Jahr zum Polizeipsychologen? Oder wird das Telefon abgehört, der Computer ausgespäht und regelmäßig die Wohnung durchsucht, damit man bloß nichts verpasst? Millionen Polizisten beargwöhnen Millionen auffällige Menschen.

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    Anmerkung: Man kann wahrlich nur noch fassungslos darüber staunen, in welchen totalitären Gedankenwelten sich sogar die Gewerkschaft der Polizei bereits verirrt. Dass nach Norwegen aus der CDU reflexartige, alberne Rufe nach der Vorratsdatenspeicherung und mehr Überwachung laut werden, war vorhersehbar. Diese Forderung der Polizeigewerkschaft aber ist um ein Vielfaches weitreichender und hätte noch unabsehbarere, schlimmere Konsequenzen für die Bürger, wie der Kommentator der taz im Text gut ausführt.

    Besonders pikant wird das ganze aber, wenn man die gewählte Formulierung der "kruden Gedanken" betrachtet, denn man darf getrost davon ausgehen, dass die kruden Gedanken der neoliberalen Bande, die im Begriff ist, aufgrund dieser Ideologie die ganze Welt in den Abgrund zu reißen, sicherlich in jener Überwachungsdatei keine Rolle spielen würden. Und wären Thilo Sarrazin und andere Rassisten auch ein Teil dieser "auffälligen Personen" - oder wären aus polizeilicher Sicht wieder einmal nur S21-, Atomkraft- oder Kriegsgegner "auffällig"?

    Ich meine: Derartige krude Überwachungsfantasien sollte sich diese Bande auch im eigenen Interesse unverzüglich aus dem Kopf schlagen - eine Wiedereinführung des Stasi-Registers in neuem Gewand ließe die blasse, dünne Fassade des "demokratischen Rechtsstaates" auch für das "normale Bürgerschaf" innerhalb kürzester Zeit wegbröckeln. Und das, liebe Gewerkschaft, wollt ihr doch nicht, gelle?

    Die Atomlüge - oder: Der Ausstieg vom Ausstieg aus dem Ausstieg des Ausstiegs

    In seiner neuesten Publikation "Die Atomlüge" zeigt der investigative Journalist Sascha Adamek in einer detaillierten Studie auf, mit welchen Tricks die deutsche Atomlobby und ihre politischen Handlanger zusammen agieren und die Öffentlichkeit täuschen, wie maßgeschneiderte Gesetze verabschiedet, staatliche Vergünstigungen durch die Hintertür abkassiert, Zwischenfälle verharmlost, im Ausland (auch nach Fukushima) ebenso hochriskante wie für die Energiewirtschaft profitable Projekte unterstützt werden und (dank rot-grüner Vorarbeit) Schwarz-Gelb innerhalb von nur kurzer Zeit den Ausstieg aus dem Atomausstieg beschließen konnte. Er hegt außerdem starke Zweifel, dass die propagierten Ausstiegspläne der Regierung Merkel/Westerwelle tatsächlich politisch unumstößlich sind.

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    Anmerkung: Dazu hatte ich im Mai bereits etwas geschrieben. Es ist exakt so, wie Adamek es im oben verlinkten Interview schildert: Bis zum propagierten "Ausstieg" aus der Atomkraft stehen uns noch drei Bundestagswahlen bevor, und nach den vorangegangenen Ereignissen muss man kein Hellseher sein um festzustellen, dass es schlichtweg in den Sternen steht, ob zukünftige Regierungskonstellationen weiterhin an diesem nicht bindenden "Beschluss" von Schwarz-Gelb - der de facto ja eine Laufzeitverlängerung um mindestens 11 Jahre ist - festhalten.

    Derweil spielt die Katastrophe in Japan medial (und auch politisch) kaum noch eine Rolle. Nur am Rande werden da unfassbare Kurzmeldungen wie diese eingestreut:

    "Der jüngste Strahlenhöchstwert an der japanischen Atomruine Fukushima dürfte weit über den gemessenen zehn Sievert pro Stunde liegen. Es sei nicht zu leugnen, dass der Wert wohl weit darüber liege, sagte ein Sprecher des Betreibers Tepco. Die Skala des verwendeten Messgeräts habe nicht weiter gereicht. Aus der Atomruine gelangt seit einem Megabeben und einem darauffolgenden Tsunami radioaktives Material in die Umwelt. Zehntausende Menschen mussten die Region deshalb verlassen." (Quelle)


    Zusätzlich kann man beispielsweise noch die Süddeutsche bemühen, die schreibt: "Zehn Sievert pro Stunde hatte ein Arbeiter in der Atomruine Fukushima vor einigen Tagen gemessen - ein schockierender Rekordwert. Doch die Strahlung dürfte noch höher liegen: Die Skala des Messgeräts reichte gar nicht weiter." und an anderer Stelle titelt: "Jede Sekunde eine Jahresdosis". So bekommt man zumindest eine leichte Ahnung davon, wie hoch die Strahlung wirklich ist. Nähere Informationen über die Kernschmelze(n) sucht man in den Massenmedien aber vergeblich. Fragen wie "Wieviele und welche Reaktoren sind betroffen?" oder "Reicht die eingerichtete Schutzzone aus, um die Menschen in Japan zu schützen?" etc. werden gar nicht erst gestellt.

    Statt dessen stellen Ernergiekonzerne schon jetzt Regressforderungen aufgrund der "erwarteten Profitausfälle" gegen den Staat und drohen gleichzeitig mit Massenentlassungen und Standortschließungen - obwohl sich zunächst überhaupt nichts ändert. Man kann den moderigen Filz der Korruption förmlich riechen ... - Das Buch von Sascha Adamek sollte eine weite Verbreitung finden!

    Nachtrag 10.08.11: Das nächste Bekennerschreiben geht ein. n-tv zitiert den Bayer-Konzernchef Marijn Dekkers: "Sollte Strom in Deutschland zu teuer werden, droht Dekkers offen mit Abwanderung. Wenn der Standort seine Wettbewerbsfähigkeit verliere, könne 'sich ein globales Unternehmen wie Bayer überlegen, seine Produktion in Länder mit niedrigeren Energiekosten zu verlagern', sagte der Bayer-Chef."