Samstag, 8. Juni 2013

Die planetarische Herrschaft der Superreichen


(...) Reden wir, wenn wir über Superreiche sprechen, über die unersättlichen Bank- und Industriemanager, deren Millionengehälter gedeckelt werden sollten? Sicher auch. Aber das sind angesichts der Dimensionen, die sich uns heute erschließen, immer noch kleine Fische. Chrystia Freeland, Geschäftsführerin und Redakteurin der Abteilung "Verbrauchernachrichten" bei Reuters, regelmäßiger Gast des Weltwirtschaftsforums in Davos, hat im Oktober 2012 ein Buch unter dem Titel "Plutocrats. The Rise of the New Global Super Rich and the Fall of Everyone Else" (Die Plutokraten. Der Aufstieg der neuen, globalen Superreichen und der Absturz von allen anderen) veröffentlicht, in dem sie die Dinge auf den Punkt bringt: "Zivilisten – das heißt alle diejenigen, die nicht an der Wall Street oder in Silicon Valley arbeiten – denken wohl, dass die 68 Millionen Dollar Jahreseinkommen des Chefs von Goldman Sachs, Lloyd Blankfein, kurz vor der Bankenkrise oder der 100-Millionen-Dollar-Bonus im Jahre 2008 von Andrew Hall, dem Derivate-Spitzenhändler von Citigroup, fürstliche Einkommen sind. Auf der Wall Street selbst aber betrachten sich sogar solche Topangestellten börsennotierter Unternehmen als kleine Mitläufer im Vergleich zu den Chefs von Hedge-Fonds, Venture-Kapital-Firmen und nicht öffentlich gelisteten Privatunternehmen."

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Anmerkung: Schon wieder ein etwas längerer Text, der es aber einmal mehr in sich hat und den ich zur allgemeinen Pflichtlektüre erheben möchte: Der Soziologe Hans Jürgen Krysmanski hat damit die Quintessenz seines Buches "0,1% – Das Imperium der Milliardäre" geschrieben, die mich ängstlich und ratlos zurücklässt. Die Zukunftsszenarien, die in diesem Text angerissen werden und größtenteils bereits im vollem Gange sind, sind pure Dystopien, die von Faschismus, Not, Elend, Leid und Tod erzählen und in dem Fazit münden:

"In dieser Lage versuchen die Geldeliten sich zu verselbstständigen. Sie beginnen im wahrsten Sinne des Wortes, auf eigene Faust mit Söldnerarmeen sowie privaten Polizei- und Geheimdiensten zu operieren, denn Klimawandel, Ressourcenprobleme und wachsende, unumkehrbare Arbeitslosigkeit deuten auf ein kommendes globales Szenario nackter Überlebenskämpfe. In einer solchen Rette-sich-wer-kann-Welt werden neue und neuartige Klassenkonflikte entstehen. Und wir alle kommen letztlich nicht darum herum, an ihnen teilzunehmen."

Das klingt alternativlos - und angesichts der furchtbaren Faktenlage fällt es auch mir extrem schwer, Alternativen anzudenken. Eigentlich fällt mir da nur die Abschaffung des Superreichtums ein, also die Enteignung dieser 0,1 Prozent. Damit wären die gröbsten Probleme und Missverhältnisse im globalen Maßstab erst einmal entschärft. Wie und vor allem mit wem soll so etwas aber global umgesetzt werden? Der Autor weist ja explizit darauf hin, dass die "politischen Eliten" (womit die jeweiligen etablierten Parteien der verschiedenen Staaten samt der staatlichen Institutionen gemeint sind) ein fester, integrierter Bestandteil der "Ringburg" der Superreichen sind, die dem Reichtums- und Machterhalt dieser verschwindend kleinen Minderheit dient.

Veränderungen können also nur von außen kommen - zu diesem offensichtlichen Schluss kommen auch die im Text zitierten "Militärexperten" - und es kann nicht überraschen, dass es eben Militärs sind, die da im Regierungsauftrag "geforscht" haben und nicht etwa Soziologen oder andere Gesellschaftswissenschaftler. Und so erschließt sich auch sofort, weshalb es auch heute schon bei Demonstrationen immer wieder zu eskalierender, extremer Polizeigewalt kommt, die offenbar einzig dem Zweck dienen soll, jene Veränderungen von außen möglichst frühzeitig schon im Keim zu ersticken. Es bedarf keiner großartigen geistigen Leistung um zu erkennen, dass all dies nichts, aber auch gar nichts mehr mit Demokratie oder einer "freiheitlich-demokratischen Grundordnung" zu tun hat.


Mittwoch, 5. Juni 2013

Song des Tages: Wolves 'n' Lambs




(Labyrinth: "Wolves 'n' Lambs", aus dem Album "6 Days To Nowhere", 2007)

From the morning to the night
Breaking news of fights
All the certainties are gone
Do you get my drift?

It's another middle age
Same old fear and rage
Sneaking slowly through our feet
They are gaining ground

Comprehension for someone
Who's trying to surround us

Too many wolves in lambs' clothing,
ready to conquer and rule

"Words of Love" or "Swords of God"
Mixed and abused
Holy wars for cursed ideals
Look out, they are here

Rising deadly like a gas
Stealing our breath
Planning slaughters at the
Shadow of distorted worths

Comprehension for someone
Who's trying to surround us

Too many wolves in lambs' clothing,
ready to conquer and rule


Anmerkung: Herzlich willkommen im kriegslüsternen Mittelalter des 21. Jahrhunderts - die Rocker aus Italien haben die Zeichen der Zeit erkannt und ein leider etwas belangloses Lied daraus gemacht, das dem wegweisenden Text nicht wirklich gerecht wird. Immerhin ist es aus musikalischer Sicht trotzdem noch immer weitaus komplexer und abwechslungsreicher als das, was uns die Medienkonzerne permanent ins Ohr drücken - aber das ist nun wahrlich auch nicht schwer. Für die neoliberale Bande zählt das aber sowieso nicht, denn hier lauschen wir bösen Linksextremisten, die die heiligen, demokratischen Friedenseinsätze der glorreichen westlichen Freiheitsarmeen in den Schmutz ziehen. Und das geht gar nicht, das ist undemokratisch und verfassungsfeindlich, denn "wir" im Westen sind schließlich die Guten. Immer und überall.

Wölfe im Lammkostüm - so etwas gibt's nur drüben bei den bösen Terroristen. Hier im Westen sind wir alle Lämmer und nehmen die Wolfsrudel in ihren hochalbernen Lammkostümen im Vorgarten nicht einmal wahr.

Mäh, mäh.

Montag, 3. Juni 2013

Die weltweite Ausbeutungspyramide am Beispiel Afrika


Die Bevölkerungen der Industrieländer sind privilegiert, weil ihre Wirtschaftsräume auf die Rohstoffe und Arbeit anderer Länder zurückgreifen können

Während [es] im Zuge von Finanzmarkt- und Immobilienkrisen, einer desaströsen Wettbewerbsdoktrin im Außenhandel, drakonischen Kürzungs- und Lohnsenkungsprogrammen sowie dem europaweit verankerten Fiskalpakt in einer der Kernregionen des Kapitalismus nun wohl zu einer schwerwiegenden Wirtschaftskrise kommen wird, die weltweit massive Auswirkungen haben dürfte und Arbeitslosigkeit sowie Ungleichheit weiter explodieren lässt, läuft man Gefahr, die menschenverachtende Ungleichheit im globalen Maßstab aus dem Blick zu verlieren.

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Anmerkung: Ich weiß, dieser Text ist lang (drei Telepolis-Seiten), nicht unbedingt durchgehend leserfreundlich geschrieben und gleitet zuweilen ein bisschen zu sehr in wirtschafts-"wissenschaftliches" Geschwurbel ab - aber dennoch möchte ich ihn als Grundlagentext für Diskussionen rund um die himmelschreiende, schon so elendig lange andauernden Armut in Afrika sehr empfehlen, weil er eben auch viele Infos und Fakten enthält, von denen die Öffentlichkeit üblicher Weise nichts erfährt, wenn sie sich nicht aktiv und aufwändig selbst darum bemüht und beispielsweise Bücher zum Thema liest.

Mir persönlich ist das umfänglich betrachtet deutlich zu biedere und zu zahme Kapitalismuskritik, da der Autor kritisch fast einzig auf die grotesken "Auswüchse" dieses Katastrophensystems hinweist - die freilich extrem schreckliche Folgen haben, aber dennoch eben nichts weiter sind als die konsequente und logische Fortführung eines absurden Systems, das letztlich zu einer Konzentration allen Besitzes, aller Ressourcen und aller Macht in einem kleinen Punkt strebt, während der Rest - also nahezu alle Menschen - leer ausgeht, und das aus diesem Grund selbstredend immer wieder kollabieren muss.

Trotzdem kommt es gerade in den "Kernregionen des Kapitalismus" so extrem selten vor, dass das Leid und Elend so vieler Menschen insbesondere in Afrika nicht nur benannt, sondern auch mit näheren Infos versehen wird - ich danke dem Heise-Verlag da ausdrücklich, dass er als einer der ganz wenigen solche Texte in regelmäßigen Abständen immer wieder publiziert. Wenn sich nun auch dort noch die schnöde Erkenntnis herumsprechen würde, dass die "Industrialisierung" und die "marktwirtschaftliche" Kopie des Irrsinns aus Europa und Nordamerika nun wahrlich keine Lösung für dieses massive Problem in Afrika und anderswo darstellen kann, wäre den Menschen dort noch viel mehr gedient. Es ist ja nun keine sonderlich neue Erkenntnis, dass im Kapitalismus nur Reichtümer von einigen angehäuft werden können, wenn dafür viele andere extreme Schulden machen - oder anders ausgedrückt: Wenn in einer Region ein (noch dazu starker) wirtschaftlicher "Boom" stattfindet (wie etwa in den 50er und 60er Jahren in Deutschland), dann muss es zwingend andere Regionen geben, in denen defizitär gewirtschaftet wird und in denen demnach Rezessionen stattfinden müssen - oder, wenn es wie in Afrika vielerorts nichts mehr zu "schrumpfen" gibt, eben Hungersnöte, Elend, Krankheit, Leiden, Tod die Folgen sind.

Derlei Gedankengänge scheinen sich viele (die meisten?) Politiker und vor allem Ökonomen längst nicht mehr zu leisten - anders sind die irrwitzigen "Rezepte" der aktuellen "Troika" in Bezug auf Europa gar nicht erklärbar, die ja von jedem einzelnen Land einen "Exportüberschuss" und ein wirtschaftliches "Wachstum" erwartet. Ich schreibe einen solchen Text ja nicht zum ersten Mal, und stets komme ich da wieder an den Punkt, an dem ich mich mit rollenden Augen frage, ob diese Gesellen das tatsächlich ernst meinen und ihren Stumpfsinn selber glauben - oder ob sie stets doch nur Nebelkerzen werfen, wohl wissend, dass sie Nonsense von sich geben, die brutalen Folgen ihres Katastrophenkurses aber bewusst in Kauf nehmen - oder, noch schlimmer, sogar darauf warten, denn am Kollaps, an Kriegen, Leid, Zerstörung und Tod lässt sich wunderbar neues Geld verdienen und das alptraumhafte System nebenbei und nahezu unbemerkt auch wieder neu starten. Die "Stunde Null" nach 1945 war tatsächlich der Neubeginn bei Null für die allermeisten Menschen in diesem Land - nicht aber für die wenigen, die schon vor, während und eben auch nach dem Krieg über den Großteil des Reichtums in Deutschland geherrscht hatten und dies bis heute tun (siehe dazu beispielsweise "Das Schweigen der Quandts").

Die Antwort bleibe ich schuldig - es mag sich einjede/r selbst ein Bild von den geistigen Kapazitäten unserer polititischen und ökonomischen "Führungselite" - oder wahlweise der wesentlich humaner und sozialer agierenden Gorillasippe, die hierzulande meist im örtlichen Zoo eingesperrt ein karges Dasein fristet - machen.

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Marsnähe
[Export zum Mars]



"Petroleum? Kohlen?? Waffen???"

(Zeichnung von Karl Arnold [1883-1953], in "Simplicissimus", Heft 22 vom 25.08.1924)