Samstag, 17. August 2013

Song des Tages: View From A Hill




(The Chameleons: "View From A Hill", aus dem Album "Script Of The Bridge", 1983)

Feel myself falling to the ground
Solitary silence - there's no sound
Open my eyes and look around
Colours and concepts that confound
All around

You wait until your time comes round again

Pick myself up and take the air
The fragrance of children everywhere
Slowly absorbed into my square
Debating what is and isn't there
Who cares

Just wait until your time comes round again


Freitag, 16. August 2013

Brüller des Tages: Der dusselige Handydieb


Kurzfassung: Einem Touristen werden im Urlaub auf Ibiza im Dezember 2012 einige Dinge im Strand gestohlen, darunter auch sein Handy. Der Dieb hat leider (oder auch glücklicherweise) übersehen, dass auf dem Handy eine Foto-App installiert ist, die jedes aufgenommene Foto automatisch in den dropbox-Fotoordner des ursprünglichen Besitzers ins Netz hochlädt, so dass dieser nach seiner Rückkehr nach Deutschland erstaunt mitverfolgen konnte, wie immer neue Fotos aus Dubai, wo der Dieb sich nun offenbar wieder aufhielt, erschienen.

Nachlesen könnt ihr diese Brüllnummer inklusive einer hübschen Fotoauswahl hier. Um chronologisch zu lesen, müsst ihr ganz nach unten scrollen, und auf der Seite 1 geht es dann unten weiter.

Der letzte Eintrag ist vom 14. August - anscheinend hat das Diebesgenie immer noch nicht bemerkt, dass seine Handyfotos weitaus mehr Betrachter haben, als er sich das vorstellen mag ... ;-)


(Unkenntlichmachung von mir)

Etwas vergleichbar Transparentes wünsche ich mir ja sehnlichst bezüglich der ganzen kriminellen Schlips-Borg in den Chefetagen der Wirtschaft und natürlich in der Politik.

Donnerstag, 15. August 2013

Zitat des Tages: Staatsmorphium


Neulich mittag saß auf einer deutschen Anklagebank – also einem durchaus reputierlichen Ort – ein Ding, das der ziemlich guten Nachahmung eines Menschen glich. Es war ein ehemaliger Soldat.

Als der Stumpf noch ein Mensch war, hatte er während des Krieges derart schwere Verletzungen erlitten, dass die jahrelangen ununterbrochen anhaltenden Schmerzen nicht anders zu dämpfen waren als mit Morphium. Der Staat, der seinem entlaufenen Kaiser monatlich 50.000 Mark zahlen kann, ungerechnet die Werte, die ER sich hat über die Grenze schieben lassen – der Staat hatte für das Bündel Schmerzen kein Geld, aber Morphium in natura. Der Mann bekam also, wie im Gerichtssaal angegeben wurde, ›Staatsmorphium‹. Alle paar Tage ein paar Gramm.

Immer, wenn die Nerven dumpf aufheulen wollten, piekte die kleine Spritze in die schmutzige Haut, und dann legten sie sich wieder zu scheinbarer Ruhe. Wie hinter Watte tat es nur noch weh.

Sie hatten den Stumpf wegen Bettelei angeklagt, was gleichgültig ist, und der Staatsanwalt kam zu irgendeinem juristischen Resultat, die Einstellung des Verfahrens betreffend, was noch gleichgültiger ist, Verwaltungsmaßnahmen sind auch dann nicht der Nachprüfung wert, wenn sie sich Urteile nennen. Der Mensch ging im Dämmerzustand heraus. Er wusste gar nichts von sich. Er lebt ständig im Dusel: voll von Staatsmorphium.

Er ist nicht allein, sondern hat Kollegen: 60 Millionen.

(Ignaz Wrobel alias Kurt Tucholsky [1890-1935], in "Die Weltbühne", Nr. 46 vom 17.11.1925)

Anmerkung: An diesen Tucholsky-Text musste ich unwillkürlich denken, als ich gestern zufällig Ausschnitte aus der Wahlkrampf-Propaganda-Show der Merkel sah - inklusive völlig hirnverbrannter Ochsen und Ziegen, die dem dicken Schleimbolzen aus der Uckermark am Wortblasenpult wie von Sinnen zujubelten und dabei "Angie"-Schilder schwenkten. In welchem Paralleluniversum leben solche Gestalten, welche Drogen muss man konsumieren, um in diese Raum-Zeit-Verzerrung abzugleiten? Da reicht "Staatsmorphium" doch längst nicht mehr aus, das muss ein weitaus härterer Stoff sein ...

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Deutscher Herbst


"Obsternte gleich Null und dabei diese Blumenpracht! Auch in der Natur überall Pleite, verdeckt durch Festlichkeiten."

(Zeichnung von Thomas Theodor Heine [1867-1948], in "Simplicissimus", Heft 25 vom 21.09.1925)

Montag, 12. August 2013

Die Sehnsucht nach dem traumlosen Land des Schlafes, oder: Die neoliberal verordnete Wahlenthaltung der nicht ganz so dummen Schafe


Ich bin momentan so träge, was das Schreiben von Blogtexten betrifft. Ich habe hier einen längeren Text vor mir, der die Anbiederungsversuche der Linken an SPD und Grüne zum Inhalt hat, um den ich mich seit Tagen immer wieder drücke ... es kommt mir alles so sinnlos vor, ich habe starke Fluchttendenzen zur Zeit und würde mich am liebsten aus dem politischen Geschehen vollkommen ausklinken, auch wenn das gar nicht geht und es zudem grundfalsch ist, wie ich weiß, wenn ich das Gehirn wieder anwerfe. Woher soll bloß die Motivation kommen, wenn das gesamte Ausgangsbild so dermaßen falsch, grotesk und verzerrt ist und unaufhaltsam weiter in die falsche Richtung driftet?

Ich weiß, gerade bei denjenigen, die hier mitlesen, renne ich damit offene Türen ein ... aber ich brauche mich nur mit "normalen BürgerInnen" zu unterhalten, wie ich das am Sonntag wieder getan habe, um zu wissen, dass der Zug längst an der Eisenwand zerschellt ist. Da ist nichts zu machen, die erkennen und wissen es nicht, und wenn entgegen jeder Vermutung tatsächlich der völlig absurde "Erdrutsch" stattfindet und der Steinbrück im September Kanzler wird, wird sich dennoch nichts verändern. Den wirklichen Erdrutsch, der stattfinden müsste, begreifen die allermeisten Menschen in diesem Land gar nicht. Denen könnte ich genauso etwas vom Aluhut, vom fliegenden Spaghettimonster oder von dem überaus schäbigen Volk der Ferengi erzählen - das hat exakt denselben Stellen- und Relevanzwert.

Den Vogel abgeschossen hat dann am Sonntagabend eine Passage im "Tatort", den ich aufgrund meines komatösen Zustandes laufen hatte, während ich (vergeblich) versucht habe, endlich ins traumlose Land des Schlafes zu wechseln: Da brüllte irgendein aufgebrachter, von der Kündigung bedrohter Mensch in die Kamera, dass Menschen, denen man "die Arbeit nehmen" wolle, ja alles (mit mindenstens drei Ausrufungszeichen) täten, um das zu verhindern. Das ist ein Paradebeispiel für die groteske und zutiefst verinnerlichte Perversion des Kapitalismus. Was diese Filmfigur wirklich meinte, war natürlich, dass ein Mensch selbstverständlich auf die Barrikaden geht, wenn man ihn der materiellen Existenzgrundlage beraubt. Soweit hatte er recht. Aber die Gleichsetzung von "Existenzgrundlage" und "Arbeit" ist so weit fortgeschritten in dieser Alptraumgesellschaft, dass es niemandem mehr einfällt, ein "gutes Leben" jenseits der Arbeit einzufordern. Und niemand stellt mehr das kapitalistische, abgrundtief perverse Grundprinzip in Frage, das da lautet: Ich muss mich, in welcher Form auch immer, prostituieren (also "arbeiten" bzw. meine Arbeitskraft ausbeuten lassen), um überhaupt erst ein Recht auf ein halbwegs angemessenes Leben zu erwerben. Das ist ein Kernelement der kritisch angestrichenen Sonntagabendunterhaltung im öffentlich-rechtlichen TV heute - untermalt von viel Gewalt, Polizeiunrecht und dem üblichen Bild des generalverdächtigen Bürgers, der sich der Obrigkeit selbstverständlich rund um die Uhr zur Verfügung zu halten hat und auch nichts dagegen unternehmen kann (bzw. soll), dass sich die Polizei zu jeder Zeit und in jeder Form Zutritt zur Wohnung und zum intimsten Umfeld verschaffen kann.

Danach hatte ich keine Lust mehr auf Opposition. Das ist nicht nur ein Kampf gegen Windmühlen, sondern ein Kampf gegen einen gewaltigen, dermaßen widerwärtigen und übermächtigen Strom, der schlicht niemals zu gewinnen ist. Die alberne Geschichte von "David gegen Goliath" steht ja nicht zufällig gerade in dem Verdummungsbuch Nr. 1 der abendländischen Welt - nämlich in der Bibel, der wir ja unter Anderem auch entnehmen dürfen, dass Jesus etwas gegen "Händler im Tempel", gegen Zinshaie und Superreiche, die niemals "ins Himmelreich gelangen", und gegen Gewalt gegen wirkliche oder vermeintliche "Sünder" hatte. Angesichts der Gesellschafts- und Kirchengeschichte kann man darüber nicht einmal mehr müde lächeln - besteht sie doch im Wesentlichen aus eben diesen Elementen, die angeblich zu bekämpfen seien.

Wenn ich irgendwo dieses erbärmliche Schauspiel miterleben muss, wie sich CDU, SPD, Grüne und FDP in so dermaßen peinlichen Wahlkampfallüren in hochalbernen Minidetails gegeneinander auspielen, während doch für jedermann offenkundig sichtbar und nicht im Entferntesten bezweifelbar ist, dass diese "Wahlkämpfer" eben "Wahlkämpfer" sind und unterm Strich alle dasselbe stinkende kapitalistische Kloakedepot anstreben ... dann bleibt mir nicht mehr viel übrig, was außer multiplen Kotzanfällen und eine sich fast zwangsläufig anschließenden Flucht in den Boykott - oder besser noch: in die geistige Ausklinkung aus diesem Theater für Irrsinnige und Dummgehaltene - noch bleibt.

Es ist nur gut, dass es den einen oder anderen lieben Menschen in meinem Umfeld gibt, der mich vor diesem fatalen, kontraproduktiven Ausstieg doch immer wieder bewahrt - tausend Dank an M. in diesem Falle. Der - keineswegs einzige, aber durchschlagendste - Grund dafür ist dieser:

"Also werde ich – auch wenn ich die Faust balle in der Tasche – zur Wahl gehen. Ich werde eine kleine Partei wählen, die wirklich links ist und das herrschende System überwinden will. Vielleicht scheitert auch sie an der 5-Prozent-Hürde. Sie ist ja auch schon unter Kohl gescheitert. Hauptsache, Rechtskonservative und Rechtsextreme bleiben unter den magischen 5 Prozent. Wenn 10 Millionen Leute wählen gehen, liegt die Hürde bei 500.000 Wahlzetteln. Wenn aber 20 Millionen Zettel abgegeben werden, liegt die Hürde bei einer Million Zetteln! Hohe Hürde für die Rechtsextremen!"

Ich höre meine innere Stimme schon wieder, die mir angesichts dieser Aussage erzählt, dass CDU, SPD, FDP und Grüne ja nichts anderes als faschistische Parteien sind bzw. dass sie ein entsprechendes faschistisches System, das sie ja längst geschaffen haben, betonieren wollen und dass sie die NPD, AfD, PdV oder wie sich die braunen Vasallen des Kapitals auch immer nennen mögen, gar nicht brauchen, aber ...

... was zum Teufel sollen Wahlboykotte oder ungültige Stimmen an dieser Totalkatastrophe denn ändern? - Wählt die MLPD, wenn es sein muss, oder "Die Partei" - das wäre ein Zeichen, das diese Schlips-Borg zur Kenntnis nähmen. Alles andere juckt sie nicht und macht ihre Schlipse und ihre Habgier nur noch geschmeidiger.