Samstag, 19. November 2016

Zitat des Tages: "Besorgten Bürgern" ins Stammbuch!


Gewissen Bürgern ins Stammbuch!

Man war nicht restlos einverstanden,
Das Ganze war doch gar zu roh:
Die üblen braunen Mörderbanden,
Gestapo, Strang und Zwang und so,

Doch war die Aussicht, zu verdienen,
Dabei so gut, aus diesem Grund
Da blieb es bei den Flüstermienen,
Man hielt zu Lug und Trug den Mund.

Und weiß man viel von den Methoden,
Von Himmlers Menschenmetzelei,
Ein Trost: Den Juden galt's und Roten,
Den andern galt's mehr nebenbei!

So ließ man Hitler weiter wüten,
Marschstiefelwichse als Gehirn,
Und wand den Lorbeer, den verfrühten,
Um seine peinlich enge Stirn.

Und statt den Untergang zu wittern
Von Freiheit, Recht und von Kultur,
War man bereit, mitreinzuschlittern.
Nun schlittert nur, nun zittert nur!

(Ernst Klotz [1894-1970]: "Gewissen Bürgern ins Stammbuch!", in: "Der Simpl", Nr. 1 vom 28.03.1946)

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Der fliegende Holländer



(Zeichnung von Max Radler [1904-1971], ebd.)

Freitag, 18. November 2016

Der brabbelnde Spießer


Er hat es schon wieder getan. Wiederholungstäter wie Roland Faulfuß werden einfach nicht müde, immer und immer wieder ihrer esoterischen Mission zu folgen und das Gehirn der zum Lesen (und Schweigen) Verdammten solange zu ficken, bis nur noch brauner Matsch übrig bleibt.

Aktuell hat sich die dämmernde Funzelbirne auf Weckers Mönch-Blog "Jenseits der Realität" über das Thema "Göttliches Gehirntraining" erbrochen. Der Kollege vom frei-blog hat sich dazu bereits kreativ ausgelassen. Man muss diese salbungsvollen Worte auf sich wirken lassen: Da werden aus gehirnlosen bayerischen Rosenkranz-Omis im Handumdrehen "spirituelle" Leuchttürme, die dem verfaulenden Fuß den Weg in Gottes Reich zeigen. Den Kranken dieser Welt ruft Faulfuß aufmunternd zu: "Folgt mir auf dem Weg der Mantras, Gebete und Meditationen, liebe Schafe, dann werdet auch ihr endlich gesunden!"

Solcher Schmonzes ist aber nicht nur hanebüchen und äußerst witzig, sondern leider auch sehr gefährlich. Es gibt in dieser steinzeitlichen Welt leider Menschen - und das sind gar nicht wenige -, die nur allzu anfällig sind für derlei Hokuspokus. Es reicht daher nicht aus, sich über den offensichtlich Verwirrten lustig zu machen - es gilt vielmehr, die Hirnlosigkeit vehement zu bekämpfen. Lest Euch den wirren Text in Gänze durch (sofern das ohne blutige Schädelverletzungen möglich ist) und macht Euch klar, dass dieser debilen Gülle eine erhebliche Anzahl von "mündigen" Menschen auf den Leim geht, auch wenn man das partout nicht glauben mag.

Faulfuß schreibt allen Ernstes:

In einer ihrer jüngsten Studien stellten Newberg und Waldman nämlich fest, "dass das rituelle Rosenkranzbeten sowohl Spannung wie auch Stress und Angst abbaut." Also nehme ich manchmal sogar das "Ave Maria" in mein Ritual auf. Wenn während einer meiner Übungen ein junger Mensch am Fenster lauschen würde, dächte er vielleicht verächtlich: "Was ist das für ein brabbelnder Spießer?"

Ich bin nun weder ein junger Mensch, noch lausche ich an den Fenstern der Wohnungen verwirrter Esos - wenn ich aber dennoch solche Handlungen mitbekäme, spräche ich unverzüglich meine Empfehlung einer Einweisung ins Irrenhaus aus. Wahrscheinlicher ist indes, dass ich selbst längst den Verstand verloren habe und lediglich meinen Zellennachbarn belausche, den ich selbstverständlich - im günstigsten Falle - für einen brabbelnden Spießer halte.


(Der brabbelnde Spießer während eines "Rituals")

Donnerstag, 17. November 2016

Zitat des Tages: Trübsinn


Weltunglück geistert durch den Nachmittag.
Baracken fliehn durch Gärtchen braun und wüst.
Lichtschnuppen gaukeln um verbrannten Mist,
Zwei Schläfer schwanken heimwärts, grau und vag.

Auf der verdorrten Wiese läuft ein Kind
Und spielt mit seinen Augen schwarz und glatt.
Das Gold tropft von den Büschen trüb und matt.
Ein alter Mann dreht traurig sich im Wind.

Am Abend wieder über meinem Haupt
Saturn lenkt stumm ein elendes Geschick.
Ein Baum, ein Hund tritt hinter sich zurück
Und schwarz schwankt Gottes Himmel und entlaubt.

Ein Fischlein gleitet schnell hinab den Bach;
Und leise rührt des toten Freundes Hand
Und glättet liebend Stirne und Gewand.
Ein Licht ruft Schatten in den Zimmern wach.

(Georg Trakl [1887-1914]: "Trübsinn", in: "Gedichte", Kurt Wolff 1913)





Anmerkung: Lutz Görner zitiert in seinem verlinkten Beitrag auch aus dem Tagebuch Trakls: "Ich sehne den Tag herbei, an dem die Seele in diesem armseligen, von Schwermut verpesteten Körper nicht mehr wird wohnen wollen - und können; an dem diese Spottgestalt aus Kot und Fäulnis verlassen wird, die ein nur allzu getreues Spiegelbild eines gottlosen, verfluchten Jahrhunderts ist. Es ist ein namenloses Unglück, wenn einem die Welt entzwei bricht." - Dazu ist nichts weiter zu sagen.

Mittwoch, 16. November 2016

Song des Tages: Megalomania




There's a little bit of Adolf in everyone
And the hand that holds the whip sometimes has all the fun
There's a hidden desire that wants to rock the earth
And beat up old Idi Amin - for what it's worth!

Singing: Ooh Megalomania ...

Take a little ego, take a lot of money
Add some psychosis to the land of milk and honey
Get it on the radio, the TV and the paper
Stir up the nation - then you can rape her!

Ooh Megalomania ...

Call in the army, buy a politician
Promise anything to improve your own position
Print yourself some money, buy the world on a short-term loan
Invade Tasmania, then you call it home!

Ooh Megalomania ...

Legalize murder, imprison the students
A public execution or two
Put up the taxes on necessity
Be strong in everything you do
Let your supporters live in luxury
But shoot them in the back when they get too smart
Keep one step ahead of yourself:
Beware of that poison dart!

And the businessman sits dreaming in his office
Of making his next big deal!
The one that will bring down the president
Everybody will click their heels!
The people on the streets will turn to him
Because he has the answers!
One night in the White House he'll confess to his wife:
"You know I'm just a necromancer ..."

Ooh Megalomania ...



(Skyhooks: "Megalomania", aus dem Album "Guilty Until Proven Insane", 1978)

Anmerkung: Es ist schon ernüchternd, dass ich heutzutage auf eine australische Band der 70er Jahre zurückgreifen muss, um den Irrsinn unserer Zeit zu illustrieren. Ich kenne jedenfalls keinen Song, der den aktuellen kapitalistischen Gehirnmatsch noch besser karikiert.

Aus musikalischer Sicht ist hier besonders der witzige Wechsel vom gefälligen, satirisch überzeichneten Pop-Song zum "anarchistischen Chaos" bemerkenswert, sobald vom "businessman" die Rede ist. Das Cover der LP mit dem bezeichnenden Titel muss ich nicht weiter kommentieren.

Dienstag, 15. November 2016

Nein, sie brauchen keinen Führer


Rassismus und Menschenfeindlichkeit sind wieder heimisch in Europa - natürlich gerade auch in Deutschland. Man hat sich längst daran gewöhnt. Es treibt fast niemandem mehr die Fassungslosigkeit ins Gesicht, wenn immer wieder Flüchtlingsunterkünfte brennen und Menschen von braunen Banden angegriffen oder direkt staatlich drangsaliert und terrorisiert werden. Bei n-tv las ich kürzlich:

Straftaten mehr als verdoppelt / Gewalt gegen Ausländer nimmt stark zu / Städte wie Bautzen, Heidenau oder Freital sind aufgrund rechtsextremer Gewalt in die Schlagzeilen geraten - doch sie sind keine Einzelfälle mehr. Politisch motivierte Straftaten nehmen weiter zu. In Ostdeutschland ist der Anstieg besonders deutlich.

Selbstverständlich ist dieser Rassismus nicht über Nacht vom Himmel gefallen. Er war nie verschwunden, weder im Westen, noch im Osten. Dass er sich heute wieder so vehement bemerkbar macht, hat gewiss viele Gründe, von denen die "Wiedervereinigung" nur einer ist. Es lässt sich mannigfaltig belegen, dass die Ausrichtung der europäischen und deutschen Politik seit 1990 rasant nach rechts außen gerückt ist bzw. wurde. Die menschenfeindlichen Ausfälle aus politischen und begleitenden medialen Kreisen seit dieser Zeit reißen nicht ab, sondern nehmen ganz im Gegenteil weiter an Fahrt auf. Ist es da tatsächlich verwunderlich, dass diese böse Saat teilweise auf fruchtbaren Boden fällt?

Die offiziellen, politischen Gründe für die Abwertung, Ausgrenzung und Ablehnung hilfsbedürftiger Menschen sind oftmals rein ökonomischer Natur. So war am selben Tag ebenfalls bei n-tv exemplarisch zu lesen:

Unterbringung und Betreuung / So viel kostet Deutschland ein Flüchtling / Knapp 900.000 Flüchtlinge sind im Jahr 2015 nach Deutschland gekommen - überwiegend aus Syrien. In diesem Jahr werden weniger als 300.000 Menschen erwartet, die hierzulande Schutz suchen. Besonders die Städte ächzen unter den damit verbundenen Kosten.

Natürlich wird auch in diesem Text nicht erwähnt, dass es hier wie immer um eine Schimäre geht, die sich aus Verteilungskämpfen zwischen Bund, Ländern und Kommunen ergibt. Auch der groteske Superreichtum einiger weniger Widerlinge, die sich in ihren überquellenden und stetig expandierenden Geldspeichern verschanzen, wird nicht erwähnt. Und dass allein Deutschland im kommenden Jahr beispielsweise für die militärische "Verteidigung" [sic!] satte 37 Milliarden (plus 1,7 Milliarden) Euro auszugeben gedenkt - also mehr als dreimal soviel wie die geschätzten Kosten für Flüchtlinge -, interessiert in diesem Zusammenhang weder die Politik, noch die Journaille oder die "besorgten Bürger". Die perversen Besitzer der Rüstungskonzerne freut's gewiss.

Diese ökonomisch-verzerrte Sichtweise hat gute Tradition in Deutschland, wie das unten zu sehende Plakat anschaulich illustriert. Auch damals war das bereits eine lächerliche, rassistische Milchmädchenrechnung, die fernab jeder Realität semi-religiös vor sich hin waberte - heute gilt das angesichts der abstrusen, elitären Privatvermögen in Fantastillionenhöhe gleich in potenzierter Form.



(Plakat einer faschistischen Ausstellung des Reichnährstandes über "Rassenhygiene" mit der Aufschrift: "Hier trägst Du mit. Ein Erbkranker kostet bis zur Erreichung des 60. Lebensjahres im Durchschnitt 50.000 [Reichsmark]." In: "Volk und Rasse", Illustrierte Monatszeitschrift für deutsches Volkstum [sic!], hg. v. Heinrich Himmler und Richard Walther Darré, Nr. 10, 1936)

Auf diesem verkommenen Planeten wäre längst - und das gilt wahrlich nicht erst seit Neuestem - ein von materiellen Sorgen freies Leben für alle Menschen möglich. Selbst in der kapitalistisch verseuchten Welt von heute wäre das machbar, ohne dass die selbsternannte "Elite" auf ihren dekadenten, lächerlichen, vollkommen absurden Luxus verzichten müsste: Sie könnten doch ihre Villen, ihre Automobile, ihre Jachten, ihre Flugzeuge oder Helikopter behalten - dafür benötigt man keine Milliarden. Trotzdem sind wir heute genauso weit von diesem Ziel entfernt wie vor 100 Jahren - und Politik, Medien und viele BürgerInnen gehen wieder einmal statt dem elitären Pack viel lieber den Schwächeren und Schwächsten, die sich kaum wehren können, an die Gurgel.

Ich ziehe mir die Bettdecke über den Kopf, bevor ich angesichts dieser grotesken Farce noch selber zum Menschenfeind werde.

Montag, 14. November 2016

Die Gestapo: Menschenverachtung, bürokratisch organisiert


Eine Dokumentation von Holger Hillesheim und Wolfgang Schoen aus dem Jahr 2004. Etwaige Ähnlichkeiten mit aktuellen Begebenheiten sind sicher rein zufällig und keineswegs beabsichtigt.

1. Hitlers schärfste Waffe


2. Terror ohne Grenzen


3. Henker an der Heimatfront

Schöne neue Welt, Kapitel 37: Manipulierte Audio-Dateien


Das "digitale Zeitalter" ist nicht nur eine Ära des "zukünftigen Vergessens", sondern zunehmend auch ein sumpfiger Tummelplatz der nicht mehr erkennbaren Manipulation. Ein kleiner Rückblick dazu:

Schriftliche Aufzeichnungen waren lange Zeit kaum oder nur unter großem Aufwand manipulierbar - das galt für Handgeschriebenes, aber auch für Gedrucktes gleichermaßen, sofern es nicht die ganze Auflage eines Buches oder einer Zeitung betraf. Das hat sich schon seit langem geändert - ein digital gespeicherter Text lässt sich problemlos von fast jedem innerhalb kürzester Zeit verändern, komplett umgestalten oder löschen. Dasselbe gilt seit ebenfalls geraumer Zeit für digital gespeicherte Bilder, die inzwischen auch von Laien ohne großen Aufwand fast beliebig verändert werden können. Auch Videos gehören inzwischen zu diesem Spektrum - beispielhaft dürfte wohl jedem noch der Scoop der Böhmermann-Redaktion bezüglich des angeblichen Varoufakis-Stinkefingers in Erinnerung sein.

Zukünftig wird das auch Audio-Dateien betreffen, also gesprochene, digital gespeicherte Texte. Der WDR-Blogger Jörg Schieb schrieb dazu vor zehn Tagen:

VoCo heißt das Projekt [von Adobe]. Die Idee dahinter ist so einfach wie erschreckend: Wenn alles perfekt funktioniert, soll es möglich sein, den gesprochenen Text jedes Menschen mit der Software umarbeiten zu können. Man kann den Menschen dann praktisch alles sagen lassen. Anfangs wird man das noch ein bisschen hören können, irgendwann soll es aber (nahezu) unmöglich sein zu erkennen, dass am gesprochenen Satz etwas geändert wurde. Wenn ich sage "Ich arbeite gerne beim WDR und mein Blog Digitalistan ist ein Quell steter Freude", könnte VoCo daraus mühelos machen: "Mein WDR-Blog Digitalistan ist viel Arbeit". Und das wäre noch ein harmloses Beispiel. / Die Software braucht dazu rund 20 Minuten gesprochenes Material einer Person.

Es dürfte also nicht mehr allzu lange dauern, bis man nicht nur Texten, Fotos und Videos mit einer gesunden Skepsis begegnen muss, sondern auch der aufgezeichneten, individuellen und oft unverkennbaren Stimme eines bestimmten Menschen. Da eröffnen sich nicht nur diversen Spinnern, den Widerlingen der Reklame-Pest sowie der Filmindustrie ganz neue Betätigungsfelder, sondern selbstverständlich auch den Propagandamedien, der korrupten politischen Bande und natürlich den organisierten Lobbyisten des Kapitals.

Ebenfalls gehört nicht viel Fantasie dazu sich auszumalen, wohin diese Entwicklung über kurz oder lang unweigerlich führen wird: In einer komplett digitalisierten Informationswelt wird es ein Leichtes sein, jedwede Information jederzeit zu generieren, zu unterdrücken oder beliebig zu manipulieren - völlig unabhängig vom Wahrheitsgehalt.

Im kapitalistischen Katastrophensystem kann das nicht gut ausgehen. Und das ist beileibe keine Schwarzmalerei.

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Screenshot: Original und Fälschung nach drei Minuten "Arbeit"