Samstag, 12. Februar 2011

Zitat des Tages: Staatlich inszenierter Terror in Deutschland

Als Celler Loch wurde die "Aktion Feuerzauber" der niedersächsischen Landesbehörde für Verfassungsschutz bekannt, bei der am 25. Juli 1978 ein rund 40 Zentimeter großes Loch in die Außenmauer der Justizvollzugsanstalt Celle gesprengt wurde. Damit sollte ein Anschlag zur Befreiung von Sigurd Debus vorgetäuscht werden, der als mutmaßlicher Terrorist der RAF im Celler Hochsicherheitsgefängnis einsaß. Angeblich wollte man auf diese Weise einen Informanten in die RAF einschleusen.

Als involviert und informiert gelten die GSG 9 des Bundesgrenzschutzes, die Landesregierung unter Ernst Albrecht (CDU) sowie die Anstaltsleitung.

(Quelle: Wikipedia)



Anmerkung: Es sei nur der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass Ernst Albrecht der Vater Ursula von der Leyens ist. - Unser "Verfassungsschutz" ist schon ein grandioser Haufen, der uns vorbildlich schützt, finden Sie nicht auch? Ohne ihn versänke Deutschland gewiss im Chaos und ... *räusper* ... Terror.

Stasi-Methoden in der BRD: 40 Jahre rechtswidrige Bespitzelung durch den "Verfassungsschutz"

Fast 40 Jahre lang hat der Inlandsgeheimdienst den Bremer Menschenrechtler [und heutigen Verfassungsrichter] Rolf Gössner bespitzelt. Rechtswidrig war das von Anfang bis Ende, hat das Verwaltungsgericht Köln gestern geurteilt.

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Anmerkung: Nun ist also ein Fall der Bespitzelung durch den "Verfassungsschutz" aufgeflogen, weil der Betreffende inzwischen selbst Verfassungsrichter geworden ist. Man muss sich das auf der Zunge zergehen lassen: Der Mann wurde fast 40 Jahre lang überwacht und ausspioniert - gefunden hat man offensichtlich nichts, denn sonst wäre er ja heute gewiss nicht Verfassungsrichter. 40 Jahre!!! Was sind das bloß für Zustände? Schauriger können diese Gesellen die ehemalige DDR gar nicht malen, als sie selber agieren.

Wieviele andere solche Fälle mag es wohl noch geben, von denen wir aber nie erfahren werden? Diese Geheimhaltungstaktik, die Gössner im Interview ja auch anspricht und anschaulich macht, wird es erfolgreich verhindern, dass zu unseren Lebzeiten etwas davon ans Tageslicht kommt, wieviele Menschen aus welchen Gründen wie lange vom Geheimdienst überwacht wurden und werden.

Eine redundante Frage möchte ich auch noch stellen: Welche Konsequenzen ergeben sich aus diesem Gerichtsurteil nun für den "Verfassungsschutz"? Sie ahnen es schon: Keine. Der wird einfach so weitermachen wie bisher und jenseits jedweder öffentlichen oder parlamentarischen Kontrolle seinen Bespitzelungsvergnügen nachgehen. Und daran will die neoliberale Bande auch ganz offensichtlich nichts ändern. Dann und wann fliegt eben mal einer dieser Fälle auf und zwei, drei Zeitungen berichten darüber - danach ist das wieder in der Versenkung verschwunden, vergessen, als sei es nie geschehen, und man macht einfach weiter wie zuvor.

Was unterscheidet Deutschland doch gleich von einem Unrechtsstaat?

Sicherungsverwahrung für Marihuana-Händler

(...) Fast schon als Berufsverbrecher sieht Psychiater Dr. Sven Kutscher den 62-jährigen Ewald N., der einen großen Teil seines Lebens mit Rauschgifthandel finanzierte. Jetzt gab es die Quittung für den Altenessener: Die XVII. Strafkammer des Landgerichtes ordnete seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (SV) an und verhängte außerdem sechseinhalb Jahre Haft wegen seines schwunghaften Handels mit Marihuana.

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Anmerkung: Wieder einmal lassen sie ihre Masken fallen: Da wird die (vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ohnehin für illegitim erklärte) Sicherungsverwahrung für einen Menschen beschlossen, der Marihuana verkauft hat. Seltsam, dass in den Massenmedien und den blumigen Ansprachen der Politiker im Zusammenhang mit der Sicherungsverwahrung stets nur von übelsten Schwerverbrechern, Kinderschändern oder Serienmördern die Rede ist - nie aber von jemandem, der zum wiederholten Male beim Handel mit Marihuana erwischt worden ist.

Man kann zu diesem Zeug ja stehen, wie man will - aber es ist angesichts der verhältnismäßigen Harmlosigkeit dieser Droge vollkommen unangemessen, einen 62Jährigen zusätzlich zu 6 1/2 Jahren Knast (!!) auch noch zu anschließender (zeitlich unbegrenzter, also von zukünftigen psychiatrischen Gutachten abhängiger) Sicherungsverwahrung zu verurteilen.

Das sind nur meine zwei Cent - aber ich finde, dass vielmehr jene schlipstragenden Wiederholungstäter aus dem Banken-Milieu in Sicherungsverwahrung gehören, die auch heute immer noch am Casinotisch sitzen und mit Milliarden und Billionen jonglieren - ohne jegliche Einsicht, ohne jegliches Gewissen und ohne jeglichen Verstand bezüglich der Konsequenzen ihres Tuns für so viele Menschen. Aber die werden in diesem System ja gar nicht erst angeklagt.

Geld ist eine weitaus furchtbarere Droge als Marihuana - ganz besonders dann, wenn es viel davon auf die eigenen, schon nachhaltig gefüllten Konten zu schaufeln gibt - ganz egal, auf wessen Kosten.

Wie lange mag es wohl noch dauern, bis auch gewöhnlicher Tabak zu den illegalen Drogen gezählt wird? Was ist das bloß für eine reaktionäre, schlimme Zeit.

Dienstag, 8. Februar 2011

Deutsche Waffen in Ägypten - und Westerwelle schwadroniert von "Menschen- und Bürgerrechten"

  1. (...) Es ist wie im Tollhaus: Europas konservative Spitzenpolitiker beklagen die Zustände in Ägypten. Wie zuvor in Tunis. Und wie morgen vermutlich in Saudi Arabien. Oder in den Vereinigten Emiraten. Oder in Jordanien. Warum haben Sie bisher zu den "berechtigten Beschwerden" geschwiegen? - Deutschlands Medien entdecken, dass in Tunesien und in Ägypten Diktatoren walten. Warum entdecken Sie das erst jetzt?

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  2. (...) Als der ägyptische Diktator Husni Mubarak vor wenigen Monaten auf Staatsbesuch in Deutschland war, bezeichnete Außenminister Westerwelle [ihn] noch als "Mann großer Weisheit mit einem festen Blick für die Zukunft". Selbstverständlich wusste Westerwelle damals schon, dass "der Mann großer Weisheit" in seinem Land die Menschenrechte mit Füßen tritt, zehntausende politische Häftlinge eingekerkert hat und jegliche oppositionelle Tätigkeit mit äußerster Brutalität unterdrückt. Die Begriffe "Demokratie" und "Menschenrechte" sind für unsere Politiker jedoch zum Inhalt von Wahlwerbespots und Sonntagsreden verkommen und werden nur dann ins Spiel gebracht, wenn dies "deutschen Interessen" [sic!] dient – das Wohlergehen des ägyptischen Volkes gehört dabei nicht zwingend zu den "deutschen Interessen".

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  3. (...) Bundesaußenminister Guido Westerwelle erklärte, "der Weg zur Stabilität führt über die Wahrung der Menschen- und Bürgerrechte". Erklärungen wie diese "wirken heuchlerisch angesichts der Tatsache, dass Deutschland zu den Hauptwaffenlieferanten der diktatorischen Machthaber in Ägypten zählt", sagte Jürgen Grässlin, Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) und Vorsitzender des RüstungsInformationsBüros (RIB e.V.). Der Freiburger Rüstungsexperte wirft der Bundesregierung vor, dass sie 2009 gegenüber dem Vorjahr "mehr als eine Verdoppelung der Lieferungen von Waffen und Rüstungsgütern an Ägypten genehmigt" habe. So sei der Genehmigungswert von 33,6 Millionen Euro (2008) auf 77,5 Millionen Euro (2009) "dramatisch gesteigert worden".

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Anmerkung: Wo bleiben die Aufschreie - zuerst in den Massenmedien, dann auch endlich in der Bevölkerung - angesichts dieser heuchlerischen, skandalösen Fakten? Da ist ausführlich dokumentiert, wie die neoliberale Bande die diktatorischen Regimes jahrzehntelang, natürlich des Geldes wegen, hofiert hat, und jetzt, da die Paläste dort brennen, lassen diese Gesellen sowie die zugehörigen Hofberichterstatter ihre hohlen Phrasen von der "Demokratie und den Menschen- und Bürgerrechten" vom Stapel. Diese schamlose und offensichtliche Heuchelei ist nicht auszuhalten!

Ben Ali war für die Konrad-Adenauer-Stiftung ein "ausgezeichneter Partner", Mubarak war für Westerwelle ein "Mann großer Weisheit mit einem festen Blick für die Zukunft" - man kann gar nicht genug Orwell lesen, wenn man die heutigen Äußerungen derselben Institutionen und Personen zu exakt denselben Diktatoren wahrnimmt. Wer gestern noch vehement "weiß" sagte, schreit heute wie selbstverständlich "schwarz" - und kein Journalist kommt auf die naheliegende Idee, diese Leute einfach laut auszulachen und der dreisten Lüge zu bezichtigen. Westerwelle darf beispielsweise in der Aktuellen Kamera seine dämlichen Phrasen über "Menschen- und Bürgerrechte" abladen und wird selbstredend nicht gefragt, wieso er kurze Zeit vor den Aufständen noch eine komplett andere, konträre Meinung vertreten hat.

Diese verlogene Bande samt zugehöriger Presse unterscheidet sich nicht im Geringsten von den Zuständen in der arabischen Welt. Nur wir unterscheiden uns von den Bevölkerungen dort - wir sind nämlich immer noch so strunzblöd, dass wir das auch weiterhin mit uns machen und uns dabei auch noch einreden lassen, dass wir ja in "freiheitlich-demokratischen" Verhältnissen lebten.

Nicht nur Orwell, auch Kafka hätte seine helle Freude an unseren "freiheitlich-demokratischen" Zuständen, und beide kämen aus dem irren Lachen nicht mehr heraus, wären sie anwesend. Man muss sich das immer wieder auf der Zunge zergehen lassen: Westerwelle stellt öffentlich fest, Mubarak sei ein "Mann großer Weisheit mit einem festen Blick für die Zukunft", gleichzeitig wird der Waffen- und Rüstungsexport nach Ägypten innerhalb eines einzigen Jahres verdoppelt, und kurze Zeit später stellt sich derselbe Hanswurst hin und schwadroniert darüber, "der Weg zur Stabilität [in Ägypten] führt über die Wahrung der Menschen- und Bürgerrechte". Viel mehr als lautes, irres Lachen ist da als Reaktion kaum möglich.

Dies sind nur Einzelbeispiele - der Rest der neoliberalen Bande hat sich ganz genauso verhalten. Wie schrill muss diese Groteske eigentlich noch werden, bis der erste Moderator der Aktuellen Kamera in einer seiner Lügen-Vorlese-Shows einen hysterischen Anfall erleidet und sich kreischend büschelweise die Haare ausreißt? Und wie lange dauert es noch, bis es in unseren Städten endlich so aussieht wie auf diesem Bild aus Kairo?


Montag, 7. Februar 2011

Obama: Yes, we could - but we won't

Sind die USA ein Land, das sich im Wesentlichen rechts von der Mitte befindet? Vordergründig gesehen scheinen die Kongresswahlen vom November 2010 eine Bejahung dieser Frage nahezulegen. Die unter Obamas Flagge segelnden Demokraten erlitten auf Regional-, Staats- und Bundesebene eine empfindliche Niederlage. Im Repräsentantenhaus verloren sie ihre seit 2006 überlegene Mehrheit an die Republikaner und auch im Senat ist ihre Mehrheit nun reduziert.

Nicht wenige Beobachter leiteten daraus ab, dass die amerikanische Gesellschaft grundsätzlich rechtskonservativ ausgerichtet ist und Obamas reformistischer Agenda eine fundamentale Absage erteilt hat. Anscheinend will die Bevölkerungsmehrheit keine sozialstaatlichen Korrekturen des Kapitalismus und schon gar keine universelle Krankenversicherung. Die oft beschworenen Selbstheilungskräfte des Marktes, verbunden mit dem legendären amerikanischen Optimismus und der Eigeninitiative des Einzelnen werden es schon richten – zumindest in der Imagination der meisten Wähler.

So plausibel diese Interpretation der November-Wahlen auch klingen mag – sie ist ein Fehlschluss. Obama und die Demokraten haben die Wahl nicht verloren, weil sie zu sehr nach "links" schwenkten, sondern weil sie bei Weitem nicht links genug waren. Obama und sein Team lieβen den Abstand zwischen sozialstaatlicher Rhetorik und ihrer eigentlichen Regierungspraxis zu groβ werden. Die schamlose Umverteilung von Unten nach Oben, die zunehmende Verelendung der Armen und die Verarmung der Mittelklasse auf der einen Seite sowie der obszön ins Riesige wachsende Reichtum auf der anderen Seite – all das hat sich unter Obama nicht geändert.

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Anmerkung: Was lernen wir daraus? Wenn die "soziale Alternative" in einem politischen System nicht mehr gegeben ist, wählen viele Menschen aus Enttäuschung oder "Protest" die Rechten - oder aber gar nicht mehr. Beides ist katastrophal für die gesellschaftlich-politische Entwicklung, und beides ist nur allzu bekannt aus der Historie der letzten 100 Jahre.

Wer von uns kann angesichts der deutschen Vergangenheit das Grausen noch unterdrücken, wenn er lesen muss: "Rechte Frontgruppierungen wie die faschistoide Tea Party, bestens finanziert von der Öl- und Rüstungsindustrie, versuchen, mit populistischen Slogans den berechtigten Zorn der ausgebeuteten arbeitenden Bevölkerung auf die herrschenden Schichten umzuleiten in fanatischen Nationalismus, Ausländer- und Fremdenhass"? Gab es das alles nicht schon einmal? Wissen wir nicht mehr oder wollen wir es nicht mehr wissen, wohin es geführt hat?

Warum ist auch hierzulande in den Systemmedien nirgends zu lesen, dass es gewiss nicht irgendwelche Islamisten oder arabische Terroristen sind, die uns massiv bedrohen, sondern dass es erneut der Kapitalismus, seine schlipstragenden Apologeten und natürlich die Kapitalbesitzer sind, die uns in den Abgrund drängen? Vor 90 Jahren war das - systembedingt - ganz ähnlich. Damals hat die neoliberale Bande die Juden und einige andere Minderheiten zu Sündenböcken des eigenen Versagens gemacht (Hitler hatte viele Unterstützer und Geldgeber aus der Wirtschaft, auch aus den USA) - heute beginnt dasselbe mit Menschen vornehmlich arabischer Abstammung erneut.

Und Obama - dazu fällt einem bald nicht mehr viel ein. Es ist so offensichtlich, dass die im verlinkten Artikel formulierten Thesen richtig sind, dass ich dazu kaum mehr etwas schreiben mag. Wenn die Menschen in den USA nach dem fulminanten Wahlspektakel und den an Pathos kaum mehr zu übertreffenden "Change"-Reden nun erkennen müssen, dass Obama sich nur rudimentär von Bush und seinen Vorgängern unterscheidet (was für aufmerksame Beobachter aber auch vorher schon prognostizierbar war), ist es nur logisch, dass mangels einer Alternative wieder die Rechten (auch durch Wahlenthaltung) gestärkt werden. Dies war und ist offensichtlich so gewollt. Und auch in Deutschland ist es ja nicht anders - da ist es auch vollkommen gleichgültig, ob man CDU, SPD, Grüne oder FDP wählt - man bekommt immer dasselbe politische Ergebnis, dieselben Handlungen, dieselben Strategien, dieselben hohlen Phrasen. Auch das ist eine Parallele zu der Zeit vor 90 Jahren. Und genauso wie damals verstehen es auch heute die Faschisten, diese Kapitulation der Politik vor dem Kapital auszunutzen - während die Linke einmal mehr auf diesen populistischen Zug nicht aufspringt und daher nicht von der berechtigten Wut der Bevölkerung profitiert.

Idealistisch gesehen ist das beachtenswert und sehr zu begrüßen - realistisch gesehen ist das eine Katastrophe, die uns sehr ängstigen sollte.