Samstag, 5. Oktober 2013

In der braunen Kloake des "Bild"-Sumpfes


Die "Bild am Sonntag" berichtete gestern über einen Jugendlichen, der über 1000 Tage in der Schule gefehlt hat und dessen Mutter deshalb zu einer neunmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt wurde (...). / Hier eine Auswahl der Kommentare, die von Bild.de-Lesern geschrieben und von anderen Bild.de-Lesern mit "Gefällt mir" markiert wurden (...).

(Weiterlesen)

Anmerkung: Der Text sowie der zugrunde liegende BLÖD-Beitrag sind zwar schon einige Wochen alt, haben seitdem aber gewiss nichts an Aktualität eingebüßt. Wer auf "Weiterlesen" klickt und sich tatsächlich einige oder gar alle der zitierten "Kommentare" von bild.de-Spinnern durchliest, wird etwas besser verstehen, warum dieses furchtbare Land vor zwei Wochen so furchtbar gewählt hat. Wenn auch nur die Hälfte dieser "Kommentare" tatsächliche "Meinungsäußerungen" von deutschen BürgerInnen und keine gezielten, von interessierter, elitärer Seite bewusst platzierten Propagandaauswüchse sind, dann wird umso deutlicher, wieso es eine so zwingend notwendige, überlebenswichtige Idee ist, in Deutschland erneut auf gepackten Koffern zu sitzen und diverse Fluchtalternativen parat zu haben.

Faschismus und Rassismus tropfen bzw. sprudeln - wie es nicht anders zu erwarten war - dort aus allen Poren und Ritzen. Und die Springer-"Presse" (die dabei allerdings keineswegs allein ist) befeuert diesen üblen, braunen Sumpf nach Kräften immer weiter - auch wenn hier, wie das BILDblog berichtet, einige der übelsten "Kommentare" letztlich gelöscht wurden. Das ist nach meinem Empfinden aber nichts anderes als eine versuchte Verschleierung der eigentlich von Springer, Dieckmann & Co. ersehnten Wirkung - denn wenn ein Medium wie die BLÖD-"Zeitung" Ressentiments, Rassismus und Faschismus fortdauernd, nachhaltig und bewusst schürt, ist es nur folgerichtig, dass derlei Schmutz auch entsprechend dumm, faschistisch und rassistisch "kommentiert" und lautstark weiterverbreitet wird.

Auch wenn es extrem schwer fällt, diesen Stumpfsinn zu lesen, sollten das doch möglichst viele Menschen tun - allein schon aus dem schnöden, aber wichtigen Beweggrund heraus, dass wir klar realisieren müssen, in welch einem grauenhaften, stumpfsinnigen, faschistischen, an grenzdebiler Dämlichkeit und dumpfestem Rassismus kaum zu überbietenden Umfeld wir heute einmal mehr in diesem verkommenen Staat leben. - Meine Koffer sind gepackt.

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Innere Politik


"Solang die Juden am Rhein stehn, sag' ich, gibt's keine Ruhe im Land!" - "Geh, hör' auf, das sind doch die Franzosen." - "Sooo - da geh aber mal in eine Hitler-Versammlung, der sagt dir's nachher schon, wer die sind!"

(Zeichnung von Karl Arnold [1883-1953], in "Simplicissimus", Heft 40 vom 03.01.1923)

Donnerstag, 3. Oktober 2013

Zitat des "Tages der deutschen Einheit": Die Fahrt nach der Irrenanstalt


Auf lauten Linien fallen fette Bahnen
Vorbei an Häusern, die wie Särge sind.
An Ecken kauern Karren mit Bananen.
Nur wenig Mist erfreut ein hartes Kind.

Die Menschenbiester gleiten ganz verloren
Im Bild der Straße, elend grau und grell.
Arbeiter fließen von verkommnen Toren.
Ein müder Mensch geht still in ein Rondell.

Ein Leichenwagen kriecht, voran zwei Rappen,
Weich wie ein Wurm und schwach die Straße hin.
Und über allem hängt ein alter Lappen –
Der Himmel ... heidenhaft und ohne Sinn.

(Alfred Lichtenstein [1889-1914], in "Die Aktion", Heft 7, 2. Jahrgang, 1912; auch in: "Die Dämmerung. Gedichte", 1913)


(Bild: "Alfred Lichtenstein" von S. Tebbutt)

Dienstag, 1. Oktober 2013

Irrsinn im Kuh-Journalismus: "Rätselhafte Schwächen im Konsum"


Einzelhandel enttäuscht Experten / Die neuesten Daten zur Geschäftslage im Einzelhandel zeichnen ein beunruhigendes Bild: Die Deutschen zeigen sich offenbar weniger konsumfroh als erwartet. Gespart wird in Deutschland derzeit vor allem an Büchern, Schmuck, Möbeln und Geräten für den Haushalt.

(Weiterlesen - empfohlen aber nur für Hardcore-Satiriker)

Anmerkung: Manchmal glaubt man es nicht, was man im Qualitätsjournalismus so alles zum geistigen Fraß vorgeworfen bekommt: Die Subüberschrift steht da wirklich und ist gewiss nicht satirisch gemeint: "Rätselhafte Schwächen im Konsum". Im Text wird der geneigt-verwirrte Leser dann auch gleich zu Beginn aufgeklärt: "Die gute Konsumlaune der Deutschen kommt bei den Einzelhändlern nur mit deutlichen Abstrichen an", bekommen wir dort zu lesen und wissen: Aha - die von den Spezialexperten der kapitalistischen "Märkte" herausposaunte "gute Konsumlaune" war also gar kein Fake, sondern kommt bloß - und das auch noch rätselhafter Weise - nicht bei den Einzelhändlern an. - Beim Barte des Propheten - wie kann das denn bloß sein???

Ich kann angesichts solcher vollkommen hirnverbrannter Meldungen gar nicht mehr damit aufhören, den Kopf unaufhörlich auf die Tischplatte zu schlagen, bis er blutig ist. Wie kann ein auch nur mit schimpansenähnlicher Intelligenz ausgestatteter Mensch so etwas schreiben und auch noch auf einer angeblich seriösen Nachrichtenseite veröffentlichen, ohne sich freiwillig die Eselsmütze auf den aufgeweichten Kopf zu setzen und mindestens zehn Jahre lang in die "Ich-schäme-mich"-Ecke zu stellen? Wenn vermehrt Luxusyachten, elitäre Automobile, Prunkvillen und vergoldetes Klopapier verkauft werden, während die normale Bevölkerung systematisch und staatlich organisiert zwangsverarmt wird, die Löhne der verbliebenen Arbeitssklaven stagnieren oder sinken und Lebensmittel, Energie und viele andere Güter des täglichen Bedarfs immer teurer werden, erschließt sich der Irrsinn auf fast wundersame Weise unverzüglich. Nach kapitalistischer "Logik" wäre es nun an der Zeit, mit dem albernen und unprofitablen Produzieren von Lebensmitteln, Haushaltsutensilien, Kleidung, Energie etc. aufzuhören und stattdessen nicht nur goldenes Klopapier herzustellen, sondern verstärkt in die Produktion von weiteren abstrusen Luxusgütern und anderem superteuren Tand einzusteigen - denn nur dort wird schließlich noch genügend Profit erzielt. Dann sähe auch die Einzelhandelsbilanz wieder sehr vorzeigbar aus: Das Geschäft würde brummen wie nie, während die Massen auf den Straßen verhungern - da wären gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Ich warte noch auch eine solche Empfehlung bei n-tv, im Spiegel oder in der Welt. Lange kann es nicht mehr dauern.

Mindestens genauso abstoßend und sinnentleert empfinde ich an solchen Texten und Botschaften aber die Selbstverständlichkeit, mit der der Konsum als das einzige und wichtigste Ziel allen Wirtschaftens hündisch angebetet wird - Konsum ist alles, Konsum ist Gott, Konsum ist der Sinn des Lebens. Dass es dabei einzig um die (weitere, zusätzliche!) Bereicherung einer superkleinen, schon jetzt unermesslich reichen Minderheit geht, verstehen wahrscheinlich sogar die Kuh-Journalisten, die einen solchen Stumpfsinn schreiben (müssen), nicht mehr - die breite Bevölkerung ist von dieser billigen Erkenntnis allerdings noch viel weiter entfernt. Die trägt auch weiterhin ihren kleinen Überschuss, sofern nach Abzug von Lebensmitteln, Miete und anderen unverzichtbaren Dingen noch etwas übrig bleibt, zu den göttlichen Konzernen und kauft überteuerten, größtenteils sinnfreien Tand, der stets von anderen Lohnsklaven, die meist noch schlimmer ausgebeutet werden und vom Profit der selbsternannten "Elitemenschen" nichts abbekommen, hergestellt wurde bzw. dazu - direkt oder indirekt - gezwungen wurden.

Die "spätrömische Dekadenz" der Superreichen markiert nicht zum ersten Male das Ende der kapitalistischen Phase - aber diesmal sind noch viel weniger Hinweise oder Anzeichen erkennbar als zuvor, dass nach dem unausweichlichen Crash dieses absurden Systems nicht erneut einfach wieder von vorn begonnen und das ganze irrsinnige Spiel einmal mehr wiederholt wird. Die elitäre Bande hat in ihrem asozialen Bestreben, den faschistischen Wahnsinn zum endlosen Kreislauf zu machen, um ihre Privilegien und Exklusivstellung zu zementieren, große Fortschritte gemacht und aus der Vergangenheit offenbar gelernt. Die dusselige, narkotisierte und dummgehaltene Bevölkerung bemerkt nichts davon und folgt brav der Propaganda - sogar in solche wahnwitzigen Gefilde wie die "rätselhaften Schwächen im Konsum".

Der Vollendung der kapitalistischen Dystopie steht wahrlich nicht mehr viel im Wege.

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"Ihr braucht keine Eier mehr zu legen, man kauft sie jetzt billiger."

(Zeichnung von Thomas Theodor Heine [1867-1948], in "Simplicissimus", Heft 22 vom 25.08.1924)

Montag, 30. September 2013

Zitat des Tages: Der Überschuss


In München - das muss man wissen -
da fehlt's im Kinderspital
an Milch und Verbandstoff und Kissen ...
aber die Stadt hat 15 Millionen überschüssiges Kapital.

Die Kinder - das muss man wissen -
die sind die Zukunft des Staats,
lasst Rührungstränen fließen ...
aber für so ein Kinderspital fehlen die Mittel des hohen Rats.

Der Rat - das muss man wissen -
der ist teils rot und so
und sozialistisch beflissen
und sozialistisch beflissen vom Kopf bis tief in den Popo ...

Doch leider - das muss man wissen -
der Zinsfuß trat heran
und lockte die Sozialisten ...
da legten sie die Millionen nutzbringender als in armen Kindern an.

(Emanuel alias Peter Scher [1880-1953], in "Simplicisimus", Heft 26 vom 22.09.1924)

Anmerkung: Und da behaupte nochmal jemand, Geschichte wiederhole sich nicht ... - auch wenn die heutigen Lila-"Roten" oder gar "Grünen" längst nicht mehr an dem infantilen Märchen festhalten, sie seien "Sozialisten" oder "Linke". Ansonsten scheinen sich die Zustände von 1924 nicht wesentlich von den heutigen zu unterscheiden - und das natürlich nicht bloß in München. Wenn ich mir anschaue, wie SPD und Grüne sich heute schon fast darum streiten, wer nun als devoter Abnicksklave zum Merkelmonster ins schwarzbraune Haifischbecken der Koalition darf, wird mir einmal mehr speiübel.