Montag, 6. November 2017

Kapitalistan: "Alles wird immer besser, Deutschland geht es blendend"


Über das folgende Thema habe ich mich schon oft ausgelassen – und ich bin wahrlich nicht der einzige: Auch der Kollege Wellbrock von den "Neulandsozialdemokraten" hat das jüngst wieder einmal getan, auch wenn seine Betrachtung – wie gewohnt – im dort üblichen "Klein-Klein" der marktwirtschaftlichen Beleuchtung steckenbleibt und den Tellerrand nicht sucht – und ihn ergo auch nicht findet bzw. gar nicht finden will.

n-tv erzählt uns das Märchen vom "Lieben Wolf und den süßen Geißlein" nun zum 1058. Mal:

Arbeitslosigkeit in Europa sinkt weiter / Die Arbeitslosenquote im Euroraum ist im September auf den niedrigsten Stand seit Januar 2009 gefallen. Im September lag die Quote bei 8,9 Prozent, wie das Statistikamt Eurostat in Luxemburg mitteilte. In absoluten Zahlen fiel die Arbeitslosigkeit im September zum Vormonat um 96.000 und gegenüber dem Vorjahresmonat um 1,463 Millionen.

Selbstverständlich wird auch in dieser (von der dpa kopierten) "Pressemitteilung" nichts über Hintergründe, über frisierte Zahlen und geschönte Statistiken berichtet – das könnte einen Teil der Bevölkerung schließlich verunsichern. Die minimalistischen, albernen Pseudodifferenzierungen, die im Text vorkommen, lassen das Ergebnis noch viel skurriler erscheinen: Jedem denkenden Menschen muss klar sein, dass in einem von Banken und der EU bis aufs Blut ausgepressten Staat wie Griechenland die Arbeitslosigkeit besonders hoch ist – und dennoch entblödet man sich nicht, sogar hier von einer relativen "Verbesserung" zu schwadronieren.

Es wird gelogen, dass sich die Balken nicht mehr nur biegen, sondern gleich reihenweise krachend den Geist aufgeben. Und trotzdem wiederholt die Kuhpresse den giftigen Sermon immer und immer wieder, als hinge ihr Leben davon ab. Was im hiesigen Haifischbecken vielleicht auch gar nicht so falsch ist.

Eines darf auch in dieser knappen Form – es handelt sich gerade mal um drei kurze Absätze – aber niemals fehlen, und das ist der ewig wiederkehrende Hinweis, dass "Deutschland besonders gut" dastehe. Im Teaser zu diesem absurden, semireligiösen Minitext war auf der Übersichtsseite bei n-tv gar zu lesen, "Deutschland" ginge es "blendend". Das ist schließlich das Wichtigste, nicht wahr, liebe Presse? – Selbstverständlich ist auch das dumm und dreist gelogen – die entsprechenden Zahlen sind (noch weitaus umfassender als Wellbrock das in seinem allzu engen Text darstellt) fingiert und zurechtgebogen – aber das interessiert die Vasallen der Herrschaft nicht weiter. Schließlich soll das kapitalistische Donnerross ja weiterhin stöhnend in den Abgrund schnaufen, während die Superreichen sich fortwährend die längst überquellenden Taschen füllen, denn das ist das alleinige Ziel der ganzen Veranstaltung, die "System" genannt wird.

Es ist, als hätte irgendwer den JournalistInnen, die diesen lächerlichen Betrug, für den sie seinerzeit selbst in der DDR schallend ausgelacht worden wären, wie von Sinnen immer wieder verbreiten, denselben Quirl auf den geöffneten Schädel geschnallt, der schon seit Jahrzehnten die Gehirne der PolitikerInnen der kapitalistischen Einheitspartei (KED) in grauen, zähflüssigen und willfährigen Schleim verwandelt. Bislang liefen die Geräte auf Stufe III – bald wird die Energie aber sicherlich auf Stufe IV erhöht: Da kann es dann schon einmal vorkommen, dass auch etwas übelriechender, unschöner Brei über den Rand nach draußen schwappt. Die Skala ist jedoch noch nicht ausgereizt, so dass wir uns auf noch viel üblere Sauereien – nicht bloß bezüglich der schleimigen Verunreinigungen – freuen können.

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Derweil in Kapitalistan



(Illustration aus dem "Offenbarungsbuch" der Zeugen Jehovas, der offensichtlichen Blaupause für den kapitalistischen Kuhjournalismus)

16 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"Was den jungen Goebbels zu Strasser hinzog, war dessen Radikalismus, der Glaube an den "Sozialismus" im Nationalsozialismus. Beide wollten die Partei aus dem Proletariat heraus aufbauen. Goebbels' Tagebücher aus jener Zeit sind voll Sympathiebekundungen für den Kommunismus. "Letzten Endes", schrieb er am 23. Oktober 1925, "wäre es für uns besser, unsere Tage unter dem Bolschewismus zu beschliessen, als die kapitalistische Sklaverei zu ertragen." Am 31. Januar 1926 notierte er:  "Ich finde es schrecklich, dass wir [die Nationalsozialisten] und die Kommunisten uns gegenseitig die Köpfe einschlagen... Ob wir wohl einmal mit den führenden Kommunisten zusammenkommen werden?"  Zu jener Zeit war es auch, dass er einen Offenen Brief an einen Kommunistenführer veröffentlichte, worin er ihm versicherte, dass Nationalsozialismus und Kommunismus im Grunde dasselbe wollten. "Sie und ich", schrieb er, "bekämpfen einander, aber wirkliche Feinde sind wir nicht."" (Seite 122, Aufstieg und Fall des 3. Reiches)

Charlie hat gesagt…

Und weil ein radikaler Menschenfeind und Faschist wie Heinrich Himmler das geschrieben haben soll, was ich auf die Schnelle nicht nachprüfen kann, sagt uns das jetzt genau was? Nichts? Oh.

Aber Hauptsache, Du hast es versucht, Deinen alten, braunen Bullshit (Kommunismus = Nationalsozialismus) unter die Leute zu bringen. Geh doch mal in eine Bibliothek, leih Dir ein paar Bücher aus, lies und verstehe sie - der Erkenntnisgewinn wäre enorm und würde Dich (andere Menschen weniger, aber das ist egal) überraschen.

Ich befürchte allerdings, dass Dir an einem Erkenntnisgewinn gar nicht gelegen ist. Ich verstehe bis heute nicht, wieso es so dumme Menschen gibt, die sich lieber ins eigene Knie ficken, anstatt den schäbigen Nutznießern des Kapitalismus' vors Schienbein zu treten.

Unliebe Grüße!

Anonym hat gesagt…

Hallo Charlie,

soweit nicht falsch, dass auch die Nationalsozialisten Antikapitalisten waren. Ich vertraue da den Ausführungen von Lothar-Galow Bergemann, der die Überschneidungen der damaligen KPD mit den Nationalsozialisten immer wieder thematisiert hat und was die Ursachen dafür waren und wo die Gemeinsamkeiten auch heute zu erkennen sind.

Wahrscheinlich, und das halte ich persönlich für plausibel, dass sowohl bei Kommunisten und nationalen Sozialisten die Arbeit als wertschaffende Kraft den gesellschaftlichen Reichtum schafft, also vereinfacht das Kapital als positives Ergebnis dieser Arbeit erscheint und der Kapitalist nur als schmarotzender Nutzniesser dieser Arbeit.

Und wenn man das heute so äussert, so thematisiert, so kommt von links ein unglaublicher Aufschrei, als wenn die sog. Linke die unbefleckte Empfängnis wäre.

Ich habe bei Kritiknetz.de gelesen, dass ist die Seite der "Kritischen Theorie", die sich in der Tradition von Ardono , Horkheimer u.a. versteht, dass ein Walter Ulbricht mit einem Goebbels gemeinsam gegen das Kapital demonstriert hat(leider finde ich den Ursprungstext nicht mehr, ein Text von dem Autor Büttner).

Also ich halte es auch nicht für sinnvoll, was ich Dir keineswegs unterstellen will und kann, weil das auf Deiner Seite immer wieder Thema war,
die Überschneidungen zwischen Linken und Rechten.

Und die kommen für mich nicht ohne Grund, ohne das jetzt weiter auszuwalzen.


Troptard hat gesagt…

Keine Ahnung, warum mein Kommentar unter Anonym erschienen ist!?

Charlie hat gesagt…

@ Troptard: Und das hat nun genau was mit dem Ursprungsthema zu tun? Ich halte es für redundanten Bockmist, was Du da im zweiten und vierten Absatz schreibst, tut mir leid - ganz abgesehen davon, dass es thematisch hier nichts verloren hat.

Es ist nun wahrlich kein Geheimwissen, dass die NSDAP ungefähr so antikapitalistisch war wie die CSU heute. Daran ändern auch irgendwelche Zitate von Nazigrößen oder deren populistische Aktivitäten ("Demonstrationen") nichts. Es ist traurig, dass ich das einem intelligenten Menschen wie Dir tatsächlich schreiben muss, sofern hier niemand Deinen Nicknamen missbraucht.

Irritierte Grüße!

Charlie hat gesagt…

Was rege ich mich eigentlich auf. Die Behauptung, "dass auch die Nationalsozialisten Antikapitalisten waren", ist dermaßen grotesk, dass Historiker nicht einmal mehr glucksend lachen können, bevor sie sich gähnend abwenden. Auf welchem absurden Planeten bin ich hier bloß gelandet?

Gruselige Grüße!

ILLUSTRATION

"Wissense, ich habe so viel für Hitlers Wahlrummel ausgegeben, dass ich mich nicht auch noch persönlich mit kleinen Leuten zur Urne drängeln brauchte."

(Zeichnung von Erich Schilling [1885-1945], in "Simplicissimus", Heft 27 vom 29.09.1930)

Troptard hat gesagt…

Hallo Charlie,

dass Du mit meinem Kommentar nicht einverstanden bist, das kann ich akzeptieren.

Dass Du in Deinem letzten Satz allerdings soweit gehen würdest , durch diesen kleinen Einschub vom "intelligenten Menschen" den Kommentar nicht vom Menschen zu trennen, das nehme ich Dir jetzt richtig übel.

Also ich entschuldige mich für meine thematisch unangebrachten und inhaltlich irritierenden Äusserungen und verbleibe ... .

Charlie hat gesagt…

@ Troptard: Es mag ja durchaus sein, dass die eine oder andere Nazi-Größe zu Beginn auch gerne antikapitalistische Reden geschwungen hat - was aber soll das bitte aussagen? Heute redet eine Witzfigur wie Martin Schulz auch wieder davon, "antikapitalistischer" agieren zu wollen - und wie glaubwürdig finden wir das?

Du musst mir schon verzeihen, dass ich gerade Dir, der ja über nicht unerhebliches historisches Wissen verfügt, so einen Blödsinn wirklich nicht zugetraut habe. Ausgerechnet den Nazis, deren "Geschäftsmodell" bzw. "Wirtschaftssystem" ja auf rigoroser Ausplünderung - also einer genuin kapitalistischen Strategie - beruhte, so etwas zu unterstellen, ist nicht nur dumm, sondern grob fahrlässig. Du erkennst das daran, dass solche schrägen Rechtsgestalten und Kapitalismusfreunde wie der "Herr Karl" sich hier wieder ausgebreitet haben (das meiste davon habe ich inzwischen aufgrund der offensichtlichen Redundanz gelöscht).

Und nur zur Erinnerung: In diesem Posting ging es wieder einmal um die unkritische Journaille heute, nicht aber um die Leichen von Goebbels oder Himmler. Was also wolltest Du mit Deinem Kommentar, den Du noch dazu aus unerfindlichen Gründen anonym verfasst hast, bloß bezwecken? Ich möchte das gerne verstehen, also hilf mir doch bitte auf die Sprünge.

Liebe Grüße!

Arbo hat gesagt…

Lieber Charlie,

weiß Du, die bittere Ironie an der Geschichte ist, dass - wenn ich mich richtig erinnere - damals Hartz IV auch deshalb eingeführt wurde, weil mensch meinte, die Arbeitslosenstatistik sei frisiert. Gut, das mag damals noch eine ganz andere Qualität gehabt haben (siehe zB Wikipedia zum 'Vermittlungsskandal'). Aber im Grunde lief's auf das Gleiche hinaus: Die Statistik 'schön' aussehen lassen, obwohl die 'Realität' was anderes sagt.

Sehr lesenswert sind dazu immer die Ausführungen von Stefan Sell, z.B. hier zu den Zahlen vom Januar: "Für Januar 2017 werden als Untergrenze 2,77 Mio. Arbeitslose ausgewiesen - [...] nur macht es schon einen nicht nur rechnerischen Unterschied, ob man von 2,77 Mio. oder aber von 3,7 Mio., mithin also von 927.170 Arbeitslosen mehr berichten würde. Denn so groß ist die Zahl der 'Unterbeschäftigten im engeren Sinne'. Wer darunter abgebucht wird, kann man der Abbildung entnehmen."

Tja, früher gab's einen Aufschrei, heute wird das mehr oder minder 'goutiert'. Dein DDR-Vergleich passt insoweit, ist aber gleichzeitig wieder etwas schief: Damals in der DDR haben solche 'Wahrheiten' wahrscheinlich viel weniger geglaubt - ich würde sogar schätzen, noch nicht mal viele von den Überbringern solcher Nachrichten. Daran zeigt sich also die ideologische Formung, die irgendwo zwischen Fatalismus und Fanatismus schwankt.

LG
Arbo

Charlie hat gesagt…

@ Arbo: Ich halte den DDR-Vergleich für gar nicht so schief, denn ich gehe davon aus, dass heute viele der beteiligten JournalistInnen sehr genau wissen, dass sie absurden, kafkaesken Blödsinn verbreiten, während prozentual ebenso viele Menschen aus der Bevölkerung dem religiösen Singsang willfährig Glauben schenken.

Das ändert jedoch nichts daran, dass der Kaiser nackt ist. Wir leben in einer religiösen Blütezeit weit jenseits der Aufklärung.

Liebe Grüße!

P.S.: Ich habe die Kommentare temporär auf "Moderation" umgestellt, weil eben dieser religiöse Aspekt dazu führt, dass momentan hasserfüllte Spam-Nachrichten in geballter Form hier eingehen. Die Gläubigen des kapitalistischen Systems empfinden es als Ketzerei, wenn jemand Kritik an ihrer Religion übt, und da müssen sie sich wild echauffieren.

"And the worms ate into his brain."

darkmoon hat gesagt…

Bei dem Bild weiss ich gar nicht, ob ich zuerst der Spießertussi mit ihrer bescheuerten Heckenschere die Augen ausstechen soll, damit sie ihrem bedauernswerten Sohn nicht noch mehr Schaden zufügt, oder ob die Löwin einfach ihrer Natur folgen und die beiden verspeisen soll. Die schmecken zwar bestimmt nicht gut (zu viel moralinsaures Sekret), würden so die Welt dieses kranken Bildes aber wieder etwas natürlicher machen...

By the way, seit wann lesen eigentlich Rechtsradikale Dein Blog? Der anonyme Erstkommentator hat wohl auch zu viel Klebstoff geschnüffelt bzw ist als Kind in den Pattex-Bottich gefallen?!?

Fluchtwagenfahrer hat gesagt…

Moin Charles,
uppps ist Griechenland, Spanien, Italien aus der EU ausgetreten?
Oder haben wir hier den schwarzen Kanal 2.0 in dem wir gut & gerne leben?
Ansonsten machst du momentan verbal einen angefressenen Eindruck, ich hoffe das gibt sich wieder.
LG
p.s. das Problem Schnittmengen gab es also auch schon beim RPM, also war der Gauland 1.0, Spocki würde sagen: Faszinierend

schadensmeldung hat gesagt…

@Charlie,
schrieb mir die Finger wund, klickte auf "veröffentlichen" und scheiterte an einem "forbidden". Mein Kommentar wurde einkassiert, von wem auch immer.
Was geht hier ab, stehst du schon mit einem Fuß auf der Abschussliste aller Mutmaßlichen?
Paranoide Grüße von Volker.

Troptard hat gesagt…

Einer kam durch ? Test!

jakebaby hat gesagt…

Durch die Kommentare weis man schon kaum mehr was den eigentlich das Thema war.
Der antikapitalistische Nazi? ... von den Sponsoren der Hitlers&Co-Kampagne und nachfolgend ausgehend, welche auch seither, generativ bedingt?, weiterhin die Politik bis heute beeinflussen ...?

und der Dummquatsch findet unter Linken? statt. ... Da brauchts dann, wie auch ansonsten, keinerlei Feinde mehr. ... Ice Creme ...

Charlie hat gesagt…

@ Volker: Ich weiß leider nicht, weshalb Du Probleme beim Kommentieren hattest. Gelegentlich kommt das bei blogspot leider vor, das kenne ich aus eigener Erfahrung - allerdings lässt sich das meist durch wiederholtes Absenden des Textes beheben, und irgendein "forbidden" habe ich da auch noch nie zu Gesicht bekommen.

Sollte das wiederholt auftreten, kannst Du mir Deinen Kommentar auch gerne per Mail (editor@gmx.li) schicken. Ich stelle ihn dann in Deinem Namen ein. Das gilt freilich auch für alle anderen MitleserInnen mit einem ähnlichen Problem.

Liebe Grüße!