Mittwoch, 14. Dezember 2016

Rechtsstaat USA: "Und es sind die finstern Zeiten"


Über das staatsterroristische Konzept der "Pre-Crime" habe ich mich schon öfter ausgelassen, zuletzt im Oktober dieses Jahres. Nun haben unsere amerikanischen Freunde jenseits des Atlantiks wieder einmal ein bewegendes Beispiel für diesen Irrsinn abgeliefert: Ein religiös verwirrter, offenbar psychisch kranker 22Jähriger soll einen Anschlag auf das Kapitol in Washington geplant haben und ist dafür von einem Bundesgericht zu einer Haftstrafe von 30 Jahren und zusätzlicher lebenslanger Bewährung nach der Verbüßung dieser Haftzeit verurteilt worden.

Mir bleibt angesichts einer solchen, geradezu kafkaesken Meldung die Spucke weg - nur mühsam kann ich einige Sätze herausstammeln. Niemand weiß, ob der Jüngling seine angeblichen Pläne auch tatsächlich in die Tat umgesetzt hätte; und selbst wenn er diesen kriminellen Weg gegangen wäre, hätte das Unterfangen angesichts der extremen Bewachung des Kapitols vermutlich schon an den äußeren Wachposten scheitern müssen. Selbst wenn der Mann tatsächlich ernsthafte Anschlagspläne verfolgt haben sollte - woran laut den verfügbaren Berichten erheblicher Zweifel besteht -, ist ein solches Urteil eine perverse, groteske Farce, die man vielleicht einer fiesen Diktatur zurechnen könnte, aber gewiss nicht einem "freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat".

Es ist offensichtlich, dass es sich hier um ein politisches Urteil handelt, mit dem einmal mehr ein "Exempel statuiert" werden soll - selbst in den USA wird ansonsten kein Mensch aufgrund irgendwelcher Anschlagspläne, die sich beispielsweise gegen Schwarze oder Homosexuelle richteten, derartig drakonisch verfolgt und verurteilt. Es ist gruselig genug, dass inzwischen - nicht nur in den USA - irgendwelche Pläne bereits ausreichen, um einen Menschen zu kriminalisieren und fast lebenslang in den Knast zu stecken, und zwar unabhängig davon, wie realistisch jene Planungen auch gewesen sein mögen.

Es gab mal eine Zeit, in der musste - zumindest theoretisch - eine Straftat noch begangen und nachgewiesen werden bzw. unmittelbar vereitelt worden sein, um einen Menschen strafrechtlich zu belangen. Heute reicht es schon aus, wenn ich hier beispielsweise schriebe, dass ich sehr gerne mal ins Kanzleramt schliche, um dem furchtbaren Merkelmonster ein Kilo Juckpulver in den Kragen zu schütten, um ins christlich-liberal-grün-sozialdemokratische Umerziehungslager verschleppt zu werden. Das hatten wir doch alles schon (mindestens) einmal ...

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Und es sind die finstern Zeiten

Und es sind die finstern Zeiten
in der andern Stadt.
Doch es bleibt beim leichten Schreiten
und die Stirn ist glatt.
Harte Menschheit, unbewegt,
lang erfrornem Fischvolk gleich!
Doch das Herz bleibt schnell geregt
und das Lächeln weich.

(Text: Bertolt Brecht [1898-1956]; Musik: Hanns Eisler [1898-1962]; Interpret: Udo Lindenberg, aus dem Album "Hermine", 1988)


5 Kommentare:

anonymetti hat gesagt…

Juckpulver, was? Anschlag auf Ihre Majestät?!

*lalü lala*

#charliegate

Sigmar Gabriel hat gesagt…

Ich habe den Verfassungsschutz bereits informiert, keine Sorge! Der geplante Anschlag auf unsre geliebte Kaiserin wird nicht folgenlos bleiben! Volker Kauder hat vor wenigen Minuten auf Spiegel Online die Wiedereinführung der Todesstrafe für Terroristen wie Charlie gefordert, was ich bezüglich solch extremer Terroristen ausdrücklich unterstütze.

Hier wird alles seinen rechtsstaatlichen Gang gehen - von diesem verwirrten Blogger wird man nichts mehr hören. Heil Geld!

Andy Bonetti hat gesagt…

Ich fände es besser, wenn Charlie 30 Jahre die Hintern-Schlagzeilen von Geht-Mir-Tierisch-Auf-Den-Wecker lesen muss, ohne es kommentieren zu dürfen. Wahlweise so lange die HS und zusätzlich noch Tichy lesen - bis er es gut findet.

schadensmeldung hat gesagt…

Dies wird der arme Teufel wohl kaum überleben. Oder er vermodert langsam in einer Psychiatrie, vollgepumpt mit Pillen.
Politisch motiviert oder auch nicht. Dass sich eine Justiz dafür hergibt, ist schon schrecklich genug. Wen wundert es. Ein Staat, der weltweit buchstäblich über Leichen geht, ein Staat, indem Polizisten schon Todesurteile vollstrecken, ein Staat, der Folter als Recht bezeichnet – ein solches Monstrum wird nichts anderes mehr hervorbringen als weitere Gewalt.
Gott sei Dank. In meinem Deutschland wird die Achtung vor der Menschenwürde niemals untergehen!

Charlie hat gesagt…

Es ist rührend, wie Ihr euch um mich sorgt. Den feengleichen Ausdruck "Hintern-Schlagzeilen" sollte der Bonetti sich allerdings patentieren lassen, sonst werde ich ihn vollkommen schamlos klauen. :-)

Der Knaller mit der Menschenwürde in Deutschland - ein glühendes Oxymoron - ist allerdings ein Highlight, frei-blog. :-) Danke!