Ein Gastkommentar des kritischen Beobachters
Die radikale Kritik am kapitalistischen System ist notwendig. Denn es ist ein falsches System, welches eigenlogisch in die Barbarei und Destruktion führt. / Das ist eine Erkenntnis, die bereits vor über einem Jahrhundert ausgesprochen wurde und nach wie vor wahr ist und Gültigkeit besitzt. Immer wieder muss diese Erkenntnis ausgesprochen werden, damit die Menschen nicht das Bewusstsein über den Zustand des Ganzen verlieren.
Zugleich wird diese Wahrheit über die Realität der Gesellschaft kollektiv verdrängt, weil sie Angst und Ohnmacht hervorruft. / Der psychoanalytisch Gebildete versteht, dass sich daraus eine kollektive Neurose entwickelt hat, deren Symptomatik Realitätsverleugnung, Wunschdenken, Projektionen usf. enthält. / Die Ängste bleiben, aber sie werden durch Rationalisierungen und wirklichkeitsferne Realitätskonstruktionen aus dem Bewusstsein verdrängt.
Genau dies kennzeichnet die heutigen Linken. Die sozialdemokratischen Linken glauben gegen jegliche historische Erfahrung, man könne den Kapitalismus "zähmen" und streben parlamentarische Mehrheiten an. Andere verschieben die Realkonflikte auf "Nebenkriegsschauplätze", wie z.B. auf Genderfragen, Homoehe etc. / Andere konstruieren sich Phantome ("Neo-Faschisten"), die sie durch idiotische Antifa-Aktionen bekämpfen, so als stünde eine Machtübernahme durch die "nationalen Rechten" vor der Tür. Dabei verleugnen sie, dass das System schon längst ein Faschismus in pseudo-demokratischer und pseudo-liberaler Verkleidung worden ist. Der Rechtsstaat ist eine Ruine wie auch die freiheitlich-demokratische Grundordnung.
Neurotiker kann man nicht argumentativ überzeugen. Denn es macht das Wesen der Neurose aus, dass ein falsches Bewusstsein konstruiert wurde und wird, welches sich gegen die Realität immunisiert hat. / Bereits Horkheimer wies darauf hin: Der Kapitalismus tendiert aus ureigenstem Prinzip zur Verbrecherherrschaft. Und diese ist heute Realität.
Die heutigen Linken sind ängstliche Menschen und haben mit den revolutionären Linken aus der Vergangenheit nichts mehr gemein. Denn diese waren starke Persönlichkeiten, mutige Kämpfer und große Denker.
Auch wenn ihre gesellschaftliche Wirksamkeit begrenzt ist, so ist es wichtig, dass die [heutigen] radikalen Kritiker des kapitalistischen Systems nicht verstummen. Denn mit ihren Beiträgen im Internet zeigen sie anderen Menschen, die zur gleichen Erkenntnis gekommen sind, dass sie nicht allein sind und helfen ihnen, nicht den Verstand zu verlieren und in resignativer Depression zu verkümmern. / Insofern besitzen die linken Schrebergärten und Schwatzbuden im Internet eine psychosoziale Funktion.
Sachlich fundierte, radikale Kritik am kapitalistischen System findet sich in unserer heutigen Gesellschaft eher "oben" als "unten". Das war auch früher nicht anders. / Marx, Engels, Luxemburg, Lenin, Trotzki, Reich, Adorno, Horkheimer, Fromm, Marcuse etc. waren Angehörige einer gebildeten Elite. / Eine systemtransformative Opposition wird sich quer zu den gegenwärtigen Klassen und Schichten entwickeln. Darauf hat übrigens auch Robert Kurz hingewiesen.
Die Verschärfung der gesellschaftlichen Widersprüche und die offenkundig de-zivilisierenden und autodestruktiven Tendenzen werden zwangläufig dazu führen, dass Teile des Establishments – und zwar die intelligentesten und kompetentesten aus dem Bereich der Funktionseliten – immer mehr in Opposition zum System geraten. Das war auch in der APO-Zeit so. Die meisten werden es heimlich tun, aber es werden mehr werden, die den Mut, das Rückgrat, das Wissen und Können sowie – last not least – die gesicherte Position und das Vermögen besitzen, öffentlich Systemkritik zu äußern. Wolfgang Streeck ist ein Beispiel dafür.
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Anmerkung von Charlie: Vielen Dank an den Urheber dieser trefflichen Analyse und Zusammenfassung! Ich stimme dem Text weitestgehend zu - einzig in der Schlussfolgerung kann ich der beschriebenen Hoffnung auf eine "systemtransformative Opposition" von "oben" nicht folgen, so gerne ich das auch täte. Dies beruht allerdings auf keinerlei wissenschaftlichen oder sonstwie belegbaren Erkenntnissen, sondern stellt lediglich mein ganz subjektives Fazit eines kapitalistischen Katastrophenjahrhunderts dar, das so viel Zerstörung, Elend, Leid, Not und Tod gebracht hat wie keines zuvor in der (relativ kurzen) Menschheitsgeschichte.
Ich halte es leider für wahrscheinlicher, dass am Ende dieses Zerstörungsprozesses ein dystopisches Staatengebilde stehen wird, das letztlich wieder in totaler Vernichtung endet bzw. enden muss - und wie diese angesichts der heute verfügbaren Waffentechnik im Vergleich zum Zweiten Weltkrieg aussehen wird, lässt sich leicht ausmalen. Doch das ist, wie gesagt, nur meine persönliche Einschätzung - es gibt viele weitere theoretische Entwicklungsmöglichkeiten, von denen allerdings aus meiner Sicht viele negativ und nur wenige positiv zu bewerten sind.
Gerade deshalb ist nach meiner Meinung eine radikale Kritik gerade in Bezug auf reformistische, pseudolinke Kreise auch in Kleinbloggersdorf so notwendig, auch wenn sie nur von wenigen zur Kenntnis genommen wird. Der Kiezschreiber hat in seinem jüngsten Beitrag aus einem Text von Trotzki aus dem Jahr 1932 zitiert: "Es gibt kein tragischeres und gleichzeitig abstoßenderes historisches Schauspiel als die bösartige Fäulnis des Reformismus inmitten der Trümmer all seiner Errungenschaften und Hoffnungen." - Treffender kann man das kaum formulieren, wie ich finde. Karl Kraus meinte 1915 in seinen "Aphorismen" gewohnt lapidar: "Der Parlamentarismus ist die Kasernierung der politischen Prostitution."
Herzlichen Dank für diesen Beitrag, wer auch immer sich hinter diesem Pseudonym verbergen mag.
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Gottvertrauen
"Halb sechs - sie muss kommen, die Weltrevolution!"
(Zeichnung von Karl Arnold [1883-1953], in "Simplicissimus", Heft 15 vom 08.07.1919)
36 Kommentare:
kritischer Beobachter:
"Sachlich fundierte, radikale Kritik am kapitalistischen System findet sich in unserer heutigen Gesellschaft eher "oben" als "unten"." Widerspruch. Ich nenne nur einige Namen: Trampert, Ditfurth, Ingrid Strobl, Robert Kurz hattest Du schon erwähnt, Birgit Rommelpacher (verst.), Viviane Forrester, Günter Anders, Wolf Wetzel, Harald Welzer (?), Thomas Ebermann, Freerk Huisken, Otto Köhler, Georg Seeßlen, Thomas Wüppesahl (kritische Polizistinnen), Kathrin Hartmann ("Das Ende der Märchenstunde").
"Andere verschieben die Realkonflikte auf "Nebenkriegsschauplätze", wie z.B. auf Genderfragen, Homoehe etc. / ...."
Zur Antifa stelle ich mal diesen selbstkritischen Text ein:
https://radikale-linke.net/blog-posts/wir-wollen-alles-antifa-und-gegenmacht
Würde er von einem Christoph Butterwegge oder einer Sarah Wagenknecht verfasst sein, hätte er sicher 100 begeisterte Kommentare im Schlepptau. So etwas liest aber kaum jemand.
Nun zu den Nebenkriegsschauplätzen: Du stellst damit eine Hierarchisierung von gesellschaftlichen Problemen auf. Mit Genderthemen, Vegetarismus und Homoehe beschäftigen sich m. E. mit Berechtigung Minderheiten -auch innerhalb linker Zusammenhänge- um spezifischen Herrschaftsverhältnissen etwas entgegenzusetzen. Stuttgart21 und Parkschützer sind andere Beispiele für sogenannte Nebenkregsschauplätze (früher Nebenwidersprüche genannt). "Castor schottern", lokale Initiativen gegen Gentrifizierung, H-4-Initiativen (nein, nicht die, die allein für die Erhöhung des Regelsatzes sind), Flüchtlinghilfen (sozialarbeiterisch unter wohlgefälliger Betreuung der Staates), linke Gewerkschafter (z. B. Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di) und Tierrechtler (Tierbefreier) haben im linken Spektrum ihre Daseinsberechtigung, weil diese letztlich auch mit der Kritik am kap. System verbunden werden. Damit meine ich, dass doch die meisten Deiner Nebenkriegsschauplätze a-u-c-h eng mit dem Widerstand gegen kapitalistische, rassistische und sexistische Herrschaftsverhältnisse verbunden sind.
Es muss doch legitim sein, aus der eigenen Betroffenheit heraus Bündnisse mit anderen zu schließen, die dieselben spezifischen Interessen haben, ohne gleich eine "Bürgerinitiative gegen den Kapitalismus" zu gründen.
@ Altauto: Ich weiß freilich nicht, ob es so gemeint war - allerdings habe ich den Kommentar so verstanden, dass der Kritische hier eben jene sinnlosen "Nebenschauplätze" gemeint hat, die es freilich zuhauf gibt - von linguistischen Nebelkerzen bis zur sinnfreien Homoehe gibt es da viele Beispiele. Gerade Letzteres ist doch nichts weiter als reaktionärer Bullshit - anstatt die lächerliche Privilegierung der Ehe an sich zu hinterfragen, wird hier von "linker" Seite dem Fass der Boden ausgeschlagen, indem ähnliche Privilegien auch für andere (aber keineswegs für alle) gefordert werden. Das Motto müsste doch lauten, sämtliche Privilegien komplett abzuschaffen und stattdessen für ausnahmslos alle Menschen einzuführen, so dass es gerade keine Privilegien mehr wären.
Die kapitalistische Doktrin forciert dieses unsolidarische Denken ja massiv: Wenn eine Berufs- oder Menschengruppe Privilegien genießt, ist es im Kapitalismus üblich, denen diese Wohltaten zu neiden und tunlichst abzuerkennen, anstatt dasselbe für alle zu fordern. Die berühmten Tiraden über "die Beamten" und insbesondere "die Lehrer" sind ein gutes Beispiel dafür: Wieso kommt der durchschnittliche Arbeitssklave in Deutschland eigentlich nicht auf die Idee, dass "Unkündbarkeit" auch für ihn eine richtig tolle Idee wäre, anstatt neidvoll herüber zu schielen und Missgunst zu zeigen?
Zur Antifa kann man pauschal gar nichts schreiben - schließlich handelt es sich dabei um keinen geschlossenen "Verein", sondern um viele autonom handelnde Personen und Grüppchen, die äußerst unterschiedlichen Wegen folgen. Einige von denen tun sicher sehr sinnvolle Dinge, andere wiederum haben sich längst im Labyrinth der "Nebenschauplätze" verlaufen.
Um es auf den Punkt zu bringen: Wenn die "eigene Betroffenheit" der einzige Motivator des Handelns ist, landen wir sehr schnell bei den Pegidioten und anderen Faschisten. Linkes Denken zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass es über den eigenen Tellerrand hinausgeht und nicht nur die eigenen Befindlichkeiten zum Inhalt hat.
Liebe Grüße!
Lieber Charlie,
ich teile deine Befürchtung, was die Manifestierung einer Dystopie angeht, sehe ihr aber nicht mit Zorn, sondern mit der heiteren Gelassenheit des Alters entgegen. Auf meinem Grabstein wird das Motto aller Hypochonder stehen: "Ich hab's ja immer gewusst, dass es mal soweit kommt."
Aber ich glaube nicht an den Untergang in einem großen Krieg. Die Kapitalfraktion hat zuviel zu verlieren. Sie setzt ihren Wohlstand und ihre Macht über uns nicht leichtfertig aufs Spiel. Ich lese gerade einen Roman von Evelyn Waugh, der am Beginn des Zweiten Weltkriegs spielt. Die Oberschicht verliert ihr Dienstpersonal an die Waffenindustrie und die Armee, ausgebombte Familien werden auf dem Gelände des Herrensitzes einquartiert. Die Welt gerät aus den Fugen. Daran können die Reichen kein Interesse haben. Sie können mit dem Status Quo doch zufrieden sein, da braucht es keinen radikalen Wandel. Und nur sie allein sind in der Lage, einen Krieg zu beginnen.
"Denn es macht das Wesen der Neurose aus, dass ein falsches Bewusstsein konstruiert wurde und wird, welches sich gegen die Realität immunisiert hat."
Das war allerdings immer das Problem...Das hat nichts mit dem Kapitalismus an sich zu tun,sondern der Kapitalismus hat sich daraus erst entwickelt.
Der,der den Text geschrieben hat,mag zwar "psychoanalytisch gebildet sein",aber man muss schon ein paar Nummern größer denken,um die Probleme un unserer Welt verstehen zu können...
Charlie, Du hast als Antwort @ Andi Bonetti geschrieben:
„Du ahnst, dass ich das anders sehe. Ein ganz kleiner, vielleicht aber äußerst effektiver Vorschlag ist dieser: FUCK CAPITALISM!
Wenn "man" sich hier treffen könnte, wäre das schlimmste bereits ausgesperrt und man könnte endlich anfangen, über wirklich wichtige Dinge zu diskutieren.
Aber was rede ich - siehe Weimar. Da ist das alles bis zum Untergang vorgelebt worden, was wir heute wiederholen. Mit Leuten, die das kapitalistische System nicht abschaffen, sondern lediglich "regulieren" wollen, ist keine gemeinsame "linke" (höhö) Handlung möglich - oder kannst Du dir vorstellen, mit einem Veganer zu einem sinnvollen Kompromiss zu gelangen, wenn es um Dein leckeres Steak geht?
Es ist unverständlich, weshalb Du eine antikapitalistische Haltung als "spaltend" und nicht vielmehr als Definitionsmerkmal empfindest. Ich verstehe diese Zeit immer weniger."
Aus meiner Sicht ist es ein Irrtum, zu glauben, dass eine Zustimmung zu „FUCK CAPITALISM!“ per se ein Fortschritt wäre, denn in der Regel handelt es sich nur um einen verbalen, oberflächlichen Anti-Kapitalismus, der keinerlei wissenschaftlichen Begriff vom Kapitalismus entwickelt hat.
Vermutlich würden über 90% der Bevölkerung mit Ausnahme der Kapitalisten, die über ein arbeitsfreies Einkommen und über ökonomische Macht verfügen, in ihrem Alltagsfrust über die ökonomischen Verhältnisse diesem „FUCK CAPITALISM!“ zustimmen.
Doch - wie setzen sich diese 90% zusammen?
Zum einen gibt es diese liberalen Idioten, die „Marktwirtschaft statt Kapitalismus!“ fordern. Diese Meinung war bei den theorielosen Akteuren der Occupy-Bewegung weit verbreitet. Die nicht begreifen, dass Marktwirtschaft und Kapitalismus eins sind.
Dann gibt es die große Anzahl derer, die – verbal - gern den Kapitalismus überwinden würden, wenn man ihnen eine konkrete und realisierte Alternative zeigen würde, die besser als der Kapitalismus ist. Doch die gäbe es nicht, so behaupten sie. Der reale Sozialismus habe „bewiesen", dass alle sozialistischen Umgestaltungsversuche zu ineffizienter, bürokratischer Diktatur führen mit weniger Freiheit und Wohlstand für die Individuen. Und auf Gegenargumente, die belegen, dass diese Aussage falsch ist, lassen sie sich nicht ein.
Sondern sie behalten ihre falsche Behauptung als Glaubensüberzeugung und begründen damit ihre Parteinahme für Reformen und gegen Systemtransformation.
Die Meinung, dass es zu Marktwirtschaft und Kapitalismus keine bessere Alternative gäbe, ist die heute dominierende Meinung bei den Lohnarbeitern und selbstverständlich auch in den Medien.
Weiterhin gibt es die Reformlinken bei der SPD, in der Linkspartei, bei den Gewerkschaften, unter den Befürwortern der Sozialen Marktwirtschaft in der CDU/CSU (wie z.B. Norbert Blüm), welche „Raubtierkapitalismus“ ablehnen und einen gezähmten Kapitalismus wollen.
Die Vorstellung, es existiere als Alternative zum „bösen“ Kapitalismus und die Alternative eines „guten“ (= staatlich regulierten) Kapitalismus, ist unter den Linken weit verbreitet, es gibt heute kaum andere Linke.
Aber diese Form von „Anti-Kapitalismus“ ist auch den „Rechten“ weit verbreitet, Auch die Nazis unterschieden zwischen einem „guten“ Kapitalismus mit „schaffendem Kapital“ und einem „bösen“ mit „raffenden Kapital“.
Man sieht hier eine Deckungsgleichheit zwischen sozialdemokratischer und nationalsozialistischer Ideologie.
Marx und Engels wollten die idealistischen und utopischen Sozialmusvorstellungen überwinden und eine Gesellschafts- und Transformationstheorie auf wissenschaftlicher Basis – den wissenschaftlichen Sozialismus – begründen.
Schauen wir uns unter der heutigen Linken um, so finden sich kaum Anhänger/-innen einer Gesellschafts- und Transformationstheorie auf wissenschaftlicher Basis. Vermutlich sind 99% nichts anderes als weitgehend theorielose Schwätzer aka „Gesinnungslinke“, die sich für die besseren Menschen halten.
weiter ...
weiter:
Anfang der 70-er Jahre habe ich den Beginn der Theoriefeindlichkeit erlebt. Immer weniger Studierenden wollten sich auf den steinigen und trocken Weg der Theoriearbeit einlassen.
Nahezu die gesamte heutige Linke besteht aus theoretischen Schwachköpfen und dies gilt m. E. auch für die meisten Linksblogger, die zu nichts anderem als zu moralisierenden Beiträgen in der Lage sind, in denen sie sich empören und ihre Betroffenheit zum Ausdruck bringen.
Daher fast nur theoretischer Dünnschiss in der Linksbloggerszene.
Fortschritte in der theoretischen Entwicklung sind dort nicht zu finden, Gute Recherchen und Analysen sind da die große Ausnahme, auch gute Rezensionen von Artikeln und Büchern sind selten.
Denn so etwas ist nicht voraussetzungslos und macht Arbeit.
Meist finden sich daher nur eine Internetkneipen bzw. Schwatzbuden auf theoretisch eher bescheidenem Niveau, wo jeder „aus dem Bauch heraus“ mitschwätzen kann.
Genau dies macht den Unterschied zu den Gesellschaftstheoretikern und kritikern in der Vergangenheit aus. Die wollten höchstes gesellschaftswissenschaftliches Niveau repräsentieren. Daher stießen sie auf Interesse bei intelligenten Menschen und man konnte sie im wissenschaftlichen Diskurs nicht ignorieren.
@ Ve Rena
"Denn es macht das Wesen der Neurose aus, dass ein falsches Bewusstsein konstruiert wurde und wird, welches sich gegen die Realität immunisiert hat."
Das war allerdings immer das Problem...Das hat nichts mit dem Kapitalismus an sich zu tun, sondern der Kapitalismus hat sich daraus erst entwickelt.
Der,der den Text geschrieben hat,mag zwar "psychoanalytisch gebildet sein",aber man muss schon ein paar Nummern größer denken, um die Probleme unserer Welt verstehen zu können...
Das müssen Sie begründen. Worauf beziehen Sie sich?
Ohne Begründung ist es nur arrogantes, dummes Geschwätz.
"Ich sehe was, was Du nicht siehst"
Der springende Punkt in der Auseinandersetzung um eine radikale Kritik am Kapitalismus scheint mir zu sein, dass davon ausgegangen wird, dass das bürgerliche Subjekt ökonomische Krisen, die Bedrohung seiner eigenen Existenz auch als radikale Kritik am Kapital formulieren und seine Aufhebung bzw. ein emanzipatorisches Ziel haben müsste.
Die Geschichte hat nun eindrucksvoll gezeigt, dass das bürgerliche Subjekt sich genau denjenigen anvertrauen kann und will, die ihre individuelle Not hervorgerufen haben und darüber hinaus noch einmal potenzieren, indem sie Individualität, eigene Bedürfnisse negiert und dem allgemeinen Interesse einer Volksgemeinschaft unterordnet, einem irrationalen Versprechen zur Lösung ihrer Not, was nur als Lösung
der Krise des Kapitals gemeint war.
Heute kann ich eine ähnliche Entwicklung festsstellen, wo das demokratische System sich in einem unaufhörlichen Verfallsprozess befindet und die Verwertung des Kapitals nur noch über eine negative Verwertung und diese negative Verwertung über den Staat und seine parlamentarischen Parteien exekutiert wird.
Wie das geht, lässt sich sehr anschaulich an Hartz IV beschreiben, Minijobs, Leiharbeit und dem Damoklesschwert vor Arbeitsplatzverlust.
Für mich sind Bedürfnisse, die sich als Bedürfnisse des Bürgers für gesunde Ernährung artikulieren ,gegen die fabrikmässige Ausbeutung von Tieren, für bezahlbare Mieten, gegen die Zerstörung der Umwelt, gegen unzumutbare Arbeitsverhältnisse in den Ausbeutungsregionen des Kapitals usw. zunächst mal keine Sektiererei, sondern Möglichkeiten diese Einzelaktionen in einen emanzipatorischen Zusammenhang zu bringen.
Radikale Kritik scheitert letzendlich daran, dass sie in den Bedürfnissen des bürgerlichen Subjektes keine allgemeine Entsprechung findet und somit ein fast luxeriöses Vergnügen unter "Eingeweihten" bleibt.
Charlie 9:18 Uhr: Vielleicht ein Missverständnis. Ich meine mit Partikularinteressen nicht die Burschenschaften, Schützenvereine oder den Deutschen Hausfrauenbund, sondern
Zusammenschlüsse von gemeinsam kämpfenden Individuen, die mit Ihrem Anliegen eine grundlegende Kapitalismuskritik nebst seiner Überwindung verbinden.
kritischer Beobachter; Theoretische Diskurse gab es in meiner aktiven Zeit zur Genüge.
Ich denke dabei an die Vergewaltigungsdikussion in den 90er Jahren, die ROTE Ruhr-UNI und die linksradikalen Szenemagazine wie "radikal", "Interim" oder "Schwarzer Faden".
Die derzeitige linke Bloggergeneration nudelt dieselben Themen neu durch, was im Grunde langweilt, denn sie scheint ganz versessen darauf, das Rad neu zu erfinden und es sich patentieren zu lassen.
@kritischer Beobachter:
Kann ja sein,dass Du es für arrogant hälst-war allerdings nicht so gemeint ;-) Außerdem MUSS ich theoretisch gar nichts begründen-es kann ja schließlich jeder selbst denken und muss mir ja nichts glauben...
Ich schreibe aber trotzdem,warum ich so denke...
Es ist doch so,dass wir nicht unter dem Kapitalismus leiden würden,wenn diese totale Fixierung auf materielle Dinge (also leblose Gegenstände) wirklich unserer wahren Natur entsprechen würde.Wir sind nämlich keine leblosen Gegenstände.Also MUSS doch irgendeine Art Entfremdung in unserem INNEREN dafür verantwortlich sein,dass die Welt so ist,wie sie ist.
Wenn man also nur versucht,den Kapitalismus,so wie er sich eben heute zeigt,irgendwie loszuwerden,ist das nur die Bekämpfung eines Symptoms.Das Problem liegt viel tiefer...
Im Prinzip ist das,was wir in der Welt sehen also die äußere Erscheinung eines inneren Zustands.Wie innen,so außen.Die Welt ist eben wie ein Spiegel...
Ein gutes Beispiel ist auch Hitler:
der hat auch die ganze Welt in SEINE Probleme mit reingezogen-er hat zwar die Welt bzw bestimmte andere Menschen für seine Probleme verantwortlich gemacht und sie deswegen bekämpft;das Grundproblem (warum er überhaupt SO war) hatte aber mit seinem Inneren zu tun,dass er auf die Außenwelt projiziert hat...Und das ist heute nicht anders.Man geht so mit anderen um,wie man mit sich selbst umgeht.
Ich hoffe,das war verständlich...
Kennt Ihr den Film Eiskönigin?Ist zwar eigentlich ein Kinderfilm,aber da sieht man das,was ich geschrieben habe,auch sehr gut.Wenn man den guckt,sind weitere Erklärungen eigentlich überflüssig...
Also im Prinzip hatte dieser Psychoanalytiker schon teilweise Recht,aber der geht für mich trotzdem nicht weit genug,weil er Erklärungen nur in der Außenwelt sucht.
Die Kritik an den Systemlinken basiert keineswegs darauf, dass sie Umverteilung und Reformen zugunsten der arbeitenden Bevölkerung anstrebt, sondern dass sie systemimmanente Illusionen sowie ein falsches TINA-Bewusstsein verbreiten.
Ein altes Thema.
So schrieb Rosa Luxemburg 1899 in „Sozialreform oder Revolution?“:
„Der Titel der vorliegenden Schrift kann auf den ersten Blick überraschen. Sozialreform oder Revolution? Kann denn die [systemtransformative] Sozialdemokratie gegen die Sozialreform sein? Oder kann sie die soziale Revolution, die Umwälzung der bestehenden Ordnung, die ihr Endziel bildet, der Sozialreform entgegenstellen? Allerdings nicht. Für die Sozialdemokratie bildet der alltägliche praktische Kampf um soziale Reformen, um die Besserung der Lage des arbeitenden Volkes noch auf dem Boden des Bestehenden, um die demokratischen Einrichtungen vielmehr den einzigen Weg, den proletarischen Klassenkampf zu leiten und auf das Endziel, auf die Ergreifung der politischen Macht und Aufhebung des Lohnsystems hinzuarbeiten. Für die [systemtransformative] Sozialdemokratie besteht zwischen der Sozialreform und der sozialen Revolution ein unzertrennlicher Zusammenhang, indem ihr der Kampf um die Sozialreform das Mittel, die soziale Umwälzung aber der Zweck ist.
Eine Entgegenstellung dieser beiden Momente der Arbeiterbewegung finden wir erst in der Theorie von Ed. Bernstein, wie er sie in seinen Aufsätzen: »Probleme des Sozialismus«, in der 'Neuen Zeit' 1897/98 und namentlich in seinem Buche: »Voraussetzungen des Sozialismus« dargelegt hat. Diese ganze Theorie läuft praktisch auf nichts anderes als auf den Rat hinaus, die soziale Umwälzung, das Endziel der Sozialdemokratie, aufzugeben und die Sozialreform umgekehrt aus einem Mittel des Klassenkampfes zu seinem Zwecke zu machen. Bernstein selbst hat am treffendsten und am schärfsten seine Ansichten formuliert, indem er schrieb: »Das Endziel, was es immer sei, ist mir Nichts, die Bewegung Alles«.
Da aber das sozialistische Endziel das einzige entscheidende Moment ist, das die [systemtransformative] sozialdemokratische Bewegung von der bürgerlichen Demokratie und dem bürgerlichen Radikalismus unterscheidet, das die ganze Arbeiterbewegung aus einer müßigen Flickarbeit zur Rettung der kapitalistischen Ordnung in einen Klassenkampf gegen diese Ordnung, um die Aufhebung dieser Ordnung verwandelt, so ist die Frage »Sozialreform oder Revolution?« im Bernsteinschen Sinne für die Sozialdemokratie zugleich die Frage: Sein oder Nichtsein? In der Auseinandersetzung mit Bernstein und seinen Anhängern, darüber muß sich jedermann in der Partei klar werden, handelt es sich nicht um diese oder jene Kampfweise, nicht um diese oder jene Taktik, sondern um die ganze Existenz der sozialdemokratischen Bewegung. “
http://www.mlwerke.de/lu/lue.htm#Vorwort
Hier wird klar schon klar ausgesprochen, was eine systemerhaltende Linke von einer systemtransformativen Linken unterscheidet.
Nämlich nicht der Verzicht auf Reformen durch die revolutionäre Linke, sondern der Verzicht auf Systemtransformation durch die Systemlinken.
@Troptard
"Radikale Kritik scheitert letztendlich daran, dass sie in den Bedürfnissen des bürgerlichen Subjektes keine allgemeine Entsprechung findet und somit ein fast luxeriöses Vergnügen unter "Eingeweihten" bleibt."
Ich würde dies anders formulieren:
Radikale Kritik scheitert dann, wenn sie nicht in der Lage ist, an den konkreten Bedürfnissen der Individuen anzuknüpfen.
Freiheit, Wohlstand, Frieden, soziale Sicherung durch garantiertes Einkommen/Altersversorgung, freier Zugang zur Bildung und zur Krankenversorgung, Recht auf kulturelle Selbstbestimmung usf. sind solche elementaren Bedürfnisse.
Es ist folglich Aufgabe der Kapitalismuskritiker, ganz konkret zu verdeutlichen, dass das kapitalistische System die Freiheit, den Wohlstand, die Rechtsstattlichkeit, die soziale Sicherung durch garantiertes Einkommen/Altersversorgung, den freien Zugang zur Bildung und zur Krankenversorgung, das Recht auf kulturelle Selbstbestimmung usf. durch seine systemische Eigenlogik zerstören muss.
Krisen, Kriege, oligarchische und plutokratische Diktatur sowie allgemeine Pauperisierung und Prekarisierung sind die unausweichlichen Folgen des kapitalistischen Systems in seinem Spätstadium.
Kapitalismus und freiheitlich-demokratische Grundordnung sowie Kapitalismus und allgemeiner Wohlstand sind längst nicht mehr miteinander vereinbar geworden und können auch niemals wieder zusammenkommen.
Wir befinden uns inmitten eines zivilisatorischen Niedergangszenarios und dieser Prozess kann kein gutes Ende nehmen.
Sagt wer?
Das ist die aktuelle Analyse und Diagnose zum Systemprozess durch Deutschlands renommiertesten Soziologen. Kann man alles nachlesen.
@ kritischer Beobachter,
ich vermute mal, dass in der Beurteilung des Krisenprozesses hier kaum Differenzen bestehen. Eher darin, wie eine allgemeine Vermittlung zu bewerkstelligen ist, dass sie gesellschaftlich aus dem intellektuellen Zirkel heraustreten kann und sich verallgemeinert..
"Es ist folglich Aufgabe der Kapitalismuskritiker, ganz konkret zu verdeutlichen,..."
Das klingt zunächst mal ganz gut, hat aber wie so oft den Mangel, dass es da, wo es konkret werden soll, eben nur abstrakt bleibt und genau so überzeugend auch von Reformisten, Konservativen und Rechten zum rhetorisch kritischen Repertoire gehört, was sich dann an der Wirklichkeit blamiert.
Ein weiteres Problem was ich persönlich sehe ist, dass das bürgerliche Subjekt genau das nicht hören will, was da konkret vermittelt werden soll, dass das Kapital genau das zerstört, worauf es sich in seiner Burgherrlichkeit eingerichtet hat.
Und ebenso resistent wird es sich gegen Deutungen aus der Psychologie erweisen, welche die gesellschaftlichen Verwerfungen, in das Innere des Menschen verlagert und als Symptom, als individuelles oder kollektives Krankheitsbild einer Gesellschaft interpretiert, wo diese gesellschaftlichen Beziehungen durchaus rationalen und bewussten Handlungen entspringen, eben einer Gesellschaft die sich als warenproduzierende Gesellschaft und in ständiger Konkurrenz zueinander in Beziehung setzt und deren Krisen Resultat ihres eigenen Handelns sind, was sie allerdings nicht wahrnehmen will und ständig umdeuten muss.
Entweder im Fehlverhalten ihrer Subjekte selbst oder in äusseren Einflüssen.
Deshalb bin ich ziemlich pessimistisch gegen alle Bemühungen die "Farce", die sich in der Geschichte abzeichnet zu wiederholen aufhalten zu können.
@ Andy Bonetti: Danke für Deinen altersweisen Kommentar. ;-) Allerdings war es in den vergangenen Jahrhunderten doch immer wieder so, dass die jeweils herrschende "Elite" - egal ob nun die Feudalherren und Königshäuser der Vergangenenheit oder die Kapitaleigner in jüngerer Zeit - stets "leichtfertig" gehandelt und ihre Privilegien dadurch - zumindest teil- und zeitweise - verspielt hat. Ich kann nicht erkennen, dass die hab- und machtgierige Bagage seit dieser Zeit etwas "gelernt" hat - ganz im Gegenteil.
Ich befürchte vielmehr, dass diese Gesellen wieder einmal der irrigen Meinung sind, diesmal den autoritären, dystopischen Überwachungsstaat neu schaffen und endlich auch kontrollieren zu können - was (ebenfalls wieder einmal) für Teile der westlichen Welt tatsächlich funktionieren kann, während die überwältigende Mehrheit der verarmten Bevölkerung in anderen Regionen dieses Planeten wieder einmal keine Rolle in diesen Überlegungen spielt. Kriege sind immer ein Teil dieser Entwicklung - ohne umfassende Zerstörungen gibt es irgendwann keine Profite für diese Leute mehr - und der Tag, an dem Superreiche zu der Erkenntnis gelangen, dass sie inzwischen "genug" Billionen angehäuft haben, wird der Tag sein, an dem die Hölle zufriert.
Manchmal wünschte ich, die Altersgelassenheit erreichte mich auch endlich. :-)
Liebe Grüße!
Moin Charles,
auch von mir noch ein besseres NEUES. Interessanter(s) Dialog /Thema hier.
Zufall das der Pantoffel dies prosaisch auf seiner Seite aufgegriffen hat ?
Betreibt er hier Ghostwriting oder ist die ein klassischer kick ass?
Deine Meinung die du zuletzt dem Multiavatar Hr. Bonetti mitgeteilt hattest teile ich ebenfalls. Ich glaube nicht das es die oberen 10 oder 1% davon abhalten wird die Welt anzuzünden. O.k. ein paar werden draufgehen aber das prozentuale Verhältnis, wenn es denn nicht zu einer kompl. globalen Vernichtung kommt,der ELITEN zum REST wird aufrecht erhalten bleiben. Wir brauchen halt unser Master and Servant oder sollte ich sagen People are People.
LG
@Troptard
„Deshalb bin ich ziemlich pessimistisch gegen alle Bemühungen die "Farce", die sich in der Geschichte abzeichnet zu wiederholen aufhalten zu können.“
Das ist ja gerade der Unterschied zwischen kritischen Theoretiker und linken Illusionisten und Wunschdenkern.
Estere wissen, dass es kein Happy End gibt bzw. geben kann.
Völlig klar, dass der Niedergang der „zivilisatorischen Matrix“ der kapitalistischen Gesellschaften nicht aufgehalten werden kann.
Alles an zivilisatorischen Errungenschaften wird kaputt gehen: prosoziales Verhalten, Rechtsstaat, Sozialstaat, Bildungswesen, Gesundheitssystem, Infrastruktur …
Der Kapitalismus ist schon längst in ein faschistisches Stadium übergegangen.
„Faschistisch“ definiert als die terroristische Durchsetzung von Kapitalverwertungsinteressen. Es entsteht ein „Terror der Ökonomie“ (vgl. V. Forrester)
Es entsteht eine Verbrecherherrschaft, die immer evidenter wird. Dieses Stadium des Kapitalismus weist Ähnlichkeiten zur „ursprünglichen Akkumulation“ auf. Auch diese wurde terroristisch und skrupellos umgesetzt.
Profite können in diesem Stadium immer weniger durch Warenproduktion realisiert werden Daher entstehen immer mehr Geschäftsmodelle, die mit Betrug, Privatisierung = Enteignung von Gemeineigentum, erzwungenen Benutzungsgebühren, Raub etc. operieren.
Siehe als Beispiele: Abgasbetrug, Privatisierung der Autobahnen, Privatisierung der öffentlichen Krankenhäuser, „Deregulierung“ = Abbau von Schutzrechten etc.
Fazit: "Überall wird man beschissen."
Der Grund dafür: der „tendenzielle Fall der Profitrate“.
Vgl. dazu Paul Mason (http://www.deutschlandfunk.de/re-das-kapital-4-6-der-niedergang-des-kapitalismus.1184.de.html?dram:article_id=370390)
Troptard, niemand kann diesen Prozess aufhalten, weil sich die Systemlogik in Form des systemkonformen Verhalten der Individuen durchsetzt. Diese Individuen verhalten sich nach der Maxime der individuellen Vorteilsmaximierung.
Aber der heutige Faschismus weist in seiner Erscheinungsform keine oder kaum Ähnlichkeiten mit dem Hitler-Faschismus.
Die Massen werden nicht militärisch mobilisiert, es entsteht neben dem Staat kein Gewaltapparat vergleichbar mit SA und SS, es gibt keine massenhafte Indoktrination zum Zwecke konformistischen Verhaltens, wie z.B. die Hitlerjungend. Etc.
Klar, heute wie damals müssen die Menschen immer mehr für immer weniger Reallohn arbeiten. Klar, wie damals werden die Mittelschichten geschröpft und enteignet.
Die Erscheinungsform des neuen Faschismus ist linksliberal und links-alternativ. Eine Mischung aus Huxleys schöner neuer Welt und Orwells 1984.
Anders als im Hitlerfaschismus gibt es keine Wehrertüchtigung, sondern „Brot und Spiele“, keine militärischen Massenveranstaltungen, sondern Massenveranstaltungen des Konsums wie „Street Parade“, die Berliner Silvesterparty usf.
Unterhaltung, Party und Dogenkonsum stehen im Mittelpunkt des neuen Faschismus. Daher auch die Entillegalisierung z.B. des Cannabis-Konsums.
Immer mehr arbeiten für immer weniger Lohn, es entsteht massenhafte Pauperisierung und Prekarisierung. Die Enteignung von Gemeineigentum schreitet voran wie auch die Verschlechterung der öffentlichen Versorgungsangebote. Der Abstieg und die Enteignung der Mittelschichten werden immer erfahrbarer. (Daher als eine Art neue Mittelschichten-APO der Protest der "Wutbürger", das Wachsen der AfD. Usw.)
Im neuen Faschismus lebt es sich lustig und vergnügt, solange man genügend Geld zur Teilnahme hat und nicht zu den Verlierern und Exkludierten gehört. Letztere bekommen dann eigene Soziotope mit Tafeln, Sozialkaufhäusern etc. Der soziokulturelle und ökonomische Niedergang wird begleitet von Comedians.
weiter ...
weiter:
Nein Troptard, die Geschichte wiederholt sich nicht. Wir sind längst einer historisch völlig neuen Formation, wo die menschliche Industriearbeit immer mehr durch Maschinen ersetzt wird, und zwar irreversibel. Es wird keinen „Neustart“ des Kapitalismus wie nach 1945 geben.
Die Frage der Neuorganisation des Systems wird sich spätesten dann stellen, wenn die materielle Reproduktion in die Krise gerät. Wenn Menschen massenhaft hungern und verhungern und erfrieren. Wenn die staatliche Infrastruktur nicht mehr funktioniert.
Dann wird man „von oben“ das System neu organisieren (müssen), um den sozialen Frieden zu erhalten. Und all dies wird anders ablaufen als zur Nazi-Zeit.
@Charlie:
Ich halte es leider für wahrscheinlicher, dass am Ende dieses Zerstörungsprozesses ein dystopisches Staatengebilde stehen wird, das letztlich wieder in totaler Vernichtung endet bzw. enden muss - und wie diese angesichts der heute verfügbaren Waffentechnik im Vergleich zum Zweiten Weltkrieg aussehen wird, lässt sich leicht ausmalen.
Das Szenario einer physischen Selbstvernichtung der Menschheit halte ich für eher unwahrscheinlich.
Aus meiner Sicht sieht es so aus, als würde der Weg in Klassenverhältnisse wie in der Dritten Welt gehen. Wo 90% unter sklavenähnlichen Bedingungen in Armut, Elend und Blödheit leben.
Allerdings wird es einen wichtigen Unterschied geben, nämlich in der technischen Ausstattung der Armen und Exkludierten. Sie werden mit kostenfreiem Internet und billigen Volkscomputern versorgt werden. So können dann neben und nach ihrer sklavenähnlichen Armutsarbeit ein virtuelles Leben im „Second Life“ mit Unterhaltung, Musik etc. leben können. Daneben werden sie mit billigen Drogen versorgt werden.
@Fluchtwagenfahrer
<>Zufall das der Pantoffel dies prosaisch auf seiner Seite aufgegriffen hat ?
Betreibt er hier Ghostwriting oder ist die ein klassischer kick ass?“/i>
Nichts weiter als ein billiges Plagiat ohne Quellenangabe.
Mit der Darstellung des „Gunther“ habe ich nichts gemein.
Jene, die mich können, würden vermutlich meinen Status als „Angehöriger der akademischen Oberschicht“ beschreiben.
@ Kritischer Beoachter: Was Du zur "Aussicht" auf die Zukunft geschrieben hast, dürfte ziemlich genau den Plänen der Kapitalisten entsprechen - ich denke aber dennoch, dass diese einmal mehr nicht aufgehen werden bzw. nicht aufgehen können (s.o.). Aber das ist letztlich auch egal, wir werden es so oder so erfahren, sofern wir lange genug leben (müssen).
Der Text des Schrottpressepantoffels ist im Übrigen symptomatisch - der Mann merkt nicht einmal, dass er durch sein Gekritzel das bestätigt, was Du geschrieben hast. Was soll man dazu noch sagen, außer: Wenn Hopfen und Malz verloren sind, sollte man sie auch als verloren deklarieren. ;-) Es ist üblich bei solchen Leuten - ich habe reichhaltige Erfahrungen damit -, den "Stein des Anstoßes" nicht zu verlinken. So sind solche Leute eben: Sie wollen keinen Dialog und erst recht keinen Diskurs, da sie sich selbst im Besitz der "Wahrheit" wähnen. Da stören anderslautende Erkenntnisse, auf die man um Himmels Willen nicht verlinken darf, bloß. Meine esoterischen Lieblingsfreunde vom Blog "Jenseits der Realität" handhaben das nicht anders. Hier schließt sich der Kreis - das war einer der Gründe, weshalb ich das ursprüngliche Posting "Die gespaltene Linke: Eine Soap-Opera" ins Netz gestellt habe.
So geht alles seinen gewohnten und gewünschten Gang - und das faschistische Staatsmonster erstarkt derweil mit jedem Tag heftiger.
kritischer Beobachter: Der literarisch Begnadete aus der (Schrott-)Presse nimmt Zitate von Dir und schiebt sie einem fiktiven Kneipengast in den Mund. Dabei zieht der charakterlich Defizitäre ironisch und in krampfhaftem Bemühren mit Scheiteroption über Deine Aussagen und Autoren hier in Blog her. Das ist wohl das Einzige, was er blendend beherrscht. Zynismus, Ironie, Arroganz und sich groß fühlen, indem er andere klein und lächerlich macht.
Zu Karls Zeiten war er mal besser.
@altautonomer:
„Der literarisch Begnadete aus der (Schrott-)Presse nimmt Zitate von Dir und schiebt sie einem fiktiven Kneipengast in den Mund. Dabei zieht der charakterlich Defizitäre ironisch und in krampfhaftem Bemühen mit Scheiteroption über Deine Aussagen und Autoren hier in Blog her. Das ist wohl das Einzige, was er blendend beherrscht. Zynismus, Ironie, Arroganz und sich groß fühlen, indem er andere klein und lächerlich macht.“
Mein Eindruck ist, dass dieser Typ so primitiv und doof ist, dass er gar nicht begreift, was er macht. Zum einen, dass er klaut wie der Lügenbaron. Zum anderen, dass in seiner Geschichte Vorurteile zum Ausdruck kommen, die ihn als dummen und spießigen Linken outen.
In den Köpfen von dummen Linken findet sich nach wie vor die stalinistische Widerspiegelungstheorie, welche glaubt, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen materiellem Sein und Bewusstsein gibt. weil das materielle Sein das Bewusstsein bestimme.
Nach dieser Vorstellung sollen die ausgebeuteten Lohnarbeiter ein Bewusstsein über ihre Ausbeutung und daher ein antikapitalistisches Bewusstsein entwickeln.
Bei des privilegierten Profiteuren des Systems soll es umgekehrt sein.
So können sich manche Linken gar nicht vorstellen, dass es in Oberschichten Menschen gibt, die auf Basis humanistischer Vorstellungen von menschlicher Existenz eine radikale Systemkritik am Kapitalismus entwickeln.
Es wird deutlich, dass in der Erzählung die Figur des „Gunther“ den Realitätsvorstellungen und –wünschen dieses Autors und dessen Fans entspricht.
Ein radikaler Systemkritiker wie dieser „Gunther“ muss eine gescheiterte Existenz sein. „Ungepflegte Fingernägel und speckige Hose“. Ein Prekarier ohne Geld, auf Schnorren von Bier und Essen angewiesen.
Diesem prekarisierten, dreckigen, schnorrenden und versoffenen „Gunther“ werden meine Aussagen in den Mund gelegt.
Da haben die hasenhirnigen Linksspießer unter den Leserfans gleich eine Vorstellung, um welche Personen es sich handelt, welche derartige Aussagen tätigen, nämlich gescheiterte und heruntergekommene Existenzen. Loser, die ihre eigene Erfolglosigkeit mit Systemkritik rationalisieren.
Es wird ganz deutlich, wessen Geistes der Autor und dessen Fans sind.
kritischer beobachter: Mein Reden seit 33.
@ Kritischer Beobachter
Erst einmal vielen Dank für die ausführliche Besprechung meiner literarischen Gehversuche. Das ist in dieser Ausführlichkeit sehr selten in der Blogsphäre, vor allem dann, wenn es sich um ein wirklich kleines, unbedeutendes Blog wie die Schrottpresse handelt. Es schmeichelt aber doch, wenn man so sorgfältig gelesen wird.
Ich weiß natürlich nicht, ob Du jemals eine Universität besucht hast, beziehungsweise Gast in den typischen Studentenkneipen warst. Das Lokal Eusebia mit seinem „Gunther“ (tatsächlicher Name ist der Redaktion bekannt) beruht jedenfalls inhaltlich auf tatsächlich erlebten Geschichten.
Daß ich kleine Schnipsel Deiner Kommentare zusammenhanglos und unverlinkt (mittlerweile korrigiert) verwendet habe, hat mit Ökonomie zu tun. Was „Gunther“ an Worthülsen absondert, spielt für den Gang der Geschichte wirklich keine Rolle. Auch wird Gunther nicht dadurch zum radikalen Systemkritiker, als daß es Deine Worte waren – es sei denn, es gelänge aus diesen Fetzen eine konsistente Aussage zu generieren. Du wirst ja nicht allein dadurch zum Penner mit ungewaschenen Fingern, weil Du Dich in einer literarischen Gestalt wiederzuerkennen glaubst.
»So können sich manche Linken gar nicht vorstellen, dass es in Oberschichten Menschen gibt, die auf Basis humanistischer Vorstellungen von menschlicher Existenz eine radikale Systemkritik am Kapitalismus entwickeln.«
Das möchte ich so nicht stehen lassen - kann es nicht, weil mir solche Menschen durchaus persönlich bekannt sind. Aber nicht jede Anhäufung warmer Luft ist ein Ballon und mit gebildeten Menschen verbinde wenigstens ich ein Mindestmaß an Bescheidenheit und Höflichkeit.
Zum Schluß noch einmal vielen Dank für die gründliche Analyse von „ein neues Jahr“ und noch viel Vergnügen beim jammernden Charlie und seinem ordinären Fußabtreter Altautonomer.
Mit freundlichen Grüßen,
das Pantoufle
@all,
das ist ja keine Erfahrung, die einem unbedingt fremd sein muss. Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem man merken sollte, dass jede Bemühung ein sinnloses Unterfangen ist.
Besser noch, wenn man es vor der Anstrengung bemerkt hat.
Ich habe nicht vermutet, dass die Diskussion hier letztlich doch noch satirisch wird - aber des Pantoffels Einlassung lässt nun keinen anderen Schluss mehr zu: Wenn gerade dieser Dampfplauderer, der meist nichts Relevantes zu sagen hat, sein eigenes dilettantisches Gekritzel als "literarische Gehversuche" klassifiziert und gar von einer "literarischen Gestalt" fabuliert, wenn er wie gewohnt bloß dampfplaudert, ist der Weg in die satirische Fäkalgrube vorgezeichnet.
Er lässt es sich aber nicht nehmen, sich die blecherne Titanic-Krone mit den angeklebten Eselsohren auch noch aufzusetzen, indem er von einem "Mindestmaß an Bescheidenheit und Höflichkeit" schwadroniert - diese Phrase, die in ähnlichem Zusammenhang auch von Kai Dieckmann stammen könnte, hat dazu geführt, dass sich der Kaffee, den ich beim Lesen gerade trank, auf meine Tastatur und meinen Monitor ergossen hat. :-)
Spätestens jetzt weiß ich auch endlich, dass ich in des Dampfplauderers vernebelter Wahrnehmung ein "Jammerer" bin (Aha!), der noch dazu einen "ordinären Fußabtreter" namens Altauto vor der Tür liegen hat. Komisch, dass ich den gar nicht finde, wenn ich vor die Tür trete - und was ist eigentlich ein nicht-ordinärer Fußabtreter? Faulfuß vielleicht? :-)
Tja, so bescheiden, höflich und menschenfreundlich ist der Herr Pantoffel eben, da kann man wohl nichts machen. Das ist das Pantoffel'sche Mindestmaß.
Realsatire bleibt eben die beste Satire. Ich wische jetzt noch die Kaffeereste weg und widme mich dann wieder meinen wichtigen Jammer-Themen und anderen literarischen Ungestalten.
Pantoufles Memoiren: "Der Antänzer"
Wie lange schon dauert seine Phase der "literarischen Gehversuche"?
Zehn Jahre oder zwanzig?
Aus einem Youtube-Video aufgeschnappt:
Keynsianer und die Kritk von links- Thomas Ebermann und Axel Troost-28.O9.2016
Thomas Ebermann zu Axel Troost sinngemäss: "Ich werde aus Dir keinen Systemfeind mehr machen und Du aus mir keinen Keynsianer... Aber es muss doch hier erlaubt sein, dass alles mal in die Tonne zu kloppen."
Toni: „Du Udo, das Pantouffle führt jetzt eine Debatte über Anstand und Vertrauen.“
Udo: „Wer?“
Toni: „Das Pantouffle. Dieser Möchtegerndichter von der Schrotpresse.“
Udo: „Ach der.“
Udo und Toni bestellen noch ein Gezapftes.
Udo: „Ist das nicht der, der damit prahlte, unter so vielen Nicks kommentieren zu können und der die persönlichen Daten von Manfred P. veröffentlicht hatte?“
Toni: „Ja, den meine ich. Der führt jetzt eine Debatte über Anstand und Vertrauen im Netz, so unter Blogger-Kollegen. Man solle netter miteinander umgehen und weniger persönliche Daten missbrauchen.“
Udo: „Das Pantouffle, das seinen ehemaligen Weggefährten Altauto als „ordinären Fußabtreter“ diffamiert und Kommentare bei Charlie geklaut und verwurstet hatte, führt jetzt eine Anstandsdebatte. Sachen gibt’s.“
Toni: „Ja genau. Das ist dieser Stalker, der sogar anderen den Twitteraccount fleddert und dort persönliche Urlaubsfotos klaut und auf seinem Blog veröffentlicht. Der führt nun eine Anstandsdebatte.“
Toni: „Ja, ein Ehrenmann, wie er leibt und spottet.“
Udo: „Irgendwie an Ironie kaum zu übertreffen, dass ein Typ, der anderen den Tod und den Darwin-Preis an den Hals wünscht und einem Kommentator auf dem eigenen Blog den Rat gibt, einen Strick zu kaufen und sich daran aufzuhängen, nun eine Debatte über Anstand und Vertrauen führt.“
Toni: „Kaum zu glauben: Der Krawallmacher bei Genova, Charlie und Nobody führt eine Anstandebatte, nachdem er mit seinen Springerstiefeln die Nasen seiner ehemaligen Mitkämpfer blutig getreten hatte.“
Udo: „Ich brauch‘ jetzt einen Schnaps.“
Ach, der Herr Karl mal wieder
Nun reicht's aber. Es ist hinreichend deutlich geworden, dass sowohl Pantoffel als auch diverse Anonyme nichts Inhaltliches beizutragen haben, sondern irgendeiner anderen stumpfsinnigen, mir unbekannten und vor allem unwichtigen Agenda folgen. Sollen sie im Schrottblog, bei den Esos oder beim "Herrn Karl" weiter höflich und bescheiden dampfplaudern bzw. sich gegenseitig die Augen ausstechen, aber bitte nicht mehr hier. Vielen Dank! :-)
@Charlie
Um die Diskussion zu vertiefen, habe ich nachfolgenden Beitrag verfasst.
Falls Du möchtest, kannst Du diesen gern als Gastbeitrag einstellen.
Linksreformer, Systemkritiker und Linksreaktionäre
Von Troptard wurde auf die bei YT aufgezeichnete Diskussion zwischen Axel Troost und Thomas Ebermann hingewiesen (https://www.youtube.com/watch?v=F572Y0QWH_Y), also auf eine Diskussion zwischen einem Linksreformer und einem Systemkritiker.
Ebermann bezieht sich dabei auf die Position von Herbert Marcuse:
Eine Transformation zu einer besseren und humanistischen Gesellschaft ist notwendig und möglich.
Möglich bedeutet: Es existieren die wissenschaftlich-technischen Voraussetzungen dafür. Diese neue Gesellschaft ist keine Utopie (mehr), allein es fehlt der gesellschaftliche Wille zur Umsetzung.
Utopisch hingegen – so meine These - ist die linksreformerische Position geworden, welche es für möglich hält, unter gegenwärtig herrschenden gesellschaftlichen Bedingungen – Stadium der Systementwicklung und der Machtverhältnisse - eine grundlegende gesellschaftliche Verbesserung der Situation der arbeitenden Bevölkerung bei Erhalt des kapitalistischen Systems herbeizuführen.
Die aufklärerisch-emanzipatorische Position betont die Notwendigkeit und Möglichkeit einer Systemformation.
Die Notwendigkeit ergibt sich daraus, dass die kapitalistische Systemlogik eigenlogisch und damit zwangsläufig in den zivilisatorischen Niedergang führt, die Möglichkeit resultiert aus dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt, der den Mangel an zur menschlichen Reproduktion notwendigen Güter überwunden hat und eine Überflussgesellschaft ermöglicht, in der menschliche Arbeit weitgehend durch Maschinen ersetzt werden kann.
In der bisherigen Geschichte war eine Befreiung vom „Naturzwang zur Arbeit“ nur für die jeweils herrschende Klasse möglich, indem diese von der Arbeit anderer Menschen lebte. Das ist der Grund für die Spaltung der Gesellschaften in Herren mit arbeitsfreiem und luxuriösem Leben sowie Sklaven und Knechte.
Wie befinden uns in einer historischen Umbruchphase, wo sich zwei gesellschaftliche Kräftekonstellationen gegenüberstehen: Jene, die das kapitalistische System erhalten wollen und eine humanistische Avantgarde, die das System transformieren will. Gegenwärtig stehen sich übermächtige reaktionäre Kräfte und schwache gesellschaftlich progressive Kräfte stehen sich gegenüber.
Die Aufgabe der Humanisten ist es, auf dieses Kräfteverhältnis einzuwirken, um eine progressive gesellschaftliche Veränderung zu ermöglichen. Es handelt sich vor allem um einen Kampf ums Bewusstsein und der daraus resultierenden politischen Willensbildung.
Bekanntlich hat sich die sozialistische Bewegung schon vor über 100 Jahren gepalten, und zwar in eine systemerhaltende, reaktionäre sozialdemokratische Tendenz und in eine revolutionäre kommunistische.
In Deutschland war die linksreaktionäre Tendenz personifiziert durch Sozialdemokraten wie Ebert und Noske, die kommunistische durch Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Letztere wollten eine sozialistische Umgestaltung, erstere hingegen diese um jeden Preis verhindern und dies ging hin bis zur Beteiligung an der Ermordung von Revolutionären.
Anfang der 70-er Jahre – also vor einigen Jahrzehnten - gab es noch Sozialisten in der SPD, welche eine sozialistische Umgestaltung wollten. So z.B. Peter v. Oertzen, einen Marxisten und Trotzkisten, der sogar niedersächsischer Kultusminister war.
Doch wurde die systemtransformative Linke konsequent bekämpft durch sozialdemokratische Linksreaktionäre, an deren Spitze der Kanzler Brandt stand, der die emanzipatorischen Linken mit dem Radikalenerlass bekämpfte. und unter dessen Parteiführung die SPD von systemtransformativen Linken „gesäubert“ wurde. Ende der 70-er hatten fast alle systemkritischen Linken die SPD verlassen oder waren ausgeschlossen worden.
weiter ...
weiter:
Viele ehemalige verbalrevolutionäre Linke wurden zu „69-er-Konvertiten“, zu Systemapologeten und Linksreaktionären.
Der rote Faden von „Linken“, die zu Reaktionären wurden, geht geschichtlich von Ebert und Noske, über Brandt hin zu Ex-Sozialisten und Ex-Kommunisten wie Schröder, Fischer, Kretschmann, Wagenknecht etc.
Lafontaine gehört nicht zu den Letzteren, und zwar deshalb, weil er nie Sozialist und Systemkritiker gewesen war. Lafontaine gehörte immer zu jenen Reform-Linken, die nie eine grundlegende Kritik am kapitalistischen System formulierten.
Selbstverständlich schließen sich radikale Systemkritik und Reformpolitik nicht per se miteinander aus. Vgl. das Zitat von Rosa Luxemburg von 4.1.2017 - 19:15 (https://www.blogger.com/comment.g?blogID=2231846182703939878&postID=295319350690443953&bpli=1)
Radikale Systemkritik unter den gegenwärtigen Bedingungen ist insbesondere im Bereich von Berufspolitik, Medien und Journalismus ein Karrierehindernis, welches den Aufstieg in höher privilegierte Positionen ausschließt.
So musste z.B. ein Gerd Schröder von Linkaußen auf den rechten Flügel in der SPD wechseln.
Wagenknecht verabschiedete sich von ihrer Mitgliedschaft bei der „Kommunistischen Plattform“ sowie von der marxistischen Systemkritik und wurde zur Apologetin der „Sozialen Marktwirtschaft“ und Propagandistin von Reformillusionen,
Die Linkspartei ist wie die SPD eine „systemintegrierte“ und „systemintegrierende“ Partei.
Für die BerufspolitikerInnen und FunktionärInnen in der Linkspartei ist diese ein Apparat, der Aufstiegschancen, Einkommen und Privilegien verschafft.
Alle etablierten Parteien sind durch gekennzeichnet, dass sie als Jobmaschine funktionieren und Aufstiegschancen in privilegierte Positionen ermöglichen.
Im Prinzip funktioniert die Linkspartei wie alle anderen Parteien, nur dass die systemkonforme, „pragmatische“ Politik in linker Verkleidung „verkauft“ (vgl. dazu: Robert Michels https://de.wikipedia.org/wiki/Ehernes_Gesetz_der_Oligarchie).
Alle Reformlinken, welche die Systemfrage ausklammern oder negieren, werden daher zwangsläufig zu Linkreaktionären, die ein falsches Bewusstsein propagieren.
Deshalb ist die Vorstellung, es könnte so etwas wie eine „Einheit aller Linken“ geben, zutiefst naiv und realitätsfremd.
Es gibt gesellschaftlich progressive Menschen und es gibt konservative und reaktionäre Menschen.
Die meisten der heutigen Linken sind – wie die Mehrzahl der Bevölkerung überhaupt – keine wirklich progressiven Menschen, da sie nicht die Systemfrage stellen, sondern die Realität verleugnen und Illusionen verbreiten.
Linksreformer werden dann zu Linksreaktionären, wenn sie die gesellschaftliche Realität falsch darstellen und die Notwendigkeit sowie Möglichkeit einer Systemtransformation leugnen. So wenn z. B. behauptet wird, man könne mit „linken Mehrheiten“ zu Zeiten zurückkehren, in denen Kapitalismus, Demokratie und allgemeiner Wohlstand miteinander vereinbar waren. Man müsse nur die entsprechenden „Stellschrauben“ bedienen.
Wer wissen will, warum dies unmöglich ist, kann dies wissenschaftlich fundiert bei Wolfgang Streeck nachlesen.
Subjektiv mögen sich derartige Linksreformer für progressiv halten, objektiv sind sie jedoch Linksreaktionäre. Man sollte sich nicht scheuen, diese Wahrheit auszusprechen, auch wenn es sich um renommierte Linke wie z. B. die Macher der Nachdenkseiten, um Lafontaine, Wagenknecht et al. handelt.
P.S. @ Troptard: Ebermann findet stets die richtigen Worte. :-)
@ Kritischer Beobachter: Es wäre besser, wenn Du mir längere Gastbeiträge per Mail (die Adresse steht ganz oben rechts im Blog) schicken könntest. Dieser beispielsweise wurde - wie so oft, wenn es sich um längere Texte handelt - von blogger.com in den leider überquellenden Spam-Ordner verschoben und ich habe ihn erst jetzt bemerkt und nun nachträglich freigeschaltet. Herzlichen Dank im Voraus!
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