Freitag, 19. August 2011

Die neoliberale Bande: Grundsätzliches über die rechten Zivilisationsfeinde

  1. Mit bisher unbekannter Radikalität bewirtschaftet in den USA eine neue Rechte die Krise, die sie selbst zu verantworten hat. Das stößt auch altgediente Konservative ab, für die Reagan ein Idol war. Ein Kommentar.

    (...) Moore schreibt: "Ich habe mehr als 30 Jahre gebraucht, um mir diese Frage zu stellen. Aber heute muss ich es tun: Hat die Linke doch Recht?" Und fährt fort: "Die Reichen werden reicher, aber die Löhne sinken. Die Freiheit, die dadurch entsteht, ist allein ihre Freiheit. Fast alle arbeiten heute härter, leben unsicherer, damit wenige im Reichtum schwimmen. Die Demokratie, die den Leuten dienen sollte, füllt die Taschen von Bankern, Zeitungsbaronen und anderen Milliardären."

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  2. "Ich beginne zu glauben, dass die Linke recht hat" / Im bürgerlichen Lager werden die Zweifel immer größer, ob man richtig gelegen hat, ein ganzes Leben lang. Gerade zeigt sich in Echtzeit, dass die Annahmen der größten Gegner zuzutreffen scheinen.

    (...) Das große Versprechen an individuellen Lebensmöglichkeiten hat sich in sein Gegenteil verkehrt. Es ist Moore, der hier spricht und der einst im Thatcherismus alter Prägung die größtmögliche Erfahrung gesellschaftlicher Perfektion erblickte: "Ihre Chancen für einen Job, für ein eigenes Haus, eine anständige Pension, einen guten Start für ihre Kinder, werden immer kleiner. Es ist, als ob man in einem Raum lebt, der immer mehr schrumpft. Für Menschen, die nach 1940 geboren wurden, ist dies eine völlig neue Erfahrung. Wenn es noch länger so weiter geht, wird sie ziemlich schrecklich werden."

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Anmerkung: Es ist erfreulich (wenn auch viel zu spät), dass diese schnöde Erkenntnis sich allmählich offenbar auch in Mittelschichtskreisen herumzusprechen scheint - jetzt, da man auch dort zu spüren beginnt, wie die Pfründe zugunsten der Superreichen schwinden. Freilich geht das Eingeständnis dieser "Bürgerlichen" bei weitem nicht weit genug - es wird weder der Kapitalismus an sich, noch sein groteskes Geldsystem in Frage gestellt.

Bei dieser Kritik handelt es sich schlicht um die ewige Verteilungsfrage von Vermögen, die nun - wie schon seit Jahren vorausgesagt - selbstredend auch in der Mittelschicht angekommen ist. Als es "nur" andere waren, die von diesem System ausgebeutet, unterdrückt und sogar ermordet wurden (wie beispielsweise all die verhungerten Menschen der so genannten "Dritten Welt"), war das alles kein Thema - das haben nur "linke Spinner" zum Thema gemacht. Aber jetzt, wo es ans eigene Bankkonto und die eigenen Sicherheiten geht, da stimmen sie plötzlich ein in den Chor der Armen. Das ist erbärmlich und widerwärtig.

Ich kann die Lobhudeleien, die diese beiden Kommentare in sehr vielen Blogs ausgelöst haben, nicht nachvollziehen - schließlich schreiben hier zwei konservative Schlipsträger, die bislang eher durch radikal-neoliberale Glaubensbeschwörungen aufgefallen sind, schlichte Teilweisheiten nieder, die progressive Denker schon seit Jahrzehnten formulieren. Auswirkungen auf die politischen Akteure der neoliberalen Bande wird das ohnehin nicht haben - das kann man aktuell bereits am skandalösen Verhalten der britischen Regierung sehen, die beispielsweise Internetsperren fordert und drakonische Strafen für Randalierer verhängen lässt und damit die Gewaltenteilung ad absurdum führt.

Wir sind längst in einem Stadium angekommen, in dem Worte der Einsicht - auch dann, wenn sie tatsächlich ehrlich sein sollten - nicht mehr ausreichen. Jetzt wären Taten gefragt - und zwar solche mit Hand und Fuß. Jetzt wäre es an der Zeit, Privatisierungen zu stoppen und rückgängig zu machen, Banken zu verstaatlichen und zu zerschlagen, rigorose Finanzgesetze zu erlassen, Steuern für Superreiche massiv zu erhöhen, das Geldsystem in die staatliche Hand zu legen und zu reformieren, obszöne Managergehälter zu beschneiden, ausreichende Mindestlöhne für alle Menschen einzuführen, Drangsalierungsgesetze wie Hartz IV oder die Überwachungs- und Terror-Gesetze abzuschaffen ... usw. usf. - Nichts davon ist auch nur im Ansatz am Horizont erkennbar. Das Gegenteil ist der Fall.

Viele einzelne Sätze aus beiden Kommentaren kann man genüsslich zitieren und unterschreiben - angesichts der aktuellen Politik bleibt davon aber nur ein schaler Geschmack übrig, der wie ein leiser Windhauch im Herbst rückstandslos im Nirwana der Bedeutungslosigkeit verschwindet. Und die Blätter fallen derweil weiter - wie gewohnt.

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