Dienstag, 11. Dezember 2012

Habgier 2.0: Wieso Menschen politische Ämter anstreben


Seit seinem Auftritt in New York am 11. Oktober dieses Jahres gehört auch Nicolas Sarkozy zum erlauchten Kreis der gut bezahlten Redner. Seine Amtszeit war kaum beendet, da häuften sich schon die Anfragen, die in der Regel mit Honoraren von um die 100.000 Euro locken, auf dem Schreibtisch des französischen Expräsidenten. Das Wochenmagazin L'Express berichtete am 3. Oktober 2012, Sarkozy habe "seit seinem Auszug aus dem Élysée-Palast im vergangenen Mai bereits 70 Einladungen bekommen".

Man könnte meinen, dass höchste Staatsämter nur noch als Durchgangsstation dienen und das eigentliche Karriereziel in der Anhäufung eines großen privaten Vermögens liegt. Sarkozy jedenfalls dachte schon 2008 in dieser Weise über seine Zukunft nach: "2012 bin ich 57 Jahre alt, da trete ich nicht noch einmal an. Wenn ich die Milliarden sehe, die Clinton verdient - ich mache das hier jetzt für fünf Jahre, danach gehe ich meiner Wege und stopfe mir die Taschen voll." Der ehemalige US-Präsident, der bei seinem Ausscheiden aus dem Weißen Haus im Januar 2001 etwa 11 Millionen Dollar Schulden hatte, wurde danach zum "Autor und Redner". Innerhalb eines Jahres stieg das Einkommen des Ehepaars Clinton von 358.000 auf 16 Millionen Dollar, vor allem dank des Vorschusses auf Bill Clintons Memoiren und großzügiger Rednerhonorare.

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Anmerkung: Man könnte nicht nur meinen, dass reine Habgier die Antriebsfeder der meisten hochrangigen Akteure auf der politischen Bühne weltweit ist - man muss diese Meinung vielmehr vertreten, wenn man mit einem halbwegs wachen Geist diese Welt durchwandelt.

Auch und gerade in Deutschland ist es inzwischen ja üblich, sich nach dem Ende der politischen "Karriere" (die in der Regel vier bis höchstens acht Jahre dauert) die Entlohnung für die zuvor geleisteten neoliberalen Zerstörungen bei der Wirtschaft abzuholen. Ob Gerhard Schröder, Joschka Fischer oder Roland Koch - den süßen Verlockungen des leistungslosen Immer-reicher-Werdens (zusätzlich zu den lebenslangen Zahlungen, die ein politisches Amt in erklecklicher Höhe stets auch mit sich bringt) kann sich offenbar kaum ein Politiker entziehen. Für Deutschland gibt es auf den Seiten von Lobbypedia eine kleine, keinesfalls vollständige Auswahl zu bestaunen.

Früher nannte man so etwas Korruption. Im neoliberalen Neusprech ist daraus schlicht "Geld verdienen" (Peer Steinbrück) geworden. Die Frage, wieso jemand für das inkompetente, dumme Gesabbel eines Blair, Sarkozy, Clinton oder Steinbrück mehrere zehntausend oder gar hunderttausend Euro / Dollar bezahlen sollte, stellt sich niemand mehr - diese absurden Zahl(ung)en werden einfach hingenommen als seien sie reell und stünden in einem logischen Zusammenhang zum "Geleisteten" (eine dusselige, wahrscheinlich nicht selbst verfasste Rede halten). So viel Orwell kann man gar nicht lesen.

Diese verkommene Bande lässt sich dreist und für alle sichtbar vor unser aller Augen bestechen - und im Falle Steinbrück kommt noch die Impertinenz hinzu, sich dennoch wieder zum Bundeskanzler wählen lassen zu wollen. Da bleibt mir die Spucke weg. Ich nenne diesen habgierigen Vollpfosten ab jetzt nur noch "Peerlusconis Erbe".

Jedenfalls sollten wir die Beweggründe, die Sarkozy laut dem verlinkten Text so freimütig ausgeplaudert hat, stets bedenken, wenn wieder einmal eine Wahl ansteht. Denn dann können wir ... ja, dann können wir ... äh, dann können wir immer noch nichts dagegen tun. Aber Hauptsache, wir leben in einer Demokratie. "Die Welt ist schön, und erst der Sonnenschein!" sagt der Igel zu dem Stachelschwein ...

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Stimme von unten


"Wenn ick nu der Oberbahnrat Schulze wär', tät ick die Weiche falsch stell'n - es hat ja keen Aas jeschmiert!"

(Zeichnung von Erich Schilling [1885-1945], in "Simplicissimus", Heft 3 vom 16.04.1928)

Nachtrag: "Gerhard Schröder hat die meisten, Helmut Schmidt die modernsten und Helmut Kohl die dicksten Autos: Deutschlands Altkanzler können auf einen stattlichen Fuhrpark zugreifen. So stehen Schröder (SPD) gleich sieben Fahrzeuge zur Verfügung, darunter neben mehreren Mercedes-Limousinen zwei VW-Transporter T5. Schmidt (SPD) begnügt sich mit vier Autos, allerdings waren zwei davon besonders teuer: Je 94.275,55 Euro überwies der Bund für zwei Mercedes 420 cdi. Kohl (CDU) wiederum reist am bequemsten von allen, er verfügt über drei - allerdings schon etwas ältere - Mercedes 600 SEL sowie drei kleinere Mercedes-Modelle. Insgesamt zahlte der Bund laut Bundesinnenministerium für alle Altkanzler-Autos 'ab Inbetriebnahme bis heute rd. 1,265 Mio. Euro für Instandsetzung, Reparatur, Unterhaltung und Betrieb etc.'" (Quelle)

1 Kommentar:

Anabelle hat gesagt…

Tja, so ist es wohl. Trotzdem wird der Zirkus einfach weitergehen wie gewohnt, und die merkwürdigen Zeitgenossen, die in die Politik gehen, füllen sich weiter die Taschen. Es gibt scheinbar kein Mittel dagegen. Egal wie wir Bürger und Wähler uns verhalten, es ändert sich nichts. Dieses System ist sowas von am Ende ......