Mittwoch, 7. Mai 2014

Staatlich organisierte Zwangsverarmung im Kapitalismus: Ein systemisches Ziel


In diesem Land [gebe] es keine Armut, heißt es. (...) / Möchte man einen Blick in die Zukunft werfen und mal sehen, was uns im so reichen Deutschland in puncto Armut und sozialer Kälte noch so alles blühen kann, dann sollte man beizeiten einen Blick nach Großbritannien riskieren. Dort ist die Selbsttäuschung der Bessergestellten, Armut sei, so es sie überhaupt gäbe, allein auf individuelles Versagen zurückzuführen, schon in ganz andere Sphären vorgedrungen.

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Anmerkung: Diesen beeindruckenden Text des Bloggerkollegen Stefan Rose von den Fliegenden Brettern möchte ich Euch allen sehr ans Herz legen - und ganz besonders gilt diese Empfehlung für Menschen, die beispielsweise die "Tafeln" für eine tolle Sache halten und dabei gar nicht bemerken, dass da ureigenste staatliche Verpflichtungen einfach "outgesourct" und in willkürlich agierende private Hände abgegeben werden. Menschen, die sich den "Tafeln" ausliefern, haben keinen Rechtsanspruch auf ein Existenzminimum - wenn kein Brot mehr da ist, ist eben keines mehr da, da mag der Magen knurren, wie er will. Oder wenn einem "Tafel"-Betreiber die Nase, die politische Gesinnung oder die Farbe des Hemdes eines Hilfesuchenden nicht gefällt, kann er jederzeit willkürlich beschließen, diesem Menschen nichts mehr zu geben - irgendwelche "Rechte" haben bedürftige Menschen in diesem privatisierten Irrsinn nicht mehr.

Die "zweischneidigen Schwerter", die im Text benannt werden, sind meines Erachtens allerdings gar keine, denn es ist ja offensichtlich, dass der hierzulande grundgesetzlich verpflichtete Sozialstaat sich über derlei mafiöse Umwege immer weiter aus seinen Verpflichtungen verabschiedet und den Sozialstaatsgedanken und damit auch das Grundgesetz ad absurdum führt. Ich halte solche Auswüchse wie "Kochbücher für Arme" oder die "Tafeln" für eine politisch durchaus gewollte Stimme in der Kakophonie des irrsinnigen, neoliberalen Abgesangs auf den verhassten Wohlfahrtstaat. Diese widerliche Bande träumt davon, den Armen, Abgehängten, Kranken, Behinderten und sonstwie Benachteiligten auch das letzte Hemd zu nehmen - wer kapitalistisch nicht mehr ausbeut- und versklavbar ist, soll konsequent auch von allen "sozialen Wohltaten" ausgeschlossen werden. In Griechenland oder Portugal hat die Bande eindrucksvoll vorgeführt, wie ihre "Vision" der pervertierten, braunen Zukunft für uns alle aussehen soll.

Ganz besonders grotesk finde ich es in diesem Zusammenhang, dass eine große Mehrheit der Menschen wie von Sinnen offenbar noch immer das hochalberne "Argument" akzeptiert, es sei heute eben kein Geld für "soziale Wohltaten" mehr (!!!) da. Und das in einer Zeit, in der es so unermesslich viel Geld gibt wie niemals in der Geschichte des Kapitalismus zuvor und die Geldvermögen einiger Weniger unaufhörlich und exponentiell in völlig absurde Höhen anwachsen. Da liegt es wahrlich nahe, gerade die Alten, Kranken, Behinderten oder Arbeitslosen in die bitterste Armut und existenzielle Not zu stürzen, während einige wenige Dagobert Ducks wie geifernde Wahnsinnige in ihren überquellenden Geldspeichern hocken und längst nicht mehr wissen wohin mit dem ganzen für sie nutzlosen Mammon.

Die niederträchtige, korrupte Bande ist noch lange nicht fertig mit ihrem Zerstörungswerk - der Hartz-Terror war erst die Ouvertüre.

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"Papa, du solltest deinen Anzug doch mal wenden lassen!"

(Zeichnung von Thomas Theodor Heine [1867-1948], in "Simplicissimus", Heft 19 vom 05.08.1919)

11 Kommentare:

Duderich hat gesagt…

Die nächste Blaupause für den Abbau von Sozialleistungen kommt aus England:
http://www.heise.de/tp/artikel/41/41201/1.html

Der perversen Phantasie der Wirtschaftsfaschisten sind leider anscheinend keine Grenze gesetzt.

Grüße, Duderich

Holdger Platta hat gesagt…

Volle Zustimmung zum zitierten Beitrag mit der Kommentierung von Charlie!

Auch aus meiner Sicht war Hartz-IV erst der Anfang. Man kann es auch als Experiment betrachten, wieweit und ob überhaupt die Menschen sich gegen dieses Experiment wehren.

Ich befürchte, diesen Text haben wir 'Widerständler' nicht so ganz bestanden. Es liegt an uns allen, dieses zu ändern. Unter anderem darin, nicht gleich in jeder Differenz untereinander den großen Gegensatz zu wittern.

Auch unser gemeinsamer Widerstand kann und sollte ein Widerstand der Vielfalt sein (was selbstverständlich, im Blick auf die derzeitigen "Montagsdemos" gesagt, alle Faschisten und deren Nahvewandte ausschließt!). Ob dann (was der Fall ist) Menschen aus christlicher Motivation die Systemfrage stellen, als radikale Menschenrechtler, als Marxisten, das darf und muß selbstverständlich auch miteinander debattiert werden - aber mit Präzision, mit Sachlichkeit, mit menschenfreundlicher Grundeinstellung dem Kombattanten gegenüber.

Stefan Rose hat gesagt…

Ach ja, die Nullstundenverträge! Kriegen wir auch noch, jede Wette. Die werden dem Michel schon noch unterjubeln, wie das Der Deutschen Wirtschaft und Dem Standort Deutschland dient.
@Charlie: Danke!

Charlie hat gesagt…

Diesen perversen Vorstoß der neoliberalen Bande hatte ich noch gar nicht bemerkt - danke, Duderich, für den Hinweis. Als nächstes kommen dann bestimmt die Nullsummensozialleistungen - da darf der Zwangsverarmte dann von Tag zu Tag neu beim Amt beweisen, dass er die "Leistungen" auch tatsächlich zum Überleben benötigt, ansonsten bekommt er sie nicht.

Liebe Grüße!

Charlie hat gesagt…

@ Holdger: Auch, wenn Du es stetig wiederholst, wird es nicht sinnvoller: Religion / Spiritualität / Esoterik haben keinen Raum in einem fortschrittlichen Denken - diese mittelalterlichen Vorstellungen sind ein Teil des Problems und können per definitionem nichts zur Lösung beitragen. Götter, Magier, Blitzeschleuderer oder sich selbst als "Hochsensible" Verklärende gehören endgültig ins staubige Archiv der Menschheitsgeschichte, wenn sich das perverse Spiel der selbsternannten "Eliten" nicht unablässig weiter wiederholen soll.

Mir persönlich ist es dabei völlig schnurz, ob sich jemand Kommunist, Sozialist, Marxist, Anarchist oder Leck-mich-am-Arschist nennt - solange keine esoterisch-religiösen Konstrukte mitschwingen, die wieder einmal jenseits der gestaltbaren menschlichen Welt liegen. Wer sich in solche abstrusen Sphären verirrt, hat noch immer nicht verstanden, dass es um ein gutes Leben im Hier und Jetzt geht - und zwar für alle Menschen. Das ist nämlich das einzige Leben, das wir Menschen haben - auch wenn uns Religiöse stets einzutrichtern versuchen, dass dem nicht so sei.

Liebe Grüße!

Herr Karl hat gesagt…
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.
Charlie hat gesagt…

Ich habe Dich nun mehr als einmal darum gebeten, hier keine dümmlichen Kommentare mehr abzusondern - wenn Du dich nicht darum scherst, musst Du es eben auf diese Art lernen.

Im Übrigen kann jeder Mitlesende hier klar unterscheiden, welche Kommentare tatsächlich von mir gelöscht wurden und welche von einem hirnverbrannten Idiot nur als solche ausgegeben werden: Wenn Du den Text "Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt." in schöner Kursivschrift als Kommentar hier postest, erscheint er nämlich in weiß - und nicht in grau.

Bevor Du den html-Code für eine Änderung der Schriftfarbe auch noch googelst, bitte ich Dich nun ein letztes Mal, mit dem Schwachsinn einfach aufzuhören. Niemand will das lesen (müssen), Du machst Dich unentwegt lächerlich.

Garstige Grüße!

Holdger Platta hat gesagt…

Ich geb's auf.

Charlie hat gesagt…

@ Holdger: Ich bin es ja gewohnt, dass Du auf Inhalte zuweilen ungern eingehst oder sie Dir auch gerne mal zurechtbiegst, damit sie in Dein Schema passen - aber diese Bankrotterklärung einer Antwort hättest Du dir wirklich schenken können.

Nach wie vor warte ich auf irgendeine sinnvolle Begründung, weshalb dieser esoterische Geisterkram irgendeine wertvolle Relevanz im Widerstand gegen Kapitalismus und Faschismus innehaben sollte und nicht endlich auf den Müllhaufen der wahrlich monströsen menschlichen Geschichte gehört.

Ich rätsele und verzweifle immer stärker an Deiner Person - zumal dann, wenn Du zwischendurch immer mal wieder einen grandiosen, wichtigen Text wie beispielsweise den über Armin T. Wegner (der vermutlich schon älter ist?) veröffentlichst, der auf "HdS" freilich völlig deplatziert wirkt.

Es wird mir immer unverständlicher, weshalb Du (der Du, wenn ich Dich richtig verstanden habe, ebenfalls Atheist bist) diesen religiösen Anhängern des Ewig-Gestrigen weiterhin (und anscheinend zunehmend) die Stange hältst und Dich in ein selbstgewähltes, sektiererisches Ghetto begiebst.

Religion ist ein rein privates Thema; wer es nach außen - zumal in gesellschaftlich-politische Zusammenhänge - trägt, der will zwangsläufig missionieren und verlässt das Private. Das hat nun gar nichts mit Toleranz oder Vielschichtigkeit zu tun, sondern ausschließlich mit dem Verständnis des Wesens der Religion. Wenn Du oder irgendwer sonst in seinem Kämmerlein an magische Steine, irgendwelche Götter, "höhere Seinsebenen" oder fliegende Spaghettimonster glauben willst, dann tu das doch einfach - was bitte bewegt jemanden dazu, anderen ständig davon berichten oder es ihnen aufschwätzen zu wollen?

Das eigentliche Ziel gerät bei diesem Scharmützel wieder einmal völlig aus dem Blickpunkt - exakt wie vor 100 Jahren. Armin T. Wegner und so viele seiner ZeitgenossInnen wüssten sicherlich viel dazu zu sagen.

Liebe Grüße!

Altautonomer hat gesagt…

Als ich mir heute einmal die auf HdS verlinkten Seiten zum Thema "Gemeinschaft Tempelhof - Ein Glücksfall" ansah, fand ich bestätigt, wie die HdS-Plattform doch mit der klassischen Esoterik verschwistert ist. Denn der Bericht über diese glückliche Schmuckkästchenenklave ist eingebettet in Werbung für das geamte Spektrum esoterischen Plunders. Kommentare dazu sind auf HdS "nicht zulässig".

Zum obigen Inhalt: Das System des Almosenstaates durch die Tafeln wird unter dem Label "menschenwürdig" noch extremer pervertiert durch sogenannte "Pfandringe". Seit gut zwei Jahren machen sich in einigen Städten vor allem Sozialdemokraten und Grüne dafür stark, daß Betroffene nicht zu tief im Abfall »graben« müssen. Sie setzen sich für die Installation sogenannter Pfandringe an Abfallbehältern ein. Das sind kranzförmige Metallvorrichtungen, die um Mülleimer gehängt werden. Leergut kann hineingestellt werden und ist so für Flaschensammler leichter greifbar. Das sei gut für die Umwelt und menschenwürdiger für diejenigen, die auf die Einnahmen aus dem Recycling angewiesen sind, appellieren mehrere Initiativen im Internet unter dem Motto »Pfand gehört daneben«.

Gesehen auf jW:
http://www.jungewelt.de/2014/04-19/027.php?sstr=Gr%FCne

Mo112 hat gesagt…

Es ist ja noch viel schlimmer: "Hamburg hat Mülleimer für 5000 Euro das Stück aufgestellt, die es unmöglich machen, darin nach Flaschen zu suchen."

http://blog.todamax.net/2014/hamburgs-arschlochmuelleimer/

Nicht die staatliche Zwangsverarmung ist das Problem für diese Bande, sondern die Verarmten, die irgendwie überleben wollen.