Montag, 8. Dezember 2014

Ramelow: Im Kapitalismus nichts Neues


Der Gärtner hat im vergangenen Jahr in seiner Kolumne bei Titanic-Online ja so manches Kleinod hervorgebracht, das ich gelegentlich auch kommentiert habe. Gestern allerdings hat er sich einmal mehr übertroffen und über den schon im Vorfeld medial in den groteskesten Farben ausgemalten "Skandal" eines drohenden "ersten linken Ministerpräsidenten in Deutschland" - Bodo Ramelow in Thüringen - in wenigen Absätzen alles Nötige gesagt. Wenn ich das dürfte, gäbe ich den komplettem Text hier wieder, so aber muss ich mich den kapitalistischen Rahmenbedingungen unterwerfen und mich mit einem deutlichen Verweis auf die Originalquelle mit einigen wenigen Auszügen begnügen. Ein Kernsatz lautet:

Es ist bei allem, was man weiß und schon erlebt hat, doch wieder erschütternd zu erleben, dass öffentlich-rechtliche Journalisten noch zu dumm sind zu sehen, dass ein Ministerpräsident von der Linkspartei wirklich alles anzeigt, nur eben keine Renaissance des Sozialismus in Deutschland, viel eher schon, im Gegenteil, dessen Mausetod.

Es ist in der Tat immer wieder schmerzhaft, wenn - sowohl in den Propagandamedien, als auch in diversen Blogs - die Linke (zumal deren thüringische Variante) mit dem Begriff "Sozialismus" belegt wird. Sozialistisch ist an dieser im dreckigsten Kapitalismus angekommenen Landespartei soviel wie an der "Kom(munist)ischen Partei Chinas" (KPCh) oder den "Arschgesichtern für Deutschnationale" (AfD). Ich halte die deutschen Kuhjournalisten allerdings nicht für so dumm, dass sie tatsächlich nicht wissen, was für einen gegorenen Quark sie da verbreiten. Der Punkt, an dem man diesen wenigen fürstlich bezahlten GroßverdienerInnen des öffentlich-repressiven Propagandafernsehens, auf die Gärtner sich bezieht, noch Dummheit unterstellen konnte, liegt doch schon lange hinter uns. Hier ist längst die Eskalationsstufe der klaren Korruption erreicht: Sie wissen, was sie tun, und sie tun es - natürlich - für Geld.

Dasselbe gilt freilich für all die jetzt an die Geldtöpfe vorrückenden Figuren, die sich da im Gefolge der Linken in Thüringen tummeln und die damit dem langjährigen Beispiel der korrupten "Altparteien" nachfolgen: Da wird um Posten geschachtert, da gilt es, "Budgets" zu ergattern und möglichst üppig die eigenen Taschen zu füllen und dabei natürlich auch an die Zukunft den eigenen Machterhalt zu denken. Die kommenden Zeiten sind gewiss nicht rosig, da sind sich alle einig, auch wenn die zwingende Frage nach dem "Warum" inzwischen auch bei der Linkspartei in Thüringen keine Rolle mehr spielt und der Kapitalismus samt perversem Superreichtum die gottgegebene, nicht veränderbare Norm des Glaubensinhaltes darstellt. Und, Hand aufs Herz: Wer von uns handelte im Rahmen dieses perversen Systems tatsächlich anders, wenn er oder sie in die Nähe der endlich einmal dauerhaft existenzsichernden Geldquellen käme? Na? Wieviele schreien da wohl: "Ich! Hier!"? - Ich könnte das nicht, dazu ist meine existenzielle Not bereits zu groß. Ich bin längst wieder käuflich, zur billigen Nutte mutiert und zu allem bereit, auch wenn es niemanden mehr gibt, der mich - und sei's auch nur für einen Appel und ein Ei - kaufen möchte.

Deshalb kann der Gärtner in der heutigen Zeit, in der eine möglichst dauerhafte Existenzsicherung der Menschen von den neoliberalen Vasallen nahezu vollständig entsorgt bzw. bereits ins völlig pervertierte Gegenteil verkehrt wurde, auch zu keinem anderen Resümee kommen:

Entkernt, entseelt, bis auf den Grund verdummt. Gäbe es denn eine Saat des Sozialimus, sie fiele auf Beton.

Ich hätte diese bittere Erkenntnis noch ergänzt, nämlich etwa so: "Und auf dem Beton kriechen die bereits verarmten Menschen in ihrem verzweifelten Existenzkampf herum und können die - so es sie denn gäbe - verdorrende, vergebliche Saat gar nicht mehr bemerken, während ihre Anzahl proportional zum Inhalt der Geldspeicher der kleinen Clique der Superreichen stetig steigt."

Das ist Terror. Und niemand bekämpft ihn. Bodo Ramelow ist so ziemlich der Letzte, von dem ich hier irgendetwas Sinnvolles erwarte oder erhoffe. Die kapitalistische Katastrophe nimmt unbeirrt ihren bekannten Lauf.

Lest den Gärtner. Dringend.

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Die Neugewählten


"Das war ein harter Kampf, Herr Kollege ... aber jetzt haben wir ja ein paar Jahre Zeit zum Ausschlafen."

(Zeichnung von Karl Arnold [1883-1953], in "Simplicissimus", Heft 11 vom 09.06.1920)

5 Kommentare:

Kramladen hat gesagt…

Alles richtig, aber solange ich nicht bereit bin, mich aufgrund der obwaltenden Zustände in die innere Migration zu verabschieden, halte ich es dann doch lieber mit Sartre: “Wer die Dummköpfe gegen sich hat, verdient Vertrauen”.

altautonomer hat gesagt…

Fakten, authentisch, gut recherchiert und sortiert. Der beste Text zu Ramelow und Konsorten:

http://www.hintergrund.de/201412053332/politik/inland/hauptsache-an-die-macht.html

Wenn das Manfred Peters liest, geht der durch die Decke.

Die Linke in Thüringen darf jetzt im Cockpit des politischen Ferrari einmal im Standgas um den Ring rollen. Dann gehts aber wieder in die Box.

Ich erinnere mich als "Zeitzeuge" noch gut wie das Schreckgespenst des ersten Grünen Umweltministers in Turnschuhen an die mediale Wand gesprayt wurde. Die Linke geht nun wieder einen Schritt in diese Fuss-Stapfen der grünen Radikaloportunisten.

Charlie hat gesagt…

@ Kramladen: Du meinst also allen Ernstes, dass es abgesehen vom "Vertrauensvorschuss" für die Linkspartei keine anderen Optionen als die "innere Migration" mehr gibt?

Verstehe mich nicht falsch - ich habe selber arge Probleme, einen realistischen Ausweg aus diesem kapitalistischen Dilemma zu finden, aber bevor ich meine Hoffnungen ausgerechnet auf eine Partei und deren ProtagonistInnen fokussiere, die klar erkennbar denselben finsteren und korrupten "Schleifweg" eingeschlagen haben, den einst die Grünen vorexerzierten, suche ich doch lieber weiter nach anderen Alternativen.

Der Text, den der Altautonome oben verlinkt hat, ist da schon ein ganz guter Kompass.

Mit Sartre halte ich es im Übrigen auch: "Der Mensch ist nichts anderes als sein Entwurf; er existiert nur in dem Maße, als er sich entfaltet."

So lasset die Entfaltung doch endlich beginnen. ;-)

Liebe Grüße!

Charlie hat gesagt…

@ Altautonomer: Danke für den Link. - Über Manfred müssen wir uns hier aber nicht austauschen, der liest hier sowieso nicht mit. ;-)

Über die grüne Pest und meine eigenen Verirrungen bezüglich dieser neuen FDP habe ich ja schon mehrfach berichtet - ich kann mich heute nur noch in Grund und Boden schämen und selber an den Pranger stellen, weil ich diese korrupte, schmierige Bande tatsächlich mal gewählt und unterstützt habe.

Ich gebe ja nichts auf Äußerlichkeiten - aber es ist schon bezeichnend für unsere untergehende Zeit, dass selbst die angeblichen "Revolutionäre" nicht mehr in Turnschuhen oder sonstwie anderer Kleidung, sondern selbstverständlich in der üblichen Uniform der Schlips-Borg auftreten und schon auf diese Weise klarstellen, dass sie am heiligen Konformitätsprinzip des Kapitalismus nichts zu ändern gedenken.

Turnschuh-Fischer hat sich seinerzeit wenigstens noch die kleine Mühe gemacht, die versammelte Mischpoke der korrupten Bande für die Medien ein wenig zu provozieren - heute ist selbst diese plakative Mini-Opposition nicht mehr drin.

Ich kann nichts anderes tun als zu kotzen, wenn ich mir dieses lächerliche Schauspiel in Thüringen ansehe. Wäre ich Tucholsky, ließe ich den Schritt des Auswanderns aus und brächte mich sofort um.

Liebe Grüße!

Kramladen hat gesagt…

@Charlie, stimmt natürlich, das ist nicht anderes als politisches Puppenspiel im Land des Kapp-Putsches. Unsere politischen "Sozialisationen" dürften sich, so wie ich das lese, mit den jeweiligen Trugschlüssen ziemlich stark überlappen. Ich mag auch nicht mehr dauernd kotzen ob all der täglichen Infamie und Demagogie, die sich hierzulande Politisches Handeln schimpft. Es ist mir dann doch lieber, wenn jemand ab und zu der erfolgten Entsolidarisierung der Gesellschaft wenigstens versucht, entgegenzutreten. Da keimt dann immerhin ein Fünkchen Hoffnung im Gegensatz zu dem verlogenen Dreck der saturierten Grünenbagage. Natürlich kann mir der Kästner

Ohne Hoffnung, ohne Trauer
Hält er seinen Kopf gesenkt.
Müde hockt er auf der Mauer.
Müde sitzt er da und denkt:
Wunder werden nicht geschehen.
Alles bleibt so, wie es war.

sagen, aber wäre doch nett, wenn es mit der "Entfaltung" mal anders verliefe.

(Da ich nur durch den Reader angestachelt werde, hier reinzuschauen, erst heute eine Replik. Schönen Gruß)