Mittwoch, 8. Juli 2015

Musik des Tages: Nänie ("Auch das Schöne muss sterben!")




(Johannes Brahms [1833-1897]: "Nänie. Trauergesang für Chor und Orchester [Harfe ad lib.] nach einem Gedicht von Friedrich Schiller", Op. 82 aus dem Jahr 1881; Berliner Philharmoniker und Rundfunkchor Berlin, Leitung: Claudio Abbado, 2008)

Anmerkung: Brahms hat dieses wundervolle, leider viel zu selten aufgeführte Stück seinem kurz zuvor verstorbenen Freund, dem Maler Anselm Feuerbach (bzw. dessen Witwe Henriette, siehe Scan) gewidmet. Unser verkommener Planet könnte ein wesentlich erträglicherer Ort sein, wenn die habgierige "Elite" ebenso wie deren eifrige ErfüllungsgehilfInnen quer durch alle "Schichten" und Kontinente die im Grunde simple Aussage dieser Musik auch nur im Ansatz verstünden. Der Text von Schiller ist aus heutiger Sicht zwar etwas sperrig, lässt sich aber dennoch mit nur wenig intellektuellem Aufwand durchaus schnell sinnerfassend begreifen:

Auch das Schöne muss sterben! Das Menschen und Götter bezwinget,
Nicht die eherne Brust rührt es des stygischen Zeus.
Einmal nur erweichte die Liebe den Schattenbeherrscher,
Und an der Schwelle noch, streng, rief er zurück sein Geschenk.
Nicht stillt Aphrodite dem schönen Knaben die Wunde,
Die in den zierlichen Leib grausam der Eber geritzt.
Nicht errettet den göttlichen Held die unsterbliche Mutter,
Wenn er, am skäischen Tor fallend, sein Schicksal erfüllt.
Aber sie steigt aus dem Meer mit allen Töchtern des Nereus,
Und die Klage hebt an um den verherrlichten Sohn.
Siehe! Da weinen die Götter, es weinen die Göttinnen alle,
Dass das Schöne vergeht, dass das Vollkommene stirbt.
Auch ein Klaglied zu sein im Mund der Geliebten ist herrlich;
Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab.

(Friedrich Schiller [1759-1805]: "Nänie", in: "Gedichte. Erster Teil", 1800)


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