Samstag, 27. Februar 2016

Die sozialdemokratische Lust am Untergang: "Linker Reformismus"


Ich war mir eigentlich sicher, dass angesichts des asozialen, an Perfidie kaum zu überbietenden Agenda-Schröders und der nachfolgenden Karikaturen wie Fleischklops Gabriel im feinen Seidenmantel oder Kinderschreck Nahles jeder halbwegs vernunftbegabte Mensch in dieser bis ins Knochenmark korrumpierten Partei namens ASPD allerhöchstens noch ein Vehikel für müde Satire sehen könne. Dasselbe gilt freilich - vielleicht in noch stärkerem Maße - für die Grünen und deren aktuelle VertreterInnen wie diese Frau Goebbels-Eichmann (oder wie die doch gleich heißt) sowie die "realpolitische" Fraktion der sogenannten "Linkspartei".

Ich irre mich oft. Gerade musste ich mich im Blog von Klaus Baum von einem Kommentator belehren lassen, der mir ins Stammbuch schrieb: "Es gibt überhaupt keine humane Alternative zu einem linken Reformismus."

Ob der Mann strammer Parteisoldat ist oder tatsächlich nur seine ureigenste Meinung - woher auch immer sie stammen mag - kund tut, weiß ich freilich nicht - aber der "linke Reformismus" bereitet mir nicht nur Bauchschmerzen, sondern regelrechte Gehirnkrämpfe. Was, bitte, gibt es denn am Kapitalismus zu "reformieren", nachdem in gemeinschaftlicher Arbeit von CDU, SPD, FDP und Grünen dieses schauderhafte System wieder in den Zustand versetzt worden ist, der eigentlich "normal" ist? Die Nachkriegsphase war ja klar erkennbar eine Zäsur, die stets nach einem Neustart des zusammengebrochenen Systems erforderlich ist. Heute sind wir wieder in dem Stadium angekommen, das seinerzeit zu zwei Weltkriegen, Faschismus und umfassender Zerstörung, Elend und massenhaftem Tod geführt hat - und was soll da jetzt bitte "reformiert" werden? Die Bibliotheken quellen über vor lauter guter, allmählich in der Vergessenheit versinkender Literatur zu diesem Thema - und dennoch stellen sich heute wieder einige Kasper hin und fordern erneut eine "Bändigung" des "Raubtierkapitalismus".

Der unsägliche, stets wild schwadronierende Lapuente tut das ebenfalls immer wieder, auch die Nachdenkseiten gehören zu diesem illustren Kreis, ebenso wie die angeblich alternative "linke" Presse (Freitag, taz etc.), die sich ebenfalls konsequent im kapitalistischen Systemrahmen bewegt, ohne diesen - und sei es auch nur experimentell-gedanklich - je zu verlassen.

Der Begriff "linker Reformismus" im kapitalistischen Zusammenhang ist ungefähr so sinnvoll wie eine "humane Folter" oder eine "sozialverträgliche Zerfleischung". Dieses System kann nicht in einem humanistischen Sinn "reformiert" oder "gebändigt" werden - das widerspricht der inneren Systemlogik, die exakt das Gegenteil erfordert. Es verwundert mich zutiefst, dass diese offensichtliche Logik nicht jedem vernunftbegabten Wesen sofort zugänglich zu sein scheint.

Und ich frage mich, was solche Menschen, die die vergangenen 100 Jahre nicht auf der Venus verbracht haben, wohl mit dem Begriff "humane Alternative" verbinden? Die vielen, vielen Millionen Opfer des kapitalistischen Terrors zwischen 1945 und andauernd bis heute spielen dabei offenbar keine Rolle. Oder soll es am Ende wieder einmal nur den "deutschen Volksgenossen" gut gehen, ganz egal, wie es im Rest der Welt aussieht? Was soll "linker Reformismus" hier sonst bedeuten?

Ich irre mich, wie gesagt, oft. Vielleicht kann mir hier jemand auf die Sprünge helfen? Wie sähe ein "linker Reformismus" in der heutigen untergehenden Zeit aus, der allen Menschen gleichermaßen Wohltaten beschert? Ich bin begierig auf Antworten, auch wenn sie vermutlich - bzw. logischerweise - ausbleiben werden.

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Das Vaterunser



(Zeichnung von George Grosz [1893-1959] aus dem Jahr 1921, in: "Ecce Homo", Malik 1923; Verbleib des Originals unbekannt)

9 Kommentare:

Dennis80 hat gesagt…

Du sprichst mir aus der Seele.

altautonomer hat gesagt…

Linker Reformismus erschöpft sich in letzter Zeit in der 999. Petition (kostenlos, formlos, folgenlos)zur Abschaffung der H-4-Sanktionen. Jede dieser Petitionen ein Dokument der Ohnmacht und des Selbstbetrugs.

Der Protest gegen das Freihandelsabkommen mit 250.000 Menschen war ein unerwarteter, großer Erfolg. Aber die Politik leistete es sich, das Ereignis komplett zu ignorieren. Sigmar Gabriel ließ die Anti-TTIPler abblitzen – er dialogisiert zwar mit Pegida, aber nicht mit den Aktivisten.

Also wo anfangen und wo aufhören? Pflegereform? Rentenreform? Steuerreform? Raus aus der Nato? Tempo 120-Limit? Als Beispiel denke ich an die Verhinderung der olympischen Winterspiele in Garmisch. Welcher personellen, strukturellen, organisatorischen und finanziellen Ressourcen es bedurfte, um nur diese eine Veranstaltung zu verhindern.

Das alles wäre jeweils nur Stückwerk, das an den Unterdrückungs-, Ausbeutungs-, Abhängigkeits- und Machtverhältnissen nichts ändern würde.

Ich glaub, U. Meinhof hat mal gesagt; "Wenn wir die Revolution nicht vorantreiben, kommt der Faschismus als Strafe". Was vor über einem Jahr noch Faschisten oder Nazis hieß, nimmt jetzt als "besorgte Bürger" einen festen Sendeplatz auf allen öffentl-rechtl. Kanälen ein.


Anonym hat gesagt…

Hallo Charlie,

mit diesen nur wortakrobatischen Formeln typischerweise rechter Sozis (wie der von Ihnen kritisierten) kann ich nichts anfangen, und weil auch mein Leben endlich ist, ist mir meine Zeit zu kostbar, um mich mit Zeugs wie linker Reformis(t)mus, der nicht mal die widersprüchliche Einheit von Reform und Revolution kennt (Rosa L.), auseinanderzusetzen.

Gruß, Mike

Charlie hat gesagt…

Zu den "Freihandelsabkommen", die ja in Wahrheit zutiefst diktatorische Instrumente sind, ein kleiner Filmbeitrag, der zwar auch kritisch zu bewerten ist und das Gesamtbild ausblendet, aber immerhin einige offensichtliche politische Lügen offenbart:

Konzerne klagen, wir zahlen

Das ändert freilich nichts - die korrupte sozialdemokratisch-christlich-liberal-grüne Bande wird das bis zum bitteren Ende durchziehen. Noch korrupter und widerwärtiger geht es kaum. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gibt es hierzulande ja nicht - mit diesen Abkommen wird aber sogar der so lange aufrecht erhaltene Anschein dessen abgeschafft.

Wo anfangen und wo aufhören - das ist eine berechtigte Frage. Der lächerliche Reformismus wird niemals zum Kern vordringen, und wenn er auch - was so wahrscheinlich ist wie eine morgen implodierende Sonne oder die Ankunft der USS Enterprise - noch so vehement vorangetrieben würde. Mehr als ein leichtes Kratzen an der Oberfläche kann er nie bewirken, und selbst das ist inzwischen weitgehend ausgeschlossen.

Falls das Zitat von Frau Meinhof authentisch ist, ist der Dame voll umfänglich zuzustimmen.

altautonomer hat gesagt…

Als ich von "Quantux" bei duckhome auf diese Veröffentlichung bei "scharf links" aufmerksam gemacht wurde, mußte ich nach dem Lesen der ersten Absätze meine Augen erst einmal mit Sagrotan auswaschen. Unglaublich, was das stand, denn was ich da las, war eine weitere Form des Verrats durch die Partei DIE LINKE an den Hartz-4-Beziehern und an der Spitze die Ikone von Kleinbloggersdorf Inge Hannemann. Sie wollten doch mal den Kapitalismus überwinden. Ich fass es nicht. Kann mir das mal hier jemand erklären oder ist das eine Ente?

http://www.scharf-links.de/114.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=54782&tx_ttnews[backPid]=113&cHash=dd3c1d6a5f

Fluchtwagenfahrer hat gesagt…

Moin Charlie,
"Linker Reformismus" ich lach mich kaputt. Das ist so wertvoll als wenn man darüber schwadroniert was man denn alles hätte tun können, nachdem das Boot gekentert ist.
Der drittreichste Mann der Welt (W. Buffet) spricht es ganz ehrlich aus. Wir sind im Krieg befindlich. Der Krieg Reich gegen Arm.
Da gibt es nichts, rein Garnichts zu reformieren. Im Krieg gelten andere Regeln.
Krieg ist auch nicht human, und man wird ihm nicht mit Humanismus begegnen können.
Und nach dem Motto "Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin" wird das wohl auch nichts. Das Perfide an der ganzen Sache ist, das eine der Kriegsparteien, die Reichen, zu mindestens in dieser Sache sich einig ist. Während die andere Seite es weder geblickt hat noch eine Solidargemeinschaft bildet, also sich vereinigt als Kriegspartei um den Kampf aufnehmen zu können.

Charlie hat gesagt…

@ Altauto: Ich habe keine Ahnung, wie es um den Wahrheitsgehalt dieser Meldung bestellt ist. Allerdings passt das ja ganz wunderbar in die Linie der Linkspartei, wenn sie an der "Regierungsarbeit" beteiligt ist - es überraschte mich nicht im geringsten, wenn sich das genauso wie dort beschrieben zugetragen hat.

Nach meinem Kenntnisstand - aber da mag ich mich irren - war auch Inge Hannemann niemals eine Verfechterin der völligen Abschaffung des Hartz-Systems, sondern hat lediglich die "inhumanen Auswüchse" scharf kritisiert. Dass zu denen selbstverständlich auch die aufgezwungene Sklavenarbeit der "Ein-Euro-Jobber" gehört, muss man nicht extra erwähnen. Dennoch wäre ja nichts gewonnen, wenn jene "Auswüchse", die ja gerade keine "Auswüchse", sondern ein wesentlicher Bestandteil des kapitalistischen Agenda-Terrors gegen die komplette Bevölkerung sind, abgeschafft würden - die staatlich verordnete Zwangsverarmung großer Bevölkerungsteile bliebe auch ohne Sanktionen, Zwangsarbeit und behördliche Schikanen unvermindert erhalten.

Die Linkspartei unterscheidet sich - trotz mancher großspurigen Bundestagsrede - nicht mehr wesentlich vom korrumpierten Politikbetrieb der rot-grün-schwarz-gelben Einheitspartei. Von den braunen Windelfüllungen (AfD, NPD & Co.) rede ich gar nicht erst. Für die nächste anstehende Pseudowahl habe ich persönlich mich noch nicht entschieden - da stehen ja mehrere Alternativen zur Auswahl: Als Briefwähler könnte ich beispielsweise gepflegt in den Umschlag kotzen, bevor ich ihn abschicke; außerdem könnte ich auch die MLPD oder "DIE PARTEI" wählen - all dies richtete jedenfalls weniger Schaden an als ein Kreuz bei SPD, Linken, Grünen oder den übrigen (Prä-)Faschisten.

Liebe Grüße!

Charlie hat gesagt…

@ Fluchtwagenfahrer: Ich habe arge Probleme mit martialischen Begriffen wie "Krieg". Das sind kapitalistische Herangehensweisen, die mit meiner pazifistischen Überzeugung unweigerlich kollidieren. Ich stelle mir weiterhin eine gewaltfreie Revolution vor, die ohne abgeschlagene Köpfe, Mistgabeln, Panzer und Bomben ihr Ziel erreicht.

Dem steht leider die wieder einmal legendäre Dummheit so vieler Menschen im Wege, die lieber auf noch Ärmere einprügeln, anstatt sich endlich das elitäre Gesindel und deren korrupte Vasallen (verbal) vorzuknöpfen.

Wenn Du an dieser Stelle unvermittelt an den alten Supertramp-Song denkst, kann ich Dir das nicht verübeln: "Dreamer, stupid little dreamer!"

Liebe, pazifistische Grüße!

Fluchtwagenfahrer hat gesagt…

Hallo Charlie, ich fange unten an, Supertramp 1+.
Beruflich bedingt muss ich mich mit kriegerischen Auseinandersetzung leider befassen.
Habe zwar auch was richtiges gelernt, war aber damals (vor 30 J) mind. politisch gesehen dumm.
In meiner Grundhaltung bin ich Pazifist, mir aber auch bewusst das nicht jeder gewaltfrei argumentieren, regieren kann oder auch will. Dann komm ich ins Spiel.
In einer Schlägerei bin ich hoffentlich dann der letzte der zu schlägt.

Aber zurück zur Lage/These, wenn wir annehmen das die Aussage W. Buffet "Wir sind im Krieg befindlich. Der Krieg Reich gegen Arm" zutrifft, werden wir (martialisch bezeichnet) mit den Waffen die Vereinzelte verwenden nicht gewinnen können. D.h. im Kampf um den z. B. nicht nur soz. Frieden werden wir verlieren, bzw. in einer Dauerauseinandersetzung (Krieg/Kampf) stecken bleiben in deren Verlauf zu viele Seelen vernichtet werden. Auch die Angst um einen Drecksarbeitsplatz frist deine Seele auf. Ich bin mir absolut sicher das du weisst was ich meine.

p.s. Eine etwas ander Version von Mr. B. Marley für dich
https://www.youtube.com/watch?v=d6szT5NnwTY

LG