Mittwoch, 19. April 2017

Randnotiz zu "Fernsehkritik-TV"


Holger Kreymeier von "fernsehkritik.tv" hat beschlossen, sich nunmehr gänzlich hinter einer "Paywall" zu verschanzen, damit er von zahlungsunwilligen oder -unfähigen BesucherInnen künftig verschont bleibt. Ich muss seine (inzwischen ersetzte) Seite daher aus meiner Blogliste entfernen, denn Reklame für kostenpflichtige Inhalte ist hier nicht erwünscht.

Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass ausgerechnet Kreymeier nun dem Beispiel der "Premium"-Anbieter im Netz folgt und sich damit gleichsam überflüssig macht. Es ist anzunehmen, dass sein Geschäftsinteresse den verschiedenen, nur gegen Bares abrufbaren Formaten seiner Firma "Massengeschmack" gilt, zumal er laut eigener Aussage aus der "Jubiläumsfolge" ohnehin keine Lust mehr auf das Magazin und die damit verbundene Arbeit hat. Gibt es wohl ein noch gruseligeres Beispiel für die illustre Verwerflichkeit des Kapitalismus? Mir fällt ad hoc keines ein.

Requiescat in pace, "fernsehkritik.tv".


6 Kommentare:

altautonomer hat gesagt…

Die Übernahme von Publikationsseiten durch die kommerzielle Werbung ist schleichend. Erst werden kleine Anzeigen an Bord genommen. Dann folgt der nächste Schritt, dass Texte nur noch gelesen werden können, wenn Cookies zugelassen (seit kurzen beim Postillion) und Adblocker deaktiviert werden. Dann fühlt sich der Betreiber großartig und hat nur noch die Dollarzeichen in den Augen. Leser bleiben weg. Für kurzfristige Mehreinnahmen riskieren sie den Absturz.

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https://www.neues-deutschland.de/artikel/1031654.sach-walter-steinmeier-not-my-president.html

Das alles nervt genau so wie das eingeblendete unausweichliche Spendenbanner bei den neulandrebellen.



Arbo hat gesagt…

Wow, habe ich so nicht mitbekommen bzw. mir bei der Weiterleitung von fk.tv auf massengeschmacktv erstmal nichts weiter dabei gedacht (wäre ja konsequent, die Seite einfach mal ins entsprechende Portal zu integrieren).

Dass das jetzt aber gleich ganz hinter der Paywall verschwinden, ist wirklich ein (Un)Ding. Ich würd's hier zunächst nicht sofort mit Anti-Kapitalismus-Blabla überziehen, da ich auch der Meinung bin, dass es OK ist, wenn jemand von seiner Arbeit leben können will. Der springende Punkt ist aber u.a. auch im FKTV-Forum erwähnt worden: Hieß es nicht früher, FKTV bleibt kostenlos?

Der andere Punkt ist, dass ich bei FKTV in den letzten Jahren kaum wirklich eine positive Entwicklung erlebt habe. Studio usw. waren alles nur Beiwerk. Pantoffel-TV habe ich noch gerne geschaut, aber ansonsten hat mich nur wenig interessiert. Und das, was hätte ggf. Interesse wecken können, lag wieder hinter der Pay-Wall.

Jetzt mag das erstmal wie ein Widerspruch ausschauen, weil ich geiziger Kapitalisten-Idiot ja hätte mal für die Arbeit ordentlich zahlen können. Aber ganz offen, so viel Geld war und sind mir die Sendungen dann auch nicht wert. Ich meine, für Einzelsendungen - ähnlich, wie bei GOG einzelne Spiele -, da hätte ich mal den einen oder anderen Versuch gewagt - und vielleicht hätte ich dann dauerhaft auch mal eine Sendung abonniert. Aber dann gleich alles im Paket? Klar, der Kreymeier hat Kosten. Kann ich schon verstehen. Aber das Ganze ist dann auch in einer Art und Weise expandiert. In gewisser Weise widerspricht ja auch die Idee einer Spielwiese, die Massengeschmack ja eigentlich ist, auch der Idee einer Pay-Wall. Völlig unsinnig ist dann, Probefolgen ins Netz zu stellen: aktuell mit Comic-Talk, einem Format, das durchaus ein Unterhaltungspotenzial hätte, aber derzeit einfach noch viel zu provisorisch ist.

Ferner ist mir Kreymeier in den letzten Jahren mit seiner selbstverliebten Art dann doch ziemlich auf den Senkel gegangen.(War das nicht schon immer so?) Wirklich investigativ, wie das vielleicht früher mal war, war FKTV schon lange nicht mehr. Den Vogel hatte er ja damals mit FrXXWild abgeschossen. Da war für mich endgültig ein dicker Schlag im Porzellan - einfach nicht mehr zu kitten. Genau an das musste ich die letzten Jahre oft denken. Irgendwo kam dann immer ein verstockt-konservatives Ego durch. Und dafür soll ich nun zahlen?

Ganz ehrlich: Über Tilo Jung kann mensch auch rummeckern, aber da finde ich seine Interviews mittlerweile zig mal informativer und die Entlarvung in der Bundespressekonferenz ist mir zig mal mehr etwas Geld wert, als mittlerweile FKTV.
Interessant ist übrigens, dass Kreymeier als Begründung für seinen Schritt u.a. auf das heute so groß gewordene Video-Angebot verweist. Offenbar ist das für ihn kein Anlass, mal über die Qualität der eigenen Formate nachzudenken. Stattdessen mosert m.E. eher über andere rum.
Aber genug jetzt. Sorry, dass ich mir jetzt hier den Frust von der Seele geschrieben habe. Aber offenbar hatte sich bei mir was angestaut. ;-)

LG
Arbo

Charlie hat gesagt…

@ Altauto: Bezüglich der angesprochenen Ergüsse des Lapuente ist diese Praxis ja durchaus zu verschmerzen bzw. gar zu begrüßen - wer Texte dieses tumben Vorzeigesozialdemokraten nicht nur freiwillig liest, sondern dafür auch noch bezahlt, muss ohnehin krank im Kopf sein. ;-)

Ansonsten hast Du völlig recht. Ich warte noch auf den ersten Blogger, der seine Ergüsse ebenfalls nur noch gegen Bezahlung anbietet. Lange kann's nicht mehr dauern.

Liebe Grüße!

Charlie hat gesagt…

@ Arbo: Kotz Dich ruhig aus. :-) Ich habe es mir bewusst verkniffen, etwas über die in den letzten Jahren arg nachgelassene Qualität von "fernsehkritik-tv" sowie über den (in meinen Augen lächerlichen) Zirkus von "massengeschmack.tv" zu schreiben - Du hast mir das also abgenommen. Ich vermute, dass Kreymeier das Magazin über kurz oder lang einstellen wird, um sich lukrativeren und weniger arbeitsintensiven Dingen zuzuwenden, und dass dies ein erster Schritt auf diesem Weg gewesen ist.

Einerseits kann ich ich es ja gut nachvollziehen, dass er etwas Geld verdienen will; andererseits sollte er damit aber offensiv umgehen und sich nicht so hinterrücks wortlos davonstehlen. So etwas tun ansonsten eher Banken oder andere Konzerne.

Liebe Grüße!

altautonomer hat gesagt…

Im Jahr 2012 hat Kreikmeyer dem Nachttalker Domian (WDR, 1Life, eingestellt Ende 2016) ein 44-minütiges, schleimiges PR-Interview gegeben. Schon damals war nicht fernsehkritik.tv jedoch Kreikeyer bei mir untendurch. Den hätte er eigentlich so richtig festnageln können, warum er (Domian) z. B. Verständnis für einen Anrufer hat, der sich von seinem großen Hund vögeln läßt, aber einer Frau, die von H-4 abhängig ist und noch nebenbei arbeiten geht, eine Strafanzeige ankündigt.

Sollten Zweifeln an meiner Behauptung formuliert werden, liefere ich die entsprechenden YT-Links nach.

Charlie hat gesagt…

Mein persönlicher Tiefpunkt in der Causa Kreymeier war, wie von Arbo schon erwähnt, das unsägliche, vollkommen unkritische Interview mit den üblen Gesellen von "Freiwild". Er hat damit - analog zum aus der Reklame bekannten "Greenwashing" - eine Art "Whitewashing" des braunen Gedankenguts dieser grausigen Nationalisten betrieben, das weit jenseits alles Erträglichen lag.

Aber was soll's - nunmehr findet der Mann in der "öffentlichen Wahrnehmung" ja nicht mehr statt. Hinter seine "Paywall" könnte er auch Herrn Höcke interviewen, ohne dass es eine nennenswerte Resonanz gäbe. So what.

Liebe Grüße!