Dienstag, 25. Mai 2010

Bildung als soziale Frage

Die Zahlen sind erschreckend: Jedes siebte Kind in Deutschland lebt in Armut. Mehr als 2,5 Millionen Kinder und Jugendliche, die jünger als 18 Jahre sind, beziehen heute Sozialleistungen (ALG II oder Sozialhilfe). Diese Kinder leiden nicht nur unter materiellem Mangel, sie haben auch – zahlreiche nationale und internationale Vergleichsstudien beweisen es – geringere Bildungschancen und damit schlechtere Lebensperspektiven als Gleichaltrige aus finanziell besser gestellten Familien. Kinderarmut im reichen Deutschland ist noch immer ein Skandal. (...)

Welchen Staat wollen wir? Wollen wir einen Staat, der auf niedrige Löhne, niedrige Steuern und "schlanke" soziale Sicherungssysteme setzt und auf immer mehr private Investitionen in Bildung? Oder wollen wir einen Staat mit einer verlässlichen sozialen Infrastruktur und einem exzellenten Bildungswesen? In Skandinavien wird auf gleichem, wenn nicht sogar auf höherem Niveau in klassische Sozialpolitik, aber ebenso in ein hervorragendes und sozial gerechtes Bildungswesen investiert. Ein Modell, das im Ergebnis soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vereint und Kinderarmut beseitigt. Wir brauchen alle, wir dürfen kein Kind zurücklassen – diese Philosophie des skandinavischen Bildungswesens soll auch zur Maxime der deutschen Bildungs- und Sozialpolitik werden. Daran arbeiten wir. Deshalb sollten sich Bund und Länder auf ihrem Bildungsgipfel am 10. Juni 2010 auf eine gemeinsame Initiative für mehr Teilhabe am Bildungswesen verständigen.

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Anmerkung: Ein lesbarer Text, der viele wichtige und richtige Positionen benennt und die entsprechenden Forderungen aufstellt - er wäre gut geeignet als "Agenda" für den genannten "Bildungsgipfel". - Allerdings werden wir im Juni erneut das Gegenteil dessen erleben, was notwendig wäre, denn die herrschende Klasse hat überhaupt kein Interesse daran, das zu tun, was notwendig wäre, um all diese Missstände zu beseitigen. In NRW erleben wir es gerade wieder, dass die SPD lieber gemeinsame Sache mit der CDU oder gar der FDP macht, damit der neoliberale Kurs bloß nicht korrigiert werden muss. Und auch die Autorin - sie ist stellvertretende Vorsitzende des DGB und Mitglied der CDU - muss sich selbstverständlich an die eigene Nase fassen, denn sowohl die CDU, als auch der DGB sind mitverantwortlich für die von ihr angeprangerte Misere in der Sozial- und Bildungspolitik. Wenn man es genau nimmt, ist es geradezu ein Witz, dass ein Text, der so viele sinnvolle Forderungen aufstellt, ausgerechnet von einer Person verfasst wird, die Organisationen angehört, die seit Jahren das Gegenteil dessen propagieren und tun. Sollte es am Ende mal wieder nur ein mediales Feigenblatt sein?

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