Freitag, 3. September 2010

Bundesregierung (v)erklärt Kindern und Jugendlichen den Krieg in Afghanistan

Märchenstunde, Verdummung oder Propaganda?

Was machen deutsche Soldaten in anderen Ländern? So beginnt der Text auf regierenkapieren.de, der Website des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung für Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 14 Jahren. Da es in manchen Ländern "schwierige Situationen" gibt, mitunter auch Krieg, so dass Menschen getötet werden, muss einfach eingeschritten werden, um alles wieder gut zu machen, woran man selbst natürlich in keiner Weise beteiligt war: "Deutschland und viele andere Länder wollen das nicht zulassen. Sie wollen helfen, die Konflikte zu lösen. Deshalb schicken sie Soldatinnen und Soldaten in diese Länder." Wir Deutsche sind gut, wir wollen nur helfen. Wie schön doch Politik ist und wie edel militärische Interventionen. (...)

Es wird auch ein Interview mit dem Verteidigungsminister Guttenberg veröffentlicht, in dem dieser, im Januar 2010, auch gegenüber Jugendlichen wagemutig erklärt, dass man durchaus sagen könnte, dass in Afghanistan Krieg herrscht. Zwar würden die deutschen Soldaten, die Frieden und Sicherheit bringen, auch manchmal kämpfen müssen, aber eigentlich sind sie ja nicht im Krieg, weil "in Afghanistan die Afghanen untereinander" kämpfen. Und Guttenberg macht auch das Leben in Afghanistan kindgerecht anschaulich:

"Ihr werdet dort nicht eine Stadt finden, die vergleichbar ist mit Berlin oder München. Es fahren wenige Autos durch die Städte, viele Menschen sind auf Eseln unterwegs. Die Kinder haben nicht so tolle Spiele wie ihr, erst recht keine Computer."

(...) Dass Deutschland bislang mehr als 6 Milliarden Euro in den Einsatz investiert hat, den Großteil in das Militär, ist für die gute Tat wohl auch unwichtig. Forscher des DIW kamen gar auf 36 Milliarden Kosten bis einschließlich 2010. Nach den offiziellen Angaben hat Deutschland einschließlich 2010 für humanitäre sowie Not- und Übergangshilfe 1,1 Milliarden zur Verfügung gestellt, ebenso viel also, wie der Bundeswehreinsatz an direkten Kosten 2010 verschlingt. Eine genaue Aufstellung der Kosten gab die Bundesregierung nach einer Kleinen Anfrage der Linken als "VS – Nur für den Dienstgebrauch". Die Antwort ist, so viel zur Transparenz, in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestags hinterlegt.

(Weiterlesen)

Anmerkung: Diese Propagandaseite der Bundesregierung sollte sich wirklich nur jemand genauer anschauen, der sehr starke Nerven hat. Offensichtlicher könnte man von politischer Seite gar nicht mehr anschaulich machen, wie Kriegspropaganda funktioniert.

Man setze die genannten Zahlen einfach mal in Bezug zu dem von der neoliberalen Bande jüngst verabschiedeten "Sparpaket", das natürlich ein Kürzungspaket ist. Tanzen da nicht auch dem letzten Zweifler massenhaft die Fragezeichen um den Kopf, wenn er nachvollziehen will, wieso 500 Milliarden über Nacht für private Banken aus dem Hut gezaubert werden konnten, die Bande gleichzeitig (und kontinuierlich, auch weiterhin) Milliarden in einen grausamen Krieg "investiert" und kurz danach ein "Sparpaket" auf den Weg bringt, das die Bevölkerung massiv trifft?

Sie lügen die Menschen dreist und öffentlich an und schauen ihnen dabei werbewirksam lächelnd ins Gesicht. Wie schön, dass es - noch - wirklich informative Seiten im Internet gibt, die diesem Propagandazirkus etwas entgegensetzen, wie zum Beispiel liebeangelamerkel.de. Das ist zwar nicht kindgerecht - aber die Aufgabe, Kindern politische Dinge näherzubringen, sollte ohnehin keine Internetseite - erst recht keine Propagandaseite - übernehmen.

2 Kommentare:

jakebaby hat gesagt…

Bei Kindern hoert der Spass auf.
http://jakester-express.blogspot.com/2010/05/reichs-kriegspropaganda-statt.html

Kindern Kriege schmackhaft machen, vor allem gegen ein 3viertel erwachsener Kriegsgegner.
Nicht nur hier ist wohl so manchen der Ungeist des Reichstags in die Knochen gefahren.

Gruss
Jake

Charlie hat gesagt…

Ja, ich habe dazu auch schon öfter etwas geschrieben. Aber diese Propagandaseite der neoliberalen Bande sprengt dem Fass doch den Boden aus!

Dort findet man im Übrigen nicht nur übelste Kriegspropaganda - auch viele andere Themen der neoliberalen Auspressung der Bevölkerung werden dort "kindgerecht" zurechtgelogen.