Schweizer fürchten deutsche Schmarotzer / Mit Vorurteilen gegen Deutsche befeuert die Schweizerische Volkspartei (SVP) eine Kampagne gegen "Masseneinwanderung". Mit Erfolg: Anfang Februar stimmen die Eidgenossen in einem Volksentscheid über Zuwanderungskontingente ab.
(...) Die Stimmung in der Schweiz ist aufgeheizt. Wie in der Bundesrepublik tobt auch bei den Eidgenossen dieser Tage eine Debatte über Zuwanderung. Dort geht es allerdings nicht um angebliche "Sozialbetrüger" aus Bulgarien und Rumänien. (...) / Die Kampagne richtet sich nicht exklusiv gegen Deutsche, sie taugen in der Schweiz allerdings bestens als abschreckendes Beispiel. Schon wer durch Zürich spaziert, stößt auf Dinge, die das deutsche Welt- und Selbstbild erschüttern. In der größten Stadt der Schweiz gibt es Ramschläden, die mit dem Slogan "Preise wie in Deutschland" werben. Und es gibt Unternehmer, die "billige" medizinische Behandlungen in der Bundesrepublik anbieten. (...)
Wie Populisten in Deutschland schürt die SVP in der Schweiz die Angst vorm sozialen Abstieg durch "maßlose" Zuwanderung. Und "maßlos" wandern in den Augen vieler Schweizer vor allem Menschen zu, die aus der Bundesrepublik stammen.
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Anmerkung: Ganz abgesehen davon, dass dieses Beispiel aus der Schweiz ganz genauso hanebüchen und verkommen ist wie die populistischen Hetztiraden der CSU und anderer brauner Horden in Deutschland, lässt sich hier doch eine immer wiederkehrende, kranke Tendenz im zugrunde gehenden Spätkapitalismus feststellen: Überall lassen sich furchtbare Stimmen finden, die andere Menschen aufgrund ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrer Hautfarbe, ihres Vermögens oder aus anderen grotesken Gründen als die "Schuldigen" für den befürchteten sozialen Abstieg der regionalen Bevölkerung brandmarken. Dass dieser soziale Abstieg (und auch die Migrationsbewegungen von Menschen) völlig andere Ursachen haben, die selbstredend in der kapitalistischen Umverteilung von immer mehr Vermögen und damit Macht von unten nach ganz oben zu suchen sind, kommt in diesen instrumentalisierten Gedankenwelten natürlich nicht vor. Es war schon immer eine beliebte Kampagne der "Elite", solche Ablenkungsmanöver zu starten - ob sie sich nun gegen Juden, gegen Muslime, gegen Rumänen und Bulgaren oder diesmal auch gegen Deutsche richtet.
Ein solcher geschürter Rassismus dient stets der Ablenkung und soll den "Volkszorn" auf andere, zumeist wesentlich schwächere Ziele umleiten, um die kapitalistische "Elite", die das eigentliche Ziel des Zorns sein müsste, zu schützen. Die Vergangenheit zeigt, dass diese perverse, eigentlich völlig infantile und vor Dummheit geradezu strotzende Strategie fast immer aufgeht - es finden sich immer wieder genug Hohlbirnen, die auf den rassistischen Zug aufspringen und in die vors Maul gehaltene schrille Hasstrompete blasen.
Vor 30 Jahren habe ich einen erneuten Rassismus "im großen Stil" in Deutschland und im gesamten Kerneuropa noch ausgeschlossen. Vor etwa 20 Jahren kamen mir angesichts der grauenhaften Pogrome in Rostock-Lichtenhagen und ähnlicher Ereignisse auch in anderen Regionen Deutschlands und europäischen Ländern starke Zweifel. Vor 10 Jahren war ich mir sicher, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis die kapitalistischen Verwerfungen erneut einen grassierenden, europaweiten Rassismus als Ablenkungsstrategie hervorbringen werden, die auch diesmal wieder hervorragend "funktionieren" wird. Leider habe ich mich diesmal nicht getäuscht: In den vom Kapitalismus am schlimmsten zerstörten Ländern wie etwa Griechenland, Rumänien, Ungarn oder teilweise auch Italien feiern rechtsextreme Parteien grandiose Erfolge oder stellen bereits die Regierung. Auch in Frankreich, Österreich oder den Niederlanden sind faschistoide Gruppierungen heute wieder ernsthafte Gefahren - und in Deutschland übernimmt diese Rolle gar ein böser Wolf im christlich-demokratischen Schafspelz (oder eher: Mummenschanz), was wohl allein der furchtbaren Historie dieses Landes zu verdanken ist. Überall ist ein gesamter Schwenk des ohnehin verkommenen, korrumpierten politischen Spektrums nach rechts außen zu erkennen - es ist ja kein Zufall, dass es fast überall die ehemalige "Sozialdemokratie" war, welche die Zerstörungen der Sozialsysteme, die Senkungen der Steuern für Superreiche, die Entfesselung der "Kapitalmärkte" und die imperialistischen Kriege unserer bösen Zeit voran getrieben hat und bis heute an diesem Irrsinn festhält.
Dieser Rechtsdrall ist nicht "zufällig" entstanden und auch kein Spiegel der europäischen Gesellschaften. Wie schon in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts bildet sich hier lediglich die "Agenda" der kapitalistischen "Elite" ab, die anlässlich des anstehenden, vorhersehbaren und aus logischer Sicht unvermeidlichen Zusammenbruchs des kapitalistischen (Finanz-)Systems einmal mehr ihre Pfründe, ihre Macht und ihre privilegierte Stellung sicherstellen will. Der schnöde Feudalismus ist höchst lebendig in unserem "freiheitlich-demokratischen" Land.
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Werbeanzeige: "Die Juden in der Karikatur"
"(...) Alles, wozu Hass, Verachtung, Überhebung gegenüber den Juden jemals die Satire inspiriert hat, ist hier zu einem Kulturgemälde vereinigt, das sensationell und fesselnd ist, von welcher Seite man auch herantritt. Denn niemals haben sich gegenüber einer anderen Volksschicht solche turbulente Orgien von Spott ausgetobt, wie gegenüber den Juden. - Kein Thema kann zeitgemäßer sein als dieses (...)."
(Antisemitische Werbeanzeige des Verlages Albert Langen, München, zu dem Buch "Die Juden in der Karikatur" von Eduard Fuchs [1870-1940], aus der Zeitschrift "Simplicissimus", Heft 32 vom 02.11.1921)
Anmerkung: Interessant ist dabei vor allem die Tatsache, dass der Kulturwissenschaftler Eduard Fuchs Marxist war, vor den Nazis ins Exil fliehen musste und das besagte Buch in einer Reihe von ähnlichen Werken desselben Autors zu satirischen Darstellungen ("Die Frau in der Karikatur", "Der Weltkrieg in der Karikatur") erschienen ist. Ob es tatsächlich antisemitische Tendenzen enthält oder ob diese damals vom Verlag nur zu Werbezwecken [sic!] erfunden wurden, entzieht sich meiner Kenntnis.
1 Kommentar:
Haha, der Exportweltmeister erwacht. :)
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