Mittwoch, 18. Juni 2014

Verfassungsfeindliche Realsatire: Die "FAZ" dreht auf (oder am Rad)


Freihandelsabkommen: Demokratie ist überbewertet / Hohe Importzölle oder saftige Exportsubventionen schädigen die Allgemeinheit. Freihandel soll verhindern, dass Staaten solchen Blödsinn beschließen. Das setzt der Demokratie Grenzen (...).

(Weiterlesen, wer schillernde, obszön stinkende Blubberblasen der kapitalistischen Radikalpropaganda mag)

Anmerkung: Ich weiß nicht, was den Autor dieses unsäglichen Kommentars aus der FAZ, Rainer Hank, dazu veranlasst hat, sein schmieriges Geblubber zu verfassen - das Ergebnis eines allgemeinwohlorientierten Denkprozesses kann dieses Pamphlet jedoch in keinem Fall sein. Der Mann hätschelt und liebkost das so genannte "Freihandelsabkommen" TTIP und den segensreichen Kapitalismus als gebe es kein Morgen, ohne auch nur am äußersten Rande Fakten, ernstzunehmende Kritik oder andere Formen der Realität entfernt zu streifen. Allein der Titel seines Ergusses kann schon als komprimierte Essenz der perversen neoliberalen Glaubenslehre angesehen werden: "Demokratie ist überbewertet" titelt der feine Herr da allen Ernstes und meint damit, dass Profit- und Kapitalinteressen in jedem Falle höher zu bewerten seien als jeder demokratischer "die Allgemeinheit schädigender Blödsinn".

Dass er damit nicht nur das Grundgesetz ins Klo wirft, sondern gleich auch die zerfallenden demokratischen Restfassaden dieser Bananenrepublik hinterherspült und in der neoliberalen Kloake versenkt, dürfte ihm durchaus bewusst sein. Nicht umsonst konstruiert der Autor hier einen hanebüchenen angeblichen "Gegensatz" zwischen der "Demokratie" auf der einen und einem nebulösen "Rechtsstaat" auf der anderen Seite. Wörtlich schreibt er:

Mehr noch: Der Rechtsstaat garantiert über Grenzen hinweg Vertragsfreiheit und den Schutz des privaten Eigentums. Deshalb gehört es zur Idee des Freihandels, dass ein ausländischer Investor davor geschützt wird, diskriminiert oder gar enteignet zu werden - selbst wenn ein Gesetz zur Diskriminierung oder Enteignung demokratisch erlassen würde. Tatsächlich wertet der "Investitionsschutz" damit den Rechtsstaat als höheres Gut im Vergleich zur Demokratie, die stets in Gefahr ist, zufällige Mehrheiten protektionistisch zu bedienen.

Einen groteskeren Blödsinn habe ich selten lesen müssen - es liegt doch auf der Hand, dass ein Rechtsstaat ausschließlich innerhalb einer funktionierenden, lebendigen Demokratie existieren kann - alles andere wären autoritäre oder gleich faschistische Strukturen, innerhalb derer der Begriff "Rechtsstaat" sofort ad absurdum geführt würde. Aus eben diesem Grund kann man bereits heute am Beispiel Deutschland nicht mehr von einem "Rechtsstaat" sprechen - der ist hierzulande heute eine ebenso bröckelnde Fassade wie die Demokratie. Beides ist untrennbar miteinander verbunden.

Es ist bezeichnend, dass natürlich das "private Eigentum" bzw. dessen "Schutz" das Zentrum des Hank'schen Sermons bildet - allerdings ist auch das wieder nur eine der üblichen Nebelkerzen, denn hier geht es selbstverständlich nicht um das Häuschen vom Oma Schmidt, den Mittelklassewagen von Nachbar Müller oder die Urlaubsreisen von Tante Meier, sondern um den "Schutz ausländischer Investoren" (sprich: um superreiche Heuschrecken auf der ewigen, unstillbaren Suche nach weiterer zu stehlender Beute). Die Schmidts, Müllers und Meiers sollen denen vielmehr ordentlich Kohle in den Anus drücken (müssen), und das "rechtsstaatlich garantiert" und ohne jedwede "demokratische" Behinderung.

Merkels "marktkonforme Demokratie" hat hier einmal mehr einen "qualitätsjournalistischen" Jubelperser zur Seite gestellt bekommen - wobei mir persönlich weiterhin nicht klar ist, wie ein intellektuell auch nur halbwegs befähigter Mensch angesichts solcher Zeilen nicht entweder in schallendes Gelächter oder in bittere Tränen oder Schreie des Entsetzens ausbrechen, sondern sie tatsächlich ernst nehmen kann. Allein der Begriff "Investorenschutz" ist angesichts der globalen Lage der Menschheit schon so dermaßen absurd, dass es weh tut, ihn lesen zu müssen - so als sei von allen Menschen auf diesem Planeten ausgerechnet das kleine "Elite"-Häuflein der Superreichen besonders "schutzwürdig" - genau das Häuflein, das für das globale Elend von so vielen hundert Millionen Menschen verantwortlich ist.

Diese Bande wird auch die letzten Reste der Demokratiefassade schamlos und ohne zu zögern einreißen, wenn wir sie nicht endlich daran hindern - und willfährige Helfershelfer und stiefelleckende Vasallen hat sie offensichtlich mehr als genug.

---

Das Ende des Kapitalismus


"Im wunderschönen Monat Mai ---"

(Zeichnung von Karl Arnold [1883-1953], in "Simplicissimus", Heft 6 vom 06.05.1919)

Der Text der Zeichnung bezieht sich auf Heinrich Heines Gedicht "Lyrisches Intermezzo" aus seinem "Buch der Lieder" (1827):

Im wunderschönen Monat Mai,
Als alle Knospen sprangen,
Da ist in meinem Herzen
Die Liebe aufgegangen.

Im wunderschönen Monat Mai,
Als alle Vögel sangen,
Da hab ich ihr gestanden
Mein Sehnen und Verlangen.

4 Kommentare:

Kramladen hat gesagt…

Erinnert mich immer wieder an die verhaßte Demagogie Geißlers in den 80ern, der Hank. Erstaunlich, daß empathieunfähige wie er gerne ein langjähriges Theologie-Studium in ihrer Vita aufführen. Hat vor 25 Jahren, als er noch der Gewerkschaftsbeauftragte der FAZ war ab und an einen menschlichen Halbsatz veröffentlicht. Irgenwann war es jedoch nicht mehr genug, nur am Katzentisch der Großen zu sitzen und das INSM kann gute Leute immer brauchen. Für die ist es dann auch immer ein (christlicher) Feiertag, wenn er oder die geschätzte Kollegin Siems von der Welt (Gerechtigkeit=Lyrik) im Presseclub ihre Menschenverachtung unter's Volk bringen dürfen. Uwe Krüger beschreibt das in Meinungsmacht. Der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und Alpha-Journalisten ja hinreichend.

Wegen des Schirrmacher-Zitats neulich (Die Propaganda und die "seriösen Qualitätsmedien"): Der Gockel hat geholfen. Das Schirrmacher-Zitat stammt aus seiner Dankesrede anläßlich der Auszeichnung mit dem Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache Ende 2007 in Kassel. http://tinyurl.com/kk95bhx
Schlug damals einige Wellen. Weiterführend http://tinyurl.com/o7nhn5f

der Doctor hat gesagt…

Das ein solches Machwerk in einem bürgerlichen Medium veröffentlicht wird,zeigt ,wie sehr sich die sogenannte bürgerliche,"unproblematische Mitte" immer mehr nacht echts bewegt.eine Studie der Friedrich ebert-Stiftung hat ja schon belegt,das sich rechtes ,Verfassungswidriges Gedankengut und der Wunsch nach einer autoritären Staatsform vor allem in der sog.Mitte findet,und Hanks Artikel belegt das sehr eindrucksvoll.Hank stellt sich ja offen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung,denn ein Rechtsstaat,der diesen Namen auch verdient,ist nur mit Demokratie möglich.Er fordert also eine Diktatur.Eigentlich ein Fall für den Verfassungsschutz...aber nein,die ja haben ja erhebliche Sehschwächen auf Rechts und wild gewordene Schredder.Ausserdem,es geht ja um eine Diktatur der Konzerne und die ist gut.Wer immer noch das kapitalistische System mit Demokratie in Verbindung bringt,dem ist nicht mehr zu helfen.

Charlie hat gesagt…

@ Kramladen: Danke für die Links. Dass gerade von Personen, die ein "langjähriges Theologiestudium" hinter sich haben, immer wieder gerne menschenfeindliche Absonderungen zu verzeichnen sind, finde ich allerdings wenig erstaunlich.

Der kriegslüsterne, scheinheilige Pfaffe, der sich heute "Bundespräsident" nennen darf, ist da ja nur eine beispielhafte Quarktüte in einer schier endlosen Reihe ähnlich furchtbarer Gestalten.

Was ist das bloß für eine verkommene, untergehende Zeit, in der wir leben müssen.

Liebe Grüße!

Charlie hat gesagt…

@ Doctor: Zum "Verfassungsschutz" möchte ich mich gar nicht weiter äußern - eine so groteske Behörde, die klar ersichtlich nicht die Verfassung schützt, sondern die Interessen Superreicher, gehört auf der Stelle abgeschafft.

Selbstverständlich werden diese Gesellen nicht auf die FAZ und den Herrn Hank schauen, sondern weiter im Trüben fischen und parallel die neo-faschistische Szene in Deutschland unterstützen. Die wirkliche Aufgabe des "Verfassungsschutzes" ist die Bekämpfung alles Linken, damit Superreiche weiter ausbeuten und immer reicher werden können.

Die Diktatur der Konzerne, die ja schon fast verwirklicht ist, ist dabei das Ziel - TTIP lässt grüßen.

Liebe Grüße!