Montag, 2. Februar 2015

Realitätsflucht (13): A New Beginning


Es ist nun schon einige Zeit her, seit ich das Adventure "A New Beginning" gespielt habe - ich möchte aber trotzdem etwas dazu schreiben, allein schon, um vom berichteten Nazi-Terror der vergangenen Tage ein wenig abzulenken. Dieses hoch dekorierte Adventure-Spiel aus dem Hause Daedalic von 2010 entführt den Spieler in ein düsteres Endzeit-Szenario, in dem das Überleben der gesamten Menschheit aufgrund des Klimawandels auf Messers Schneide steht.

Der Spieler schlüpft in die Rolle der Zeitreisenden Fay, die im Auftrag ihrer untergehenden, zukünftigen Zeit in die Vergangenheit gekommen ist, um den besagten, im Spiel ausschließlich vom Menschen verursachten Klimawandel, der in Fays Zukunft zur Apokalypse führt, aufzuhalten. Die - durchaus kritikwürdige - Story wird in schöner chronologischer Verwirrnis in diversen Rückblenden erzählt: Die Zeitreisende Fay besucht in unserer heutigen Zeit einen pensionierten, gescheiterten Biowissenschaftler, dessen von interessierter (also industrieller) Seite negierte und verworfene Forschung eigentlich die Menschheit hätte retten können, und erzählt ihm in mehreren Episoden von ihren Zeitsprüngen in die Zukunft dieses Wissenschaftlers, die den Zweck verfolgten, seiner Forschung trotz aller wirtschaftlicher Widerstände zum Durchbruch zu verhelfen.

Natürlich sind diese Versuche allesamt fehlgeschlagen - sonst wäre Fay ja "heute" nicht hier -, und der alte Mann muss mobilisiert werden, um seinen Forschungsergebnissen nun doch noch zum ersehnten Durchbruch zu verhelfen. - Das jedenfalls ist die erste Ebene der Geschichte - die sich im weiteren Verlauf aber als Märchen entpuppt. - Mehr möchte ich zur Story hier nicht verraten.



Das Spiel ist ein typisches "Point-and-Click"-Adventure, das den Spieler anhand von Rätseln durch die vielschichtige Geschichte und grafisch (für ein Adventure) ansehnlich umgesetzte Endzeit führt. Diese Rätsel sind für geübte Spieler größtenteils leicht lösbar, auch wenn ein Neuling wie ich gelegentlich schon ausufernd suchen und überlegen musste. Dieses Spiel war mein erstes dieser Art - lange bevor ich andere hier vorgestellte Spiele ausprobiert habe. Auch habe ich es versäumt, nach der Installation nach aktuellen Patches zu suchen, und so trübten ständige Abstürze meinen Spielgenuss (ein späteres Patchen hätte einen kompletten Neustart des Spieles und den Verlust des bisherigen Spielstandes erfordert, weshalb ich darauf verzichtet habe).

Eine solche Geschichte lässt an Konzernen selbstredend kein gutes Haar und es wird permanente Kapitalismuskritik geübt, ohne das Wort "Kapitalismus" ein einziges Mal zu benutzen. Dem Spieler wird - leider nicht ohne erhobenen Zeigefinger - vor Augen geführt, wohin der allseits beschworene westliche "Way of Life" im kapitalistischen System der totalen Ausbeutung und Profitmaximierung letzendlich führen muss. Besonders deutlich wird das in der Episode, in der Fay zur großen, internationalen Klimakonferenz reist und dort angesichts der überbordenden Lobby der Konzerne und der korrupten dort auftretenden "Wissenschaftler" als einzige Möglichkeit zur Intervention nur noch illegale Handlungen erkennt.

Leider bietet das Spiel zum Schluss eine absurde, allzu simple "Lösung" des zuvor so ausführlich skizzierten Problems - was aber wiederum dem Kapitalismus anzukreiden ist, denn in diesem System wurde das Spiel entwickelt und zu Gewinnzwecken kommerziell vertrieben. Wenn aber der Profit einer kleinen Minderheit das eigentliche (und ausschließliche) Ziel des wirtschaftlichen Handelns ist, darf eben dieser Profit durch das Produkt auch nicht nachhaltig kritisiert werden - dieser simple Gedankengang ist wohl für jeden nachvollziehbar, so pervers diese "Logik" gerade angesichts des kritischen Themas des Spieles auch ist.

Trotzdem bleibt "A New Beginning" ein Spiel, das ich nur wärmstens empfehlen kann - auch wenn ich persönlich angesichts unserer heutigen perversen Welt diesen "Neubeginn" für völlig utopisch, geradezu lächerlich halte. Die Geschichte der Menschheit zeigt, dass sogar die größte anzunehmende Katastrophe - der Holocaust - noch immer nicht ausreicht, um einen simplen Neustart des kapitalistischen Katastrophensystems zu verhindern.


2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

HEy,

besagte Firme arbeitete damals leider nach dem Prinzip, ihre Spiele von unbezahlten Praktikanten entwickeln zu lassen. Ob das heute immer noch so ist, weiß ich nicht. Ich kann sehr "Night of the Rabbit" empfehlen. ;)

Charlie hat gesagt…

Danke für den Hinweis, den ich aber weder bestätigen, noch widerlegen kann. Es wäre hilfreich, wenn Du für derlei Anschuldigungen Belege oder Quellen nennen könntest.

"Night of the Rabbit" sagt mir indes nichts - muss ich googeln oder klärst Du mich (und andere Mitlesende) noch auf? ;-)